Kandare und schlechte Gewissen

Rund um die klassische Reitkunst

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chica
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Beitrag von chica »

Steffen hat geschrieben:@ anchy: da stimme ich Dir 100%ig zu, Schema F ist immer zu hinterfragen und jedes Pferd hat andere Probleme.

Allerdings ist meine Erfahrung, dass in 99% aller Fälle nicht das Pferd die Probleme hat, sondern der Reiter.

Außerdem hat die Trense schon auch Vorteile, gerade in Bezug auf das Einstellen des Pferdes. Ein einseitiges Einwirken wird bei einer Kandare nicht in gleicher Weise wirken, wie bei der Trense. Natürlich kann man auch ohne Trense ein wirklich gut ausgebildetes Pferd stellen, aber für die Ausbildung ist die Trense da schon hilfreich.

Ich glaube, dass die Trense aufgrund ihrer schwachen Wirkung auch dazu beiträgt, dass das Pferd Vertrauen zur Reiterhand bekommt. Wenn das Pferd noch recht roh ist und als erstes Gebiss gleich die Kandare kennenlernt, muss man befürchten, dass es sich vor der Hand verkriecht.

Ich selbst habe leider auch den Fehler gemacht, mein Pferd zu früh auf Kandare zu reiten. Hat das Pferd erst einmal gelernt, dass es viel leichter ist, sich hinter der Hand zu verkriechen, als die Hilfen anzunehmen, ist eine Korrektur oft schwierig. Außerdem lernt auch der Reiter nicht richtig, wenn man ihm von Anfang an so scharfe Werkzeuge für das Einwirken auf das Maul gibt. Der Reiter soll lernen, das Pferd von Hinten nach Vorn zu arbeiten. Je mehr Gewalt er vorne ausübt, desto weniger wird er dies lernen.

Ein sehr guter Reiter auf einem gut ausgebildeten Pferd, wird natürlich immer die Kandare bevorzugen, aber eben nur in dieser Konstellation.

Ich glaube, viele Reiter leiden da an erheblicher Selbstüberschätzung und verbauen sich mit dem frühzeitigen Kandareneinsatz die Möglichkeit, das Reiten richtig zu erlernen indem das Pferd über die aktive Hinterhand und nicht über den Respekt vor der Hand geführt wird.
LG Ines
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"Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart."
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chica
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Beitrag von chica »

Ich hab die beiden letzten Beiträge mal an die richtige Stelle kopiert ;)
LG Ines
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Anchy
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Beitrag von Anchy »

@Chica
Für die Stellung in der Ausbildung ist der Kappzaum sehr hilfreich, deswegen habe ich extra die verschiedenen Kombinationen erwähnt. Weitaus kritischer ist das "blanke Reiten " zu betrachten.

Liebe Grüße
Anchy
Wenn Du es festhalten mußt, hast Du es schon verloren
Unbek. Ecuyer
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Steffen
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Kappzaum

Beitrag von Steffen »

Das Thema Kappzaum ist in der Tat sehr interessant.

Longieren sollte man wohl ausschließlich am Kappzaum. Beim Reiten habe ich es auch versucht, war aber mit dem Ergebnis nicht so glücklich, ohne dass ich sagen könnte warum. :roll: :cry:

Die Spanier/Portugiesen arbeiten ja überwiegend mit Kappzäumen, allerdings oft mit einem Ergebnis, das nicht gerade auf Wohlbefinden der Pferde hinweist.

Vielleicht liegt das daran, dass Pferde für eine Zäumung die nur auf die Nase wirkt zu stark sind. Wenn das junge Pferd also den Wünschen des Reiters nicht folgen will, benötigt man relativ viel Einwirkung auf den Kappzaum, um sein Ziel zu erreichen. Auf das Gebiss reagiert ein Pferd sensibler, wobei das natürlich auch Gefahren birgt, insbesondere dann, wenn das Gebiss sehr scharf wirkt oder z.B. nicht richtig fixiert ist und sich frei im Maul bewegt. Ich halte es aus diesem Grund auch für völlig falsch, wenn man bei jungen Pferden auf ein Reithalfter verzichtet und das Gebiss völlig frei im Maul beläßt. So kann man entweder gar nicht einwirken oder nur sehr hart.

Obwohl ich ansonsten ein großer Fan vom Kappzaum (zum Longieren und für die Arbeit an der Hand) bin, beim Reiten von jungen Pferden habe ich die besten Erfahrungen mit einem klassischen Ausbildungsgebiss gemacht.
Viele Grüße
Steffen, Gavilan & Duende
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Larry
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Beitrag von Larry »

Longieren sollte man wohl ausschließlich am Kappzaum. Beim Reiten habe ich es auch versucht, war aber mit dem Ergebnis nicht so glücklich, ohne dass ich sagen könnte warum.
Weil wohl(laut Aussage eines ehem. Reiters aus der span. Hofreitschule) bei einigen Pferden dadurch der Takt gestört werden kann. Die Einwirkung über Nase ist einfach anders-als über das Maul. Eben auch die Handhabung. Sind da wieder beim Thema Neckreining.

Falls Dein Pferd schon mit dem Kappzaum in Spanien Erfahrung gemacht hat, bevor es zu Dir kam(falls Importpferd?), kann es auch daran liegen. :wink:
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amara
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Re: Kappzaum

Beitrag von amara »

Steffen hat geschrieben:Das Thema Kappzaum ist in der Tat sehr interessant.

Beim Reiten habe ich es auch versucht, war aber mit dem Ergebnis nicht so glücklich, ohne dass ich sagen könnte warum. :roll: :cry:


Dazu kann ich jetzt doch was schreiben. Ähnliche Erfahrung! Pferd läuft gut mit Kappzaum an der Hand und an der Longe sowie am Langzügel, aber unter dem Reiter??? Katastrophal. Um nicht zu sagen: nicht haltbar... :evil:

Grübel, was soll das?? Auf Trense wieder ging es gut (merke, wir sind reittechnisch in den Anfängen, an der Hand schon relativ weit). Auf Anraten ein Sidepull genommen, fantastisch!! Er lief so gut wie auf Trense, es entsteht sogar soetwas ähnliches wie Anlehnung, vielleicht kann man es - so heiße ich das Kind gerne - ein "Hineindehnen in den angebotenen Rahmen" nennen. (Übrigens entfallen für mich damit alle die Erklärungsschwierigkeiten der üblichen Begriffe, die durch Wörter wie Anlehnung, Kontakt entstehen, oder einfach durch Ausrüstungswechsel z.b. zu gebisslos).
Jedenfalls konnte man das Pferd stellen, anhalten, etcpp. was mit dem Kappzaum nicht recht funktionierte oder in ziehen ausartete.

Warum Sidepull ja und Kappzaum nein?? :?: :?: :?:


Jetzt ist es mir dann nach und nach gedämmert, es sind die Anbindungspunkte des Kappzaumes!!! Für das Reiten müssen die Einhängepunkte der Zügel viel weiter hinten liegen (so wie beim Sidepull) und nicht da vorne wo der Kappzaum das anbietet. Sonst ist die Kraftübertragung ziemlich schwammig und gleichzeitig grob, aus einem einseitigen Anzug, der beim Sidepull seitwärtsweisen wirkt, wird sofort ein schwammiger Druck auf der Nase.
Und siehe da! Ich habe die Zügel ganz unten beim Kappzaum eingehängt, also nicht da wo die Ringe sind, sondern da wo der Kinnriemen verschnallt ist.
TATA!!! Alles bestens, geht wie auf Sidepull oder Trense, Zauberei entzaubert. *gggg*
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Meg
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Re: Kappzaum

Beitrag von Meg »

amara hat geschrieben: Auf Anraten ein Sidepull genommen, fantastisch!!
Mh, von wem wohl 8) 8) 8)

Ansonsten allen Punkten zustimm! Reite seither auch nur noch mit Sidepull (hat aber zahntechnische Gründe) und fühle etwas, was ich als Anlehnung beschreiben würde, hoffe ich kriege ähnlices mit Trense später hin, ansonsten bleibt es halt beim sidepull...

LG
Meg
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