Reiter-Ausbildung nach klassischen Prinzipien

Rund um die klassische Reitkunst

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Yve9979

Beitrag von Yve9979 »

Bin auch zuerst mal für Longe. Der Schüler ist ja sonst meist wirklich mit allem auf einmal überfordert! Gleichgewicht, Zügel, Beine, Sitz, dann bewegt sich auch noch das Pferd... So kann man die Aufgabenstellung erst mal ein bisschen reduzieren.
Jedoch sind die Pferdis dann bei mir meist nicht ausgebunden und die Schüler müssen erst mal versuchen, das Pferd per Gewichtsverlagerung dort hin zu bringen, wo sie hinwollen. Also nicht nur stupide im Kreis taumeln, sondern auch mal gerade aus, mal dort nen Bogen, etc.
Wenn hier dann die Kontrolle passt (erst im Schritt, dann im Trab), wird das alles ohne Longe gemacht. Alles in Ruhe. Dann auch mal Stangen eingebaut (Abwechslung für Pferd und Reiter), etc, ganz unterschiedlich je nach Auffassungsgabe des Reiters. Auch ob Galopp oder Seitwärts, das kommt je auf den Reiter, seine Auffassungsgabe, natürliches Gleichgewicht, etc. an.
Carmen
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Beitrag von Carmen »

@Petra
Ich wäre gestorben, wenn man mich erstmal ohne Sattel aufs Pferd gesetzt hätte.

SH vor dem Übertreten, weil sonst das Gefühl für die Biegung flöten geht. Es gibt schon genug Reiter, die ihr Pferd m.o.w. seitwärts gehen lassen und denken, jetzt haben sie ein SH. Außerdem gibt es keine bessere Übung, um ein Gefühl für den äußeren Zügel zu bekommen. Das Übertreten ergibt sich dann von ganz allein - eben weil es einfach ist. Davon abgesehen ist SH verdammt einfach, wenn man Wendungen reiten kann.

Und beim Pferd: Wenn das Pferd zuerst Übertreten gelernt hat, ist es überaus schwierig, ihm klarzumachen, dass es plötzlich gebogen seitwärts gehen soll. Meine haben erst SH und dann Übertreten gelernt, und es ist noch nie zu Verwechslungen oder Schwierigkeiten gekommen.
"Es gibt schon viel zu viele Pferde, die Gefangene sind. Wenn wir unser Pferd lieben, müssen wir [...] ihm so viel wie möglich von seiner Freiheit zurückgeben." Sylvia Loch
Williamine

Beitrag von Williamine »

Hallo,

ja, Longe ist mit Sicherheit erst einmal unabdingbar - besonders was das Sicherheitsgefühl des Neulings angeht. Doch damit es nicht langweilig wird, lasse ich gerne folgendes mit einfließen:

Manchmal sogar bevor ich meine Reitanfänger an die Longe nehme, denn Gleichgewicht im Zirkel zu halten ist ja nicht wirklich einfach), gehe ich mit ihnen einfach durchs 'Gelände' rauf und runder. Gurt mit Griffen und einem Pad oder Sattel aufs Pferd und den Reiter einfach die Bewegungen ohne große Vorgaben spüren lassen; also nichts anderes als Spazieren gehen.

Meine Erfahrung ist dabei, dass sich der 'Neuling' einfach mitnehmen lässt und wenn man dann noch ein Gespräch führt, konzentriert er sich nurbunbewusst auf die Bewegungen und versucht nich krampfhaft den Anweisungen des Longieres zu folgen. Hat bei mir vor allem bei Reitern mit 'schlechten' Erfahrungen und ängstlichen sehr positive Resonanz gegeben.

Oft nehme ich Anfänger auch als Handpferd (auch in den ersten Stunden) im Schritt mit ins Gelände - worüber man natürlich streiten kann und es auch auf den Reitanfänger und besonders das Handpferd ankommt.

LG
Moni
white-feet

Beitrag von white-feet »

An der Longe ist Pflicht. Ich kriege die Krise, wenn ich bei uns am Stall die Reitanfänger sehe, die ohne Longe reiten, die Hände aber selbst im Schritt bis in den Himmel reißen. Armes Pferd, sag ich da nur. Dann doch lieber so lange Longe, bis das Menschlein zügelunabhängig sitzen kann und somit erstmal in die Lage kommt, korrekte Hilfen zu geben. Zwischendurch schonmal ins Gelände, mit mitlaufendem RL und da evtl. auch mal frei reiten, durch Longe gesichert.

DANN erst selbständiges Reiten in der Halle!

Seitengänge gehören für mich übrigens eher nach dem Galopp angefangen - da muss man die Hilfen schon sehr fein differenzieren können. Vielleicht mal eine Vorderhandwendung zwischendurch, damit das Reiterlein checkt, dass es auch sowas wie seitwärtstreibende Schenkel gibt, aber SH, Travers und Renvers haben in meinen Augen definitiv Zeit... Die Leute sollen erst mal in den GGA sattelfest werden, das hat oberste Priorität...
Petra
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Beitrag von Petra »

@ Carmen
Dann sei mal froh, dass Du nicht unter meiner Fuchtel gelandet bist (*doppelgrins*). Nein im Ernst, ich habe schon so viele Reiter erlebt, die jahrelang Reitunterricht hatten, aber noch nie ohne Sattel auf einem Pferd saßen und dementsprechend "hilflos" ohne Sattel und Zaumzeug waren. Denen war völlig neu, dass man Volten oder Schlangenlinien auch mit Halfter und Strick oder Halsring reiten kann. Um dem vorzubeugen, lernt man bei mir eben erstmal ohne alles. Bisher hat sich noch keiner beschwert und wenn wirklich mal einer zu viel Angst hat, kann er mir das ruhig sagen, gezwungen wird keiner, dann lass ich mir eben was anderes einfallen.

lg Petra
Carmen
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Beitrag von Carmen »

@ Carmen
Dann sei mal froh, dass Du nicht unter meiner Fuchtel gelandet bist (*doppelgrins*).
:D
Nein im Ernst, ich habe schon so viele Reiter erlebt, die jahrelang Reitunterricht hatten, aber noch nie ohne Sattel auf einem Pferd saßen und dementsprechend "hilflos" ohne Sattel und Zaumzeug waren.
Hast ja recht. Ich kann auch nicht ohne Sattel reiten bzw. mache es jetzt ab und zu mangels Sattel und fange so ganz allmählich an, mich wohl dabei zu fühlen. Ist schon ziemlich genial, wie gut man das Pferd dabei spürt. Und es schafft Vertrauen. Mir als Schritt traue ich mich noch nicht *beicht* Aber wir arbeiten daran.
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Cat_85
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Beitrag von Cat_85 »

Ich kann mich den Ausführen von ~pony~ anschließen.
Nur das mit den kleinen Hindernissen ist abhängig vom Reiter. Ich hatte welche, die das sehr schnell wollten und andere, die einfach zu viel Angst hatten. Man muss halt einfach immer auch auf den einzelnen Schüler eingehen, das ist ganz klar.
Ich finde es einfach wichtig das man nicht ein Jahr nur an der Longe sitzt. Das ist langweillig und nimmt den Spaß. Deshalb finde ich Schrittausritte recht am Anfang immer gut. Das gibt Motivation. Genauso wie nach der Longenstunde einfach noch zehn Minuten im Schritt "lenken üben", also das Pferdi da hingeht wo es soll. Das kommt immer recht gut an. Das dafür natürlich ruhige sichere Pferde gefragt sind ist klar. Schulpferde halt.
Seitengänge finde ich am Anfang zu schwierig. Die Koordination und das Verständniss für die Bewegung müssen schon da sein. Theorie halte ich für ganz wichtig. Aber je nach Alter muss man sehen wie weit das gehen kann.
Vor dem Reiten habe ich die Schrittaufwärmung oft von unten machen lassen. Führübungen also. Das man das Pferd da hin bekommt wo es hin soll, anhalten, rückwärtsgehen usw. Das bringt viel auch für die Beziehung Mensch-Pferd und das Verständnis wie man "Führpferd" ist.
(Ich will nicht das Wort "Dominanztraining" dazu sagen, das klingt zu hart. Den meisten hat es nämlich viel Freude gemacht.)
Castano
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Beitrag von Castano »

Ich finde es kommt auf das Pferd und den Reiter an...

Auf Castano habe ich im alten Stall einem Anfänger Unterricht gegeben, ich habe ihn gefragt, was ihm lieber ist...

Wir haben also erstmal ein paar Schritt runden an der Longe gedreht, danach ist er frei in der Halle gewesen (waren aber auch immer allein in der Halle).

Jedoch durfte er die Zügel nicht anfassen! - hab Castano dann immer einen Halsring umgebunden, so dass er diesen halten durfte, sobald er sich unsicher wurde...

Dann habe ich ihn Schlangenlinien reiten lassen... - Zirkel, Volten, was auch immer damit er ein Gefühl für sein Gewicht bekommt, dann auch anhalten un d anreiten...

Erst ca. 10 Stunden später durfte er überhaupt mal traben... auch das alles noch ohne zügel... dann auch Zirkel usw... ob aussitzen oder leichttraben durfte er sich auch aussuchen, nur es sollte sich entscheiden, und dann darauf konzentrieren...

zum angaloppieren kamen wir nicht mehr, aber er konnte nachher seine Hände schön ruhig halten, und hat dann auch immer brav erst über Gewicht gearbeitet...

und was mir immer wichtig war, er fühlte sich sehr sehr sicher...
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