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Rund um die klassische Reitkunst

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Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Das kommt vermutlich auch aufs Pferd an - bei meinem genügt Ignorieren (oft) nicht. Der hat aber auch gern mal gerade was anderes vor, als mich zu verstehen oder gar, es mir recht machen zu wollen ;-)
Julia
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Beitrag von Julia »

Meg hat geschrieben: Schließlich versucht es so gut es kann, entweder die Lektion durchzuführen oder uns zu verstehen. Zweiteres ist für das Pferd oft wesentlich schwieriger...
Also da habe ich persönlich schon ein paar ganz andere kennengelernt....

Und je nach dem WIE sich das nicht erwünschte Verhalten ausdrückt kann ich schon auch ungemütlich werden. Aber das hängt wirklich vom Pferd, der Situation und dem Verhalten ab.
Liebe Grüße, Julia
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Rusty072009 hat geschrieben:Meiner Ansicht nach gibt es nur zwei Wege einem Pferd etwas zu lehren: entweder negativ verstärkt (zB. Druck), oder positiv (zB. Futter). Bei der Variante ausschließlich mit Futterlob zu arbeiten erhält man gewiss deutlich freudigere, aus sich heraus motivierte Pferde.
...

Der Weg ausschließlich über Futterlob hatte zwar ein hochmotiviertes Pferd zur Folge, das sich aber lieber bewegen wollte wann und wie es wollte, wodurch sich die absolute Harmonie nicht einstellen konnte.

...
Das mag in der Freiarbeit bzw. für Zirkustricks funktionieren,
Ich finde den Zusammenhang "motivierte Pferde über Futterlob" bzw. den Rückschluss "ohne Futterlob nicht derartig freudig dabei" ... hm, ein wenig gefährlich!

Wenn ein Pferd nicht auch ohne Futterlob Lust auf gemeinsame Aktivität mit dem Menschen hat, wird eine Freiarbeit auch nicht ehrlicher aussehen, als die im Video.

Und die Beschränkung auf Zirkustricks oder Freiarbeit ist ähnlich schräg. Für Beschäftigung am Boden und auch unterm Reiter sollte doch Motivation und zufriedenes Miteinander auch ohne Futterlob möglich sein.

Das krasse Gegenteil von dem was in dem Stoppelfeldvideo an "Funktionieren und Abspulen" zu sehen ist, bedeutet nicht automatisch Training über Futterlob, da gibt es auch andere Alternativen. :wink:
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
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Cappuccino
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Beitrag von Cappuccino »

Rusty072009 hat geschrieben:Meiner Ansicht nach gibt es nur zwei Wege einem Pferd etwas zu lehren: entweder negativ verstärkt (zB. Druck), oder positiv (zB. Futter). Bei der Variante ausschließlich mit Futterlob zu arbeiten erhält man gewiss deutlich freudigere, aus sich heraus motivierte Pferde.
Ob das so stimmt? Jean Francois Pignon z.B. arbeitet grundsätzlich völlig ohne Futterbelohnung, aus dem einfachen Grund, dass bei mehreren Pferden die Belohnung für ein einzelnes Pferd die ganze Konzentration innerhalb der Gruppe stört. Und man kann wohl nicht behaupten, dass der unmotivierte Pferde vorführt.... :D
esge
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Beitrag von esge »

Ganz ehrlich? Ich finde dieses Argument "Mein Tier soll für mich arbeiten weil ich so ein dolle Führungspersönlichkeit bin und mein Viech mich gefälligst lieben soll" inzwischen ziemlich dürftig. Gegen intelligente Futterbelohnung spricht überhaupt nichts. Und kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Aber ich lehne auch den Clicker nicht rundweg ab. Es gibt wunderbare Anwendungsmöglichkeiten für den Clicker - nicht zuletzt weil er Auge und Timing des Menschen enorm verbessert. Sich und sein Tier dann zum Sklaven des Knackfrosches zu machen ist eine andere Sache. Es ist wie mit allem: Extreme schaden, egal wovon.
Es gibt Tiercharaktere, die sind auch ohne Futter wunderbar zu motivieren. Aber es gibt auch solche, die sind einfach knallharte Verhandler. Na und? Futter ist ein großer Motivator - warum sollte ich auf ihn verzichten um meinem Tier, im wahrsten Sinne des Wortes, die Arbeit schmackhaft zu machen?
Diese Angst vor Futterlob, die in Teilen der Pferde- und auch der Hundeszene umgeht, befremdet mich immer. Wer so viel Angst davor hat, über Futter zu motivieren kann sich seiner Sache irgendwie auch nicht sehr sicher sein.
Da äußern sich Leute abfällig, wenn mein Hund auf meinen Rückpfiff auf dem Absatz kehrt macht und mit fliegenden Ohren zu mir gerannt kommt - abfällig deshalb, weil mein Hund dann zur Belohnung einen Keks erhält . "Ach mit Futter...!" Tja, bloß kommt deren Töle im Zweifelsfall halt gar nicht. (Mein Hund kommt übrigens auch, wenn ich mal nichts dabei habe...)
die Futterbelohnung ist nun mal in der Skala der positiven Verstärkung ganz, ganz oben angesiedelt. Professionelle Tiertrainier jeglicher Colour nutzen sie. Ich glaube einfach nicht, dass das alles Idioten sind.

Gerade uns Reitern fällt es immer fiel leichter, negative Verstärker einzusetzen. Klassische Reitlehre funktioniert übrigens voll umfänglich darüber, dass Unangenehmes wegfällt, wenn das Pferd tut was es soll. Das finden wir in Ordnung. Aber für gute Leistungen mal anzuhalten und einen Keks reinzustopfen, das ist nicht in Ordnung. Seltsam, seltsam.
Loslassen hilft
Rusty072009
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Beitrag von Rusty072009 »

Ich habe auch schon Pferde ganz ohne Futterlob gearbeitet, die dabei stets einen freudigen Eindruck erweckten. Das waren allerdings immer bewegungsfreudige, extrovertierte, meist gut balancierte Pferde denen Bewegung nicht schwer fiel.

Mit einem introvertiertem Pferd, welches sich auch noch dazu ungern bewegt, dem es aufgrund schlechterer körperlicher Voraussetzungen vielleicht auch noch schwer fällt, ist es ohne Futter sehr schwer es zur gleichen Arbeitsfreude und zum gleichen Ausdruck zu bringen wie das oben genannte.

Ich habe die Erfahrung gemacht dass alle Pferde (nachdem sie das Prinzip verstanden haben) mit Futterlob freiwilliger und motivierter mitmachen als ohne. Diese völlig freie und freiwillige Mitarbeit - ohne irgendeine Art von Kontrolle auszuüben wie zB eine Zäumung, oder die Hinterhand außer Gefecht setzen durch rum schicken - ist ohne Futter nicht möglich. Das heißt NICHT automatisch dass alle Pferde ohne Futterlob keinen Bock auf Arbeit haben. Aber dann geht es eben nur mit einem gewissen Maß an Druck/ Kontrolle, und das sucht sich kein Pferd völlig freiwillig aus - dann bleibt es wohl lieber auf der Weide.

Leg jede Zäumung und Art von Kontrolle (Halsring, Gerte, Seil etc) ab, und du wirst sehen wie viel Freiwilligkeit und Motivation wirklich noch bleibt.

Ich meinte nicht dass Pferde nur in der Freiarbeit oder bei Zirkustricks motiviert sein können- selbstverständlich wünsche ich mir das für jede Art der gemeinsamen Beschäftigung. Ich meinte dass ich mir eine Arbeit ausschließlich (!) mit Futterlob nur noch in diesen Bereichen vorstellen kann. Keine Zäumung, keine Gerte, kein Druck - NUR Futter.


Gruß
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Ich finde, man sollte nicht immer alles so dogmatisieren ! Natürlich ist Futterlob ein sinnvolles Mittel und natürlich hat auch Clickern seine Vorzüge . Die Formulierung von esge: "Sklave des Knackfrosches" trifft es für mich genau ! In dem Moment, in dem eine Methode - ganz allgemein- über die Sache selbst gestellt wird, ein Dogma die freie Entscheidung für oder wider eine Vorgehen beeinträchtigt, ist es für mich nicht mehr erstrebenswert. Man sollte sich doch bitte immer den EINZELFALL anschauen.
Logisch gibt es Prinzipien - aber ej: keine Regel ohne Ausnahmen !
Für das eine Pferd ist Futter-reinstopfen bis zum Abwinken möglicherweise superklasse, für ein anderes ist es möglicherweise die Pest. Und manches Pferd, das vom Besitzer positiv zu Handlungen hingejubelt wird, mag denken : " MAAAAN, halt die Klappe und gib den Keks her!" :roll:
Schulterzuck...
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Cappuccino hat geschrieben:
Rusty072009 hat geschrieben:Meiner Ansicht nach gibt es nur zwei Wege einem Pferd etwas zu lehren: entweder negativ verstärkt (zB. Druck), oder positiv (zB. Futter). Bei der Variante ausschließlich mit Futterlob zu arbeiten erhält man gewiss deutlich freudigere, aus sich heraus motivierte Pferde.
Ob das so stimmt? Jean Francois Pignon z.B. arbeitet grundsätzlich völlig ohne Futterbelohnung, aus dem einfachen Grund, dass bei mehreren Pferden die Belohnung für ein einzelnes Pferd die ganze Konzentration innerhalb der Gruppe stört. Und man kann wohl nicht behaupten, dass der unmotivierte Pferde vorführt.... :D
Ganz so stimmt es nicht - auch die Stuten von ihm kennen Futterlob. :wink:
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Hadriana
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Beitrag von Hadriana »

Ich kann leider wegen einer schlechten Internetverbindung nicht mehr als 2 Seiten zurücklesen und bin gerade ein wenig verwirrt was die Clicker-Kritik angeht. In meiner Erfahrung macht der Clicker die Belohnung mit Futter erst richtig sinvoll. Und er hilft gerade solche Probleme wie die von Rusty beschrieben zu lösen.
Der Weg ausschließlich über Futterlob hatte zwar ein hochmotiviertes Pferd zur Folge, das sich aber lieber bewegen wollte wann und wie es wollte, wodurch sich die absolute Harmonie nicht einstellen konnte. Platt gesagt: wenn ich vorwärts will und das Pferd schmeißt sich in die Schulparade um dafür eine Möhre zu bekommen ist von "zwei Geister wollen..." keine Spur mehr, auch wenn das Pferd mit noch so viel Engagement und Freude dabei ist.
Futter kombiniert mit einem Marker ist meiner Meinung nach nicht nur ein Motivator, sondern auch ein effektives Mittel zur Kommunikation. Und dass Tiere schneller und einfacher mit positiver als mit negativer Verstärkung lernen wurde doch schon hinreichend bewiesen? :)
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Meg
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Beitrag von Meg »

Julia hat geschrieben:
Meg hat geschrieben: Schließlich versucht es so gut es kann, entweder die Lektion durchzuführen oder uns zu verstehen. Zweiteres ist für das Pferd oft wesentlich schwieriger...
Also da habe ich persönlich schon ein paar ganz andere kennengelernt....

Und je nach dem WIE sich das nicht erwünschte Verhalten ausdrückt kann ich schon auch ungemütlich werden. Aber das hängt wirklich vom Pferd, der Situation und dem Verhalten ab.
Ja, natürlich, ich sprach jetzt eigentlich hauptsächlich von jungen unverdorbenen Pferden, und dass es hin und wieder Pferde gibt die bockig schon in den Genen haben bestreite ich nicht 8)

Ansonsten schließe ich mich esges und s&ps letzten Beiträgen an.

Ich arbeite generell gerne mit Futterlob. Aber vielleicht ist das einfach, weil man mit den Jahren immer weniger alles als selbstverständlich annimmt, sondern sich immer wieder wundert, was die Gäule mit uns Menschen so alles mitmachen 8)
Whenever I feel blue, I start breathing again :-)
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Beitrag von esge »

Vorhin bei meinem Pferd. Steht ziemlich weit hinten im Matsch. Da bleibt nur noch hoffen: Kommt er, oder kommt er nicht wenn ich ihn rufe? Ja, ja, er kriegt meistens einen Keks fürs Kommen - aber wenn er keinen Bock hat zu kommen, lässt er den Keks (oder die Möhre oder den Apfel) sausen und ich kann zusehen, wie ich ihn aus dem Matsch kriege. Er lässt sich also belohnen - aber nicht bestechen. Und hier liegt für mich der entscheidende Unterschied.

Meg, deinen letzten Satz würde ich gern "liken"
:D
Loslassen hilft
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Meg hat geschrieben:... Aber vielleicht ist das einfach, weil man mit den Jahren immer weniger alles als selbstverständlich annimmt, sondern sich immer wieder wundert, was die Gäule mit uns Menschen so alles mitmachen 8)
:trink1:
Rusty072009
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Beitrag von Rusty072009 »

Meiner Erfahrung nach bringt Futterlob kombiniert mit Clicker/ Markerwort den größten Erfolg. Ich kann am Clicker also nichts negatives finden, auch und erst recht nicht wenn jemand seine Arbeit mit dem Pferd ausschließlich darauf stützt. Ganz im Gegenteil, ich finde es toll wenn dadurch jede Art von kontrollierenden Zäumungen, Werkzeugen oder Handlungen überflüssig wird.

Letzendlich macht es doch keinen Unterschied ob man sich vom Clicker oder vom Halfter oder von der Peitsche oder von was weiß ich was abhängig macht. Irgendeine Möglichkeit müssen wir haben unsere Pferde zu etwas "aufzufordern", wenn wir irgendeiner zielgerichteten Aktivität mit Ihnen nachgehen wollen.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Eine recht ähnliche Diskussion erinnere ich in einem Thema Freiarbeit, Kommunikation vers. Konditionierung. Vielleicht sollte man einige Posts abtrennen und dorthin oder in einen anderen Thread verschieben, da es hier doch nun eine ganze Weile sehr OT ist!? :wink:
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
esge
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Beitrag von esge »

Sagen wir einfach mal so: Ich habe noch kein ausschließlich mit dem Clicker trainiertes Pferd gesehen, das mich unterm Sattel überzeugt hätte. Keines dieser Pferde war rittig. Sie konnten häufig einen Haufen Zeugs - aber nicht in dem fließenden, rhythmischen Miteinander das ein von Grund auf gut ausgebildetes Pferd auszeichnet, sondern immer nur als Einzellektionen, die sie ggf zwar aneinander hängten, die aber nichts miteinander zu tun haben. Der Unterschied zwischen einem Film und vielen aufeinander folgenden Fotos, so als Hilfsanschauung.
Das MAG aber daran liegen, dass diese ausschließlichen Clicker-Leute i.d.R einfach keine guten Reiter waren und den Clicker ANSTATT reiten können benutzt haben. Somit ist nicht der Clicker an sich schlecht, sondern evt nur die Anwendung im Zusammenhang mit Reiterei immer noch stark defizitär. kann ich nicht beurteilen.
Trotzem hat der Clicker für mich durchaus Anwendungsgebiete auch im Zusammenhang mit Pferden.
Loslassen hilft
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