Pladoyer für die Besinnung auf die klassischen Prinzipien

Rund um die klassische Reitkunst

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grisu
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Beitrag von grisu »

Gawan hat geschrieben:
marquisa hat geschrieben:Die Bilder von dem schlitten finde ich insofern sehr irreführend,denn der Schlittenhocker hält sich ja am Zügel fest und lässt sich durch diesen nach vorne ziehen.
Dann frage ich mich eben, warum jemand, der doch Ahnung vom Reiten hat, ein solches Bild verwendet.

...
Hallo Gawan, über diese Bilder habe ich mich auch gewundert. In seinem Buch "Über die Biegung und Versammlung des Pferdes" verwendet sie Kotzab auch, um die Kreuzeinwirkung zu beschreiben. Er möchte wohl darauf hinaus, dass Anlehnung, reiterliches Gleichgewicht, Kreuzeinwirkung und Vortrieb sich gegenseitig bedingen. Ich kann ihm in seiner Argumentation vor allem mit dieser Bebilderung nicht so richtig folgen.

Schwierig ist tatsächlich, dass man es nicht wirklich erklären kann, wie sich's anfühlt, wenn mit der Anlehnung alles stimmt. Die Anlehnung ist ja nur Teil des Gesamtpakets.

Es ist, als wärst du in das Pferd "eingebunden". Das heißt, du bist ein Teil des Bewegungsablaufs, kannst ihn an dieser Schaltstelle auch beeinflussen. Dafür muss der Sitz losgelassen und geschmeidig sein und die Hand muss unabhängig vom Körper sein und sie muss geschmeidig am Maul des Pferdes sein (das nennt man auch "Handatmung").

Du bist Teil des Gleichgewichts und Teil der Spannung und Abspannung. Du kannst über deinen Körper und deine Hilfen die Spannung erhöhen und wieder herauslassen, als wärst du ein Muskel des Pferdes. Eine Parade besteht eben in dieser Fähigkeit, du erhöhst kurz die Spannung, stellst die "Handatmung" einen Augenblick ein, richtest dich auf - und lässt wieder los - alles im Gleichgewicht mit dem Pferd.

Das macht es natürlich schwierig, wenn das Pferd aus dem Gleichgewicht kommt und auf die Hand kommt. Du musst reagieren, indem du nachtreibst und nicht, indem du gegenziehst - und das fällt uns Menschen eben sehr schwer (und manchmal kann man's eben auch noch nicht so richtig oder das Pferd hat massivere Probleme, als man bewältigen kann - Reiten ist einfach sauschwer).

Auch schwierig ist der Begriff des "Treibens". Obwohl ich es besser weiß, klingt das auch für mich immer nach "Jetzt mach dem Bock mal ordentlich Druck!" Aber das ist es gar nicht. Bei einem einigermaßen sensiblen Pferd, das auf dezente treibende Hilfen eingestellt ist, reicht hier ein Aufrichten, ein freundlicher Einsatz des Schenkels, ein Anlegen des Sporns - je nachdem, was du gerade bezweckst.

Wenn man dann einmal das Gefühl hatte, das Pferd am Sitz zu haben und (Achtung, jetzt wird's wendymäßig) eins zu sein mit dem Pferd, dann ist eben dieses Gefühl und diese Einheit immer das Ziel. Aber dieser Zustand ist schwer zu erreichen und sehr störanfällig.

Am einfachsten zu begreifen ist das tatsächlich, wenn man wie Finchen die Gelegenheit bekommt, ein gut gerittenes Pferd zu reiten und so die Zusammenhänge und die Rolle, die der Reiter spielen soll, fühlt und begreift.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Bilder sind nun mal eine sehr subjektive Sache. Sie produzieren bestimmte Vorstellungen- das gleiche Bild kann bei zwei verschiedenen Menschen, zwei vollkommen unterschiedliche Assoziationen auslösen. Deswegen muss man im Unterricht immer viele unterschiedliche Bilder für ein bestimmtes, zu vermittelndes Thema / Gefühl parat haben, um jedem Reiter gerecht zu werden. Das Bild kann ein Treffer sein, aber auch ein totaler Griff ins Klo... 8)
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

saltandpepper hat geschrieben:Bilder sind nun mal eine sehr subjektive Sache. Sie produzieren bestimmte Vorstellungen- das gleiche Bild kann bei zwei verschiedenen Menschen, zwei vollkommen unterschiedliche Assoziationen auslösen. Deswegen muss man im Unterricht immer viele unterschiedliche Bilder für ein bestimmtes, zu vermittelndes Thema / Gefühl parat haben, um jedem Reiter gerecht zu werden. Das Bild kann ein Treffer sein, aber auch ein totaler Griff ins Klo... 8)
Ich kann den Schlittenfahrer erst jetzt sehen - und auf mich wirkt er eben nicht wie auf marquisa als würde er vom Zügel nach vorne gezogen sein. Was sicher auch daran liegt, dass ich mich ganz ohne den Zügelzug viel zu leicht in die Vorwärtsposition bringe, ganz von alleine... :D
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Ich finde das Schlittenfahrbild rein physikalisch 8) - schwachsinnig, denn der Reiter hat keine Bodenberührung- aber das Gefühl von körperinterner Balance bei Bewegung , spiegelt es für mich schon.
Wenn man es jemandem zeigt, der noch nie auf einem Schlitten einen Berg runtergesaust ist, wird derjenige damit aber völlig falsche Vorstellungen verknüpfen, denn das Bild ist nicht mit Erfahrung belebt....
Es ist hingegen eine sehr gutes Bild für einen Bügeltritt :lol: - ich benutze ein "Schlittenbild" gerne für lenkende Gewichtshilfen- wie bei einem Schlitten, muss man auch auf der Seite mehr "runtertreten", wo man hinwill...
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Gawan hat geschrieben:
Cubano hat geschrieben:Soweit ich weiss, hast Du Dein Pferd mit Kappzaum angeritten und bist unmittelbar danach auf Kandare blank umgestiegen.
Mit Verlaub, da bist du falsch informiert. Wie kommst du denn auf den Blödsinn?

Guten Morgen,
das mit dem Blödsinn hat mir ja dann doch keine Ruhe gelassen. :-) Und nun weiß ich auch wieder, wie ich darauf gekommen bin – durch diesen Beitrag von Dir…
Gawan hat geschrieben:Ich habe mein Pferdl von Anfang an auf Kappzaum geritten, nach neun Monaten kam eine Kandare dazu (einhändig und mit leicht durchhängenden Zügeln geführt), die Trense hat es als Kommunikationsinstrument nie kennengelernt.
Genau deshalb meinte ich gestern eben, dass Du die Form der Anlehnung, über die wir gerade reden, so nicht praktizierst.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
maulfrei :o)

Beitrag von maulfrei :o) »

Gawan, ich stimme dir sämtlichst zu!! Zum einen zu deinen Überlegungen bezüglich der Wirkung eines Nasenriemens, zum anderen auch zu deinen Ausführungen zum Thema "Anlehnung".
Wenn es eine feine Anlehnung, die den Namen auch wirklich verdient, des öfteren gäbe, hätten wir hier gar keine hdS-Diskussion, sondern könnten gut gerittene Pferde mit der NvdS bewundern... :?

Gerade im Spitzendressursport sehe ich wie du auch ein ständiges Ziehen - trotz Kandare...
Und wenn man bedenkt, dass z.B. laut Stahlecker bei einem Zügelzug von 2,5 kg bei einem auf Kandare gezäumten Pferd je nach Kandarenwinkel bis zu 50 kg auf der Pferdezunge landen, ist es doppelt grausam, dann auch noch den Nasenriemen zuzuknallen. :sad:
(Ein Nasenriemen kann m.M. nach nur dann in irgendeiner Form den durch Zug am Zügel verursachten Druck "umlenken", wenn er in irgendeiner Form Kontakt zum Gebiss hat. Ein Nasenriemen, der wie bei der Kandare unterhalb der restlichen Zäumung verläuft, also komplett separat am Pferdekopf befestigt ist, wirkt nur, wenn das Pferd das Maul bewegt/öffnet, wodurch sich aber nicht der Druck im Maul verringert, sondern weiterer Druck an anderen Stellen entsteht.)

Um noch einmal auf Damon Hill zurückzukommen (einfach nur als Beispiel, ich könnte auch Valegro oder sonst ein Spitzendressurpferd nehmen):
Ich sehe ein immer wieder etwas eingerolltes Pferd - das hat mit Hengsthals ja oder nein wirklich überhaupt nichts zu tun :roll: - sondern aus meiner Sicht viel wahrscheinlicher mit dem Einsatz von Schlaufzügeln beim Training zu Hause. Gerade in den schweren Lektionen (z.B. Piaffe, Pirouetten) fällt die eingerollte Haltung auf, die m.M. nach aus dem Einsatz von Schlaufzügeln resultieren könnte. Auch die starre Kopf-Hals-Position in sämtlichen Lektionen zeugt m.M. nach davon.

Für mich wird Damon Hill weder fein geritten (Zug am Kandarenzügel, ständiger und deutlicher Sporeneinsatz) noch wirken seine Bewegungen für mich "leicht", sondern vielmehr so, als würde er mit Kraft gegen Widerstände arbeiten. Seine Beine schwingen nicht locker vor, sondern werden aktiv übertrieben hochgezogen.
Ich habe eben 2 Piaffe-Bilder zum Vergleich rausgesucht, einmal PK und einmal HL, an denen wesentliche Unterschiede erkennbar sind (zumindest aus meiner Sicht der Dinge): PK zeigt mit seinem Pferd eine klassische Piaffe, die mir sehr gut gefällt (auch wenn das vordere Standbein etwas rückständig ist). HL zeigt eine imposante Piaffe, an der ich - bis auf das gerade Standbein - aber kaum weitere Merkmale für eine gute (=gymnastisch wertvolle) Piaffe erfüllt sehe.
Zum Thema starker Trab und Passage: Vielleicht reicht es schon aus, mit Schlaufzügeln regelmäßig hdS bzw. eingerollt zu reiten, um durch Muskelverkürzungen eine höhere vordere Beinaktion zu erreichen - aber in meinem Kopfkino spielen sich lauter manipulative Szenarien ab, insbesondere wenn beim starken Trab die Vor- und Hinterhand nicht mehr richtig zusammenpassen und die Passage nicht mehr flüssig im Sinne von weich gezeigt werden kann. Das ist für mich eine Marionettenpassage, bei der sich mir natürlich auch der Verdacht aufdrängt, dass sie dem Pferd mit unschönen Methoden beigebracht wurde.

Eine Manipulatiosmöglichkeit, die hier bestimmt schon mal im Zusammenhang mit Totilas erwähnt wurde (kurzer Auszug):
Dressur pervers aus ST.GEORG Juli/2005
Marionetten-Passagen
„Bei uns macht das jedes kleine Dressurmädchen“ – die Arbeit mit Schuhen ist in den Niederlanden gang und gäbe. Dem Pferd werden beim Longieren oder Reiten Lederschlaufen um die Füße geschnallt, an denen auf Höhe des Ballens ein großer Ring befestigt ist. Von diesem Ring führt eine Lederschnur durch eine Schlaufe am Gurt zwischen den Vorderbeinen des Pferdes in die Hand des Longierenden. Winkelt das Pferd beim Traben den Oberarm an, wird an dem Band gezogen. Das Ergebnis dieser Trainingsmethode ist frappierend. Gerade noch trabt ein Pferd mit „normalem“ Trab um einen herum, Minuten später schwebt ein Dressurknaller mit der „allerbesten“ Kadenz auf dem Zirkel. Wie stark diese Schuhe den Bewegungsablauf verändern, kann man sich kaum vorstellen. Man muss es gesehen haben. Beim zweiten Blick fallen einige Details auf: Egal, welchen natürlichen Trabablauf die Pferde von Hause aus haben – flacher Schlittschuhläufer, oder rollende Knieaktion – sie „passagieren“ alle gleich: Der Oberarm ist extrem hochgezogen, teilweise sogar über die Waagerechte, die Spitzen der Hufe – auf die mit den Schuhen die meiste Kraft einwirkt zeigen auffällig stark zum Buggelenk. Bilder, wie man sie von einigen internationalen Spitzenpferden kennt. Auch von Hengsten, deren Nachkommen dann seltsamerweise deutlich weniger „Tritt und Schwups“ als ihre Erzeuger aufweisen.

http://www.st-georg.de/hintergrund/roll ... 0&class=57

Das ist nur eine Manipulationsmöglichkeit, aus der Gangpferde-Szene sind ja noch diverse weitere bekannt.

Es geht beim großen Dressursport in erster Linie ums Geld - um sehr viel Geld. Dass u.U. in die Trick-Kiste gegriffen wird, um aus dem Pferd das best-höchst-weitmöglichste herauszuholen, halte ich nicht für unwahrscheinlich.

Ich hatte das Video von IK mit Nector einfach deshalb hier kurz eingestellt, weil es in vielem einen krassen Gegensatz zu den heutzutage ganz vorne platzierten Spitzendressurpferden zeigt. Die Mängel sehe ich auch, aber ich sehe auch ganz viel Positives.
Insbesondere die Einstellung zum Pferd scheint mir eine komplett andere zu sein - und das ist für mich der gravierendste Unterschied.

Nector werden seitens der Reiterin deutlich mehr Freiräume gelassen (die er auch teilweise für sich ausnutzt), die Bewegungen sind fließend und natürlich, das Pferd präsentiert sich im Rahmen seiner Möglichkeiten (und nicht perfekt) und ich bin mir ziemlich sicher, dass bei seiner Ausbildung ein pferdefreundlicher Weg beschritten wurde.
Ein DH präsentiert sich ähnlich wie ein Totilas sehr imposant, nahezu fehlerfrei, mit gewaltigen exaltierten Bewegungen und metronomähnlicher Präzision - allerdings in weiten Teilen fernab von natürlichen Bewegungsabläufen. Selbst in den ganz großen Prüfungen, bei denen sämtliche Kameras auf das Pferd-Mensch-Paar gerichtet sind, wird das Pferd mit tw. deutlichem Zug am Kandarenzügel, hdS und ebenfalls deutlichem Sporeneinsatz präsentiert - da muss man sich doch fragen, wie das Training wohl zu Hause abläuft, wenn keiner zuschaut. :cry:

Das Schlittenbild verstehe ich übrigens auch nicht...

Edit: Ich habe die Bilder nach einer kurzen Diskussion zu Hause wg. copyright lieber rausgenommen. :?

Die gravierendsten Unterschiede sind aus meiner Sicht:
-die Höhe des Genicks (bei PK auf Schulterhöhe, bei HL auf Höhe der Hände(!),
-Nase deutlich vdS bei PK, Nase deutlich hdS bei HL,
-mehr Lastaufnahme hinten bei PK als bei HL (am Fesselgelenk des Standbeines ersichtlich) sowie
- ein aufgewölber Pferderücken bei PK, ein weggedrückter bei HL.

Piaffe PK:
http://www.forthehorse.com/images/2010/ ... 20karl.jpg

Piaffe HL:
http://www3.pictures.zimbio.com/gi/Damo ... FzW9ul.jpg
Zuletzt geändert von maulfrei :o) am Mi, 12. Mär 2014 10:08, insgesamt 1-mal geändert.
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amara
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Beitrag von amara »

maulfrei :o) hat geschrieben:Um noch einmal auf Damon Hill zurückzukommen (einfach nur als Beispiel, ich könnte auch Valegro oder sonst ein Spitzendressurpferd nehmen):
Ich sehe ein immer wieder etwas eingerolltes Pferd - das hat mit Hengsthals ja oder nein wirklich überhaupt nichts zu tun :roll: - sondern viel wahrscheinlicher mit dem Einsatz von Schlaufzügeln beim Training zu Hause. Gerade in den schweren Lektionen (z.B. Piaffe, Pirouetten) fällt die eingerollte Haltung auf, die m.M. nach aus dem Einsatz von Schlaufzügeln resultiert. Auch die starre Kopf-Hals-Position in sämtlichen Lektionen zeugt m.M. nach davon.
Deine Unterstellungen - wie Schlaufzügel, von denen du nicht ANSATZweise etwas weisst - werden ja immer wilder... jetzt mach aber mal einen Punkt und puste nicht nonstop Behauptungen in die Luft, die du nicht belegen kannst. Es ist wirklich nur noch wirr.
:shock: :roll: :roll:

Übrigens kann ich auch eines der schlechtesten Bilder von PK mit Linien vollmachen und eines der besten von Damon Hill und dann schauts genau anders herum aus. Meine Güte...


Wow. Und ich bin ein King. Ich kann ein Pferd ohne SZ hdS bringen. :?
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Gawan
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Beitrag von Gawan »

Cubano hat geschrieben:
Gawan hat geschrieben:Ich habe mein Pferdl von Anfang an auf Kappzaum geritten, nach neun Monaten kam eine Kandare dazu (einhändig und mit leicht durchhängenden Zügeln geführt), die Trense hat es als Kommunikationsinstrument nie kennengelernt.
Genau deshalb meinte ich gestern eben, dass Du die Form der Anlehnung, über die wir gerade reden, so nicht praktizierst.
"Dazukommen" heisst ich füge zu etwas Vorhandenem noch etwas Weiteres hinzu. Die Vorstellung von nur Kappzaum gleich auf blanke Kandare zu wechseln finde ich ausgesprochen gruselig. Damit es diesbezüglich nicht mehr zu Missverständnissen kommt, habe ich meine Signatur ergänzt. Wenn darin 2:0 erwähnt wird, weisst du, dass ich angefangen habe blank zu reiten.

Es ist ja nicht so, dass ich nie auf Trense und mit sogenannter "Anlehnung" geritten wäre, aber ich bin erst später dazu gekommen, Pferde mit echter Anlehnung zu reiten ("die Zunge in der Hand zu spüren"), und die Ausbildung, die mich geprägt hat, war eben in eine andere Richtung. Ich musste mir da das Ziehen, das ich in der Reitschule gelernt hatte, erst wieder abgewöhnen, dafür lernte ich, dass sich Pferde auch über Sitz und Schenkel reiten lassen. Ohne diese "Umschulung" hätte ich vermutlich später gar nicht die Erfahrung echter Anlehnung machen können, wobei ich da lieber von Kontakt spreche, um es von dem zu unterscheiden, was ich früher gelernt hatte. (Kleine Anekdote, um die "Qualität" der Reitschule, in der ich als Jugendliche war, zu schildern: Als ich ein Pferd nicht angaloppieren konnte, bekam ich keine Erklärung, was ich tun sollte, statt dessen packte der Reitlehrer das Pferd mit der einen Hand am Zügel, zog ihm mit der anderen Hand ein paar Mal die Peitsche über den Hintern, und liess es dann los. Kein Wunder, suchte ich nach Alternativen, was in der Zeit vor dem Internet gar nicht so einfach war.)

Bei der Arbeit mit meinem Pferdl halte ich es für sinnvoll, die Art der Zügelführung zu praktizieren, mit der ich am meisten Routine habe, zudem passt sie besser zu meinem Ziel Wanderreiten.
Mich interessieren aber verschiedene Reitweisen, weil man immer etwas dazulernen kann, wenn man das Eigene aus der Perspektive des Anderen betrachtet. Ich habe mir z.B. das Buch von Schwabl von Gordon und Rieskamp angeschafft, weil mich ihre Interpretation der H.Dv.12 interessiert, auch wenn ich selbst in der Praxis anders reite. Bei den Aufnahmen von Schwabl, auf denen er mit Kandare reitet, hängt der Kandarenzügel interessanterweise häufig leicht durch...

Was mich in Bezug auf die Anlehnung halt einfach irritiert, ist die Diskrepanz zwischen dem, was in der Theorie dauernd wiederholt wird, und dem, was ich in der Praxis sehe. Das fängt an bei Fotos und Filmen, auf denen ich etwas anderes sehe, als was sie angeblich darstellen, führt über teilweise peinlich hohe Messwerte der Zügelspannung, und endet bei Extremfällen wie etwa einer Reiterin, die nach der Reitstunde mit einem ausgebildeten Reitlehrer blutige Finger hat und als Lösung des Problems wird dem Pferd ein schärferes Gebiss verpasst. Dazu kommt, dass keineswegs nur Anfänger an den Zügeln ziehen, es gibt ja Reiter, die ziehenderweise Medaillen gewinnen. Ich würde gerne Mal einen Turnierritt sehen, bei dem Reiter und Pferd wirklich so weit sind, dass der Reiter das Pferd praktisch unsichtbar vorwiegend aus dem Sitz reitet, aber das wird wohl ein Traum bleiben.
Ist für mich ein ähnliches Problem wie mit der Versammlung bei manchen Branderuplern: Sie reden von und meinen Versammlung, aber was ich sehe ist einfach ein Pferd, das langsam durch die Gegend schleicht.
"Der Reitlehrer sei unser eigenes Pferd" SGS
(und der Schüler zeige Geduld, Demut und Hingabe)
Draussen bin ich 4:0 unterwegs, in der Halle 3:1, manchmal 1:3.
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dornröschen
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Beitrag von dornröschen »

amara hat geschrieben:Übrigens kann ich auch eines der schlechtesten Bilder von PK mit Linien vollmachen und eines der besten von Damon Hill und dann schauts genau anders herum aus.
Das habe ich mir auch gedacht. Es ist schon putzig, wenn man eine schlechte Momentaufnahme mit einer guten Momentaufnahme vergleicht, um daran eine ganze Ausbildung zu bewerten....
Und in einer Grand Prix Prüfung eine gymnastisch wertvolle Piaffe zu erwarten ist auch etwas, naja, wie soll ich sagen, naiv. Zumal in diesen Prüfungen die Piaffe meist in Verbindung mit der Passage geritten wird und die Übergänge zwischen Passage und Piaffe wohl zum anspruchsvollsten gehören, was in der Sport-Dressur verlangt wird. Damon Hills Stärke liegt eindeutig in der Passage und man sieht immer wieder, dass er sich nicht ganz leicht tut, mit dem Übergang in die Piaffe, was sich auf die Qualität derselben auswirkt.

Just my two Cents...
Ein Pferd ohne Reiter ist immer noch ein Pferd.
Ein Reiter ohne Pferd ist nur ein Mensch.
(Stanislaw Jerzy Lec )
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Noch putziger ist, dass Damon Hill von Ingrid Klimke ausgebildet worden ist, also eben derselben, die den Nector ach so pferdefreundlich ausgebildet hat. Helen Langenhanenberg reitet den erst seit zwei Jahren (oder so). Aber klar, wahrscheinlich reitet IK heimlich auch mit Schlaufzügeln :roll:
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amara
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Beitrag von amara »

Ernsthaft --- solche Kommentare find ich einfach nur noch... arm.
Zuletzt geändert von amara am Di, 11. Mär 2014 12:40, insgesamt 2-mal geändert.
Nicole
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Beitrag von Nicole »

Nicht nur du Amara, nicht nur du! :roll: :roll: :roll:
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amara
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Beitrag von amara »

aber in meinem Kopfkino spielen sich lauter manipulative Szenarien ab
Ehrlichweise will ich von so wirrem Zeuch hier gar nichts mehr lesen. Letztendlich ist DAS nämlich schlichtweg Verleumdung was du hier betreibst. Bei der ein oder anderen Verwirrung ist es ab und an ganz gut, man behält sie für sich...


p.s.: Damit ein Vorderbein WEGEN Schlaufzügel hdS nach oben kommt, musst du schon einiges an Fertigkeiten mitbringen. Der Schlaufzügel allein tuts - pardon - nicht wirklich. Sonst würd irgendwie jedes Lieschen-Müller-Pferdchen Totilas-artig Beine fuchteln. :roll: :roll:
minou
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Beitrag von minou »

@Grisu

deine Paradendefinition ist wunderschön erklärt :D
******
Indem uns das Pferd sein Vertrauen schenkt, fordert es uns zu einer disziplinierten Reitweise auf. Charles de Kunffy
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

amara hat geschrieben:
aber in meinem Kopfkino spielen sich lauter manipulative Szenarien ab
Ehrlichweise will ich von so wirrem Zeuch hier gar nichts mehr lesen. Letztendlich ist DAS nämlich schlichtweg Verleumdung was du hier betreibst. Bei der ein oder anderen Verwirrung ist es ab und an ganz gut, man behält sie für sich...


p.s.: Damit ein Vorderbein WEGEN Schlaufzügel hdS nach oben kommt, musst du schon einiges an Fertigkeiten mitbringen. Der Schlaufzügel allein tuts - pardon - nicht wirklich. Sonst würd irgendwie jedes Lieschen-Müller-Pferdchen Totilas-artig Beine fuchteln. :roll: :roll:
Herrjeh,dafür gibts dann Flaschenzüge,Bleigamaschen,Schweinetreiber usw.

Haben wir natürlich auch alles im Repertoire... :twisted:
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