noch mal Fragen zu PK

Rund um die klassische Reitkunst

Moderatoren: Julia, ninischi, Janina

Benutzeravatar
Cubano
User
Beiträge: 3727
Registriert: Di, 20. Mär 2007 19:34
Wohnort: Oldenburger Land

Beitrag von Cubano »

amara hat geschrieben:... jeder seriöse Ausbilder wird versuchen, SPASS FREUDE UND ERFOLG in einen sinnvollen Ausgleich zu Ausbildungsgrundlagen zu setzen.
Jahrelange Sitzschulungen sind sicherlich keine sinnvolle noch machbare noch gute Idee einen Reiter auszubilden... da bin ich mir sicher.
Vielleicht sollten insbesondere die Dressurler auch mal wieder lernen, dass es beim Reiten hoffentlich noch um viel mehr geht als um "anatomisch korrekt". Ansonsten können wir doch gleich ins Fitness-Studio und anatomisch korrekten Kraftsport machen.
Moins!
Zu der Debatte um die EdL äußere ich mich nicht, da kennt ja jeder hier eh meine Meinung. :P :P
Aber, Amara: Das sehe ich nun komplett anders aber vollständig. Jahrelange Sitzschulung bedeutet ja nicht, dass Reiterin pausenlos an die Longe gehängt wird. Es bedeutet, dass der Fokus erst mal NUR auf dem Reiter liegt. Und eben nicht auf Lektionen. Tja – und es ist in der Tat so: Wer nicht sitzen kann, wird auch nie wirklich einwirken können. Und irgendwann kommt er an den Punkt, an dem ihm gar nix anderes mehr übrig bleibt, als über die Hand zu reiten. Weil er eben Sitz und Einwirkung nie gelernt hat.
Und das hat vor allem rein überhaupt nichts mit Kraftsport zu tun. Korrektes Sitzen ist nämlich das genaue Gegenteil von Kraftreiterei: Erst wenn man das kann, kann man auf Kraft verzichten. Weil man dann tatsächlich sehr genau weiß, wo, wann und wie man loslassen (oder auch mal z.B. die Wadenmuskulatur) anspannen muss. Erst dann wird nämlich das möglich, was hier alle wollen: Reiten mit unsichtbaren Hilfen.
Und abschließend: Spaß, Freude und Erfolg! Jau, genau darum geht es. Und nichts macht zumindest mir soviel von allen drei Punkten wie zu merken, dass mein Pferd tatsächlich nur über den Sitz zu reiten ist, von Übergängen bis zu Seitengängen.
Mal davon abgesehen: Wenn ich mir klassische Ausbildung auf die Fahnen geschrieben habe, komme ich leider um das, was Celine geschrieben hat, nicht herum.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
Benutzeravatar
Fortissimo
User
Beiträge: 727
Registriert: Di, 19. Jun 2012 14:37
Wohnort: Vreden

Beitrag von Fortissimo »

@amara: keine Frage, Spaß soll es machen. Und auch keine Frage: zum Wohle des Pferdes.

Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß es Spaß macht, drei Jahre mit hoher Hand durch die Gegend zu dümpeln und keinen Fortschritt zu erkennen - egal, wie der Fortschritt aussehen kann.
Benutzeravatar
amara
User
Beiträge: 2537
Registriert: Mo, 02. Apr 2007 23:44
Wohnort: Ravensburg

Beitrag von amara »

@Cubano: Ich sehe da gar kein "komplett anders".
Ich sage nur, es kann mM eben gerade nicht "Nur jahrelange Sitzschulung" sein. Es muss genauso (!) Gefühlsschulung sein, Einwirkungsschulung, Hilfenschulung usw. pp.
Es wird aber gerade - und das betrifft EdL genauso wie FN Sportreitweise usw. - oft z.B. der ganze phsychische Faktor wie Freude und Spaß langsam völlig vergessen. Das kann einfach nicht gut gehen. Und ich finde, davon hab ich bei EdL Reitlehrern z.B. schon viel bessere Ansätze gesehen wie bei vielen FN-Reitschulen.

Für mich ist einfach so - nein, es ist nicht der Sitz. Und es sind nicht die Hände. Es ist eben die Gesamtheit. Die Summe... aller Teile.


Abgesehen davon: Doch, Reiten hat für mich sehr viel mit gutem Kraftsport und Balancesport zu tun. Aber ich habe vermutlich eine andere Einstellung und Erfahrung zu Kraftsport... ich verstehe darunter eben gerade NICHT Bizeps-Kraftmeierei. Für mich ist Kraftsport das ideale Zusammenspielen von Muskelabläufen und das Trainieren von fließenden, eleganten Bewegungen und gelungener Kontrolle von Muskeln. Sowohl beim Menschen, als auch beim Tier. Nicht umsonst sind Dressurpferde, gute, regelrechte Kraftpakete. Und auch gute Reiter sind "Kraftpakete" (ich meine damit aber nicht: Bodybuilder).
Ich finde es - schon wieder - traurig, das Kraft mit Gewalttätigkeit gleichgesetzt wird. Sowohl ein Reiter als auch ein Pferd muss eben sehr gekräftigt werden, damit es eben gerade KEIN Krampf-Sport wird. Ein losgelassener Sitz, gerade der, benötigt nämlich vergleichsweise trainierte Muskeln. Mit Betonung auf TRAINIERT. Und nicht hypertrophiert...
Und ja - es sind mir schon genug "dünne", kraftlose Reiter begegnet, die unglaublich gewalttätig zum Pferd sein können. Und es sind mir schon genug athletische, kräftige Reiter aufgefallen, die unheimlich sensibel reiten. Die Couch Potato, die einen Grand-Prix-Ablauf losgelassen reitet, muss ich noch kennenlernen. :wink:

ber ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß es Spaß macht, drei Jahre mit hoher Hand durch die Gegend zu dümpeln und keinen Fortschritt zu erkennen
Das habe ich auch nirgends behauptet, oder..?
Benutzeravatar
marquisa
User
Beiträge: 903
Registriert: Di, 01. Dez 2009 14:07
Wohnort: Issum

Beitrag von marquisa »

@ Fortissimo: Stimmt,aber ob mit hoher oder tiefer Hand:
Man muss einfach auf den "richtigen" Ausbilder treffen,der/die einen weiterbringt und fördern kann,egal in welcher Reitweise gibt es Leute,die ihr Geschäft verstehen.
Obwohl ich selbst ja FN-ler bin,könnte ich ad hoc eine Reihe Ausbilder anderer Reitweisen aufzählen,bei denen es einfach vorwärts gehen wird,bei denen der Schüler sich postiv entwickeln wird (sofern Einstellung und Talent stimmen).

@ Amara: Ganz klar,Reiter sollten bestenfalls wirklich sportlich sein und ihren Körper koordinativ beherrschen können.
Benutzeravatar
Celine
User
Beiträge: 1212
Registriert: Di, 26. Sep 2006 11:27
Wohnort: Burgwedel

Beitrag von Celine »

amara, es spricht doch gar nichts dagegen, wie die wilde S.. durch's Gelände zu heizen und nur Spaß zu haben. Ich nehme aber an, du hast dein Pony damals nicht mit Seitengängen oder Pi und Pa traktiert. Im Gegensatz z.B. zu den Reitern in dem Kurs, von dem Fortissimo berichtet. Das ist meiner Meinung nach der Unterschied.

Ich finde an Sitzschulungen nichts Langweiliges. Man darf das nicht so isoliert sehen. Natürlich geht es parallel auch immer um Einwirkung, das ist ja gar nicht zu trennen.
Wenn wir beim Thema "was ich traurig finde" sind: Ich habe nun schon mehr als oft genug beobachten können, dass die allermeisten Rittigkeitsprobleme sich in Luft auflösen, wenn man ordentlich Sitz und Einwirkung lernt. Stattdessen wird aber meist lieber am Pferd herumgedoktert und gezerrt, in allen Reitweisen.

Ich sehe es also auch komplett anders herum als amara: Jahrelange Sitzschulungen sind nicht nur "möglich", sondern sie sind sogar nötig. Grundvoraussetzung sozusagen.
grisu
User
Beiträge: 747
Registriert: Di, 12. Jun 2007 12:02
Wohnort: S-H

Beitrag von grisu »

@ amara
Sitzschulung bedeutet ja nicht, sich jahrelang an der Longe auf dem Pferd zu quälen. Es bedeutet z.B. ohne Zügel zu springen, Reiterspiele zu machen und Trailhindernisse zu überwinden (Gleichgewichtsschulung). Im Grunde, vieles von dem, was du mit deinem Pony ganz natürlich im Gelände geübt hast.
Bei Kindern ist das in der Regel deutlich einfacher als bei Erwachsenen.

Das Ziel dieser Sitzschulung bedeutet einfach, im Gleichgewicht einigermaßen souverän und losgelassen sitzen zu können, bevor man beginnt, gezielt ein Pferd zu formen. Deswegen sollten ja auch "Anfänger" erfahrene und gut ausgebildete Pferde reiten - damit sie eben nicht damit überfordert werden, sitzen zu lernen und gleichzeitig ein Pferd auszubilden.

Und klar sind die Grenzen fließend. Aber einen Reiter, der seine Gräten noch nicht unter Kontrolle hat, anzuleiten, hochkomplexe Bewegungsabläufe zu vollziehen - wie die Hilfengebung für SH etc., ist so, wie ein Kleinkind, das gerade laufen lernt, zum Ballettunterricht zu schicken.
Benutzeravatar
Cubano
User
Beiträge: 3727
Registriert: Di, 20. Mär 2007 19:34
Wohnort: Oldenburger Land

Beitrag von Cubano »

grisu hat geschrieben: Aber einen Reiter, der seine Gräten noch nicht unter Kontrolle hat, anzuleiten, hochkomplexe Bewegungsabläufe zu vollziehen - wie die Hilfengebung für SH etc., ist so, wie ein Kleinkind, das gerade laufen lernt, zum Ballettunterricht zu schicken.
Guten Morgen,
so sehe ich das auch. Und je mehr ich übers Sitzen lerne (vor allem jetzt nach meinem Reitunfall wieder neu), desto mehr merke ich auch, wie pipieinfach manche Dinge werden, WENN man sitzen kann. Aber gut: Ich finde es auch überhaupt nicht langweilig, wirklich vernünftige Zirkel zu reiten.
Ach und Amara: Den Kraftsport habe nicht ich in die Diskussion gebracht. „Ansonsten können wir doch gleich ins Fitness-Studio und anatomisch korrekten Kraftsport machen.“ Das waren ja Deine Worte :-)
Und ja: Vielleicht komme ich mit meinem Terroristen in diesem Leben nicht mehr zu Pi und Pa. Und? Who cares? Dem Pferd ist das mit Sicherheit komplett gleichgültig und was mich angeht, liegen meine Prioritäten heute einfach anders. Es ist nämlich ziemlich spannend zu beobachten, wie sehr Sitz und Einwirkung wieder flöten gehen können, wenn man eine anspruchsvollere Aufgabe angeht.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
grisu
User
Beiträge: 747
Registriert: Di, 12. Jun 2007 12:02
Wohnort: S-H

Beitrag von grisu »

Jetzt wird es sehr OT, aber vielleicht kann man das ja in ein anderes Thema verschieben? Zum Beispiel "Wege zum effektiven Reitersitz".

Hier ein Link zu einem Video von Ingrid Klimke (man muss ein Stück runterscrollen). Sie bestätigt amaras Aussage, dass der spielerische Ansatz als Kind mit Ponies und Spaß als Grundlage der beste ist, und sie sagt auch, dass sie zwei Mal die Woche gezielt Gymnastik an Geräten für Bauch und Rücken macht.

Ihre Tipps für einen guten Reitersitz:

- öfter mal mit Zügelbrücke reiten, das fördert die Unabhängigkeit der Hand
- regelmäßig Steigbügel überschlagen mit ins Training einbauen
- ans tiefes Atmen denken
- schon mal ohne Sattel reiten
- für die Körperspannung: zwei Mal die Woche Gymnastik, um Bauch- und Rückenmuskulatur zu stärken
- viele Pferde reiten!

https://www.pferdiathek.tv/de/blog/show ... vogel.html
Coni
User
Beiträge: 24
Registriert: Mi, 08. Jul 2009 16:58
Wohnort: Königsbrunn

Beitrag von Coni »

Ich hatte letztes Jahr genau die Erfahrung andersrum gemacht: ich bin zu einem expliziten Sitzschulungskurs und in der Hauptsache haben wir an der Ausbildung meines Pferdes gearbeitet, besser gesagt ich habe gelernt, wie ich reiten soll um mein Pferd weiter auszubilden. Die RL nach EM macht ihre Sitzschulung direkt beim Reiten (nicht an der Longe) ergänzt durch Übungen auf dem Boden. Ich habe inzwischen 5 Kurse geritten und ein kleiner Teil ist da immer die Sitzschulung (Position im Sattel, Beinlage, etc.) aber ansonsten reite ich und kriege hinsichtlich der Sitzschulung nur noch kleine Erinnerungen an die Anfangskorrekturen. Damit fließt Sitzschulung und Reitunterricht zusammen. Viel Wert legt sie noch auf die Gefühlsschulung, d. h. die Erkennung was das Pferd gemacht oder nicht gemacht, wie es auf etwas reagiert hat, etc. D. h. der Informationskanal zurück im Gegensatz zu dem Informationskanal des Reiters an das Pferd (Hilfen). Das ist für mich das Optimum an Reitunterricht.
Eowyn
User
Beiträge: 104
Registriert: Fr, 10. Dez 2010 16:57
Wohnort: Mittelfranken
Kontaktdaten:

Beitrag von Eowyn »

Coni,
bei welcher EM Trainerin bist Du?
LG
Karin
xelape

Beitrag von xelape »

Coni - das klingt nach Marion Seel?
:)

Ansonsten gehe ich schon mit Amara, ich finde viele sind viel zu verbissen am Reiten - anstatt einfach mal Spass zu haben und durchzuatmen..
Auf der anderen Seite muss man klar auch üben und lernen - wie immer eine gute MIXTUR aus allem..
Benutzeravatar
Edelstein
User
Beiträge: 153
Registriert: Do, 14. Aug 2014 12:28
Wohnort: Hamburg

Beitrag von Edelstein »

Coni hat geschrieben: Damit fließt Sitzschulung und Reitunterricht zusammen. Viel Wert legt sie noch auf die Gefühlsschulung, d. h. die Erkennung was das Pferd gemacht oder nicht gemacht, wie es auf etwas reagiert hat, etc. D. h. der Informationskanal zurück im Gegensatz zu dem Informationskanal des Reiters an das Pferd (Hilfen). Das ist für mich das Optimum an Reitunterricht.
Ehrlich gesagt ist das für mich die Voraussetzung für guten Reitunterricht?!
Reitunterricht ohne Beachtung des Sitzes (aus dem heraus wir ja reiten möchten) und des Gefühls für das Pferd (aus dem Heraus wir reagieren und überhaupt etwas anweisen) macht doch keinen Sinn?
Deswegen halte ich das eher für selbstverständlich. Was natürlich nicht heißt, dass man das auf hohem Niveau der Umsetzung des Unterrichts leicht findet...
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Ehrlich gesagt, finde ich auch, dass das eine Selbstverständlichkeit ist, wie soll man denn ohne Sitzkorrekturen Reittechnik vermitteln ? :shock:
xelape

Beitrag von xelape »

Klar selbstverständlich ! Erwarte ich beim Unterricht auch.

Das Besondere hier (wenn ich richtig vermute) ist aber das Marion Dich zwischendurch, oder auch mehrere Male pro Einheit vom Pferd holt und mit Dir Dehnübungen, Koordinationsübungen vom Boden macht - die Du dann direkt auf dem Pferd nach übst.. bzw spürst wo vielleicht vorher was fest war.. oder man sich falsch bewegt hat.

Das habe ich so bei noch keinem "normal" Unterricht erlebt.
Antworten