Zur Diskussion gestellte Ritte die gefallen

Rund um die klassische Reitkunst

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esge
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Beitrag von esge »

Rapunzel, ich bezog mich auf überhaupt keine Studien sondern auf die Erfahrungen die ich in den letzten 10 Jahren meiner Reitlehrertätigkeit gesammelt habe, bzw. durch Beobachtungen in meinem Umfeld. Und da verschwinden irgendwie immer die talentierten Youngster unter übereifrigen aber leider nicht gut angeleiteten Reitern am schnellsten. Tatsächlich kann ich da die "werden nur 8 Jahre alt" Aussage absolut unterschreiben.

Generell gilt aber wieder mal nur eins: es ist egal, nach welcher Methode schlecht geritten wird... 8)

ich habe noch einen Pferdekiller vergessen: JEDEN noch so ungeeigneten Zossen unbedingt zur hohen Schule führen wollen (oder zu anderen Aufgaben, für die sie einfach überhaupt nicht gemacht sind). Da habe ich früher mal anders drüber gedacht. Es gibt zwar immer Ausnahmepferde, die durch bloßen Willen wirklich ganz vieles wettmachen aber das lässt nicht den Umkehrschluss zu.
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Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Genau. Man macht sich aus seinen eigenen Erfahrungen ein Bild. Das ist aber halt nicht objektiv. Genau wie das, was ich mir mache oder ein Schöneich oder sonstwer.

oecone: Deinen letzten Absatz habe ich leider nicht verstanden.
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Gawan
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Beitrag von Gawan »

Mir ging's nur darum, zu zeigen, dass es sehr wohl Untersuchungen zum Durchschnittsalter und zur Nutzungsdauer von Pferden gibt. Der Einfachheit halber zitiere ich mal direkt:

Korries Seite 37:
Innerhalb ihrer Analyse kommen BUTLER und ARMBRUSTER (1984) zu dem Ergebnis, dass die durchschnittliche Nutzungsdauer der erfassten Pferde bei 5,5 Jahren liegt. REICHERT stellt 1990 ein Durchschnittsalter von 7,8 Jahren fest, was diesem Ergebnis entspricht, wenn man von einem Beginn der Nutzung im Alter von cirka drei Jahren bei Reitpferden ausgeht. Für Turnierpferde ermittelten WOEHLK und BRUNS (1999) eine mittlere Nutzungsdauer von 3,4 Jahren, wobei die Springpferde durchschnittlich fünf Monate länger (3,6 Jahre) als die Dressurpferde (3,2 Jahre) eingesetzt werden. Nur 34 % der Pferde sind älter als zehn Jahre, diese geringe Nutzungsdauer ist zum großen Teil haltungsbedingt und die Eindämmung haltungsbedingter Schäden stellt eines der wichtigsten Ziele bei der Entwicklung tiergerechter Haltungssysteme dar (FRENTZEN, 1994).

Hoffmann Seite 6:
Hinsichtlich der Nutzungsdauer von Pferden ergaben Untersuchungen an Schlachtpferden (BUTLER u. ARMBRUSTER 1984), dass Pferde durchschnittlich 5,5 Jahre genutzt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass Pferde ab einem Alter von drei Jahren nutzbar sind und das Durchschnittsalter der Schlachtpferde betrug 8,5 Jahre. Dies ähnelt dem erreichten Alter der von REICHERT (1990) und ZEEB (1990) untersuchten Pferdepopulationen. Das Durchschnittsalter dieser Tiere lag bei ca. acht Jahren und nur 34 Prozent dieser Pferde sind älter als zehn Jahre geworden. Hingegen war die Lebenserwartung von Reitpferden in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg doppelt so hoch.

Hier ein Artikel speziell zur Nutzungsdauer:
http://www.zuechtungskunde.de/artikel.d ... ODk5NQ.PDF

Und hier noch eine kurze Zusammenfassung aus rechtlicher Sicht ("Nix genaues weiß man nicht." ist normalerweise keine Grundlage für juristische Entscheidungen):
http://www.pferderecht-wissen.de/pferde ... utachtung/
"Der Reitlehrer sei unser eigenes Pferd" SGS
(und der Schüler zeige Geduld, Demut und Hingabe)
Draussen bin ich 4:0 unterwegs, in der Halle 3:1, manchmal 1:3.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Hm, irgendwie kann ich dir nicht so ganz folgen. Das lässt doch alles keine Rückschlüsse darauf zu, welche Pferde wie geritten wurden und aus welchen Gründen sie in welchem Alter nicht mehr nutzbar waren.
sinsa
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Beitrag von sinsa »

Zu Hoffmann: Wenn man beim Schlachter suchen geht, hat mein eine Aussage zum Durchschnittsalter eines Pferdes das z.B. Schlachtfohlen mit einbezieht.
Wenn es nach also nach dem Durchschnittsalter von Kühen und Schweinen geht, dann sterben diese vermutlich innerhalb eines Jahres.

Das ist das blöde an Statistiken. Ohne Hintergrund sind die Ergebnisse nicht auswertbar.
oecone
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Beitrag von oecone »

Ist ein Fehler von mir, öfters mal zu wenig zu schreiben :oops:

Esge schrieb, der Schwung sei eine Erfindung der Moderne. Der klassische Weg ist eher schwunglos.
Wenn wir jetzt als Ziel 'Versammlung' definieren, so gibt es ja offensichtlich zwei, oder noch mehr Wege dahin zu kommen.

Ich persönlich kenne nur den Weg über den Schwung. Vielleicht auch, weil sich das bei meinem Pferd so angeboten hat, und meine RL mir das so vermittelt hat.

Ich stelle mir den Weg, ein Pferd so auszubilden, dass es immer locker bleibt, bis zur höchsten Versammlung, ohne Schwung, immer über den Rücken, sehr anspruchsvoll vor! Dafür braucht man viel Erfahrung und Talent.

Das mit der Erfahrung ist eines, und das Talent ist unter den Reitern nach der Gaußschen Normalvertreilung vertreten.
Insofern scheint für mich der Weg über den Schwung der einfachere zu sein. Und damit die Frage an die Leute mit Erfahrung und Talent :)
ob nicht am Ende die Ausbildungsskala, mit dem modernen Schwung, eine Krücke für die nicht so guten Reiter ist, doch noch an das Ziel 'Versammlung' zu kommen?

Grüßle
Lafayette
esge
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Beitrag von esge »

Oceone: Es ist auch eine Erfindung der Moderne, dass jeder Hans und Franz sein Pferd selbst ausbildet. "Alter Reiter, junges Pferd, junger Reiter, altes Pferd" war mal eine Vorgabe.

Wobei ich auch ein "will ich selber machen" Typ bin...

Aber machen wir uns nix vor: Die Sache mit dem Schwung kann genauso in die Hose gehen wie die mit ohne Schwung. :roll:

Und BITTE komme mir jetzt keiner wieder mit "Versammlung ohne Schwung ist keine Versammlung".
Reden wir also lieber von "Tragebetont statt schubbetont ausbilden, ok?

Ich empfehle z.B. die Lektüre von Krischkes Buch: "du entscheidest. Reiten mit gutem Gewissen."
Nein, das ist nicht meine Bibel! Wobei ich viele Passagen darin abnicken kann. Trotzdem wäre mein Weg anders. Aber als Beispiel einer Ausbildung, die tragebetont ausbildet ist es gut.
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Gawan
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Beitrag von Gawan »

@Rapunzel
Mir ging es nur um die pauschale Aussage
Ich denke nur an diese ominöse Statistik, nach der angeblich "Turnierpferde im Durchschnitt nur 8 Jahre alt werden", die immer und immer wieder angeführt wird, obwohl es sie meines Wissens nie gegeben hat.
Eigentlich muss man ehrlicherweise sagen: Nix genaues weiß man nicht.
Ich wollte einfach zeigen, dass es sehr wohl Untersuchungen zum Durchschnittsalter von Pferden gibt, wie man diese dann interpretiert, ist ein anderes Thema. Wenn ich allerdings von einer Nutzungsdauer von etwa 5 Jahren ausgehe und des weiteren von einem Start mit 3-4 Jahren, gehörte das Turnierpferd dann mit 10 Jahren schon zum alten Eisen. Die nächste Frage ist dann, ob das Pferd dann in Rente geht oder "entsorgt" wird.
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Beitrag von Lilith79 »

Bei so Untersuchungen zum Durchschnittsalter von Pferden frage ich mich ja immer, was für Pferde da überhaupt von der Statistik erfasst werden?

Wenn der Tierarzt irgendwo ein normales Einstellerpferd einschläfert wird das dann irgendwo gemeldet, damit das in so Statistiken landet?

Ich weiß gar nicht ob und wie man das melden muss, wenn ein Pferd von der Tierkörperbeseitigung oder vom Abdecker abgeholt wird?
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Beitrag von Eowyn »

Lilith79 hat geschrieben:Bei so Untersuchungen zum Durchschnittsalter von Pferden frage ich mich ja immer, was für Pferde da überhaupt von der Statistik erfasst werden?
Soweit ich weiss handelt es sich bei besagter Statistik um eine von einem Versicherungsunternehmen für Pferde-Lebensversicherungen. Da die meisten Pferde ca. 4-jährig mit einer Laufzeit von 10 Jahren versichert werden, kann man alleine daran schon den "Wert" dieser Statistik erkennen.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

esge hat geschrieben: Reden wir also lieber von "Tragebetont statt schubbetont ausbilden, ok?
Ja, lass mal machen. :P
Verstehe ich nämlich nicht: Schubkraft bringt ein Pferd ja nun mal von Haus aus mit. Diese in Tragkraft und dann schließlich in Federkraft umzuwandeln, ist der Weg der Ausbildung. Von daher verstehe ich gerade nicht, warum Du von „statt“ sprichst. Das eine baut doch auf dem anderen auf.
Und wie sagte Walter Zettl in den Dressurstudien schon ganz richtig: „Man kann Schwung ohne Versammlung, aber nie eine Versammlung ohne Schwung reiten“. Ach so, darüber wollten wir ja nicht… :wink:
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
esge
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Beitrag von esge »

Schubkraft bringt mitnichten jedes Pferd von Haus aus mit, Cubano. Und wer absolut nicht verstehen WILL, wird auch nicht verstehen, egal wie rum ich versuche, die Sache aufzuzäumen. *schulterzuck*

Und auch Herr Zettl ist sehr einseitig einer ganz bestimmten Ausbildungsart verhaftet.
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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

oh, Pontius und Pilatus.... :lol: :lol: :lol:
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Die Schwung/Versammlung-Debatte verstehe ich nicht. Macht aber nix.

Zu den Statistiken: Warum ein Pferd nur soundso lange als Turnierpferd genutzt wird, kann ja sonstwas für Gründe haben. Meins zum Beispiel hat zu schwache Nerven und ich hab es nach 3 oder 4 Saisons aufgegeben. Zudem hab ich selbst auch zu wenig Zeit, und schwupps, raus aus der Statistik. Das Pferd wird aber demnächst 14 und ist kerngesund. Andere kommen vielleicht nicht weiter in die nächste LK und hören deshalb auf, kriegen Kinder, oderoderoder, zudem können Pferde ja auch 1001 Erkrankungen/Verletzungen bekommen, die so gar nichts mit der Reiterei zu tun haben. Und ganz zu guter Letzt heißt "turniermäßige Nutzung" auch noch ganz und gar nicht, dass das Viech schlecht geritten, über die Uhr gedreht und verschlissen wird. Also sorry, aber das ist für mich wirklich nichts Aussagefähiges.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Der Schwung im deutschen Sinne, macht die Bewegung ausdrucksstark und imposant. Darauf kommt es aber bei den Lippis nicht an, da geht s um Präzision im Detail und Durchlässigkeit.
Heute wird Schwung gerne mit Gangtalent verwechselt. Und häufig sind die großen Bewegungen eben gar nicht aus Schwung geboren, sondern aus Gangtalent + Spannung.
Diese Pseudopassagetritte, die einem heute gerne als "versammelt und Schwungvoll" verkauft werden sind nicht selten schlichte Spanntritte.
Nur die hohe Qualität der heutigen Pferdezucht, täuscht darüber hinweg. Auch und nicht zuletzt, weil die Mechanik der Hinterhand TROTZ Spanntritten noch aktiv erscheint, denn die Merkmals, die früher dafür als optisch erkennbarer Hinweis galten, sind züchterisch großteils kompensiert worden.
Auch die Federfähigkeit der Fesseln ist züchterisch so verstärkt worden, dass ein "Doing" heute bei vielen Pferden nicht mehr unbedingt vom Hinterbein getragen, sondern auch durch schlichtes Durchfedern im Fesselbereich auch in Vorlastkeit bzw. kaum vorhandener Gewichtsaufnahme hinten beachtlich ist.
Nicht zuletzt daher haben die Fesselträgerschäden unfassbar zugenommen.

Das Gedoinge ist heute somit vielfach absolut kein Zeichen von reellem Schwung mehr. Und führt gerne in die Irre.
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