Zur Diskussion gestellte Ritte die gefallen

Rund um die klassische Reitkunst

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Wiebs

Beitrag von Wiebs »

Ich kann nachvollziehen, dass es für manchen schön aussieht, weil die Reiterin wenig offensichtliche Hilfen (im Sinne von ziehenden Händen oder klopfenden Beinen) gibt. Das ist ja schon fast eine Seltenheit...
Und mir ist auch klar, dass es in einer solchen Situation mit Sicherheit mehr Grundspannung negativer Art im Pferd gibt als beim Reiten in gewohnter Umgebung.
(Wobei der Tinker wohl einiges abkann - auf youtube gibt es ein Video eines Auftrittes, wo er mit verbundenen Augen in allen GGA eine Art Parcours vor der Kutsche gefahren wird...)

Dennoch gefällt mir der Ritt nicht so sehr.
Das Pferd läuft viel mit den Beinen, aber im Rücken kommt da in meinen Augen wenig an; Kopf und Hals wirken auch eher in Form hingehalten als Resultat der Bewegungsqualität zu sein.
Und die Reiterin ist für mein Empfinden sehr fest, grad in der Schulterpartie und im Becken (um Minute 2 herum sehr deutlich zu sehen) - was es dem Pferd natürlich schwer macht, durchzuatmen und sich losgelassen, schwingend und mit Rücken zu bewegen.
grisu
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Beitrag von grisu »

Ich mag den Ritt, denn da hat sich jemand die Mühe gemacht, ein Pferd, das mit Sicherheit nicht ganz einfach dressurmäßig zu reiten ist, im Rahmen der Möglichkeiten von Pferd und Reiter auszubilden.

Inwieweit das noch besser geht, ob man den Rücken bei diesem Pferd mehr zum Schwingen bringen kann, ob die Reiterin noch geschmeidiger sein könnte, das sei dahingestellt.

Man kann wohl davon ausgehen, dass diese Reiterin sich nicht als perfekt empfindet. Ich habe nochmal geschaut und noch ein Video gefunden, wo sie an einer Sitzschulung bei E. Meyners teilnimmt und sich über die Verbesserungen in ihrer eigenen Losgelassenheit freut.

Dieser Ritt gefällt mir, weil er den Willen zeigt, ohne Showeffekte einfach sauber zu reiten und das Pferd eifrig dabei ist. Es geht taktmäßig und gleichmäßig in der Anlehnung, die Übergänge sind sauber geritten. Die Einstellung zum Pferd stimmt.

Ich selber habe erst zwei Tinker geritten - und es muss kein dritter dazukommen ... 8)
Gerade die Schwierigkeit, ein solches Pferd mit den abgehackt nach oben gehenden Bewegungen zum Schwingen zu bringen, fand ich im Vergleich zu anderen Pferden und Ponies (auch Friesen) potenziert. Dieser Gang kombiniert die Nachteile von kurzen Ponygängen mit dem schwierigen Rücken vieler Friesen. Vor diesem Hintergrund beeindruckt mich die Leistung dieses Paars durchaus.
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Danke Grisu!

Eben im Rahmen der Möglichkeiten dieser Reiter-Pferd Kombi kann ich mich Grisu nur anschließen.
Natürlich haben die anderen auch recht,das Pferd zieht nicht richtig über den Rücken,der Reiterin fehlt es an Geschmeidigkeit,etc.

Aber warum gleich immer alles negativ zerhackstücken?
Alle Reiter machen Fehler, (fast) alle bemühen sich redlich.
So ein Tinker landet doch in den allermeisten Fällen unter den Hintern von Freizeitreitern im Einsteigerbereich,mit ein Grund,weswegen man selten einen wirklich gut ausgebildeten findet.

Ein wirklcih guter und erfahrener Reiter jedoch weiß um die Schwierigkeiten,so ein Pferd auszubilden und tut sich sowas in der regel erst gar nicht an.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Meine Tinker-Reiterfahrungen beschränken sich auch auf zwei oder drei, die ich nicht unbedingt wiederholen muss. Für das, was ich da gefühlt habe, finde ich zB den Galopp des Pferdes im Video sensationell gut ausbalanciert, durchgesprungen und nach oben - die, auf denen ich sitzen dufte, hatten eher einen Grundgalopp Modell "bergab kollernde Dampfwalze". Schließe mich daher Marquisa an, ja, sicher, das hat Mängel, die Reiterin ist fest - aber reitet ihr mal im großen Ring auf der Equitana ... also ich wäre da auch nicht so entspannt wie zu Hause.
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Ich möchte wetten,dass fast jeder User i diesem Forum,der schon einen gewissen reiterlichen Ausbildungsstand erreicht hat,die Ausbilder eingeschlossen (!),in der Vergangenheit mit Pferden zu tun hatte,welche gebäudemäßige oder charakterliche Katastrophen waren.
Diese Pferde hat man gehegt und geliebt und so weit es ging reiterlich gefördert.
Auch über viele Jahre hinweg hat man sich den Baustellen gewidmet und das Beste daraus gemacht.
Eine Menge dieser Pferde wurden aber nie wirklich "schön",vielfach gab es eine Schadensbegrenzung,aber auch nach etlichen Jahren wurde es nie wirklich zufriedenstellend.

Alle,die ich kenne haben sich nach Berentung dieses Reitpartners ein besser an die jeweiligen Bedürfnisse angelehntes Pferd gekauft,aufs Gebäude,die Bewegung,etc. geachtet.Weil es einfacher ist und mehr Spaß macht.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Na ja, aber in dem Thread geht es um "Ritte, die gefallen"- wenn nun ein eingestellter Ritt das nicht tut, darf man es doch schreiben?!
Es gibt wundervolle Tinker, mit super Galopp und grauenvoll unausbalancierte. Nur Weil es ein Tinker ist, ist es nicht gleich unbegabt....
grisu
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Beitrag von grisu »

Klar darf man, kommt ja auch immer auf die Prioritäten an, die man setzt.
Ich habe ja geschrieben, warum mir der Ritt gefällt, kann aber akzeptieren, dass jemand anderer Meinung ist.

Da ich selbst ziemlich weit entfernt von perfekt bin, sehe ich vieles eben auch unter dem Gesichtspunkt "könnte ich es besser?" (mit dem jeweiligen Pferd, unter den im Video gegebenen Umständen). Das macht meine Sicht der Dinge wahrscheinlich weniger anspruchsvoll, solange ich finde, dass der Reiter sich ehrlich bemüht und das Ergebnis in die richtige Richtung geht.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Rapunzel hat geschrieben:... finde ich zB den Galopp des Pferdes im Video sensationell gut ausbalanciert, durchgesprungen und nach oben.
Moins,
yep. Das sehe ich auch so. Und auch wenn mir einige Dinge an dem Video nicht so gut gefallen (z.B. der gelaufene Trab), finde ich das schon eine reife Leistung, wenn man bedenkt, wofür Tinker eigentlich gezogen sind. Und: Ja, ich behaupte einfach mal, dass der überwiegende Teil von Pferden, die zum Ziehen gezüchtet wurden, eben kein sonderlich großes Talent für die Dressur mitbringen. Das bedeutet übrigens nicht, dass man sie da nicht fördern kann. Aber für mich ganz persönlich bedeutet dass, das der Reiter es da deutlich schwerer hat, als mit einem für die Dressur gezogenen Pferd.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

grisu hat geschrieben:Klar darf man, kommt ja auch immer auf die Prioritäten an, die man setzt.
Ich habe ja geschrieben, warum mir der Ritt gefällt, kann aber akzeptieren, dass jemand anderer Meinung ist.

Da ich selbst ziemlich weit entfernt von perfekt bin, sehe ich vieles eben auch unter dem Gesichtspunkt "könnte ich es besser?" (mit dem jeweiligen Pferd, unter den im Video gegebenen Umständen). Das macht meine Sicht der Dinge wahrscheinlich weniger anspruchsvoll, solange ich finde, dass der Reiter sich ehrlich bemüht und das Ergebnis in die richtige Richtung geht.
Nun, ich bin die Letzte, die sich nur über herausgerittene Gangbegabung begeistert -und wahrlich die Allerletzte, die ein minderbegabtes Pferd nicht fördert/ dessen Förderung gutheißt.
Mir gefällt schlicht das Reiten und Art der Einwirkung nicht sonderlich. Mir gefällt die starre Einstellung nicht, mir gefällt die Schritt- und Trabtour nicht, mir gefällt die Art und Weise,wie das Pferd an die Hand gestellt ist nicht.
Mir gefällt die Feinheit am Bein nicht.
Dabei ist es für mich unerheblich, welche Lektionen gezeigt werden. Es gibt viele Reiter, die ein super anspruchsvolles Programm zeigen, die mich absolut nicht begeistern.
Darüber hinaus gefällt mir die Aufmachung des Pferde nicht. Das ist eine kleine Nebensächlichkeit, die aber ebenfalls im Gesamteindruck nicht dazu beiträgt, dass mir der Ritt gefällt.
Sehr gut gefällt mir die Ausformung des Galopps,ja- aber auch hier gefällt mir die Anlehnung nicht wirklich.
In soweit gefallen mir weit mehr Dinge nicht, als mir gefallen und der Ritt als Ganzes ist kein "Ritte, die gefallen" für mich.
so ausführlich wollte ich es gar nicht erklären. Nun hab ich es doch getan :wink:

Die reiterliche Leistung im Hinblick auf den Rahmen kann ich anerkennen, keine Frage. Auch finde ich nicht, dass das ein schlechter Ritt ist. Aber eben keiner der mich anspricht.- Schulterzuck
minou
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Beitrag von minou »

S&P

aus der Nummer kommst du nicht einfach so raus :twisted:
Was würdest du den verbessern? Wie sollte es deiner (von mir sehr geschätzten) Meinung nach aussehen? Ich möchte gerne lernen. Mir gefällt der Ritt eigentlich ganz gut...
******
Indem uns das Pferd sein Vertrauen schenkt, fordert es uns zu einer disziplinierten Reitweise auf. Charles de Kunffy
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

minou hat geschrieben:S&P

aus der Nummer kommst du nicht einfach so raus :twisted:
Aus welcher Nummer ??? Und woraus raus ???

Was würdest du den verbessern? Wie sollte es deiner (von mir sehr geschätzten) Meinung nach aussehen? Ich möchte gerne lernen. Mir gefällt der Ritt eigentlich ganz gut...
Ich habe es doch gerade alles ausführlich aufgezählt.
Die Hals-Kopfposition ist zu fest erwirkt und zu eng zu festgehalten ( vom Reiter) , auch wenn das Pferd im Schritt den Zügel nach vorne nimmt- was sehr gut ist- und auch der einzige Moment, in dem mir der Schritt gefällt. Das Pferd wird gegen die Hand getrieben und kommt nicht in die Beizäumung, weil es im Hinterbein nachgibt. Für meinen Geschmack ist das Pferd zwischen die Hilfen geklemmt. Im Galopp, der Gangart mit dem größten Grundschwung, kommt das nicht so zum Tragen, aber im Schritt du Trab, beeinträchtigt diese Form der Spannung die Schultermechanik.
Es kann kein echter reiterlicher Schwung entstehen.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Danke, s+p - du hast es definiert ausgedrückt, was mir nicht gefallen hat, eben diese starre Kopf-Hals-Position u.a.. Und ich sehe es auch so, natürlich kein schlechtes Reiten, natürlich situationsbedingte Anspannung, natürlich ein nicht vorteilhaft gebautes Pferd. Aber es ist ja an der Reiterin zB diese starre Haltung zu forcieren, oder eben nicht.
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Für mich kommt die Reiterin gar nicht ins Pferd,hat also keinen geschlossenen,effektiven Sitz.
Sie thront mehr über dem Pferd,zieht die Knie und den Absatz hoch und hockt auf ihren Oberschenkeln.
So reitet sie das Pferd natürlich fest,sie kann es so nicht von hinten nach vorne reiten,das Pferd wird sich so nie am Gebiss abstoßen,daher auch der starre Eindruck.
Gepresst schaut das für mich nicht aus,aber von vorne nach hinten.
Den Hals des Pferdes kürzer zu machen,ohne echte Beizäumung ist natürlich ausbildungstechnisch gesehen was für den Popo,es läuft nur gegen seinen Hals und gegen die Hand,ohne mit der HH durch den Körper zu schwingen.daher auch der gebundene Gang.
Das Pferd bringt diese hübsche Galoppmachanik von Natur aus mit,die Reiterin wäre einwirkungstechnisch nicht in der Lage,das Pferd reell über den Rücken in ein Bergauf zu reiten.
Sie bekommt einfach den Motor nicht reell an,daher läuft das Pferd,schwingt nicht und stellt sein Köpfchen nur hin.
Jetzt stell ich mir aber gerade vor,die Reiterin ließe die Zügel länger,wüde das Genic mehr öffnen.
Was würde passieren?
Nüscht,das Pferd würde noch mehr auseinanderfallen und auf der Voorhand laufen.
Warum? Eben weil der Grundsitz nicht "reitet".
Genau da würde ich als erstes ansetzen.

Und genau deshalb bin ich beim ansehen eines solchen Rittes milde gestimmt,das Mädel bemüht sich,kann aber so nicht anders.
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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Jup.Das Feststellen des Kopfes in Kombi mit starrer Hüfte und klopfendem Schenkel macht es dem Tinker unmöglich locker zu schwingen. Sieht halt nur auf den ersten Blick nicht "auseinandergefallen" aus, mehr aber auch nicht. Es ist einfach nicht besser, oder weniger auf der Vorhand, als wenn sie mit Blümchenbändel und langem Hals daher geritten käme. ;-) Wahrlich nichts wo ich - als Betrofffe *hust* - sage: "Wow, für diesen Körperbau super geritten" sondern eben nur "Ah, dem Tinkerlbüffel beigebracht, wo die Rübe hingehört und dabei eilig gemacht." Wir hatten hier schon viel Besseres zum Thema "Schwieriges Exterieur gut geritten".
Es grüßt Nadine

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so schwer wie die freiheit, so leicht ist der zaum der sie hält... (frei nach and one - krieger)
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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

marquisa hat geschrieben:Für mich kommt die Reiterin gar nicht ins Pferd,hat also keinen geschlossenen,effektiven Sitz.
Sie thront mehr über dem Pferd,zieht die Knie und den Absatz hoch und hockt auf ihren Oberschenkeln.
So reitet sie das Pferd natürlich fest,sie kann es so nicht von hinten nach vorne reiten,das Pferd wird sich so nie am Gebiss abstoßen,daher auch der starre Eindruck.
Gepresst schaut das für mich nicht aus,aber von vorne nach hinten.
Den Hals des Pferdes kürzer zu machen,ohne echte Beizäumung ist natürlich ausbildungstechnisch gesehen was für den Popo,es läuft nur gegen seinen Hals und gegen die Hand,ohne mit der HH durch den Körper zu schwingen.daher auch der gebundene Gang.
Das Pferd bringt diese hübsche Galoppmachanik von Natur aus mit,die Reiterin wäre einwirkungstechnisch nicht in der Lage,das Pferd reell über den Rücken in ein Bergauf zu reiten.
Sie bekommt einfach den Motor nicht reell an,daher läuft das Pferd,schwingt nicht und stellt sein Köpfchen nur hin.
Jetzt stell ich mir aber gerade vor,die Reiterin ließe die Zügel länger,wüde das Genic mehr öffnen.
Was würde passieren?
Nüscht,das Pferd würde noch mehr auseinanderfallen und auf der Voorhand laufen.
Warum? Eben weil der Grundsitz nicht "reitet".
Genau da würde ich als erstes ansetzen.

Und genau deshalb bin ich beim ansehen eines solchen Rittes milde gestimmt,das Mädel bemüht sich,kann aber so nicht anders.
danke marquisa! so wie es hier steht, unterschreiben ich Wort für Wort und Satz für Satz.
Vor allem die Aussage, dass das Pferd einen sehr guten Galopp mitbringt, man auch im Trab sieht, dass dieser Galopp nicht aus Schwung erritten sein kann!

Das ist für mich eben auch absolut von vorne nach hinten geritten und geht eben somit für mich nicht, wie grisu es schrieb "... in die richtige Richtung..." sondern nach meiner Ansicht vielmehr in die falsche.
Dein Beitrag beruhigt mich in soweit sehr, als dass ich schon fast zweifelte, ob meine Augen noch zuverlässig sind....
Dass das Mädel es nach bestem Wissen und Gewissen macht sogut es kann, steht ja gar nicht zur Debatte.Klar müht sie sich und macht das fein, dennoch ist das Reiten und die Idee/ das Verständnis von Reiten nichts was mir "gefällt"
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