"Zum Treiben kommen"?

Rund um die klassische Reitkunst

Moderatoren: Julia, ninischi, Janina

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pepe
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Beitrag von pepe »

Ja genau! Das wäre toll! Lad ihn ein...und ich mach wieder regelmäßig Forumsfrühstück, zumindestens virtuell!
"Reiten Sie Ihr Pferd teuer!" -Richard Hinrichs
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Ich habe jetzt zwei etwas längere Postings nicht gelesen, aber auch ich habe Herrn Putz bei der Arbeit gesehen (und wenn ich die Videos endlich fertig habe, dürft ihr auch meinen Kommentar dazu lesen).

Die Aussage von ihm würde ich ganz klar dahingehend werten, dass er möchte, dass das Pferd erst dann etwas bestimmtes tut, wenn der Reiter es selber möchte und nicht den Hilfen des Reiters zuvorkommt. Sehr schön war das bei Britta Rasche in Halle 10 zu sehen (Video) kommt. Frau Rasche sollte Viereck vergrößern und das Pferd machte die Lektion im Prinzip unaufgefordert. Sofort sollte sie wieder gerade reiten. Die ganz klare Aussage war: Der Reiter bestimmt, was getan werden soll. Auch von ihm ist "Es ist schon mal schön, wenn der Reiter sieht, dass weniger manchmal gar nicht so schwer ist."

Aber auf die Antwort von Herrn Putz selber bin ich ja auch mal gespannt.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
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Steffen
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Beitrag von Steffen »

...wenn Du das hinbekommst solltest Du zum goldenen Ehrenteilnehmer auf Lebenszeit ernannt werden....

Das wäre wirklich toll und beste Öffentlichkeitsarbeit.

Also Celine, lass mal deinen Charme sprühen :wink:
Viele Grüße
Steffen, Gavilan & Duende
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Celine
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Beitrag von Celine »

Mist, die Chance auf den "Ehrenteilnehmer" hab ich verpasst :( :P
Ihr könnt ihn aber bestimmt gern auch noch anrufen und fragen, ob er ins Forum kommen mag.

Also, er hat ca. 15 Minuten seiner Zeit geopfert, um mir am Telefon zu erklären, wie Reiten seiner Meinung nach geht.
Den Satz "der Reiter muss zum Treiben kommen" findet er zwar nicht falsch, aber er sagt ihn so nicht, weil er gern falsch verstanden wird. Gemeint ist, dass das Pferd aufmerksam auf die Reiterhilfen wartet.
Er sagt ganz eindeutig, dass er NICHT für Dauertreiben ist. Sondern: Impulse geben, immer dann kurz und bündig, wenn nötig.

Aber viel wichtiger findet er das, was er "ziehen" gegen den Zügel nennt. Das Pferd soll also ständig Zug zum Zügel suchen, und dann geht der Rest "fast von allein". Ich denke, es ist klar, dass nicht "auf den Zügel legen" gemeint ist sondern "Anlehnung suchen". Und dieses ist seiner Meinung nach die Misere einiger Ausbilder, er nannte PK, dass der Zug zum Zügel oder an den Zügel nicht gelehrt wird, was aber notwenig ist, um die Hinterhand aktiv zu bekommen.

Was er auch ablehnt, ist der Ausdruck "in die Hand treiben". Seine Alternative hab ich leider vergessen.
Außerdem sagte er noch, diese ganze Kraftmeierei beim Reiten, die man in den Reitschulen landauf landab findet, sei schlimm. Reiten sei ja kein Bodybuilding. Die Kunst sei es, Körperspannung zu haben ohne Anspannung, denn die Anspannung lässt den Reiter ermüden und das Pferd auch, weil sie sich aufs Pferd überträgt.

Er will mir noch einen neuen Artikel schicken und empfiehlt ganz nebenbei sein Buch, da kann man das alles nachlesen, obwohl er ja gar nicht gern Eigenwerbung macht, wie er betont. :wink:

Also eine Diskussion mit ihm im Forum wäre sicher nicht uninteressant....
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Janina
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Beitrag von Janina »

Celine hat geschrieben:Aber viel wichtiger findet er das, was er "ziehen" gegen den Zügel nennt. Das Pferd soll also ständig Zug zum Zügel suchen, und dann geht der Rest "fast von allein". Ich denke, es ist klar, dass nicht "auf den Zügel legen" gemeint ist sondern "Anlehnung suchen". Und dieses ist seiner Meinung nach die Misere einiger Ausbilder, er nannte PK, dass der Zug zum Zügel oder an den Zügel nicht gelehrt wird, was aber notwenig ist, um die Hinterhand aktiv zu bekommen.
Tut mir schrecklich Leid, aber das kann ich einfach nicht so stehen lassen :wink:
Jetzt müsste man mal genauer feststellen, wo er den Unterschied zwischen Zug gegen den Zügel und auf den Zügel legen sieht. Physikalisch betrachtet gibt es nämlich keinen (lässt sich sehr simpel mit den Newton´schen Axiomen begründen).
Kontakt zum Pferdemaul muss man natürlich schon halten können, aber das lehrt auch ein PK nicht anders (wenn, dann möchte ich das belegt haben :P ), im Gegenteil: Gerade beim v.w.-a.w. legte er immer Wert darauf, dass man die Zügel nicht "wegschmeißt" :roll: (das weiß ich, weil ich da ganz gerne mal zu tendiere, ich gebe es zu), sonst erhält man nämlich ein Pferd, das permanent hinter dem Zügel geht. Bestimmt nicht wünschenswert :?
Tja, wäre wirkl. interessant, wenn er hier mitdiskutieren würde :)
Liebe Grüße,
Janina
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Steffen
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Beitrag von Steffen »

also ich finde, Herr Putz hat genau die entscheidenden Punkte angesprochen und auch klar gemacht was eben nicht richtig ist.

@ Janina: sorry aber ich sehe einen entscheidenden Unterschied zwischen den Zügel suchen und sich auf den Zügel legen. Die Erklärung von Herrn Putz trifft es auf den Punkt. Im ersten Fall wird das Pferd von Hinten nach Vorn geritten, im zweiten Fall wirkt der Reiter von Vorn nach Hinten. Eine von Hinten nach Vorn gerichtete Anlehnung ist eben gerade keine Stütze, sondern eine Führung oder nenne es eine Anlehnung, mit der die Kommunikation zwischen Pferdemaul und Reiterhand aufrecht erhalten wird. Nur so kann der Impuls der Hinterhand in Schwung und Versammlung umgewnadelt werden. Ohne Anlehnung würde dieser Impuls nach vorne herausfließen und das Pferd eilen, statt sich zu gymnastizieren. Und wenn dein Herr Newton schon mal auf einem Pferd gesessen hat, wird er das auch nicht bestreiten wollen. :roll:
Viele Grüße
Steffen, Gavilan & Duende
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Janina
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Beitrag von Janina »

Steffen, er spricht aber nicht von Anlehnung (den Begriff finde ich übrigens auch nicht sehr glücklich) oder den Zügel "suchen", sondern von "Zug gegen den Zügel"...
Und Zug hätte ich da schon genauer definiert, denn Zug möchte ich persönlich nicht in den Händen spüren...
horsman
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Beitrag von horsman »

@steffen und janina

Jau, dieses "das Pferd muss ziehen" ist anscheinend in der Tat eine Forderung speziell der FN-Lehre, die die klass. franz. Reiterei so nicht kennt bzw. will.
Ich mag diesen Ausdruck auch nicht, und halte dieses Bild auch für falsch.

Natürlich soll das Pferd nicht ständig hinterm Gebiss bleiben, sondern den leichten Kontakt ständig wieder mit sich öffnendem Genick suchen.
Aber dann soll es sich doch dort auch abstossen, d.h. den U-Kiefer loslassen eine "Kaubewegung" ausführen und in dem Moment wird die Anlehnung wieder weicher (Schreibt Steinbrecht übrigens auch: abstossen heißt der Moment wo das Pferd zu einer weicheren Anlehnung kommt) ). Im besten Fall sind es nur wenige Gramm, bzw. sogar der tendenziell leicht durchhängende Zügel, über den man auch sehr gut eine "konstante" Anlehnung behalten kann.
So wie dies z.B. bei P.K. mit Odin auf den Videos gelingt, finde ich es sehr gut. Es gefällt mir besser als diese stets strammen FN-Zügel, die dann oft ein stummes Maul bewirken.
Klar, auch Putz will kein ziehen am Zügel, aber will Zug am Zügel...
Wahrscheinlich meinen beide Ideen das gleiche, nur die Nuancen werden anders gelegt.
Es wäre aber dann sinnvoller man wurde nicht vom "Zug am Zügel" reden, sondern von der ständigen Dehnungsbereitschaft des Pferdes.


Aber es ist wohl wirklich ein Trauma der typ.dt. Reiter, die, sobald ein Zügel mal leicht hängt immer gleich nach ANLEHNUNG SICHERN schreien und fürchten das Pferd sei hinter dem Zügel. Haben sie den Angst davor, die EInwirkung auf das Pferd zu verlieren, sobald kein "Zug" mehr da ist?

Baucher sagt dazu (wahrscheinlich kommt die Abneigung der typisch dt. Reiter daher) :
"Ich will das Pferd vor dem Schenkel und hinter dem Gebiss, weil vor dem Gebiss ist hinter dem Schenkel, und damit hab ich das Pferd an beiden Enden verloren"

Und Oliveira schreibt dazu auch in einem seiner Bücher ganz am Ende im Nachsatz sinngemäß:
Der Unterschied der romanischen Reiterei zur germanischen Reiterei besteht darin, dass die rom. Reiterei die Beweglichkeit im U.-Kiefer schon sehr früh sucht, während die germanische Reiterei sich diesem Thema erst in einem späten Ausbildungsstadium widmet.

Gruss
horsmän
morimur
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Beitrag von morimur »

Also nach meinen Erfahrungen mit PK legt er sehr großen Wert auf einen gleichmäßigen weichen und steten Kontakt zwischen Reiterhand und Pferdemaul. Das "Ziehen" der Pferdes nach vorne ist ein unglücklich gewählter Begriff. Ich würde es lieber als ein aktives Dehnen der Hals-und Rückenmuskulatur nach vorne nennen. Ob das hierbei vorwärts-abwärts, vorwärts-waagerecht oder vorwärts-aufwärts ist, ist unerheblich.
Wenn das Pferd aktiv die Muskulatur in Dehnung arbeiten läßt, so stellt dies schwerstarbeit für die Muskulatur dar. In der Krankengymnastik wird gerne mit einem Gummiband gearbeitet, so daß der Muskel gegen einen leichten Widerstand sich dehnen muß. Dadurch wird kann der Körper nicht mogeln und muß ehrlich in die Dehnung gehen. Die reelle Dehnung der Halswirbelsäule setzt sich dann im Rücken fort und führt dazu, daß das Pferd den Rücken aufmacht und wirklich frei zum Schwingen kommt.
Das was PK als Aktion/Reaktion bezeichnet, daß beidseitige Anheben der Hände Richtung Pferdemaulwinkel, Pferd zum Kauen bringen und der anschließenden Senk- und Dehnbewegung des Pferdemaules- und halses mit einer gleichmäßigen und weichen Hand folgend, führt dazu, daß das Pferd in einer runden Bewegung von oben sich nach vorwärts-abwärts dehnt. Diese "von oben" funktioniert nur, wenn das Pferd dabei im Gleichgewicht bleibt und sich nicht auf die Schultern legt. Das konsequent umgesetzt führt widerum zu einer frei arbeitenden Wirbelsäule, das Pferd wird gerade(meines zumindestens) und findet von selbst sein Gleichgewicht auf der Hinterhand. Das ist allerdings Arbeit für Monate, aber es führt zu einem berückenden Gefühl von Bewegungsfluß und Leichtigkeit. Das hat mich PK gelehrt, ich habe allerdings Jahre gebraucht und das zu kapieren und werde noch Jahre brauchen, es zu perfektionieren. Für meine wunderbare andalusische Knackwurst übrigens der einzige Weg, sie wirklich reell in Dehnung, in Losgelassenheit und an die Hand zu kriegen.
Vielleicht sollte Herr Putz sich mal die Mühe machen und sich en detail mit PK beschäftigen. Meiner Meinung nach, sehe ich keinen wirklichen Unterschied zwischen PK und den alten Klassikern, der Weg ist in einigen Details etwas anders. Aber wenn ich mir Bilder von Podhajsky, Seunig, Wätjen etc. anschaue, dann sehe ich keinen Unterschied zu PK.
Auch kenne ich einige Schüler, die schon viele Jahre bei PK reiten und die ihre Pferde durchweg in absolut bestechender Form vorstellen (Wink zu Janina), bis hin zu hohen Lektionen.

Gruß

morimur
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Steffen
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Beitrag von Steffen »

horsmän hat geschrieben:Natürlich soll das Pferd nicht ständig hinterm Gebiss bleiben, sondern den leichten Kontakt ständig wieder mit sich öffnendem Genick suchen.
o.k. das ist das Ziel, aber wie gelangt man dorthin...

Ich glaube wir sind uns einig (hoffe ich jedenfalls), dass ein Pferd unter dem Reiter vermehrte Hinterhandaktivität entwicklen muss, damit es veranlasst wird, diese Aktivität durch den ganzen Körper nach vorn zu bringen. Die Folge ist Schwung und eine Kommunikation, die nicht durch einen weggedrückten Rücken unterbrochen wird, sondern sich von Hinten nach Vorn übersetzt.

Zug bedeutet in diesem Zusammenhang doch lediglich, dass die Aktivität vorn spürbar ankommt. Darin sehe ich überhaupt keinen Widerspruch zu dem von Dir beschriebenen Abstoßen. Aber wenn man diesen Zug nicht spürt, ist das ein sicheres Zeichen, dass der Schwung sich nicht korrekt durch den ganzen Körper entfaltet, was aber von größter Wichtigkeit ist. Darum haben viele Reiter offenbar soviel Angst, diesen Kontaktnachweis zu verlieren.

Es geht doch immer nur darum, sich dem Ziel zu nähern. Ohne Anlehnung muss man davon ausgehen, dass die Gymnastizierung nicht stattfindet, weil der versammelnde Effekt nicht vorn ankommt, jedenfalls nicht spürbar. Wenn die Versammlung dennoch gelingt, mag dies damit zusammenhängen, dass der Reiter die Aktivität einzig mit dem Kreuz "auffängt", aber bei den allermeisten Reitern wird dies nur zum Teil gelingen, kommt dann also in der Hand nichts mehr an, heißt es fast immer: die Gymnastizierung findet nicht statt.

Richtig ist aber auch, dass diese Angst übertrieben wird und dadurch die von Dir beschriebenen negativen Auswirkungen eintreten. Das Prinzip halte ich dennoch für richtig.
Viele Grüße
Steffen, Gavilan & Duende
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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Aber ist es nicht so das der "typische deutsche Reiter" die "Anlehnung" selbst herstellt? Er nimmt die Zügel auf bis er einen Zug spürt und treibt dann das innere Hnterbein an. So kenne ich es. Nun stelle ich vorwärts vor das Aufnehmen der Zügel und dann habe ich den "Zug" nach vorn in dem Sinne das ich jederzeit das Tempo erhöhen kann oder in die Dehnung schicken kann. Und ich denke es sind Nuancen bis hin zur Grundsatzfrage (Mit dem Schenkel gegen die Hand treiben) über die wir diskutieren. Ich kann übrigens auch bestätigen das PK einen stetigen weichen Kontakt verlangt. Die Aussage von Herrn Putz ist so also nicht korrekt.

Die eigentliche Frage ist doch immer noch: Wie drücke ich sowas verständlich aus? Zug am Zügel, Zügelanzug, Anlehnung alles klingt als ob man was in den Händen und Armen spüren muss. Das ist mir aber schon zuviel. Ich will wissen das wenn ich die Finger öffne das Pferd leicht die Dehnung sucht und schreitet. Das sind ein paar Worte mehr als "fühlen sie den Zug am Zügel" aber das bringt es eher auf den Punkt. Diesen Phrasen verdanken wir doch das ganze Übel.

Ich merke selbst, wenn man mit Anfängern zu tun hat wie schnell man sich eigene Bilder schafft die von anderen deswegen noch lange nicht verstanden werden müssen. Das macht aber gute Ausbilder aus. Eben für jeden Reiter das Bild herzustellen und ihn an den Punkt zu bringen wo er es selber mal spürt und sich dann das Gefühl korrekt abschpeichern kann. "Zug am Zügel" ist mir zuwenig ;)

Apropos: Steffen, hast du PK gelesen?
Es grüßt Nadine

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Steffen
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Beitrag von Steffen »

die Anweisungen in einer Unterrichtsstunde können natürlich auch eine theoretische Grundlagenbildung nicht ersetzen. Der Reiter soll sich auf das Reiten konzentrieren und kurze klare Anweisungen zu beachten versuchen. Man ist mit dem Reiten und sich selbts ohnehin schon beschäftigt genug.

Ich halte es für besser, wenn man vor dem Reiten mit dem Schüler klärt, wie verschiedene Anweisungen zu verstehen sind. Eine Sprache, die Mißverständnisse völlig ausschließt, kann ich mir nicht so recht vorstellen.

Neben dem Reitunterricht halte ich daher die theoretische Weiterbildung für sehr wichtig, um entsprechende Klarheit zu erzielen. Darauf verzichten viele mit den bekannten Ergebnissen. Darüber, ob bestimmte Formulierungen besser verstanden werden kann man sicher trefflich streiten. Ich kann allerdings nicht erkennen, dass eine andere Ausbildungssprache zu wesentlich besseren Ausbildungsergebnissen geführt hätte, also bleibt wohl nur die Forderung, sich auch theoretisch mit der Materie auseinander zu setzen, dann versteht man auch, was mit Zug am Zügel gemeint ist. Ich persönlich halte eine Vorgabe, wieviel Gramm man denn spüren dürfe z.B. für völligen Unsinn. Manchmal spürt man etwas mehr, manchmal etwas weniger, je nach Situation, Pferd, Lektion etc etc.
Viele Grüße
Steffen, Gavilan & Duende
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Beitrag von Steffen »

Kosmonova hat geschrieben: Apropos: Steffen, hast du PK gelesen?
Noch nicht, aber ich konnte ihn, als er regelmäßig auf Gut Grabau bei uns um die Ecke tätig war, häufig bei der Arbeit und beim Unterricht beobachten, auch wenn das schon ein paar Jahre her ist. Aus dieser Zeit und wohl auch aus jüngerer Zeit gibt es einige seiner Schüler, die man hier beobachten kann.

Das Buch werde ich mir bei Gelegenheit aber sicher noch antun und dabei einmal Praxis und Anspruch vergleichen.

P.S. damals hatte er übrigens das Image eines in seiner Heimat insbes. Samur eher gescheiterten Propheten und war lange nicht so populär wie heute. Was an diesem Image damals dran war, kann ich allerdings überhaupt nicht beurteilen. Ich war von seiner Reiterei und von seinem Unterricht jedenfalls schon damals nicht völlig überzeugt, obwohl ich diesem Zeitpunkt alles begeistert aufgesogen habe, was mir unter der Bezeichnung "klassische Reitlehre" über den Weg gelaufen ist.
Allerdings hatt ich damals die ersten tieferen Kontakte nach Portugal und verglichen mit den Bildern eines Oliveira zu Pferd oder seiner Schüler waren das zumindest aus meiner Sicht mehrere Dimensionen.
Viele Grüße
Steffen, Gavilan & Duende
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pepe
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Beitrag von pepe »

Ich halte es für besser, wenn man vor dem Reiten mit dem Schüler klärt, wie verschiedene Anweisungen zu verstehen sind. Eine Sprache, die Mißverständnisse völlig ausschließt, kann ich mir nicht so recht vorstellen.
Also wenn ich vorher ne halbe Stunde erklären muss was ich mit Zirkel und Kreuz meine.....Die Sprache und die Anweisungen müssen im Unterricht knapp, präzise und möglichst Situationsgenau kommen, das ist klar. Zudem habe ich in den Pausen Zeit nochmals zusammen zu fassen und neue, weiterführende Übungen im Vorfeld abzusprechen. Und ich kann immer wieder fragen: "Verstehst du mich? Weißt du wie ichs meine?" Ist doch nicht schlimm, als der in der Mitte brauchst du doch auch Feed-back. Nur Unterricht so ganz ohne theoretischen Unterbau beim Reiter ist grausam....
Aber das geht in die Unterrichtserteilung und ist hier eigentlich off-topic...
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Francois
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Beitrag von Francois »

morimur hat geschrieben: Meiner Meinung nach, sehe ich keinen wirklichen Unterschied zwischen PK und den alten Klassikern, der Weg ist in einigen Details etwas anders. Aber wenn ich mir Bilder von Podhajsky, Seunig, Wätjen etc. anschaue, dann sehe ich keinen Unterschied zu PK.

„In einigen Details“… diese Details sind entscheidend und spiegeln die unterschiedlichen Auffassungen der zitierten Reiter wieder. Der eine sucht in der gezielten Bearbeitung des Pferdemauls den Schlüssel zum nachgiebigen Pferdemaul, während die anderen das Pferd als Ganzes gymnastizieren und die Nachgiebigkeit des Pferdemaules als Konsequenz für Ihre korrekte Arbeit mit dem Pferd erhalten (Das ist übrigens die klassische französische Schule!!). Da dies sehr unterschiedliche Ansätze das Pferd zu arbeiten sind, sehe ich auch bei den genannten Reitern zu Pferd entsprechende Unterschiede. Und der Klassenunterschiede eines Podhajsky’s z.B. zeichnet sich auch dadurch aus, dass er sich auf weitaus mehr als einem Pferd in Vollendung zeigte. P.K. ist scheinbar nur in der Lage auf seinem Odin bleibenden Eindruck zu hinterlassen, jeder, der ihn mal live gesehen hat, wird dabei selber wissen, ob er immer die perfekte Légèreté zeigte :wink:

Zu den Unterschiedlichen Herangehensweisen ein Zitat von Podhajsky:
Die Aufrichtung gehört neben der Beizäumung zu den am meisten missverstandenen Begriffen der Reitkunst. Falsche Auffassungen haben die vorteilhafte Wirkung genau in das Gegenteil verwandelt. Immer wieder lässt sich in der Entwicklung der Reitkunst diese Erscheinung feststellen – auch heute noch.“
Die so oft verurteilte HDV 12 bringt es auf den Punkt:
„Die Hauptsache bleibt immer die vermehrte Inanspruchname der Hinterhand“
Viele Grüße

Francois :wink:
C'est dans la légèreté que repose l'équitation savante.
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