Immer nur "lieb, lieb"

Rund um die klassische Reitkunst

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Phanja

Beitrag von Phanja »

In deinem Putzkastenbeispiel fehlt die aller-, allerwichtigste Frage: Warum tritt das Pferd gegen den Putzkasten?

Zwischen dem Feststellen eines Problems (Pferd tritt gegen den Putzkasten) und der Lösung des Problems (deine Varianten) muss immer die Ursachenfindung stehen.

Ruhiges Stehen ist auch eine Aufgabe, die ich dem Pferd stelle. Und das Üben dieser Aufgabe wird gerne vernachlässigt, solange das Pferd "zufällig" still steht. Steht es dann mal nicht ruhig da, neigt man direkt dazu, das "falsche Verhalten" strafen zu wollen. In Wirklichkeit hat man aber das "korrekte Verhalten" gar nicht wirklich etabliert.

An dem Punkt sagen dann einfach viele Menschen "Boa - das ist mir zu frickelig, zu aufwändig, zu kompliziert - ich stelle das durch Strafe ab". Das funktioniert ja auch, wenn man es konsequent verfolgt, wird aber das Pferd noch mehr frustrieren. Und ganz ehrlich - kein Pferd tritt den Putzkasten, um den Menschen zu ärgern. Das Pferd ist vielleicht unruhig, gestresst, ungeduldig, was auch immer.

Letztlich hängt die Entscheidung, wie man damit umgeht auch davon ab, ob man dem Pferd sagen kann, was es tun soll oder ob man dem Pferd sagen muss, was es nicht tun soll.
Kann ich meinem Pferd sagen, dass es ruhig stehen soll, kann ich diese Übung in allen möglichen Situationen versuchen abzurufen.
Stelle ich aber immer nur ab, was ich nicht haben möchte, bin ich einmal dabei, das Treten gegen den Putzkasten zu unterbinden, als nächstes fange ich an, dass Scharren zu unterbinden, als nächstes binde ich das Pferd kürzer an, etc.

Es geht nicht darum, wie lieb man in so einer Situation zum Pferd ist. Es geht darum, eine Situation pädagogisch zu analysieren und dann zu entscheiden, wie man zu einem anderen Verhalten kommt.

Wie du sagst - du siehst nicht ein, das Pferd fürs ruhig stehen zu loben, weil es für dich keine besondere Anforderung ist. Das mag in 99 von 100 Fällen ja auch so sein. Aber im 100. Fall IST es für das Pferd eine besondere Anforderung, weil es rundrum sehr unruhig ist, weil das Pferd gestresst ist, etc. - und in dieser Situation ist es viel schwieriger, die Aufgabe "ruhig stehen" zu beginnen. In einer ruhigen Situation ist es recht einfach für das Pferd die Aufgabe zu erfüllen. Das wird oft vergessen. Ob das Pferd sich so verhält, wie wir das wollen, hängt nicht ausschließlich davon ab, ob es die Aufgabe kennt, sondern es hängt von der Situation und von der Tagesform ab. Was heute für das Pferd einfach ist, kann morgen schwierig sein und umgekehrt. Es genügt nicht, Aufgaben einmalig in leicht und schwierig einzuteilen. Man muss jeden Tag neu mitdenken.

Damit kommt wieder die Motivation ins Spiel. Wenn man es schafft, dem Pferd das Gefühl zu geben, es kann die gestellten Aufgaben leicht lösen und wird dafür gelobt, steigt die Motivation. Hat das Pferd das Gefühl, es erhält nur für schwierige Aufgaben ein Lob, führt das eher zu Frust und mindert die Motivation.

Nochmal zum Beispiel. An den Tagen, wo es leicht war, ruhig zu stehen war es auch leicht, dieses Verhalten positiv zu besetzen - wenn man es lobt. Habe ich jetzt eine schwierige Situation hat das Pferd zum ruhig stehen einen ganz anderen Bezug. Es kennt die Aufgabe, ich kann ihm sagen, was es soll und muss nicht nur unterbinden was es nicht soll und es ist motiviert, weil es weiß, dass bei korrektem Verhalten eine Belohnung kommt.

Ruhig stehen ist übrigens für mich keine Sache von "wer ist der Chef". Es ist ganz einfach ein Ding für das man sich die Mühe gemacht hat, es zu üben oder eben nicht.
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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

@Marquisa: Klangschale ist schön ausgedrückt :lol: :lol:
Donna
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Beitrag von Donna »

Meine Meinung dazu: Das Pferd hat immer Recht,der Fehler liegt immer beim Reiter, Wenn das klar ist,macht man eine Menge richtig..Klar,lange ich aus Not auch mal rein ,um zu Bremsen.Warum? Aus Angst,letzlich geht die Sicherheit vor.Aber Lektiioen unkorrekt ? Pferde machen nicht absichtlich was falsch.Sie sind verritten oder waren nicht vorbereitet.Pferde wollen kooperieren,so sind sie angelegt.Widersetzlichkeiten haben Ursachen.Diese Herauszufinden und das Pferd zur Mitarbeit motivieren ist die Aufgabe des Reiters.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Phanja hat geschrieben:Ruhig stehen ist übrigens für mich keine Sache von "wer ist der Chef". Es ist ganz einfach ein Ding für das man sich die Mühe gemacht hat, es zu üben oder eben nicht.
Ja, und dann ist es auch eine Sache, wie sehr es denjenigen stört, dessen Pferd an den Putzkasten tritt. Manchem ist das total wurscht und dann hat derjenige auch keine Motivation, das Pferd diesbezüglich zu erziehen. :wink:
Beim Führen finde ich das oft noch viel krasser. Viele Menschen führen ihre Pferd so, dass ich damit wahnsinnig würde. Aber die kennen es nicht anders und es stört sie auch nicht, dass sie das Tier nur mit dem Ellebogen in den Hals gerammt, in der Trense hängend, grob Richtung und Tempo bestimmend von a nach b hantieren können.
Oder wenn der Zausel beim Aufsteigen lostrabt ... Beispiele über Beispiele... es ist Ansichts- und Ermessenssache- schulterzuck.
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Hallo,


dann ist da auch noch die Frage nach dem Paar.

Es ist ja nicht jede Pferde/ Reiter Kombination eine gelungene.

Manchmal nutzt eine gute Vorbereitung, eine gute Grunderziehung und auch guter Wille eben nichts, dann muss die Konsequenz gezogen werden, und ein neuer Mensch für das Tier gesucht werden als Reitbeteiligung oder Besitzer.

Das neue Paar kann ganz glücklich miteinander sein und alle reiben sich die Augen.

Wenn ich meine Drei auf die Weide bringe, dann habe ich den Jungen allein auf einer Seite, das Pony und die Schöne auf der anderen Seite, das Pony ganz aussen reagiert auf Zuruf, die Schöne ist eben schön und den Jungen kann ich rempeln, loben einfach mitlaufen lassen, wie es die Situation an einer STrassse erfordert.

Mein Leben ist mir lieb, meine Pferde sind mir lieb und deswegen gehe ich konsequent und energisch zur Sache, dann klappt es gas sanft.

Vom Stock zur Klangschale, schönes Beispiel, marquisa!



LG Ulrike
Phanja

Beitrag von Phanja »

saltandpepper hat geschrieben:
Phanja hat geschrieben:Ruhig stehen ist übrigens für mich keine Sache von "wer ist der Chef". Es ist ganz einfach ein Ding für das man sich die Mühe gemacht hat, es zu üben oder eben nicht.
Ja, und dann ist es auch eine Sache, wie sehr es denjenigen stört, dessen Pferd an den Putzkasten tritt. Manchem ist das total wurscht und dann hat derjenige auch keine Motivation, das Pferd diesbezüglich zu erziehen. :wink:
Beim Führen finde ich das oft noch viel krasser. Viele Menschen führen ihre Pferd so, dass ich damit wahnsinnig würde. Aber die kennen es nicht anders und es stört sie auch nicht, dass sie das Tier nur mit dem Ellebogen in den Hals gerammt, in der Trense hängend, grob Richtung und Tempo bestimmend von a nach b hantieren können.
Oder wenn der Zausel beim Aufsteigen lostrabt ... Beispiele über Beispiele... es ist Ansichts- und Ermessenssache- schulterzuck.
Ich weiß genau, was du meinst - habe das Bild mit dem Führen direkt vor Augen. Ich würd da auch die Krise kriegen :shock:

Ich hab als Jugendliche bei uns im Dorf oft die Hafis auf die Weide und zurück gebracht. Gut - die waren alle auch gefahren und kannten gesittetes nebeneinander gehen. Aber ich hab die all 8 auf einmal geführt. 4 vorne bei mir und 4 hintendran. Und man konnte wirklich jedem einzelnen Anweisung geben. Das war für mich damals völlig normales vorgehen und ich frage mich heute, wie es Leute nichtmal fertig bringen, 2 Pferden gesittetes geführt werden beizubringen.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Phanja hat geschrieben:In deinem Putzkastenbeispiel fehlt die aller-, allerwichtigste Frage: Warum tritt das Pferd gegen den Putzkasten?

Zwischen dem Feststellen eines Problems (Pferd tritt gegen den Putzkasten) und der Lösung des Problems (deine Varianten) muss immer die Ursachenfindung stehen.

Ruhiges Stehen ist auch eine Aufgabe, die ich dem Pferd stelle. Und das Üben dieser Aufgabe wird gerne vernachlässigt, solange das Pferd "zufällig" still steht. Steht es dann mal nicht ruhig da, neigt man direkt dazu, das "falsche Verhalten" strafen zu wollen. In Wirklichkeit hat man aber das "korrekte Verhalten" gar nicht wirklich etabliert.

An dem Punkt sagen dann einfach viele Menschen "Boa - das ist mir zu frickelig, zu aufwändig, zu kompliziert - ich stelle das durch Strafe ab". Das funktioniert ja auch, wenn man es konsequent verfolgt, wird aber das Pferd noch mehr frustrieren. Und ganz ehrlich - kein Pferd tritt den Putzkasten, um den Menschen zu ärgern. Das Pferd ist vielleicht unruhig, gestresst, ungeduldig, was auch immer.

Letztlich hängt die Entscheidung, wie man damit umgeht auch davon ab, ob man dem Pferd sagen kann, was es tun soll oder ob man dem Pferd sagen muss, was es nicht tun soll.
Kann ich meinem Pferd sagen, dass es ruhig stehen soll, kann ich diese Übung in allen möglichen Situationen versuchen abzurufen.
Stelle ich aber immer nur ab, was ich nicht haben möchte, bin ich einmal dabei, das Treten gegen den Putzkasten zu unterbinden, als nächstes fange ich an, dass Scharren zu unterbinden, als nächstes binde ich das Pferd kürzer an, etc.

Es geht nicht darum, wie lieb man in so einer Situation zum Pferd ist. Es geht darum, eine Situation pädagogisch zu analysieren und dann zu entscheiden, wie man zu einem anderen Verhalten kommt.

Wie du sagst - du siehst nicht ein, das Pferd fürs ruhig stehen zu loben, weil es für dich keine besondere Anforderung ist. Das mag in 99 von 100 Fällen ja auch so sein. Aber im 100. Fall IST es für das Pferd eine besondere Anforderung, weil es rundrum sehr unruhig ist, weil das Pferd gestresst ist, etc. - und in dieser Situation ist es viel schwieriger, die Aufgabe "ruhig stehen" zu beginnen. In einer ruhigen Situation ist es recht einfach für das Pferd die Aufgabe zu erfüllen. Das wird oft vergessen. Ob das Pferd sich so verhält, wie wir das wollen, hängt nicht ausschließlich davon ab, ob es die Aufgabe kennt, sondern es hängt von der Situation und von der Tagesform ab. Was heute für das Pferd einfach ist, kann morgen schwierig sein und umgekehrt. Es genügt nicht, Aufgaben einmalig in leicht und schwierig einzuteilen. Man muss jeden Tag neu mitdenken.

Damit kommt wieder die Motivation ins Spiel. Wenn man es schafft, dem Pferd das Gefühl zu geben, es kann die gestellten Aufgaben leicht lösen und wird dafür gelobt, steigt die Motivation. Hat das Pferd das Gefühl, es erhält nur für schwierige Aufgaben ein Lob, führt das eher zu Frust und mindert die Motivation.

Nochmal zum Beispiel. An den Tagen, wo es leicht war, ruhig zu stehen war es auch leicht, dieses Verhalten positiv zu besetzen - wenn man es lobt. Habe ich jetzt eine schwierige Situation hat das Pferd zum ruhig stehen einen ganz anderen Bezug. Es kennt die Aufgabe, ich kann ihm sagen, was es soll und muss nicht nur unterbinden was es nicht soll und es ist motiviert, weil es weiß, dass bei korrektem Verhalten eine Belohnung kommt.

Ruhig stehen ist übrigens für mich keine Sache von "wer ist der Chef". Es ist ganz einfach ein Ding für das man sich die Mühe gemacht hat, es zu üben oder eben nicht.
Da stimme ich grundsätzlich zu...

Aaaaber:
ich finde es nicht frevelhaft, auch "Strafe" zu nutzen - denn nicht nur weil ein Pferd das gewünschte Verhalten (still auf allen vier Hufen zu stehen in dem Beispiel) gelernt hat und durchaus kennt, wird es das in jeder Situation tun - die Ziele der Pferde sind nicht immer mit unseren deckungsgleich.
Zudem reicht einem Pferd als "Grund" etwas so zu tun, wie wir es wollen, nicht immer unser Lob - das ist manchem Pferd in mancher Situation schnurz, also komme ich mit "du weißt was du sollst, wirst immer dafür gelobt, also tue es jetzt bitte, denn ich sage ja und du kennst ja" nicht immer zum Ziel.
Uuuund tatsächlich nutzen Pferde ja durchaus auch gezielt "Nebenkriegschauplätze" um etwas mit dem Menschen zu "diskutieren". :wink:

Da gibt es immer sooo viel zu beachten, weil "nur" Fehlverhalten... Grund, Situation, Typ des Tieres, akuelle Stimmung - auch die Stimmung des Menschen.

Erklären und richtig machen lassen finde ich super, aber wenn das etabliert ist und eine erfüllbare Anforderung boykottiert wird, dann ist für mich eine Korrektur/Strafe auch durchaus angemessen und vertretbar und durchaus in meinem Repertoire auch enthalten. :)
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Beitrag von Motte »

Mit nur "lieb-lieb-lieb" wird man auf Dauer nix verbessern. Da hält man allerhöchstens den Status.
Wobei die Alternative zu "lieb-lieb-lieb" nicht "Knüppel-aus-dem-Sack" heisst (was sollte ein Pferd wohl lernen, wenn das SH nicht klappt und knall dem die Gerte auf den Allerwertesten???), sondern Dispziplin und Konsequenz.

"Abmahnen" beim Reiten ist bei meiner Oma eigentlich nur dann nötig, wenn sie sich (wie gerne mal) zu sehr auf die Umwelt konzentriert. Da muss ich dann einmal deutlich machen, dass ich da oben drauf nicht nur ein schmückendes Beiwerk bin. Erstaunlicherweise geht das danach dann komplett ohne Umwelteinflüsse.
Würde ich in solchen Momenten mit "lieb-lieb-lieb" reagieren, mit "ohhh, braaaaav, ja vielleicht magst du ja heute nicht" - hätte ich sehr schnell ein Problem, dann steigert sich Madame da gerne rein.

Ansonsten "strafen" beim Reiten für nicht korrekte Ausführung der Hilfen, ist doch meist Reiterfehler. Von daher nicht vergessen: immer die Zeitung mitführen, und sich selber um die Ohren hauen :wink:
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Motte hat geschrieben:. Von daher nicht vergessen: immer die Zeitung mitführen, und sich selber um die Ohren hauen :wink:
:lol: :lol: Also ganz klar: Strafen sind völlig angebracht - aber an die richtige Adresse verteilt bitte! :D
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Sascha
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Beitrag von Sascha »

Ich habe noch nicht alles gelesen, aber ich mag diese Diskussionen nicht. Überhaupt dieser Gegensatz lieb und hart/streng, beides sind meiner Meinung nach Adjektive, die Verhalten in der Ausbildung wirklich nur sehr unzureichend beschreiben. Wichtiger empfinde ich die Frage nach der Konsequenz, der Gelassenheit, der mentalen Überlegenheit.

Pferdeausbildung bedeutet für mich immer ein Schmunzeln im Gesicht zu haben. Das wäre die Gelassenheit einfach auch mal ertragen zu können, dass das Pferd eben gerade nicht funktioniert. Nicht jedes Problem muss sofort angegangen und behoben werden, nicht jede Konfrontation muss gesucht werden. Und auf gar keinen Fall ist an irgendwas "der dumme Bock" schuld.

Konsequenz bedeutet nicht, dass man dem Pferd keine Freiheiten lässt. Es bedeutet mMn, dass man eine klare Linie verfolgt, gläsern und berechenbar für das Pferd bleibt. Nur wenn das Pferd weiß, was es von mir zu erwarten hat, kann es meinen Wünschen folge leisten.

Mentale Überlegenheit, ja, das Wort Dominanz ist ja out, aber genau diese mentale Überlegenheit ist der Kern der Dominanz. Auch das Pferd sucht die Führung des Überlegenen. Dieser Punkt ist wohl der, den man am schlechtesten beeinflussen kann, was wohl der Grund ist, warum hier häufig Zwang und Druck zur Anwendung kommen, was natürlich in keinster Weise die echte Stärke ersetzt.
"Wir wollen dafür Sorge tragen, dass wir das junge Pferd nicht verdrießen und ihm seine freundliche Anmut nicht verleiden. Denn diese gleicht dem Blütenduft, welcher niemals wiederkehrt, wenn er einmal verflogen ist."
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Beitrag von Jafaar »

Guten Tag! :-)
Für mich ist das gerne auch eine Frage nach der Intensität der Anfrage. Wann, wie früh oder spät, reagiere ich? Wenn ich mal das Führbeispiel nehme: Wenn ich schon reagiere, wenn Herr Pferd nur 5mm mit der Schulter auf mich zukommt (in jeder Lebenslage), habe ich die Chance das mit relativ wenig Einsatz als nicht erwünschte Handlung abzustellen. Wenn ich damit nicht konsequent umgehe, oder erst reagiere, wenn Herr Pferd mr bereits auf der Pelle hängt..... dann wirds halt grob. Je eher ich reagiere, desto mehr Chancen hat mein Pferd, die Handlung bei Zeiten zu unterbrechen.

Das ist ein Teilaspekt, der mich im Sattel allerdings wahnsinnig macht! Ich fühl mich unendlich grobmotorisch und langsam. Deswegen fällt mir das Machen klarer Ansagen im Sattel auch schwerer.... :roll:

Außerdem bemühe ich mich immer die Stärke der Ansage an ein entsprechend intensives Lob zu koppeln. Wenn ich vorher eine seeehr deutliche Diskussion hatte und komme zu einer von mir gewünschten Reaktion, dann freu ich mich eben auch wie bekloppt. Und wenns fürs Stillstehen ist... :D

So, das hat mir in den Fingern gejuckt. Ich geh mich mal kurz vorstellen :wink:
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Sascha
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Beitrag von Sascha »

Ein weiteres Beispiel:
Pferd tritt immer gegen den Putzkasten beim Putzen, weil es das lustig findet.
Warum denkst du, sollte ein Pferd das "lustig" finden?
"Wir wollen dafür Sorge tragen, dass wir das junge Pferd nicht verdrießen und ihm seine freundliche Anmut nicht verleiden. Denn diese gleicht dem Blütenduft, welcher niemals wiederkehrt, wenn er einmal verflogen ist."
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-Tanja-
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Beitrag von -Tanja- »

Ich kann dazu vielleicht ein ganz nettes, da aktuelles Beispiel und "meine" Lösungsvariante vorstellen:

Ich wollte gestern in Begleitung meines Mannes und meines Oldies Amor mit meinem Jungspund Kurt (nunmehr ca. drei Monate unter dem Sattel) eine gemütliche Runde ins Gelände (mangels Platz und Halle reite ich ihn "nur" im Gelände an), diesmal aber in eine andere Richtung losreitend als sonst. Das haben wir demletzt, wiederum in eine andere Richtung, schonmals probiert, was gut geklappt hat. Gestern mußten wir hierbei allerdings zwischen zwei schon 2 m hoch stehenden Maisfeldern hindurch - für Kurti wohl gruselig. Er war ab dem Zeitpunkt "Maisfeld" etwas guckig, eher aber "lustig" drauf. Was ich erst mal ignoriert habe, ließ mich nicht aus der Ruhe bringen, ritt einfach weiter, wie wenn nix wäre.

Keine 300 m weiter auf einem Wiesenweg mußte ich mich unter einem Apfelbaum ducken (Kurt ist halt doch ein wenig größer als mein Hafi...), was er mit losgaloppieren und einigen herzhaften Bucklern quittierte. Ich habe durchpariert, und dann gabs dafür einen Klapps mit der Gerte auf den Bobbes, denn sowas geht gar nicht. 20 m war dann Ruhe, dann wurde er wieder lustig. Das war der Zeitpunkt, an dem ich entschieden habe, ok, ist wohl heute irgendwas anders, nehmen wir halt einfach wieder die bekannte Strecke. Nachdem wir auf eine nicht einsehbare Kreuzung zuritten und ich mir nicht sicher war, ob trotz Sonntag Vormittag nicht doch ein Auto kommt, saß ich ab und habe ihn 100 m in einer Schleife (mir war wichtig, den Weg NICHT zurückzugehen) in Richtung altbekannter Strecke geführt, bin dann wieder aufgesessen.

Dann war für den Rest des Weges gut: braves, lockeres, ruhiges, mit sich und der Welt zufriedenes Pferdchen.

Was auch immer das gestern war, keine Ahnung, es war halt so. Ich toleriere einerseits nicht, daß unter mir losgerannt und gebuckelt wird (und: nein, das war auch kein Stallunmut o. ä.), kann andererseits aber auch dem Pferd ein Stück weit nachgeben, indem ich eben über Umwege die Situation wieder entspannt habe. Und mir ist insoweit ein guter Abschluß immer wichtig(er), als mich irgendwie durchzusetzen. Da finde ich sollte man auch variabel genug in jeder Situation sein.

Was natürlich nicht geht, ist dutzi-dutzi, wenn es für Roß und vor allem Reiter gefährlich wird, das Pferd z. B. auf eine Schlucht zurennt. Da ist mir meine eigene Haut doch lieber. Aber da trennen sich ja auch die Geister, denn als eine solche Diskussion einmal bei FzPf aufkam und nur solch nette Vorschläge wie "Annehmen-nachgeben! - und ja nicht reißen, riegeln, etc.!" kamen und ich mir den Hinweis erlaubt habe, daß es dann schon zu spät sein kann, wenn mein Pferd mit Richtung auf eine Schlucht (s. http://de.wikipedia.org/wiki/Schlucht ) durchgeht, hat mir die Frau Sanders damals doch glatt mit Sperrung gedroht... :twisted:
lg, Tanja

Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
Aus: "Vollendete Reitkunst", Dr. Udo Bürger, 1959
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Sascha hat geschrieben:
Ein weiteres Beispiel:
Pferd tritt immer gegen den Putzkasten beim Putzen, weil es das lustig findet.
Warum denkst du, sollte ein Pferd das "lustig" finden?
Wieso finden manchen Pferde es lustig sich einen leeren Eimer zu schnappen, den rumzutragen, hoch zu werfen, reinzutreten oder drauf zu treten? Oder die Schubkarre an den Griffen unterm E-Zaun hervorzuziehen, wenn sie nah genug steht, die Griffe dann abzufriemeln und rumliegen zu lassen?

Das wieso ist ja nicht so tragisch - mehr wie man damit umgeht, wenn es einen stört.
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Genau! Mein Alter, ein kreatives Kerlchen, macht für sein Leben gerne Krach. Putzkiste umwerfen, Stuhl, Tonne, Deckel auf dem Futterwagen anlupfen und wieder krachend runterfallen lassen, ohne auch nur EIN Körnchen geklaut zu haben - so etwas. Am besten noch die Boxentür durch Anlupfen mit dem Hinterteil oben aus den Schienen heben. Wie kracht die doch wunderschön auf die Stallgasse :lol: .

Trotzdem ein absolut gehorsames Pferd.
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