Longieren am Kappzaum - eine Kurzeinführung

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Jen
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Longieren am Kappzaum - eine Kurzeinführung

Beitrag von Jen »

Da die Frage nach dem Longieren am Kappzaum immer wieder auftaucht und ich auch per PN häufig angefragt werden, hier mal ein älterer Beitrag von mir.

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Longieren am Kappzaum - eine Kurzeinführung

Es braucht eine seriöse Vorbereitung, die dem Pferd die Hilfengebung klar macht: Was bedeutet es, wenn es zb. eine Parade am Kappzaum bekommt, was bedeutet eine Gertenhilfe auf Schenkellage, was bedeutet sie auf Schulterhöhe etc. Dazu gibt es zb. vorübungen:

Bevor das rohe Pferd anlongiert wird, ist das erste, was es lernt, ein Nachgeben auf den Kappzaum. Das heisst: ich zupfe leicht, es senkt den Kopf, Lob.

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Niran, 3.5j.

Weiter geht die Übung so, dass ich nicht einfach mit Kopf senken zufrieden bin, sondern ein bisschen Stellung verlange und über die STellung eine Biegung herstelle, die durch den ganzen Körper gehen soll. Das geht nur, wenn das Pferd willig, ohne Muskelverspannungen meinem leichten Zupfen folgt. Damit das Pferd am Anfang nicht einfach den Hals hereinnimmt, ohne das Genick leicht zu drehen, kann die Hand mit sanftem, weichem Druck ungefähr auf Höhe des 2. Halswirbels etwas stabilisierend wirken.

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Darina, 4j.

Wichtig: ich halte das Pferd NIE in einer Position fest, sondern das Pferd lernt die Position selber zu halten. Das braucht natürlich Kondition, v.a. dann wenn es in Bewegung geschehen soll. Wenn das Pferd ganz durchlässig ist, dann kann ich die Position seines Kopfes und das Ausmass der Biegung jederzeit auf den Millimeter genau bestimmen.

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Moik 7j.

Jetzt hat das Pferd gelernt, wie seine Antwort auf das Zupfen aussehen soll. Jetzt kommt das Antreten. Dabei wird zuerst wieder Stellung/Biegung verlangt und ein Antreten verlangt. Solange die Stellung/Biegung korrekt ist, wird das Pferd auch nicht über die Schulter fallen, ansonsten ist die Biegung nicht korrekt und das Pferd löst sich entweder mit dem Kopf nach aussen und fällt über die innere Schulter herein oder Hals abknicken und fällt über die äussere Schulter aus. Das heisst: Was hier passiert ist ein Symptom und keine Ursache. Also Ursache beheben: erneut korrekte Stellung/Biegung fordern. Im ersten Fall ist es einfacher, da man mit der Gertenhilfe die innere Schulter anheben kann, was hilft das Pferd wieder geradezurichten.

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Rex 21j.

Im zweiten Fall ist es diffiziler. Entweder man fängt wieder von vorne an oder bremst es in eine niedrigere Gangart runter oder man macht spezielle Übungen zur Schulterkontrolle, wie zb. Schlangenlinie (Führperson läuft rückwärts, Pferd folgt, Führperson hebt jeweilige Schulter auf Gertenzeig an, Pferd nimmt immer neue Biegung ein) oder Volte verkleinern/vergrössern, wo das Pferd lernt immer die Distanz zur Führperson einzunehmen, wie die Longe vorgibt. Hat er das gelernt, wird er auch nicht einfach so ziehen.

Am Anfang arbeitet man nahe am Pferd:

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Darina, 4j.

Mit der Zeit geht man immer weiter weg:

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Kronberg, 4.5j.

bis man in "normaler" Longierposition sich mitbewegt (extra ein Bild von hinten: Pferd ist perfekt spurtreu, kein Ausfallen über die Schulter oder der Hinterhand)

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Kronberg, 4.5j.

Man kann das Pferd in einer Arbeitshaltung arbeiten lassen

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Rex 21j.

oder es sofort dehnen lassen.

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Rex 21j.

oder Spielereien einbauen, wie ein span. Trab

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Moik 8j.

Wichtig ist ein ruhiger Takt, damit das Pferd sein Gleichgewicht finden kann. Hat es in dem ruhigen Takt seinen korrekten Bewegungsablauf gefunden, darf man auch etwas mehr Schwung verlangen. Verlangt man zu früh zu viel Schwung, treibt man das Pferd auf die Vorhand oder über die schulter weg, weil das pferd nicht in Balance ist. Jedes Pferd hat sein individueller Takt/Tempo/Schwung, wo es sein Gleichgewicht am besten findet. Dies sollte dann mit fortschreitender Ausbildung immer stärker beeinflussbar werden. Das Problem ist meiner Meinung nach, dass oft zu früh da beeinflusst wird und das Pferd sein Gleichgewicht nicht finden kann und deshalb diese Symptome wie Kopf hoch oder über Schulter ausfallen zeigt. Da helfen aber auch HZ nicht, sie vertuschen nur die symptome, arbeiten aber nicht an der Ursache.

Dass dies auch wirklich funktioniert und sogar bei exterieurmässigen Schwierigkeiten, wie ein angeborener Unterhals zeigte Niran eindrücklich. Hier Fotos von ihm als Fohlen:

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mit 2.5jährig: zwar schöne Gänge, aber den Kopf immer zuoberst. Ein Verhalten, das sich im Alltag sehr oft zeigte, auch zb. beim Spazierengehen. Er lief ständig rum, wie eine Giraffe, sein Unterhals ist ziemlich gut trainiert.
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und mit 3.5jährig, in seiner 4. Ausbildungswoche (nur an der Longe mit Kappzaum gearbeitet): immer noch deutlich das Missverhältnis zu sehen:
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und hier in der 7. Ausbildungswoche (Longieren am Kappzaum): schon deutliche Fortschritte in der Stabilisierung der v/a-Haltung, langsame Veränderung der Muskulatur, was jedoch immer noch einiges an Arbeit bedeutet!

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Es ist also durchaus möglich sogar ein Unterhals-Pferd OHNE Hilfszügel korrekt zu arbeiten! :D
Zuletzt geändert von Jen am Do, 08. Nov 2007 08:26, insgesamt 2-mal geändert.
Liebe Grüesslis, Jen
***
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DynaMitreiterin
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Beitrag von DynaMitreiterin »

Toll!

Vielen Dank, liebe Jen, Bild ich finde diese Ausführungen sehr hilfreich.
Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und niemand ginge, um mal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.
(Kurt Marti)
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mellison
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Re: Longieren am Kappzaum - eine Kurzeinführung

Beitrag von mellison »

Jen hat geschrieben: Es ist also durchaus möglich sogar ein Unterhals-Pferd OHNE Hilfszügel korrekt zu arbeiten! :D
Erst einmal vielen Dank für deine Anleitung. Der oben genannte Satz spricht mir aus der Seele! Mein Pferd hatte durchs Koppen einen so starken Unterhals das die Vorbesitzer nach 10 JAHREN nicht reiten die Schlaufzügel drauf gemacht haben. Ende vom Lied: Pferd steigt, geht rw, hat imense Rückenschmerzen und hasste reiten über alles. Jetzt nach fast 3 Jahren harter Arbeit macht ihr reiten wieder Spaß. Und ich habe den Unterhals in Oberlinie umgewandelt und das ganze ohne irgendwelche Hilfsmittel. Es geht, dauert und erfordert viel Geduld und Konsequenz, aber es geht!
LG mellison

Reiten ist ganz einfach denn du brauchst fast nichts machen. Reiten ist aber auch ganz schwer denn du darfst auch fast nichts machen.
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mellison
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Beitrag von mellison »

Ich hab aber dennoch eine Frage. Mir passiert es immer mal wieder, das wenn ich auf Kappzaum longiere und Flo nicht gleich angalopiert, gebe ich einen kleinen Impuls an der Longe und sie verwierft sich nach Außen. Das macht sie aber nur am Kappzaum, am Knotenhalfter tut sie dies nicht.
Hast du noch eine Idee bzw. einen Tip für mich?
LG mellison

Reiten ist ganz einfach denn du brauchst fast nichts machen. Reiten ist aber auch ganz schwer denn du darfst auch fast nichts machen.
Thisbe
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Beitrag von Thisbe »

Das ist wirklich eine sehr schöne Hilfe, Jen. Herzlichen Dank Bild.

Ich bin immer verunsichert, weil alle mir vom longieren ohne Hilfzügel abraten. Timi läuft häufig in einer ähnlichen Haltung wie Rex auf dem Arbeitshaltung versus Dehnung-Bild. Dabei kann ich sehr schön seine Halsmuskulatur bei lockerem Unterhals sehen, was mir eigentlich ganz gut gefällt. Manchmal kommt auch etwas mehr Dehnung.

Veranlaßt Du die Pferde, nachdem sie das Nachgeben auf Zupfen gelernt haben, dann im Prinzip auch mit Zupfen zu mehr Dehnungshaltung?
Und, mal ganz platt gefragt, reicht für den Anfang zur Rückenkräftigung auch die Arbeitshaltung oder schadet das mehr?

Grüße, Thisbe *die sich wünscht, sie könnte die Jen mal zu einer Longenstunde herbeamen*
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smilla
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Beitrag von smilla »

Auch von mir: Vielen Dank! Bevor ich diese Bilder kannte, wusste ich gar nicht dass man SO toll ohne Hilfszügel longieren kann!
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Medora
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Beitrag von Medora »

Auch von mir ein herzliches Dankeschön, Jen!!! :love:

Super, diese Anleitung!


Und auch noch eine kleine Frage: hattest Du schon mal Pferde, die auf das Zupfen nicht reagieren? Bzw., die dann nach Deiner Jacke angeln, nach der Longe, Deiner Hand o.ä.? :wink: Wie gehst Du da vor?

Medora
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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Dankeeeeeeeeeeeeee, Jen!

Genau sowas hab ich mir gewünscht - nun muss nur noch der Kappzaum kommen und das Zentrifugieren am Halfter (machs ja nur äußerst selten) hört auf :D

Hab auch ne Frage: Was´n das für Sattel? *frustrierte Kosi auf Sattelsuch-Frage*
Es grüßt Nadine

*******************
so schwer wie die freiheit, so leicht ist der zaum der sie hält... (frei nach and one - krieger)
********************
kallisto
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Beitrag von kallisto »

Schöne Beschreibung und vor allem tolle Beweisbilder!

Du machst mir Hoffnung, dass mein Araber die Oberlinie mal bessern wird. Wir haben ja Zeit, aber er trainiert sich auf der Koppel selbst falsch. Ab wann hat Niran begonnen, seine Bewegung auch auf der Koppel zu verändern? Begann das erst nach Jahren oder sobald die richtige Muskulatur vorhanden war?

LG Susi
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greta j.
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Beitrag von greta j. »

Super, Jen! :D Vielen lieben Dank! :D

Thisbe hat geschrieben:Grüße, Thisbe *die sich wünscht, sie könnte die Jen mal zu einer Longenstunde herbeamen*
Jau, Thisbe, und dann bitte gleich an mich weiterreichen. :wink:
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Celine
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Beitrag von Celine »

greta j. hat geschrieben:
Thisbe hat geschrieben:Grüße, Thisbe *die sich wünscht, sie könnte die Jen mal zu einer Longenstunde herbeamen*
Jau, Thisbe, und dann bitte gleich an mich weiterreichen. :wink:
Und danach kommt sie dann zu MIR :P :D
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birdy
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Beitrag von birdy »

Super Jen! Das drucke ich aus und gebe meiner Reitschülerin in die Hand :-)
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Jen
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Beitrag von Jen »

*huch* so viele Fragen aufs Mal...

erstmal danke! :) ich versuch mal die Fragen der REihe nach zu beantworten:

mellison hat geschrieben:Ich hab aber dennoch eine Frage. Mir passiert es immer mal wieder, das wenn ich auf Kappzaum longiere und Flo nicht gleich angalopiert, gebe ich einen kleinen Impuls an der Longe und sie verwierft sich nach Außen. Das macht sie aber nur am Kappzaum, am Knotenhalfter tut sie dies nicht.
Hast du noch eine Idee bzw. einen Tip für mich?
Ich kann dir nicht sagen, warum sie das macht, ev. störst du sie mit deinem Impuls? Versuch doch einfach mal neu anzusetzen, wenn sie nicht angaloppiert, also ev. nur etwas ruhiger werden lassen (falls sie im Trab eilig werden sollte, statt angaloppiert) und dann nochmals die Aufforderung zu machen. Manchmal hilft es, wenn man selber sowas wie einen kleinen "Galopphüpfer" macht als Aufforderung mti dem STimmkommando zusammen. Auch eine gute Übung ist erst die Volte etwas verkleinern und dann beim vergrössern lassen angaloppieren, wenn das Pferd aussen wieder angelangt ist (achtung, Stellung und Biegung darf dabei nicht verloren gehen). Beim vergrössern des Zirkels erweitern die meisten Pferde automatisch etwas die Tritte und daraus lässt sich auch gut angaloppieren, wenn das Pferd "zu lasch" ist.
Thisbe hat geschrieben: Veranlaßt Du die Pferde, nachdem sie das Nachgeben auf Zupfen gelernt haben, dann im Prinzip auch mit Zupfen zu mehr Dehnungshaltung?
Und, mal ganz platt gefragt, reicht für den Anfang zur Rückenkräftigung auch die Arbeitshaltung oder schadet das mehr?
Jein. Ein ganz junges Pferd lasse ich erstmal auf dem Zirkel so laufen, wie es kann, auch wenn es den Hals als Balancierstange noch braucht. Ich frage einfach immer mal wieder an, ob es sich bitte stellen würde, durch die feine Parade (leichtes Schliessen der Hand, ein leichtes Zupfen gefolgt vom sofortigen Nachgeben) an der Longe. Gleichzeitig schaue ich aber, dass es in seiner Spur bleibt (also mit der Shculter nicht hereindrängt). Kommt die Stellung durch, dh. dreht das Pferd das Genick leicht nach innen (ohne dabei nur den Hals nach innen zu nehmen, aber trotzdem nach aussen zu schielen! wichtig!) so dehnt es die äussere Oberlinie und dadurch kommt es automatisch in ein v/a, denn ein Pferd kann nicht die Oberlinie dehnen und gleichzeitig den Kopf heben,w eil das die Oberlinie verkürzen würde. Das Pferd muss also lernen "loszulassen". Hat das Pferd dies begriffen, so kann ich die Dehnungshaltung auch nur durch nachgeben veranlassen. Genau gleich wie am Zügel. Meine Pferde lernen den Kopf aufs nachgeben zu senken und das Gebiss zu suchen, so kann ich ein an die Hand herantreten besser veranlassen. Aus diesem Grund halte ich die Longe auch meist wie ein Zügel in der Hand (Schlaufe in der Peitschenhand, andere Hand hält Longe wie Zügel) so kann ich nur durch öffnen und schliessen die Longe bewegen und spüre das Pferd auch durch eine leicht durchhängende Longe in der Anlehnung und kann so den Rahmen bestimmen. Wichtig ist dabei auch die Hinterhand aktivität. Kommt ein Pferd zu tief (nicht eingerollt, sondern nur Nase im Sand) und entzieht sich so sowohl der Biegung als auch der ARbeit, dann reicht es i.d.R. wenn man die HH etwas aktiviert, ohne es schneller werden zu lassen (Körpersprache wichtig) und das Pferd kommt vorne automatisch höher. Das führt mich zur zweiten Frage: Die ARbeitshaltung ist wie gesagt, die Haltung in der das Pferd arbeitet. Die tiefe Dehnungshaltung (Nase im Sand) ist eine Entspannungshaltung, dabei muss die Muskulatur nicht sehr viel arbeiten, sondern der Rücken wird nur über den Bandapparat hochgezogen. Das ist nützlich um das Pferd zwischen durch zu entspannen, aber nicht, um Muskulatur aufzubauen. Will man das aber, so muss das Pferd lernen, locker und durchlässig in Dehnungshaltung gehen und zwar so, dass Ober- und Unterlinie gleichmässig im Wechsel anfangen zu arbeiten (an- und abspannen). Je höher die Aufrichtung ist, desto mehr muss die Oberlinie arbeiten. Dass sie das aber locker und durchlässig tun kann, muss sie zwanglos an und abspannen können. Deshalb ist die Dehnungshaltung so wichtig und das entspannen zu fördern, das loslassen. Erst dann ist der Muskel arbeitsbereit. Wir müssen immer daran denken, dass ein Muskel nur sich zusammenziehen kann oder loslassen kann. ER kann sich nicht aktiv dehnen, dafür ist der Gegenspieler verantwortlich. Wenn der Gegenspieler sich zusammenzieht, so dehnt sich der gegenüberliegende Muskel. Das kann er aber nur, wenn dieser dies zulässt (also loslässt). Deshalb ist die ARbeitshaltung so wertvoll, weil Ober- und Unterlinie (also Hals/Rücken und Bauchmuskulatur) Gegenspieler sind, die anfangen schön im Wechsel zu arbeiten. drückt das Pferd den Unterhals raus, so ist die Oberlinie zu stark zusammengezogen und arbeitet im übermass, hat das PFerd die Nase im Sand, so ist die Oberlinie zu entspannt und arbeitet zuwenig. für die Gymnastizierung und Ausbildung ist es nun wichtig, dass wir das Ausmass jederzeit bestimmen können. Nur dann ist das Pferd durchlässig. Das heisst, wenn wir möchten, dass das Pferd sich tief dehnt soll es das tun un wenn wir möchten, dass es in einer ARbeitshaltung oder gar Aufrichtung geht, muss es das auch einnehmen und halten können. Kann ich das Pferd nur in einer Haltung arbeiten (also entweder oder) dann hält sich das Pferd noch irgendwo fest und ist nicht losgelassen und durchlässig genug.

Medora hat geschrieben: Und auch noch eine kleine Frage: hattest Du schon mal Pferde, die auf das Zupfen nicht reagieren? Bzw., die dann nach Deiner Jacke angeln, nach der Longe, Deiner Hand o.ä.? :wink: Wie gehst Du da vor?
Natürlich! Gerade Freiberger sind da Spezialisten drin :lol: Mit denen ziehe ich zuerst das Tischmanieren Training durch und damit ist das Thema meist gegessen. Auch wichtig ist, dass man freundlich, aber beharrlich dran bleibt, sanft aber bestimmt das Pferd zurechtweist und das verlangt, was man von ihm will. Strafen muss man dabei fast nicht. Wichtig ist, dass man sich nicht aus dem Konzept bringen lässt und sich aufregt oder die Übung abbricht, weil man dem Pferd eins auf die Nase gibt. Dann hat das Pferd nämlich sein Ziel erreicht: Aufmerksamkeit. Gibt man die nicht, sondern konzentriert sich aufs gewünschte ist das Thema meist in ein paar Lektionen gegessen. Wichtig ist dann natürlich das Lob, wenn sie dann kooperieren (ich lobe GERADE AUCH die fressgierigen immer mit Leckerlis, was nach dem Tischmanieren Training auch überhaupt kein Problem mehr ist). Die haben das ganz schnell raus, wann sie ein Leckerli erobern können und wann nicht.

Kosmonova hat geschrieben: Hab auch ne Frage: Was´n das für Sattel? *frustrierte Kosi auf Sattelsuch-Frage*
Meinst du der von Niran? Das ist ein Branderup Epona Sattel mit Lederbaum.
kallisto hat geschrieben: Ab wann hat Niran begonnen, seine Bewegung auch auf der Koppel zu verändern? Begann das erst nach Jahren oder sobald die richtige Muskulatur vorhanden war?
Niran war nur 2.5 Monate bei mir in Ausbildung zum Anreiten. Vorher war er komplett roh und nachher wurde er gar nicht mehr gearbeitet (steht seitdem auf der Weide, weil er keinen Platz gefunden hat). Von dem her... es geht sehr schnell, wenn man konsequent dran bleibt.
Liebe Grüesslis, Jen
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kallisto
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Beitrag von kallisto »

Noch eine Frage:

Wie unterscheidest Du die Hilfen zur Dehnungs- und Arbeitshaltung? Ich habe es so verstanden, dass Du durch leichtes Handschließen die Halsbiegung und damit die Dehnung verlangst.
Wie leitest Du nun aus der Dehnung die Arbeitshaltung ein? Ich hätte jetzt einfach mehr HH-Aktivität evtl. durch Zeigen oder Annähern der Longierpeitsche zur HH ,verlangt, zur Unterstützung noch die Volte eingeleitet und hätte mich als Longierer mehr aufgerichtet und meine Longenposition eher zur Hinterhand bewegt. Aber das ist sicher nicht alles... :?:

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Jen
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Beitrag von Jen »

kallisto hat geschrieben:Noch eine Frage:

Wie unterscheidest Du die Hilfen zur Dehnungs- und Arbeitshaltung? Ich habe es so verstanden, dass Du durch leichtes Handschließen die Halsbiegung und damit die Dehnung verlangst.
Die Dehnung wird - v.a. mit fortschreitender Routine) - fast nur noch durch das Nachgeben eingeleitet, da das Pferd die Stellung und Biegung von selber einnimmt und hält (= Ziel) und somit in einer ständigen Dehnungsbereitschaft ist (suchen der Hand: auch am Kappzaum kann man den Rahmen vorgeben).
kallisto hat geschrieben:Wie leitest Du nun aus der Dehnung die Arbeitshaltung ein? Ich hätte jetzt einfach mehr HH-Aktivität evtl. durch Zeigen oder Annähern der Longierpeitsche zur HH ,verlangt, zur Unterstützung noch die Volte eingeleitet und hätte mich als Longierer mehr aufgerichtet und meine Longenposition eher zur Hinterhand bewegt. Aber das ist sicher nicht alles... :?:
Kommt halt aufs Pferd und die Situation darauf an. vielleicht mach ich mehr, vielleicht auch weniger. Vielleicht reicht ein kurzzeitiges Schliessen der Hand, vielleicht muss ich das Pferd etwas aktiver nachtreiben, vielleicht muss ich meine Körperposition eher weiter nach vorne verlegen, damit das Pferd nicht einfach nur "schnell" wird, sondern auch tatsächlich "aktiv". vielleicht muss ich aber auch meine Körperposition nach hinten verlagern, weil das Pferd ev. klemmig und verhalten wird... je nachdem. immer so wenig wie möglich, so viel wie nötig. Und nicht zu vergessen die Stimme macht bei mir sehr viel aus. Da ich gerade das Longieren als Vorbereitung fürs Reiten gebrauche, trainiere ich die Pferde sehr stark auf die Stimme, da ich dieses Werkzeug immer dabei habe, auch auf dem Pferd ;) während Körpersprache/position auf dem Pferd weitgehend in den Hintergrund tritt und das Pferd erst ein komplett neues ABC der Gewichtshilfen, Bein, Zügelhilfen (zb. Schulter bewegen à la Neckreining etc.) erlernen muss.
Liebe Grüesslis, Jen
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