"Über was hinwegreiten" oder immer aufeinanderaufb

Rund um die klassische Reitkunst

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Raffi
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Beitrag von Raffi »

Ich lasse mir Wege und Übungen erklären, die irgendwann zu diesem Ziel führen können. Aufbauend auf das was wir schon können. Der Weg ist mir wichtig.
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-Tanja-
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Beitrag von -Tanja- »

Cubano hat geschrieben:Neugierig fragt: Wie macht Ihr denn dann mit dem Erlernten des Kurses zu Hause weiter?
LG
Andrea
Die Schritte zum Anpiaffieren werde ich zu Hause keinesfalls weiterverfolgen. Da fühle ich mich nicht erfahren genug und wüßte auch niemand, der mir hierbei zur Seite stehen könnte. Außerdem ergab sich das meines Erachtens bei uns wirklich nur aus der Situation heraus. So hibbelig ist Amor normalerweise nicht.

Im DOB-Kurs letzte Woche haben wir vor allem am Nachgeben im Genick gearbeitet. Das verfolge ich nun - hoch motiviert :wink: , wenn auch gerade heute mit mäßigem Erfolg :? - weiter. Außerdem werde ich das Angaloppieren mit dem äußeren Schenkel weiter verfeinern, was im Kurs sehr gut geklappt hat.

Ich nehme aus jedem Kurs immer irgendetwas mit - egal ob ich selbst reite oder nur zuschaue. Das versuche ich dann eigenständig ein- und, sofern ich dadurch Erfolge sehe, weiter auszubauen.
lg, Tanja

Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
Aus: "Vollendete Reitkunst", Dr. Udo Bürger, 1959
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Janina
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Beitrag von Janina »

Cubano hat geschrieben:Neugierig fragt: Wie macht Ihr denn dann mit dem Erlernten des Kurses zu Hause weiter?
LG
Andrea
Na ja, die "Hausaufgaben" sollten auf dem Kurs schon so durchgeführt worden sein, dass ich sie selbstständig nachreiten kann.
Ist das nicht der Fall (z. B. anpiaffieren durch den Ausbilder von unten) und wäre ich damit selbst auch unsicher, würde ich es (wie Tanja schrieb) zu Hause vermeiden und mich auf anderes (eben die Basis) konzentrieren.
Meistens ergibt sich durch die verbesserte Basisarbeit dann zum nächsten Kurs trotzdem eine Verbesserung der "Projekt-Lektion" (oder wie auch immer man das nennen möchte :D )
Ich hoffe, dass das jetzt nicht ganz falsch rüberkam: Ich bin absolut für Basisarbeit. Da liegt auch immer mein Schwerpunkt im Training.
Nur schließe ich eben ein paralleles Angehen höherer Lektionen deswegen nicht aus.
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Ich habe grade bei Desmond Galopppirouetten geritten, welche ich zu Hause aus diversen Gründen noch nie probiert hätte. Und siehe da - mir wurde mit Desmond erst mal klar, wie ich sowas eigentlich richtig zu reiten habe.
Insofern ist es schon gut, wenn ich an einer Lektion mit einem Trainer arbeiten kann, um überhaupt mal einen Eindruck vom richtigen Reiten dieser Lektion zu erhalten. Das kann ich dann zu Hause wieder abrufen. Hätte ich grade hier alleine angefangen, wäre es wohl eher murksig geworden :?
Dafür habe ich alleine anpiaffiert und bekomme hier dann entsprechendes Feintuning auf dem Kurs.
Ich würde also nie pauschal sagen - das und das MUß mit Trainer und geht nicht ohne. Es kommt immer auf das einzelne Pferd-Reiter-Paar an.
Und ja - der Reiter muß einschätzen können, was er seinem Pferd zumuten kann oder nicht. Egal ob Kurs oder daheim.
Und ja - die Basis ist immer präsent. Jedes Mal, wenn ich auf dem Pferd sitze. Und ich komme auch nicht immer übers "Reiten an der Basis" hinaus.
C'est la vie.
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Janina hat geschrieben:Meistens ergibt sich durch die verbesserte Basisarbeit dann zum nächsten Kurs trotzdem eine Verbesserung der "Projekt-Lektion" (oder wie auch immer man das nennen möchte :D )
Ich hoffe, dass das jetzt nicht ganz falsch rüberkam: Ich bin absolut für Basisarbeit. Da liegt auch immer mein Schwerpunkt im Training.
Yep, so macht das für mich Sinn. Und: Nö, ich hatte nicht den Eindruck, dass die Basisarbeit für irgendjemanden unwichtig ist…
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lancia
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Beitrag von lancia »

Eine Frage mit der ich mich aktuell auch ziemlich beschäftige. Ich reite auch bei Desmond und habe ein Pferd(nicht mein eigenes), bei dem ich der Meinung bin, dass wir beide die Basics noch arg bearbeiten müssen. Desmond trainiert mit uns hingegen auch fliegende Wechsel und co.
Ich war auch ziemlich hin und hergerissen ob ich ihm vertrauen soll oder eben nicht.
Ich seh es eigentlich auch so, dass die Basis das wichtigste ist. Andererseits sehe ich auch, dass die Pferde Spaß an der Arbeit brauchen und hat man ein motiviertes Pferd unterm Sattel kann auch ein unkorrekter fliegender Wechsel oder unkorrektes SH oder was auch immer für das Pferd ein schönes Erlebnis sein. Einfach um das Selbstvertrauen des Pferdes zu stärken.
Aber wirklich eine Antwort gefunden habe ich noch nicht, warum das anscheinend einige große Ausbilder so machen.
Ich seh halt die Gefahr darin, dass die Schüler nicht mehr sehen, dass es eigentlich nicht korrekt ist. Das verfehlt irgendwie die klassische Lehre :? Das finde ich fast gefährlicher als den Punkt, dass Pferde sich erst was falsches angewöhnen.

Für mich selbst habe ich jetzt (glaub ich) eine Lösung gefunden, mit der ich leben kann. Ich sage zum einem an was ich arbeiten will bei den Stunden bei ihm (nämlich die Basics) und so komme ich zwar nicht um die fliegenden udn die Piaffe rum, aber immerhin wird die Zeit gerecht aufgeteilt ;) Bzw habe ich mir einmal sogar eine Longenstunde gewünscht und das war wirklich mal Basis genug und hat mir sehr gefallen.
Ich denke, da hat man als Schüler auch die Eigenverantwortung (und das Recht) seinen Lehrer auszubremsen.
Zum anderen nehme ich mir bei den Tipps halt das raus was zu den Basics gehört und arbeite zwischen Stunden nur daran. Alles was darüber hinaus geht mache ich nur mit Desmond zusammen. Im Moment fahre ich damit ganz gut. Die Lektionen die wir dann in den Stunden machen klappen auch besser.
"...aber dem edlen Pferd, das du reiten willst, mußt du seine Gedanken ablernen, du darfst nichts Unkluges, nichts unklug von ihm verlangen." Goethe
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Jen
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Beitrag von Jen »

hi

gute Frage. Denn wir müssen es auch mal von der Ausgangslage her betrachten, in der die meisten (anspruchsvollen) Freizeitreiter sind:

Man hat ein eher wenig bis schlecht ausgebildetes Pferd, man ist selber eher wenig bis schlecht ausgebildet und man hat in den seltensten Fällen die Möglichkeit nach wirklich kompetenter wöchentlicher Begleitung. Sei das aus örtlichen, zeitlichen oder finanziellen oder was auch immer für Gründen.

also ist es so, dass ein Reiter, der selber wenig Erfahrung im Hintern hat, sein Pferd ausbilden oder korrigieren muss. Wie soll das gehen, wenn man nicht weiss wohin es gehen soll? Ist also eine gewisse Basis da, macht es durchaus Sinn zu gegebener Zeit punktuell Lektionen zu fordern, für die man eigentlich noch nicht so weit ist. Es ist des Lehrers Kunst, den Schüler so weit an seine Grenzen und vielleicht noch ein bisschen darüber hinaus gehen zu lassen, dass dieser selber spürt, wohin der Weg führt. Man kann nur ausbilden, wenn man auch weiss wofür man ausbildet. Sprich: Basis kann nur Basis sein, wenn etwas darauf aufbauen kann. Ansonsten ist es keine Basis. Wenn man aber nicht weiss, wofür die Basis Basis ist, wird es schwierig. Das heisst nicht, dass man nun ständig über seine Grenzen hinausgehen soll, sondern nur, dass es durchaus Sinn machen kann, zeitweise punktuell über die eigenen Grenzen hinauszugehen. Dies ist meist in Kursen der Fall, wo man entsprechende Begleitung hat. Es liegt jedoch in der Verantwortung des Reiters, zu Hause nicht ständig über seine Grenzen zu gehen, sondern in dem Bereich zu arbeiten, wo man es sich alleine auch zutraut und eben das verbessert, was in der höheren/schwierigeren Lektion nicht geklappt hat. Und ich gebe hier Kritikern Recht, dass es in der Verantwortung des Ausbilders liegen sollte, dies etwas deutlicher zu kennzeichnen, als es leider oft getan wird.

Bent Branderup sagte immer: Das erste Pferd wird am meisten unter den Fehlern des Reiters leiden. ich war immer etwas geschockt über diese Aussage, weil ich nicht wollte, dass mein Pferd leidet! Aber im Grunde genommen hat er völlig recht! Das Pferd leidet so oder so: Wagt man sich aus Ehrfurcht überhaupt nicht ans Reiten lernen ran, leidet es unter der Unerfahrenheit des Reiters und seinen eigenen Problemen, die der Reiter nicht beheben kann, auch wenn nur an der sog. Basis gearbeitet wird. Was da z.T. den Pferden am maul rumgezogen wird oder grobe Hilfen gegeben wird, weil das Pferd so "unbequem und steif" ist, da bringt es auch nichts... Wagt man sich an diese schwierige Lebensaufgabe heran, das Pferd besser auszubilden, wird man unweigerlich Fehler machen. Manchmal gröbere, manchmal weniger schlimme. Als Reiter hat man so oder so einen schwierigen Stand, weil es einfach heutzutage praktisch nicht mehr möglich ist, auf gut ausgebildeten Lehrpferden zu lernen und in ständiger Begleitung zu reiten, wie es früher die Kavalleristen getan haben. Also, was soll man als Freizeitreiter machen, wenn man reiten lernen will?

Ich kann nur für mich sagen, dass ich in all den Jahren, wo ich nur unter Anleitung im Reitunterricht geritten bin, nicht halb so viel gelernt habe, wie in den Jahren, wo ich mehr auf mich alleine gestellt war und mich mit unregelmässigeren Reitstunden und -kursen begnügen musste. Auch ich wurde ab und zu gefordert, Dinge zu reiten, die ich noch nicht reiten konnte. Aber nur so habe ich gespürt, wohin ich eigentlich will und bin dann wieder zurück an die Basis gegangen, um es noch besser und noch besser zu machen. Denn ich konnte zwar in der Basis soweit reiten, dass ich die geforderten Dinge gut erfüllen konnte, aber es hat halt eben doch nicht für mehr gereicht. Aber das kann man einem noch so viele Male sagen, das muss man erst selber erleben, dann kann man zurückgehen und verbessern.
Liebe Grüesslis, Jen
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Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
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Jen
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Beitrag von Jen »

Nachtrag: und ich spreche hier bewusst vom Reiter und nicht vom Pferd, denn der Reiter ist in der Verantwortung und das Pferd kann nur das lernen, was der Reiter auch bewältigen kann! Leider wird sehr oft nur vom Pferd gesprochen: es kann das und das und ist soweit und soweit oder es hat diese oder jene Probleme. Schlussendlich ist aber der Reiter, derjenige, der die Verantwortung trägt. ;)
Liebe Grüesslis, Jen
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smilla
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Beitrag von smilla »

lancia hat geschrieben:Eine Frage mit der ich mich aktuell auch ziemlich beschäftige. Ich reite auch bei Desmond und habe ein Pferd(nicht mein eigenes), bei dem ich der Meinung bin, dass wir beide die Basics noch arg bearbeiten müssen. Desmond trainiert mit uns hingegen auch fliegende Wechsel und co.
Hast du ihn mal gefragt, was genau seine Intention dabei ist? Wäre doch wirklich mal spannend das aus erster Hand zu wissen ;).


Ich kann mir auch vorstellen, dass manche Ausbilder auf Kursen ihren Schülern lieber dabei helfen wollen, das was sie zu Hause eh Reiten, zu verbessern. Vielleicht ist der Gedanke, dass man ihnen so mehr hilft, als sie mit Ehrlichkeit zu vergraulen.


Ja Jen, der Meinung, dass letztendlich der Reiter die Verantwortung hat, bin ich auch. Das äußert sich ja schon im gewünschten Kurs- oder Reitstundenprogramm.
"Reiter und Pferd sind zu einer geistigen und körperlichen Einheit verschmolzen, sind zwei Herzen und ein Gedanke- die wunderbare Alchemie des Reitens hat aus den zweien in Wahrheit eins gemacht. Solche Kunst ist klassische Kunst!"
Seunig
sinsa
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Beitrag von sinsa »

Ich habe regelmäßigen Unterricht und wenn mein Stammlehrer der Meinung ist, ich soll mal was versuchen, was eigentlich noch nicht "dran" ist, dann mache ich das, weil der natürlich mein Pferd und mich kennt.
Wenn ich aber zu einem Kurs fahre, dann habe ich eine Vorstellung davon, was ich lernen möchte und dann will ich nicht experimentell reiten, sondern daran arbeiten. Wenn der Kursleiter der Meinung ist, das mir für das gewünschte noch etwas fehlt (Basis), dann arbeite ich eben daran. Das ich mir aber völlig übertrieben gesag: Seitengänge wünsche und stattdessen bei ersten Passageversuchen lande, das könnte mir wohl eher nicht passieren. Wenn ich eine grüne Bluse kaufen will und jemand will mir nen blauen Pulli andrehen, dann gehe ich ja auch wieder aus dem Laden raus :kopfkratz:
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Beitrag von gimlinchen »

auf die frage kann man nur "es kommt drauf an" antworten, finde ich.

vor allem kommt es auf kompetenz des und vertrauen zum ausbilder an.

mein ständiger RL hat mal lange mit mir an einfachen wechseln gearbeitet. ich kann den galopp ncht sitzen, nicht ordentlich angaloppieren und komme aus dem galopp nur über langen bremsweg in den schritt = wechsel sind quatsch. habs trotzdem gemacht, hat nicht geschadet, aber auch nichts gebracht.

bei desmond hab ich für mich eher das gefühl, dass das schon passt, was er will und ich mache es. nett ist, dass bei uns reiten und langzügel so fein zusammenpassen. am LZ arbeite ich am kurzkehrt und ich weiß nicht mal, ob es die oder der kurzkehrt heißt, aber am LZ gehts einigermaßen.... und beim reiten hilft uns das, dem herrn pferd zu zeigen, wie das mit den schenkeln gemeint ist. egal, wie es aussieht. ich hab bei desmond das gefühl, dass er ziemlich genau weiß, was ich kann (überschaubar...), was ich lernen kann und was mein pferd und mich weiterbringt. da passts für mich. ich hab aber auch da anderes gesehen, eine vom stall übt bei desmond ständig fliegende wechsel und man sieht, dass nicht nu die basics nicht da sind, sondern nicht mal kondition zum reiten... andererseits will sie auch eh nur bissle spaß haben und das pferd machts ganz gerne. könnte also auch passen...

kommt für mich sehr auf den RL an und man hat, so finde ich, selten das glück einen RL zu finden, dem man echt vertrauen kann
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emproada
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Beitrag von emproada »

Ich habe mich früher auch gerne mal an Dinge gewagt die noch nicht dran waren und bin damit kläglich gescheitert. Deshalb lege ich inzwischen extrem viel Wert auf die Grundlagen und solange diese nicht stimmen, wird auch definitiv nicht weitergemacht.
Und da wiederspreche ich auch auf Kursen, wenn ich der Meinung bin das wir noch nicht so weit sind. Und wenn ich mein Pferd nie zum ordentlichen piaffieren bringe, dann geht die Welt auch nicht unter. Lieber reel als irgendwie. :wink:
Viele Grüße Tina
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Medora
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Beitrag von Medora »

Ich schließe mich Tina an, denn auch ich habe versucht, Dinge zu erreichen, die schlicht noch nicht dran waren und habe damit einiges verbockt.

Das Problem sehe ich vor allem darin, wenn man etwas unbedingt WILL. Freundlich anfragen, also als spielerisches Ausprobieren, das finde ich super - man muss dann allerdings auch die innere Größe haben, es sofort sein zu lassen, wenn es nicht geht und nicht anzufangen, es erzwingen zu wollen.

Tania
Lala
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Beitrag von Lala »

Was gehört denn überhaupt zu der Basis?
Wenn die für jedes Pferd/Reiterpaar gleich wäre, würde ich sofort zustimmen, keine Lektionen (Schulterherein, Piaffe, fliegende Wechsel,...?) ohne Basis (Schritt, Trab, Galopp geradeaus und auf Volten, sowie fliessende Übergänge dazwischen, Dehnunshaltung und Nachgeben im Genick?)

Für mein Pferd stimmt das nun mal aber überhaupt nicht. Schulterherein und überhaupt Seitengänge (oder auf alle Fälle die Ansätze davon) gehören bei uns definitiv zur Basis, der Galopp in der Halle eindeutig nicht. Für eine perfekte Galopp-Volte müssen noch unzählige Aspekte verbessert werden, nach meinem Gefühl werden wir da vorher eine perfekte Piaffe hinlegen (wobei wahrscheinlich beides am Unvermögen der Reiterin scheitern wird :oops: ).

Medora hat geschrieben: Das Problem sehe ich vor allem darin, wenn man etwas unbedingt WILL. Freundlich anfragen, also als spielerisches Ausprobieren, das finde ich super - man muss dann allerdings auch die innere Größe haben, es sofort sein zu lassen, wenn es nicht geht und nicht anzufangen, es erzwingen zu wollen.
Dem kann ich nur zustimmen!

Ich probiere mit meinem Pferd sehr viel aus, teilweise auch Dinge, die nach "Ausbildungsschema" noch lange nicht auf dem Programm wären. Meinem Pferd machts Spass und ich habe auch nicht das Gefühl, dass sie dabei gross etwas falsches lernt. Gefällt mir nämlich ihre Reaktion auf meine Anfrage, gibt es grosses Lob. Fällt die Reaktion nicht in meinem Sinne aus, braucht es halt eine andere Übung oder eine andere "Erklärung" meinerseits.
Natürlich erwarte ich dabei auch keine perfekte Ausführung! Möchte meinem Pferd eher die Idee davon vermitteln, der Rest kommt dann mit der Übung und den richtigen Muskeln.
Die Überforderung kommt doch nicht von einer bestimmten Lektion, sondern vom Unvermögen von Reiter/ RL erste Anzeichen dazu beim Pferd zu erkennen und entsprechend zu handeln. Man kann ein Pferd nämlich durchaus auch schon mit Übergängen zwischen den Grundgangarten oder anderen Basisarbeiten überfordern...

Ich probiere überigens auch gerne aus, was mir ein Reitlehrer vorschlägt, solange mir die Erklärung dazu logisch erscheint. Merke ich aber, dass es mein Pferd (oder mich :wink: ) nur stresst, kann ich meine Meinung auch vehement vertreten oder die Aufforderung gekonnt ignorieren.
Darin gleiche ich manchmal doch erschreckend meiner Stute :? 8) :P
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Francois
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Re: "Über was hinwegreiten" oder immer aufeinander

Beitrag von Francois »

Aus meiner Sicht ist zunächst die entscheidende Aufgabe für einen Reitschüler sich darüber klar zu werden wohin er reiterlich eigentlich will. Er sollte sich eingehend mit verschiedenen Reitstilen und dessen Vertretern durch intensives Zuschauen und Hinterfragen befassen und sich dann den passenden Unterricht suchen. Dieses Vorgehen ist heute leider ein selten gewordenes Bild. Eher wird es vorgezogen sich oberflächlich zu informieren und auch allzu schnell zur Probe Unterricht zu nehmen, hauptsächlich bei jemandem, der in der Szene einen „Namen“ hat, ohne jedoch etwas von der tiefgründigen Philosophie des jeweils Praktizierten zu wissen. Gerade die Reitweise nach klassischen Grundsätzen verlangt nach solider Basisarbeit. Punkt. Leider sieht man von dieser oftmals deutlich notwendigen Basisarbeit bei dem einen oder anderen Reiter in solchen „Kursen“ recht wenig. Aus meiner Sicht hat dieser Umstand weniger mit Zeit zu tun, sondern eher mit einem gewissen Marktdruck. Wir leben in einer Zeit, in der auffallend viele Ausbilder sich die klassischen Grundsätze auf die Fahne schreiben. Das führte in letzter Zeit dazu, dass auch immer mehr „schwarze Schafe“ auftauchten und potentielle Reitschüler berechtigter Weise auch immer misstrauischer wurden. So wird es auch für die „Großen“ der Szene zunehmend schwieriger geeignete Reiter für Ihre Kurse zu finden. Die Konsequenz: Die Zulassungsvoraussetzungen für den Unterricht bei vielen namhaften Ausbildern wurden zunehmend abgeschwächt, wodurch zunehmend Pferd-/Reiterpaare mit markanten Defiziten auftauchen. Ansich nicht verwerflich, wenn die Ausbilder sich dem auch reell stellen würden und auch intensiv an basics arbeiten würden. Es scheint aber für den Markt wenig attraktiv zu sein, weshalb es eher ausbleibt. Vor 15- 20 Jahren war das ein anderes Bild: Es gab in der Regel strenge Teilnahmeanforderungen für Unterricht bei einem der wenigen Ausbildern, die sich mit höherer Dressur befassten. Erfüllte jemand diese Kriterien nicht, kam es auch mal vor, dass derjenige nach Hause geschickt wurde oder aber wirklich harte Grundlagen vermittelt bekam, die wenig spektakulär aber um so teurer für den Betreffenden waren ;-) Ich kann mich z.B. an einen Kurs mit Kurt Albrecht erinnern, bei dem ein wirklich hochdekorierter Dressurreiter aus der Region an die Longe zu Sitzschulungen genommen wurde, statt an fliegenden Wechseln oder ähnlichem zu arbeiten. Diese Courage würde ich mir heute bei so vielen Reitlehrern innigst wünschen! Der Unterricht fand in Demut gegenüber dem Ausbilder und dem Pferd statt, Diskussionen über geforderte Lektionen gab es nicht. Warum auch, schliesslich ritt man bei einem Lehrmeister, der um so viel Erfahrung und Wissen zu Pferde reicher war als man selbst. Wenn Fragen gestellt wurden, dann voller Bescheidenheit vor oder nach dem Unterricht.

Ich behaupte nun mal ganz spitz, dass so mancher Ausbilder in dem Moment, in dem er einen Reitschüler mit deutlichen Defiziten im Unterricht hat, genau weiss, dass er es im Kurs ohnehin nicht ändern kann und vermutlich zu dieser etwas „langweiligeren“ Arbeit, für die er ja eigentlich gar nicht gekommen ist, wenig Lust hat. In der Regel hat aber nicht nur der Reiter Probleme, sondern auch das Pferd und so konzentriert sich oftmals die Arbeit mehr auf dieses, denn jeden guten Ausbilder schmerzt es innerlich, wenn er Tiere sieht, die daran gehindert werden, Ihr Potential auszuspielen. (So mancher Ausbilder verrenkt sich schier beim Unterrichten in der Reitbahn, weil er innerlich mitreitet) Gedanklich sitzen die Ausbilder quasi „auf dem Pferd“ und spüren ganu, was es in diesem Moment braucht. Und deshalb fordern sie eben Lektionen, die das Pferd freier machen und fördern. Wenn man bei DOB unterrichtet wird, sollte man auch wissen, dass seine Wurzeln in Wien liegen. Dort werden Pferde nicht isoliert gearbeitet, sondern in der Regel durch Lektionen ganzheitlich geformt. Die Piaffe ist dort vor allem Mittel zum Zweck, denn es ist nicht nur eine hoch versammelte Lektion sondern eben auch lösend. Das hat also dann nichts mit Überforderung zu tun, wenn ein solcher Lehrer sie im geigneten Moment und in angebrachter Form abfordert. Ähnlich verhält es sich mit einer Reihe anderer Lektionen. Es sollte klar sein, dass ein noch so guter Reitlehrer Ihnen das Warum und Wie seiner ganzen Philosophie nicht während des Unterrichts erklären kann. Erschwerdend kommt noch dazu, dass diese ohnehin auf Ihrem Gebiet oftmals außerordentliche Künstler sind. Man sollte also in einem solchen Fall Vertrauen und ausführen, zumal man sich ja vorher ganu den Lehrmeister herausgesucht hat. Wenn man lange genug beim gleichen guten Ausbilder bleibt, wird sich das eine oder andere in der Reitkunst vor allem durch Fühlen erschliessen. (oder aber auch nicht!) Problematisch wird aus meiner Sicht diese Form des Arbeitens mit dem Pferd vor allem dann, wenn der Reiter unter Anleitung des Ausbilders in eine Piaffe geführt wird, auf Wolke 7 schwebt und dann zu Hause versucht dies zu üben, ohne das Feingefühl für das Wie, Wann und Warum zu besitzen. Und genau hier versäumen es viele Ausbilder Ihren Reitschüler genau zu unterweisen und von dieser „Wolke“ sanft herunter zu holen, dabei aber dennoch zu motivieren, am Ball zu bleiben.

Viele Grüße

Francois :wink:
C'est dans la légèreté que repose l'équitation savante.
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