"Nieder mit PK": Wie niedrig ist Augenhöhe?

Rund um die klassische Reitkunst

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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Morimur hat geschrieben:Wenn man immer ein auf der Vorhand gehendes Pferd als das Normalbild vor seinem inneren Auge hat, dann stört einen das Bild eines im Gleichgewicht gehende Pferd enorm
Ich möchte den Satz noch einmal herausstellen und behaupten, daß viele gar nicht sehen können, wann ein Pferd im Gleichgewicht ist - weil sie es nie gezeigt bekommen haben.
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Carmen
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Beitrag von Carmen »

Noch schlimmer: Die meisten fühlen / sehen nicht, wann ein Pferd nicht im Gleichgewicht ist. Wie sollen sie es da ins Gleichgewicht bringen können? Wie eigentlich überhaupt, so ganz ohne Handeinwirkung (aufwärts)?

Davon abgesehen finde ich die Pferde auf den PK DVDs genial. Mir gingen jede Menge Lichter auf. Was PK sagte und schrieb, fand ich um Längen logischer und pferdegerechter als alles, was in den RL zu finden ist. Die Person PK ist mir dabei wurscht. Wäre es Lieschen Meier, würde es nichts daran ändern, dass mir die Gedanken dahinter gefallen. Mir geht nur seit langem auf die Nerven, dass man nur "PK" in den Raum werfen muss, schon fühlen sich zig Leute bemüßigt, aufzuzählen, was alles falsch und schlecht ist.

Ich habe früher gelernt, dass ich beim Annehmen der Zügel immer gleichzeitig zu treiben habe. Vom Drehsitz hab ich da noch nie etwas gehört. Beim Wenden hieß es, äußerer Zügel dran, innen stellen und treiben. Ich habe gelernt, dass jeder Schritt, jeder Tritt, jeder Sprung herausgetrieben werden muss. Ich habe gelernt, dass man die Zügel über Cavalettis nicht nachgeben / lang lassen darf, weil das Pferd dann stolpert. Ich habe gelernt, dass man ein Pferd am hingegebenen Zügel nicht angaloppieren kann. Und ich fand den Reitunterricht an sich ganz gut. Dass man ein Pferd auch am hingegebenen Zügel allein über den Sitz dirigieren kann, hab ich erst später auf meinen eigenen Pferden im klassisch-barocken Unterricht gelernt.

Was taugen RL, an die sich niemand hält, nichtmal die Organisation, die sie sich auf die Flagge geschrieben haben?
"Es gibt schon viel zu viele Pferde, die Gefangene sind. Wenn wir unser Pferd lieben, müssen wir [...] ihm so viel wie möglich von seiner Freiheit zurückgeben." Sylvia Loch
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Sorry Carmen, aber wenn Du das alles im normalen FN-Unterricht nicht gelernt hast, liegt das nicht am System - Du hattest einfach schlechten Unterricht.
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

*michleiderbeiCarmenanschließenmuß*
Was ich nicht begreife ist, daß viele es einfach nicht akzeptieren wollen/können, daß es wirklich häufig so schlechten Unterricht gibt...
Da ist die Frage nach dem System doch nur legitim, zumal das System ja nicht nur einmal einen Freifahrtschein erstellt, sondern die Lizenzen regelmäßig überprüft werden (müssten).
:?:
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smilla
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Beitrag von smilla »

ottilie hat geschrieben: Was ich nicht begreife ist, daß viele es einfach nicht akzeptieren wollen/können, daß es wirklich häufig so schlechten Unterricht gibt...
Na, das wird wohl eine Frage des Blickwinkels und eigener Erfahrungen sein. Wenn man viel guten Unterricht und gutes Reiten aus einer Richtung erlebt hat, wird man dieses auch irgendwie vertreidigen und in Schutz nehmen, oder?
"Reiter und Pferd sind zu einer geistigen und körperlichen Einheit verschmolzen, sind zwei Herzen und ein Gedanke- die wunderbare Alchemie des Reitens hat aus den zweien in Wahrheit eins gemacht. Solche Kunst ist klassische Kunst!"
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Vielleicht sollten wir mal einen Umfragefred eröffnen... denn die Aussagen von vielen hier gehen nunmal in die Richtung von schlechtem Unterricht - leider (und die meisten hier haben sicherlich genau wie ich "FN-Unterricht" genossen, einfach weils gar kein anderes Angebot gab, damals in den 80ern... zumindest nicht in meiner Ecke, da kamen Alternativen erst gegen Mitte/Ende der 90er auf).
Aber Du bringst mich auf einen Gedanken: man sollte vielleicht nochmal genauer unterscheiden - sicherlich ist deswegen nicht das System (der Reitlehre) falsch, sondern das System (der FN als vertreibendem Organ). DAs meinte ich eigentlich mit meiner Aussage im letzten Post, nicht daß ich jetzt wieder Haue kriege weil ich auf der SdA rumklopfe und die gar nicht meine, sondern die ganzen Typen, die das alles verschludern und vergammeln. Wobei ich persönlich die SdA nicht in der Reihenfolge umsetze, aber darum gehts jetzt auch gar nicht. :roll:
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Pellchen
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Beitrag von Pellchen »

Cubano hat geschrieben:Sorry Carmen, aber wenn Du das alles im normalen FN-Unterricht nicht gelernt hast, liegt das nicht am System - Du hattest einfach schlechten Unterricht.
So scheint es...

Nicht zu vergessen die Sache mit der eigenen Aufnahmefähigkeit. Ich erinnere mich als Schüler (und immer noch), dann nur das aufzunehmen zu können, was ich "verstehen" konnte.
Alles andere fiel erstmal "runter" und blieb verschollen.
Das beobachte ich auch bei vielen anderen Schülern.

Deswegen finde ich den Satz "Reiten lernt man durch reiten" nicht ganz schlüssig.
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emproada
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Beitrag von emproada »

Wie immer gibt es überall guten und schlechten Unterricht, ich hatte aber deutlich mehr schlechten im klassich-barocken Bereich. :roll:
Viele Grüße Tina
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Alkasar
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Beitrag von Alkasar »

Bei mir war's genau umgekehrt :wink:
„Wer nur zu seiner Freude reitet, aus Freude am Leben, aus Freude an Flur und Wald, aus Freude am Pferd, der ist ein König und ein Weiser.“ (aus: Vollendete Reitkunst, Udo Bürger, 1959)
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Beitrag von sinsa »

ottilie hat geschrieben:*michleiderbeiCarmenanschließenmuß*
Was ich nicht begreife ist, daß viele es einfach nicht akzeptieren wollen/können, daß es wirklich häufig so schlechten Unterricht gibt...
Das hat nen simplen Grund: Ich habe schon mit 12 gewußt, wie ich nicht reiten will und an solchen Ställen bin ich dann halt schlicht nicht geritten. Das war bei mir damals sogar der Grund, warum ich mit dem Reiten ganz aufgehört habe.
Mit Mitte 30 habe ich wieder angefangen zu reiten und da habe ich es ganz genauso gemacht. Ich bin in die Ställe und Vereine gefahren und habe bei den meisten nichtmal ne Probestunde genommen.
Und nein! Ich hatte keine tolle Vorbildung. Ich kam vom Ponyfetzen und Ponypflegen. Bis 12 konnte ich mir ganz selten mal ein Verleihpony leisten, also habe ich unter der Woche Ponys gepflegt und bin mit denen, die bezahlen konnten mitgelaufen undn habe geputzt, gemistet und gefüttert. Dafür durften wir dann hin und wieder mit den Ponys über die Felder fetzen.
DAS war meine Vorbildung! Als ich dann 12 wurde, sind wir umgezogen und meine einzigste Chance zu reiten, wäre der Reitverein gewesen. Ich war so unglücklich darüber nicht mehr zu den Ponys zu kommen, dass meine Eltern für mich ihr Geld zusammengekratzt haben und mich dort anmelden wollten. Ich habe nach der Probestunde abgelehnt!

Lange Rede, kurzer Sinn! Es wird keiner gezwungen an schlechten Ställen zu reiten oder schlechten Unterricht zu nehmen. Ich kann mit dieser "die anderen sind Schuld" Einstellung irgendwie nichts anfangen, sorry.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

ottilie hat geschrieben:Vielleicht sollten wir mal einen Umfragefred eröffnen... denn die Aussagen von vielen hier gehen nunmal in die Richtung von schlechtem Unterricht - leider (und die meisten hier haben sicherlich genau wie ich "FN-Unterricht" genossen, einfach weils gar kein anderes Angebot gab, damals in den 80ern... zumindest nicht in meiner Ecke, da kamen Alternativen erst gegen Mitte/Ende der 90er auf).
Aber mal Hand aufs Herz: Kann es nicht vielleicht sein, dass viele Leute auch erst damals angefangen haben, sich theoretisch weiterzuentwickeln und sich eben nicht mit dem Kommando Absatz tief zufrieden zufrieden zu geben?
Müseler, Seunig, Podhajsky: Das sind ja alles keine Namen aus der alternativen Reitsszene – wie viele Reiter haben die bereits zu ihrer FN-Zeit gelesen?
Otilie: Ich glaube sogar, dass es mittlerweile vielen schlechten Unterricht gibt. Aber den beileibe nicht nur (selbstredend auch) bei der FN. Und: In meinen Augen liegt diese Entwicklung beleibe nicht nur bei den Lehrern, sondern zum Gutteil an den Schülern selbst. Ob ich dabei unbedingt MT mit einer Remonte reiten möchte, oder einen 5jährigen in Pseudo-Versammlung durch eine "Piaffe" schlappen lasse, ist nachrangig.
Persönlich glaube ich einfach, dass in unserer "schneller-höher-weiter"-Zeit viele Reiter keine Lust mehr auf die langweiligen Basics haben. In jedem reiterlichen Lager.
Ansonsten geht es mir wie Emproada :D Wobei es bei mir iberischer contra FEI-Unterricht war
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Alix_ludivine
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Beitrag von Alix_ludivine »

morimur hat geschrieben:einer meiner liebsten Freundinnnen, eine hervorragende Reiterin und exzellente Pferdefrau sagte mal: Durch PK verstehe sie, was Egon von Neindorff gemeint habe.
Was wahrscheinlich weder PK noch EvN wirklich gut gefunden hätten, denn die zwei waren sich, mal wieder aufgrund des unüberbrückbaren kulturellen Unterschieds überhaupt nicht grün. Männer.... :wut: :boxen:
nunja, ich habe durch PK endlich die SdA verstanden 8)

Aber ich habe den angesprochenen Artikel aus der "Piaffe" vorhin gelesen. Ich kann da keine bösartige Anprangerung finden.. **mit den Schultern zuckt** (Ich bin da aber auch nicht sooo sensibilisiert auf das Thema PK :wink:)
Der Herr Hübner merkt nur das alltägliche Übel der Reiterei an, dass die Leute auf der Suche nach ihren reiterlichen Zielen nicht vor die Füße schauen (=Der Weg ist das Ziel), sondern irgendeinen Punkt am Horizont anvisieren und sofort dahin wollen und er kritisiert nur die Art und Weise, dass diese "Knöpfchendrückersucher" von vielen Ausbildern mit offenen Armen und leuchtenden Dollar/Eurozeichen in den Augen empfangen werden. Eigentlich sagt er nix anderes, das man um die Basis nicht drumherum kommt, wenn man es denn richtig machen will.

LG Alix
"Erst gehen lernen, dann dressieren" (Udo Bürger)
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Beitrag von horsman »

@salt&pepper
@morimur
@glovedrider

freue mich über eure Beiträge, weil ihr darin sehr gut wieder gebt, was mir auch im Kopf rum schwirrt und hoffe mit euch, dass langsam, sehr langsam, irgendwo abseits der heutigen Turnierplätze (oder von mir aus auch darauf, falls das möglich ist) eine Generation heran wächst, die Reiten wieder als Kultur leben wollen und keine solche Scheu vor dem Wissensgut ausländ. Reitkulturen haben.
Freue mich über jeden, der mit brauchbarem reiterlichen Beispiel dazu beiträgt, auch und gerade im Wissen, reiterlich niemals perfekt zu sein.
First a relaxed mind, then a relaxed horse.
Carmen
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Beitrag von Carmen »

Vielleicht hätte ich noch hinzufügen sollen, dass ich Unterricht bei einem S-Reiter hatte. Und ich war durchaus aufnahmefähig, ich habe nämlich erst als Erwachsene mit dem Reiten angefangen und von Anfang eine Vorstellung davon gehabt, wie Reiten aussehen sollte bzw. wie ich es mir wünsche. Es blieben viele Fragen offen, die mir auch die so hoch gelobte SdA und diverse FN-Lehrbücher nicht beantworten konnten. Die Antworten habe ich erst anderswo gefunden. Und bei PK habe ich noch wesentlich mehr Antworten gefunden.

Ich finde, es wird Zeit, dass wir uns auf das Wesentliche zurückbesinnen anstatt einen Personenkult zu betreiben, ob nun positiv oder negativ: Die Pferde. Und wenn ich mir so einige Kommentare zu Fotos, Videos ansehe, Ausbildungstagebücher lese und Kritik an den PK DVDs anschaue, dann ist es ziemlich ausgeschlossen, dass ich z.B. mit dem Gros der PK-Kritiker auf einen Nenner kommen werde. Sie scheinen schlicht etwas anderes zu sehen als ich.

Schlechter Unterricht von PK-Reitlehrern werden diesem schonungslos angekreidet, aber unterrichten FN-Leute schlecht, kann die FN nichts dafür? Warum schafft jemand die Bereiter-Ausbildung, wenn er klopft, piekst und eiserne Fäuste hat, wenn das nicht gewünscht ist? Warum wird nicht rigoros durchgegriffen, wenn etwas wider den RL läuft? Warum sind Lektionen wichtiger als Losgelassenheit? Warum bitte schreibt man denn nicht schwarz auf weiß in die RL, dass Schenkel- und Zügelhilfen niemals gleichzeitig erfolgen dürfen?
"Es gibt schon viel zu viele Pferde, die Gefangene sind. Wenn wir unser Pferd lieben, müssen wir [...] ihm so viel wie möglich von seiner Freiheit zurückgeben." Sylvia Loch
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Alkasar
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Beitrag von Alkasar »

da unterschreib ich, carmen, danke
„Wer nur zu seiner Freude reitet, aus Freude am Leben, aus Freude an Flur und Wald, aus Freude am Pferd, der ist ein König und ein Weiser.“ (aus: Vollendete Reitkunst, Udo Bürger, 1959)
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