Spannungsbogen "ohne Hand"?

Rund um die klassische Reitkunst

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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Die Diskussion krankt hier schon wieder daran, daß, nur weil man sich etwas nicht vorstellen kann und etwas nicht kennt, ausschließt, daß es möglich ist.... :roll:

Warum sollte ein Pferd nicht aus sich heraus einen Spannungsbogen einnehmen können ? Wieso braucht es dazu unbedingt einen Rahmen mit Gebiß? Einen Rahmen kann man auch anders vorgeben und die einzelnen Punkte, die zum Spannungsbogen führen auch anders erarbeiten. Klar geht das !
Phanja

Beitrag von Phanja »

saltandpepper hat geschrieben:Die Diskussion krankt hier schon wieder daran, daß, nur weil man sich etwas nicht vorstellen kann und etwas nicht kennt, ausschließt, daß es möglich ist.... :roll:

Warum sollte ein Pferd nicht aus sich heraus einen Spannungsbogen einnehmen können ? Wieso braucht es dazu unbedingt einen Rahmen mit Gebiß? Einen Rahmen kann man auch anders vorgeben und die einzelnen Punkte, die zum Spannungsbogen führen auch anders erarbeiten. Klar geht das !
Das kann ich nur unterschreiben!
minou
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Beitrag von minou »

Wäre denn locker, fleißig und geschmeidig anstatt Spannungsbogen eventl. für das Pferd nicht besser?? Komm ja auch darauf an, was ich letztendlich mit meinem Pferd erreichen will. Vielleicht fühlt es sich für das Pferd längst nicht so toll an wie für den Reiter?? Ich erinnere mich gut an den Cavallo-Artikel über die unterschätzte Vorhand. Die haben da sehr anschaulich beschrieben, warum Lastaufnahme auf die Hinterhand eigentlich gar nicht funktioniert.
Wenn dieser Artikel jemanden interessiert, such ich ihn raus und lese gerne für euch nochmal nach.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

@Saltandpepper: Die von Dir "bemängelte" mangelnde Vorstellungskraft könnte in diesem Thread aber auch daran liegen, dass wir aktuell über eine Studie diskutieren, die die Anlehnung am Gebiss zum Thema hat. Und nicht über eine Studie, die z.B. gebisslose Anlehnung zum Thema hat… :P :wink:
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horsman
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Beitrag von horsman »

vieldiskutierte Frage - leidiges Thema

@cubano
Wie kommst Du auf das schmale Brett, dass das Gewichts des Pferdes sich beim "herantreten ans Gebiss" quasi prozentual widerspiegelt?? Es ist ja nicht so, dass die Trägheit der Masse jetzt mit der Hand aufgefangen werden müsste. Leider scheint es gerade das heute so als Vorstellung in vielen Köpfen drin sein. In deinem etwa auch?

Ich würde Anlehnung auch nicht als einen fertigen statischen Zustand sehen, sondern als einen sich ständig neu revolvierenden lebendigen Prozess, der den Dialog zw. Reiter und Pferd widerspiegelt. Das Gewicht in der Hand kann ja von mehrerlei Dingen her rühren:
1. durchlässiges herantreten ans Gebiss (optimaler Zustand)
2. Widerstand des Pferdes in Maul und/oder Genick (abzustellender Zustand)
3. Gewichtsabstützung des Pferdes auf der Hand (abzustellender Zustand)
4. kurfr. Handeinwirkung des Reiters (=Parade) folgt im Idealfall eine durchlässige Reaktion

Alles das summiert sich dann zur "Anlehnung", deren Gewicht sich sekündlich ändern kann, wobei der Reiter ja auch ständig kontrollierend einzugreifen hat, auch wenn das man von aussen nicht so sieht. Gleichgewicht und Geraderichtung halten ja nicht von alleine Runde um Runde, sondern sich Tritt für Tritt im Auge zu behalten und zu korrigieren.
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Colloid
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Beitrag von Colloid »

minou hat geschrieben:...Die haben da sehr anschaulich beschrieben, warum Lastaufnahme auf die Hinterhand eigentlich gar nicht funktioniert....
:mrgreen:
http://greatlittlesite.com/Portals/7/Ar ... rum_og.jpg
Zuletzt geändert von Colloid am Mi, 27. Mär 2013 15:37, insgesamt 1-mal geändert.
minou
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Beitrag von minou »

Lastaufnahme funktioniert natürlich nicht nur in der Levade, sondern auch bei einer ganzen Parade :wink:
******
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Phanja

Beitrag von Phanja »

Ich würde Anlehnung auch nicht als einen fertigen statischen Zustand sehen, sondern als einen sich ständig neu revolvierenden lebendigen Prozess, der den Dialog zw. Reiter und Pferd widerspiegelt.
Ich finde, das ist eine sehr treffende Umschreibung und zeigt, warum es eben nicht sinnvoll ist, Anlehnung über eine Anzahl Gramm definieren zu wollen.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Irgendwie finde ich das sehr lustig. Ausgerechnet eine Studie der Heroin der Biomechanik, die sonst vor allem gern dazu herangezogen wird, Taktunregelmäßigkeiten bei Turnierpferden aufs Schonungsloseste zu entlarven, liefert beim Thema Anlehnung urplötzlich Daten, die zur Anzweiflung nachgerade einladen?? Ich kann mich kaum noch erinnern, in wie vielen Threads hier Hilary Clayton hier zitiert wurde, wenn es darum ging, z.B. Kritik an den bösen internationalen Reitern zu manifestieren – und auf einmal redet sie Blödsinn? Kann es eventuell auch sein, dass man sich einfach täuscht, wenn man davon ausgeht, nur ein paar Gramm in der Hand zu haben? Vom reinen Zügelgewicht mal abgesehen????? Und könnte es sein, dass man 250 g pro Hand als unglaublich viel betrachtet? Dabei ist das (grob gesagt und ohne Mineralstoffe/Spurenelemente) lediglich ein Viertelliter Wasser. Ohne Glas. Vielleicht mal einen Selbstversuch machen: Glas Wasser in die Hand nehmen, in der Armposition, in der man die Zügel hält. Und dann mal vom Gefühl mit der Anlehnung vergleichen…
Und wie man nun darauf kommt einen imponierenden Hengst im Freilauf als Beispiel für Hankenbeugung beim Reiten herzunehmen, erschließt sich mir irgendwie auch nicht. Dass Pferde beim Imponieren durchaus Spannung aufbauen, ist ja bekannt, lässt sich aber nicht mit dem Reiten vergleichen.
@Horsmän: Natürlich nicht 1:1. Aber etwas von hinten wird vorn ja nun angekommen, es seit denn, es bleibt irgendwo im Pferd stecken, was ja niemand will.
Und noch mal abschließend: Clayton hat lediglich eine Studie mit Pferden auf A/L-Niveau gemacht, die in Anlehnung geritten werden. Keine Studie mit Pferden, die am losen Zügel bis zu den höchsten Lektionen ausgebildet werden. Sollte es diese geben, wäre eine Vergleichsstudie sicher hoch interessant.
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Beitrag von horsman »

ich kenn die Studie von Hillary Clinton nicht, kann mir aber gut vorstellen, vor allem da Pferde in quasi unversammelten Ausbildungsstadium beurteilt wurden (A-L), dass sie wirkliche Versammlung dort gar nicht untersucht hat.

@cubano
ich meiner Vorstellung von "herantreten ans Gebiss" kommt aber kein Pferdegewicht vorne an, sondern man spürt den Moment des Dehnens des Pferdekörpers beim Abdrücken des Hinterbeins. Dieser wird, sofern das Pferd durchlässig und frei von Widerständen ist, weich im Genick und Maul abgefedert und dadurch auch schon wieder ans Hinterbein zurück gegeben, was dies zur einer erneuten etwas mehr gebeugten Bewegung anregt, was wiederum Schwung und Versammlungzustand erhält.

Bei einem wirklich gut gelösten Pferd in guter Balance kann man dabei durchaus wenig in der Hand haben, ohne dass dieser schöne Zustand zerfällt:
http://media.photobucket.com/image/nuno ... an0015.jpg

Sicherlich ist dies von Pferd zu Pferd verschieden und nicht jede Anlehnung, die fester ist diese hier von NO ist deshalb gleich schlecht.
Und auch auf keinen Fall ist jede lockere Zügelverbidnung gleich eine gute leichte ANlehung.
Zuletzt geändert von horsman am Do, 15. Mär 2012 18:55, insgesamt 3-mal geändert.
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Phanja

Beitrag von Phanja »

Ich weiß nicht, was daran so lustig ist. Ich kannte die Dame nur vom Hörensagen und wußte bis jetzt eigentlich nicht, womit sie sich so befasst. Insofern würde ich mich mal als relativ unbefangen sehen. Und nur weil sie als "führend in der Biomechanik gilt", muss man ja nicht alles, was sie herausgibt gleich "schlucken".
Aber wie schon gesagt - vielleicht muss ich es erst lesen, um mir eine wirkliche Meinung zu bilden. Vom Thema und der Kurzbeschreibung her bin ich halt skeptisch, weil es für mich nicht logisch ist, Reiterei überhaupt in dieser Form messen und bewerten zu wollen :wink:

edit: Und zum Thema korrekte Versammlung am losen Zügel:
"Alle sagten, das geht nicht. Dann kam einer, der wußte das nicht und hat's gemacht"
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Beitrag von Cubano »

horsmän hat geschrieben:ich kenn die Studie von Hillary Clinton nicht, kann mir aber gut vorstellen, vor allem da Pferde in quasi unversammelten Ausbildungsstadium beurteilt wurden (A-L), dass sie wirkliche Versammlung dort gar nicht untersucht hat.
Nein, natürlich nicht. Davon habe ich ja auch nie gesprochen. Im Gegenteil habe ich von Anfang an gesagt, dass die Anlehnung bei vermehrter Lastaufnahme mit der HH natürlich leichter wird. Was das vorn ankommen angeht: Doch, ich glaube schon, dass da etwas ankommt, vorausgesetzt, die Hand steht freundlich da und gibt nicht in dem Moment nach – was ja auch nicht immer sinnvoll wäre.
Ansonsten: Du hast den gleichen Schreibfehler gemacht, wie ich neulich: Clinton statt Clayton :-)
@Phanja: Natürlich gibt es Versammlung am losen Zügel – für eine kurze Zeit. Schau Dir daraufhin das von Dir eingestellte Lörke-Bild mal an: Lose ist lediglich der Kandarenzügel. Der Trensenzügel hält leicht Kontakt und das Pferd somit im Rahmen.
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Phanja

Beitrag von Phanja »

Das es Momente sind, liegt für mich aber nicht daran, dass man biomechanisch Versammlung oder einen Spannungsbogen nur über das Gebiss erreichen kann. Das Pferd braucht unsere Hand biomechanisch gesehen (meiner Meinung nach) nicht zur Versammlung. Aber wir als Reiter brauchen Hand und Anlehnung als Werkzeug, um Informationen über die Arbeit der Hinterhand zu bekommen. Die Hand dient doch dazu, zu fühlen, OB ich an irgendeiner Stelle etwas korrigieren muss, um dem angestrebten Bild näher zu kommen. Deshalb fand ich den Satz von Horsmän so zutreffend. Ich sehe Zügel und Hand eher als Kommunikationsmittel und weniger als biomechanische Notwendigkeit.
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amara
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Beitrag von amara »

Ich glaube, dass viele das Gewicht, dass sie in Händen tragen MASSIV unterschätzen. 2cm Durchhang am Trensenzügel entspricht bereits 0,5 KILOGRAMM im Maul (also stärker durchhängen als der leicht durchhängenden Trensenzügel AUF DEM BILD VON LÖRKE) ---- das wurde gemessen und ich hatte die Ehre das Nachmessen zu dürfen.

Die Messung - das betone ich aus Urheberrechtsgründen - ist von Stahlecker. Ich habe das nachmessen können, er hat recht, was für manche vielleicht erschreckend ist zu erfahren, WAS und WIEVIEL sie da in Händen haben.


Cubano: Selbst der Kandarenzügel ist NICHT lose. Da würde dir Stahlecker direkt widersprechen. :wink: :wink: Das ist für mich bereits ein aufgenommener Kandarenzügel.
Gehen wir von 6cm Durchhang aus, übt die Kandare einen Druck von 300gr aus, Trensenzügel Durchhang 1cm macht 1kg im Maul. Also Summasummarum 1,3KILOGRAMM im Maul. (und hätte ein Pferd prinzipiell ein schlechtes Gefühl damit, würden wesentlich mehr Pferde am angeblich "losen" Zügel HdS gehen).

Also ---- wenn schon physikalisch aufgearbeitet, dann bitte ganz und vor allem richtig. Wer über Gewicht am Zügel redet, sollte es halt dann wenigstens mal selber nachmessen.

Ich habe übrigens auch mal die PKsche Hohe Hand nachgemessen. Die Drücke können dabei immens in den mehrfachen Kilobereich rasen. Natürlich hoffentlich auch nur für Momente - wenn wir schon bei Momenten sind.....


Edit: Phanja, und daher - doch, Lörke hat da spürbar Gewicht in den Händen... :wink: aber eben kein zweistelliger Kilobereich im Pferdemaul.
Dateianhänge
Wie man sich irrt.... Durchhang und im Maul landendes Gewicht.
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Beitrag von Cubano »

amara hat geschrieben:Ich glaube, dass viele das Gewicht, dass sie in Händen tragen MASSIV unterschätzen.
Das ist doch genau der springende Punkt, auf den ich hinauswill. Es geht mir darum, dass ich mittlerweile glaube, dass man einem massiven Irrtum aufsitzt, wenn man davon ausgeht im grammweisen Anlehnungsbereich zu reiten. Und ich glaube weiterhin, dass das für das Pferd so lange keine Probleme macht, so lange man in der Lage ist, die Anlehnung/den Kontakt federnd und vor allem konstant zu halten. Ach und Amara: Wenn Du Dich mit solchen Messungen auskennst - kommst Du vielleicht an die St. Georg/Februar? Mich würde interessieren, was Du zu dem Versuchsaufbau von Hilary Clayton sagst.
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