Reiten = Sport?

Rund um die klassische Reitkunst

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*Claudius*
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Reiten = Sport?

Beitrag von *Claudius* »

Vor kurzem wurde ich von einer Nicht-Reiterin gefragt, ob Reiten denn so ein richtiger Sport wäre.
Ich muss sagen, ich hatte da keine rechte Antwort drauf.

Wie seht ihr das? Wurdet ihr das schonmal gefragt und wie habt ihr geantwortet?

Hier mal so meine Gedanken dazu:
- Es gibt durchaus Reiter, die nach dem Reiten schweißgebadet vom Pferd steigen. Das sind allerdings überwiegend diejenigen, von deren "Gereit" ich so gar nicht angetan bin
- Als Reit-Neuling hat man nach den ersten Reitstunden ja schon häufiger Muskelkater, weil halt doch neue Muskeln beansprucht werden. Ich hab das vom Reiten allerdings nun nur noch selten. Evtl. nach einem sehr langen Ausritt oder wenn ich bspw. viel ausgesessen bin.
- Je nach "Pferd" finde ich das Reiten auch anstrengender oder weniger anstrengend. Mein Ziel für's Reiten ist allerdings schon, dass es mit der Zeit immer leichter wird. Bedeutet das dann automatisch, dass der "sportliche Aspekt" immer geringer wird?
- Es ist wohl auch eine Frage der Definition von "Sport". Wenn Sport = schweißgebadet bedeutet, dann ist mein Anspruch an schönes Reiten definitiv nicht mit Sport zu vereinbaren. Das Reiten überhaupt nicht sportlich ist, finde ich aber eigentlich auch nicht....

wie seht ihr das? :?
Auch das unerfahrenste Pferd kann dem besten Reiter noch etwas lehren.
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Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Ich sehe Reiten schon als Sport (allerdings nicht gerade als Kraftsport :wink: ), weil es ein hohes Maß an Gleichgewichtssinn, Körpergefühl, Körperbeherrschung und Koordinationsvermögen erfordert.

Darüber hinaus benötigt man aber auch Eigenschaften, die über das rein Sportliche hinausgehen, insbesondere das Einfühlungsvermögen in ein anderes Lebewesen.
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*Claudius*
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Beitrag von *Claudius* »

Kiruna Karmina hat geschrieben:Ich sehe Reiten schon als Sport (allerdings nicht gerade als Kraftsport :wink: ), weil es ein hohes Maß an Gleichgewichtssinn, Körpergefühl, Körperbeherrschung und Koordinationsvermögen erfordert.
Danke für die gute Beschreibung. Mir sind da die passenden Worte nicht eingefallen, aber das hört sich sehr nach meinem Empfinden an.
Allerdings vermute ich, dass viele diese Aspekte nicht unter dem Begriff "Sport" zusammenfassen würden.
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-Tanja-
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Beitrag von -Tanja- »

Ist Schachspielen Sport? Oder Billiard? Ist Tischtennis Sport? Curling? Golf? Ich finde da Wiki ziemlich gut erklärt: http://de.wikipedia.org/wiki/Sport
Das Wort selbst wurde im 19. Jahrhundert vom englischen sport entlehnt, welches wiederum über das Französische auf das lateinische disportare (,sich zerstreuen‘) zurückgeht.
Und wenn der DOSB Schach als Sportart anerkannt hat, ist Reiten wohl erst recht als Sport anzusehen.
lg, Tanja

Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
Aus: "Vollendete Reitkunst", Dr. Udo Bürger, 1959
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*Claudius*
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Beitrag von *Claudius* »

-Tanja- hat geschrieben:Ist Schachspielen Sport? Oder Billiard? Ist Tischtennis Sport? Curling? Golf? Ich finde da Wiki ziemlich gut erklärt: http://de.wikipedia.org/wiki/Sport
Das Wort selbst wurde im 19. Jahrhundert vom englischen sport entlehnt, welches wiederum über das Französische auf das lateinische disportare (,sich zerstreuen‘) zurückgeht.
Und wenn der DOSB Schach als Sportart anerkannt hat, ist Reiten wohl erst recht als Sport anzusehen.
:lol: stimmt... an Schach hatte ich jetzt gar nicht gedacht...

Tischtennis würde ich eindeutig als Sport einordnen. Über Golf erlaube ich mir kein Urteil. Da hat erst gestern jemand erzählt, er hätte einmal Golf gespielt und prompt am nächsten Tag Muskelkater gehabt... steckt vllt doch mehr dahinter, als ich bisher dachte...
Schach fällt aber defenitiv NICHT unter meine Auslegung von Sport :wink:
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Beitrag von chantesse »

also Tischtennis ist anstrengend, und Golfen auch. Viele Kilometer wandern über den Platz und dann noch konzentriert abschlagen.

Reiten ist Sport unter der Prämisse Körperkoordination. man braucht außerdem eine gewisse Grundkondition.

Ansonsten halte ich volle Mistkarre schieben für den wesentlichen sportlicheren Part rund ums Pferd.
xelape

Beitrag von xelape »

Kommt auf's Pferd an. Ein Pferd mit viel Übersetzung und Schwung finde ich deutlich anstrengender zu reiten, als solche die sitzbequem und handlicher sind. Bei den grossen Schwungvollen braucht es einfach mehr Körperspannung..
So richtig auspowern wie beim radeln oder wandern in den Bergen tu ich mich allerdings beim Reiten nie.
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Beitrag von sab »

Sport ist nicht gleich Sport. Joggen ist ein klassischer Ausdauersport. Gewichte stemmen ist Kraftsport. Es werden jeweils völlig unterschiedliche Muskelpartien beansprucht.

Beim reiten kommt es zum einen auf Dehnungsfähigkeit (Spalt) , Anspannung von bestimmten Muskelpartien als auch auf Koordination und Beweglichkeit an. Das Mitschwingen mit dem Becken beansprucht einiges an Muskeln und auch an Lockerheit; das kann man aber nicht so einfach sehen. Für richtig zentral halte ich Bauchmuskeln beim Reiten, wer die nicht hat, kann keine Parade geben.

Wie sportlich Reiten ist, häng natürlich auch davon ab, was man so macht. Sich im Schritt durchs Gelände schaukeln zu lassen hat nichts zu tun mit einem Vielseitigkeitsritt, bei dem auch gesprungen wird.

Ich persönlich betreibe neben dem Reiten noch anderen Sport. Das ist Ausdauersport und - für meinen Rücken - Kraftsport und Yoga. Das Yoga hat mit enorm geholfen, mein sehr schwungvolles Pferd zu sitzen.

LG

Sabine
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Kirunas Formulierung und Tanjas Hinweis finde ich erhellend - jetzt kann ich ruhigen Gewissens immer "Ja" antworten.

Mein letztens besuchter Orthopäde, der meinte ich sollte was für den Rücken machen, Reiten wäre ja eher weniger Aktivität, guckte verdutzt, als ich meinte "nene, das was sie meinen ist auf dem Pferd sitzen und sich tragen lassen". :)
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Thyl
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Kunst als Sport?

Beitrag von Thyl »

Tja, ist Bildhauerei Sport? Oder Schmieden? Wenn man sich Bildhauer ansieht, oder Kunstschmiede, so sind das schon rechte Muskelpakete. Sogar Kameraleute haben Mukkis, wg. der schweren Kameras. Trotzdem käme niemand auf die Idee, diese Kunstrichtungen als Sport zu betrachten.

Die körperliche Ertüchtigung ist quasi ein unvermeidlicher Nebeneffekt.

Nicht alle sehen das so. Eine meiner Reitlehrerinnen, Dorothee Baumann-Pellny, argumentiert in ihrem neuen Buch "Stufen der Reitkunst", dass Reiten durchaus auch Sport sei, und das vielfach heutzutage übersehen würde.
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Beitrag von Motte »

Vielleicht wird andersherum ein Schuh draus:

Menschen, die komplett unsportlich sind, haben grundsätzlich sehr große Probleme, Reiten zu lernen.
Also bedarf es zum Reiten durchaus eine ordentliche Portion Sportlichkeit.
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*Claudius*
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Beitrag von *Claudius* »

ui, prima.
Danke für die vielen Erklärungsideen! :D
Auch das unerfahrenste Pferd kann dem besten Reiter noch etwas lehren.
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sagst du oh Mensch, sei Sünde.
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skywalker

Beitrag von skywalker »

Ob Reiten Sport ist, hängt echt davon ab, was man als Sport definiert. Meine eigene persönliche Definition von Sport ist z.B. eine sehr enge, im Grunde fallen nur Ausdauersportarten und reiner KRaftsport drunter. BAllspiele (Golf, Tennis, alles....) fallen für mich nicht unter Sport, das sind eben Spiele (mit durchaus körperlicher Anstrengung). Der Weg, um das Spiel ausüben zu können, kann durchaus Sport sein (joggen, Sprinttraining, ...) Nicht jede körperliche Anstrengung ist Sport (sonst wäre Einkaufstüten-Schleppen auch Sport). Dinge wie Billard, Schach und so fallen für mich nu wirklich nicht unter Sport.
Tanzen und Ballett, Yoga und so Zeugs, ... steht für ein bissl dazwischen, ist eher Kunst mit einem Aspekt körperlicher Anstrengung.

Demgemäß kommt es auf die Art des REitsports an, ob ich es als Sport definieren würde:
- Rennpferde trainieren wäre für mich Sport
- Distanzreiten wäre für mich klassischer Ausdauersport
- Wanderreiten und das Training dazu würde ich tatsächlcih auch eher als Sport sehen
- Springen, hm, glaube auch (= wie Hochsprung, Leichtathletik)
- Dressur: Nein. Sehe ich eher wie Tanzen.

Wobei ich diese Einteilung jetzt eher danach mache, ob Reiten/trainiert werden für das Pferd Sport ist. Für den Reiter sehe ich es nie als Sport, egal wie anstrengend es wird.

Aber wie gesagt, meine persönliche Definition von Sport ist schon eine sehr eng gefasste; kann auch gar nicht sagen wieso genau sich das in meinem Kopf so einteilt. Ich glaube für mich gehört zu "Sport" eine Einstellung wie "weiter, höher, schneller" durch Training. Sobald etwas quantitativ objektiv messbar ist vielleicht. Deshalb fällts mir auch schwer, alle Sportarten als solche zu akzeptieren, die durch subjektive Bewertung durch Richter entschieden werden (Eiskunstlauf, Dressur, Tanzen). Hm, ja, vielleicht ist das mein Kriterium: Objektiv messbare Vergleichbarkeit.
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Tossi
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Beitrag von Tossi »

Meine Standardantwort, wenn ich zum Thema Sport befragt werde: "Ich habe zwei Terrier und ein Pferd, das reicht."

Für mich ist Reiten schon Sport, nämlich der einzige, den ich regelmäßig ausübe. Dass damit auch eine gewisse allgemeine körperliche Fitness und Ausdauer einhergeht, merke ich spätestens dann, wenn ich spontan mit anderen Leuten z. B. zum Wandern in die Berge gehe oder im Winter zum Skifahren, da schlage ich mich ohne spezielles Training im Vergleich zu den anderen immer ganz wacker. Für mich eindeutig eine Folge des regelmäßigen Reitens.

LG Elisabeth
Die Schönheit der Dinge lebt in der Seele dessen, der sie betrachtet. (David Hume)
esge
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Beitrag von esge »

Ja, eine gewisse Grundfitness gibt einem das Reiten schon. Zumindest wenn man unter "regelmäßig reiten" nicht "regelmäßig 3 x im Monat" versteht, sondern halt wirklich annähernd täglich.
Wómit es bei den meisten Reitern tatsächlich hapert ist die Ausdauerkondition. Dafür bringt Reiten - zumindest gemäßigtes Freizeitreiten - nix. Tossi, ich denke, dass deine Kondition da eher von den Terrieren kommt. Bei mir ist das auch viel besser geworden seit ich neben Pferd auch Hund habe und dadurch doch auch regelmäßig gehe.

Reiter dürften allerdings ganz allgemein die Sache tatsächlich ruhig etwas "sportlicher" sehen. Die Pferde hätten es erheblich leichter, wenn die Grundfitness vieler Reiter rundum besser wäre. Ich fasse mich da ganz doll an die eigene Nase. Gerade in der Freizi- und niederen Turnierszene hängen viele Leute doch eher wie nasse Wäschesäcke im Sattel, haben eine lausige Grundspannung einerseits und falsche Spannungen andererseits, die aus mangelnder Fitness und im Alltag eingeschliffenen Fehlhaltungen herrühren.

Ob Reiten an sich ein Sport ist, mag Auslegungssache sein. Aber den Pferden täte es gut, wenn Reiter eine AUSGLEICHSsport zum Reiten betrieben... :wink:
Loslassen hilft
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