Reitkurs mit J.C. Racinet 10.09.2006

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Josatianma
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Reitkurs mit J.C. Racinet 10.09.2006

Beitrag von Josatianma »

Kurzfristig habe ich erfahren, dass der Kurs von M. Racinet nach Darmstadt verlegt wurde, das hies für mich: Nichts wie hin. Leider konnte ich mir von meiner Familie nur einen Tag abzwacken und kann in diesem Bericht daher auch kein umfassendes Bild von der Entwicklung der Reiter geben.

Etwas zu früh mit meiner Freundin angekommen wurden wir sehr nett von Frau Diaz begrüßt und konnten uns noch kurz die Anlage anschauen. Mit etwas Verspätung kam M. Racinet in die Halle. Er war am Donnerstag wohl in der Dusche ausgerutscht und musste noch behandelt werden.

Wir konnten an diesem Tag fünf Pferde in der Arbeit erleben. Oft setzte sich auch M. Racinet unter großen sichbaren Schmerzen auf eines der Pferde. Er zeigte den Pferden in kürzester Zeit, was er von ihnen wollte und half somit dem Reiter dieses anschliessend umzusetzen. Am Besten war dies am Beispiel eines Schimmels mit Reiter zu sehen. Der Reiter sollte mit Hilfe der Gerte ohne Einsatz seiner Beine aus dem Trab angaloppieren. Dazu sollte er die Gerte immer dann an der äusseren Schulter einsetzen, wenn das Bein auftritt. Dies hatte bei dem Schimmel den Effekt, dass er immer wieder einen spanischen Tritt einbaute. M. Racinet setzte sich auf das Pferd und erklärte ihm innerhalb von ein paar Runden, was er wollte. Am Schluss drückte er nur noch kurz mit der äusseren Hand gegen den Hals und das Pferd sprang in den Galopp. Nun setzte sich der Reiter wieder auf sein Pferd und musste die Übung wiederholen. Durch das Erinnerungsvermögen des Pferdes gelang es ihm recht schnell zu einem Ergebnis zu kommen. Er schaffte es zum Schluss sein Pferd auf beiden Händen ohne Einsatz der Beine durch Druck mit der äusseren Hand an den Hals anzugaloppieren - auch aus dem Schritt!

Auch zu meinem Lieblingsthema dem Rückwärtsrichten gab es eine spannende Lektion. Ein Fuchshengst wurde hier von ihm recht intensiv rückwärts gerichtet. Da jeder Ausbilder (meiner Meinung nach) eine eigene Hilfe für das Rückwärtsrichten hat, so auch M. Racinet: Es wird ein Kontakt zum Maul hergestellt, damit daß Pferd weiss, dass es jetzt gleich etwas tun soll. Kurz bevor sich das Pferd anfängt zu wehren (wurde so übersetzt) setzt M. Racinet den Sporen ein. Dies tut er durch "Anlegen" des Sporens. Sobald das Pferd rückwärts tritt wird das Treiben mit dem Sporen eingestellt. Das Pferd wird von M. Racinet relativ lange Strecken rückwärts geschickt und aus dem Rückwärtsrichten nicht immer sofort wieder nach vorne angetreten. Dies wurde von ihm damit begründet, dass das Pferd sonst bereits darauf wartet vorwärts zu treten und denkt, dass wir das Rückwärtsrichten eigentlich nicht möchten und geht das Pferd drei Schritte rückwärts und wird dann immer sofort wieder vorgeschickt, hebt es bereits automatisch die Kruppe, um vorwärts zu gehen. Weiss das Pferd nicht, wann es wieder vorwärts soll, bleibt es versammelt.

Der Einsatz der Zügelhilfen blieb mir leider weitestgehend verschlossen, doch da ich zu den Theorieeinheiten nicht da war, ist dies auch kein Wunder. M. Racinet hat aber zum Gegenhalten eine Geschichte erzählt, die ich hier gerne als Beispiel wiedergeben möchte (ich kürze ab ): Sie möchten in einem Amt ein Formular holen und gehen in das Gebäude, öffnen ganz viele Türen und werden aber immer weitergeschickt. Schließlich öffnen sie eine Tür, die Person in dem Raum sieht sie und möchte aus dem Fenster springen. Sie laufen hinterher und können sie gerade noch ausserhalb des Fensters erreichen. Die Person wiegt 50 kg. Ziehen sie jetzt mit 50 kg können sie die Person festhalten, aber nicht wieder ins Zimmer ziehen. Ziehen sie mit 51 kg können Sie die Person wieder ins Zimmer holen. Die Person ist aber sehr eigenwillig und springt wieder aus dem Fenster. Sie ziehen sie wieder mit 51 kg rein. Dies wiederholt sich so oft, bis die Person aufgibt. Ähnlich verhält es sich mit dem Gegenhalten beim Pferd, wobei es hier besonders wichtig ist, den Zeitpunkt, an dem das Pferd den Unterkiefer moblisiert (kaut) nicht zu verpassen. Und das Pferd sollte nicht aufgeben, sonder verstehen, was sie von ihm wollen: Die Mobilisierung des Unterkiefers.

Bei einem Pferd, dass nicht direkt auf die parierenden Hilfen vom Trab in den Schritt seines Reiters reagierte, gab er die Aufgabe, das Pferd durch abwechselnde Paraden rechts/links durchzuparieren. Die Parade wird jeweils auf der Seite gegeben, auf der das Vorderbein nach dem Vorschwingen auftritt. Auch hier stellte sich sehr schnell ein sichtlicher Erfolg ein.

Das Lösen von Blockaden durch das Flexionieren und Mobilisieren des Unterkiefers konnte mehrfach an diesem Tag beobachtet werden. Hierfür wurde gerne ein "Nasenband" ähnlich eines Sperrhalfters nur tiefer und lockerer eingesetzt. In dem Nasenband ist etwas eingearbeitet, dass auf Akkpunkturpunkte am Pferdemaul wirkt und das Pferd entspannt. Die Blockaden waren stets vorher auch vom Zuschauer zu erkennen bzw. wurden von einem anwesenden Arzt bestätigt. Nach der jeweiligen "Behandlung" konnte eine deutliche Verbesserung gezeigt werden.

Für mich war der Tag sehr interessant und einiges, was ich für mich mitgenommen habe lässt sich schwer in schriftliche Worte fassen, da man es gesehen haben muss. Die Arbeit von M. Racinet hat mich sehr beeindruckt und ich werde bei Gelegenheit gerne nochmal als Teilnehmer zu einem Kurs fahren.
Liebe Grüße, Sabine

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pepe
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Beitrag von pepe »

das Pferd durch abwechselnde Paraden rechts/links durchzuparieren
Das nenne ich Riegeln
stellte sich sehr schnell ein sichtlicher Erfolg ein.
Und das ist dann klar
M. Racinet setzte sich auf das Pferd und erklärte ihm innerhalb von ein paar Runden, was er wollte. Am Schluss drückte er nur noch kurz mit der äusseren Hand gegen den Hals und das Pferd sprang in den Galopp.
Das wiederum ist einfache Konditionierung, auch nichts Neues.
Es wird ein Kontakt zum Maul hergestellt, damit daß Pferd weiss, dass es jetzt gleich etwas tun soll.
Muss das denn so sein? Hat der Mann das nötig?
Dies tut er durch "Anlegen" des Sporens. Sobald das Pferd rückwärts tritt wird das Treiben mit dem Sporen eingestellt
Weder neu noch schön. Noch nicht mal anders.
Das Lösen von Blockaden durch das Flexionieren und Mobilisieren des Unterkiefers konnte mehrfach an diesem Tag beobachtet werden.
Hierfür wurde gerne ein "Nasenband" ähnlich eines Sperrhalfters nur tiefer und lockerer eingesetzt.
Das Überwinden von Widersetzlichkeiten mittels mechanischer Hilfsmittel.

Je mehr ich von diesem Herren höre, desto mehr überzeugen mich andere. Tschuldigung, ich tauge nicht zur Verehrung.
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Pepe, Du sollst ihn ja auch gar nicht verehren. Tue ich ja auch nicht. :twisted:
Das nenne ich Riegeln
Riegeln ist wesentlich mehr Bewegung und kein Öffnen und Schließen der Hand. Dies sind im Fall von JCR Paraden.
Das wiederum ist einfache Konditionierung, auch nichts Neues.
Das mag Konditionierung sein. Aber tun wir das nicht alle irgendwie mit unseren Pferden. Was ist so verwerflich daran? Ich konditioniere doch mein Pferd auch darauf anzugaloppieren, wenn ich mein äusseres Bein nach hinten lege. Es ging hier vor allem darum das Pferd anzugaloppieren ohne Einsatz der Beine. Gut, wir haben alle Beine, deshalb werde ich meine auch weiterhin zum angaloppieren nutzen.

Das Anlegen des Sporen ist eine leichte Berührung des Sporens. Was ist daran so schlimm?

Das Überwinden von Widersetzlichkeiten mittels mechanischer Hilfsmittel.
Das sind für mich keine mechanischen Hilfsmittel und es waren auch definitv keine Widersetzlichkeiten. Widersetzlichkeiten sind für mich etwas anderes, das heißt, dass das Pferd sich wehrt. Bei den von JCR behandelten Pferde konnte man keinerlei wehren beobachten. Im Gegenteil: man konnte ihnen das Wohlergehen im Gesicht ablesen.
Liebe Grüße, Sabine

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pepe
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Beitrag von pepe »

Taktmäßiges links-rechts (und das war von Herrn Racinet gefordert) ist riegeln, mal weniger, mal deutlicher. Oder ich lüg mir für fünf Mark in die Tasche.

Unsere gesamte Hilfengebung ist Konditionieren. Mir imponiert es eher wenn jemand das Pferd auf seine Atmung oder Körperspannung - weil unsichtbar- konditioniert.

Was am Sporenreiten so schlimm ist? Nichts! Aber daß es was Neues sein soll stört mich. Wiederum nur eine einfache Konditionierung, nichts anderes.

Wenn ich mein Pferd fügsam gemacht habe und dann lobe, macht es auch ein zufriedenes Gesicht. Nicht nur mein Pferd, jedes. Schau mal in die Gesichter "neuer" Schlaufzügelpferde, die sehen genauso aus. Nur weils mir jemand sagt, darf ich nicht "zufrieden" mit "sich fügen" verwechseln.
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chica
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Beitrag von chica »

@pepe - warum erwartest Du immer was Neues?? RH unterrichtet auch nix Neues, wenn Du es so siehst... Und Racinet verkauft ja keine neue Methode sondern unterrichtet einfach nur.

Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich seit Andrés Bericht ihm etwas skeptischer gegenüber stehe. Trotzdem möchte ich mir ihn erst selbst in Aktion ansehen, bevor ich urteile.

Danke für Deinen Bericht, Jo!
LG Ines
................................................
"Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart."
(Noël Pierce Coward)
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Beitrag von Josatianma »

Was am Sporenreiten so schlimm ist? Nichts! Aber daß es was Neues sein soll stört mich. Wiederum nur eine einfache Konditionierung, nichts anderes.
Hat ja auch niemend gesagt, dass es neu ist.

Ich glaube, um das Lösen der Blockaden und die Vorgänge dazu zu beurteilen, muss man es gesehen haben. Was macht ein Osteopath anderes als das Pferd durch bestimmte Mechaniken von Blockaden frei zu bekommen? Auch er nimmt den Pferdekopf und drückt ihn nach oben, um einen bestimmten Halswirbel freizubekommen. Das was JCR dort macht ist ja nichts neues, behauptet er ja auch nicht, aber es war faszinierend zu sehen, wie schnell er die Blockaden beim Pferd erkennt und beheben kann.

Und ich bleibe bei der Einstellung, dass Riegeln eine größere Bewegung der Hand ist. Wenn ein Zügel, der mit Daumen und Zeigefinger festgehalten wird und die Parade durch Schließen der anderen Finger erfolgt ist das für mich kein Riegeln. Klar ist es schöner, wenn das Pferd auf die Körperspannung und Ausatmen durchpariert. Aber wenn es dies nicht tut, benötige ich eine Möglichkeit das Pferd darauf zu konditionieren. Und dies ist für mich die Möglichkeit.
Liebe Grüße, Sabine

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pepe
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Beitrag von pepe »

Keiner kann das Rad neu erfinden. Ist auch nicht nötig- es dreht sich ja schon. Was mich irritiert ist diese Beschränkung aufs Mechanische, die ich auch beim letzten Kursbericht herausgelesen habe.
Klar, ich war auch froh als mir jemand gesagt hat: Drück hier, schieb da, aber ein Mann von diesem Format...? Als Vertreter der Legerete (keine Accents, keine Zeit für das Gefitzel)? Da stell ich mir die reine Kunst, unsichtbares Reiten vor- kein Mechanisieren.

Ach ja: ich finds prima daß hier Kursberichte reingestellt werden! Vielen Dank, Sabine. Nur so kann man herausfinden wer evtl. als Ausbilder zu einem passt und wer einen interessiert.

Die Schwierigkeit die ich mit diesem Kursbericht und mit dem Vorhergehenden habe, habe ich auch - und jetzt kommt der Rundumschlag- mit der gesamtem sog. franz. Schule, bzw. mit dem was als solche in Deutschland verkauft wird.
Nur zu, steinigt mich, ihr Frankophilen! :D
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Pepe, wir steinigen niemanden. Es ist für mich auch klar, dass ich nie aktiver Teilnehmer an einem Kurs bei JCR sein werde. Aber ich habe gerade dieses Wochenende wieder festgestellt, wie toll es ist sein Pferd auf das Heben der Hände in Dehnungshaltung schicken zu können. Aber das können wir im Anschluß an meinen Kursbericht diskutieren :D
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dshengis
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Beitrag von dshengis »

pepe hat geschrieben:Die Schwierigkeit die ich mit diesem Kursbericht und mit dem Vorhergehenden habe, habe ich auch - und jetzt kommt der Rundumschlag- mit der gesamtem sog. franz. Schule, bzw. mit dem was als solche in Deutschland verkauft wird.
Nur zu, steinigt mich, ihr Frankophilen! :D
Och nö, Danny, nu muss ich Dich auch steinigen :( Musstest Du das sagen? Sonst wären nur die Steine der Racinetisten auf Dich gefallen, jetzt sinds auch noch die der Karlisten (und wenn sich Francois auch angesprochen fühlt, gibts auch noch die der Henriquetisten dazu).

Nee, mal im Ernst, ich schau mir bestimmt mal demnächst den Herrn Barockpräsidenten an (und seine Hasen :P) und Du gehst im Austausch mal zu Monsieur Karl...

Obwohl ich auch deutliche Parallelen zwischen P.K. und JCR sehe, sind mir doch auch die Unterschiede deutlich und wichtig. Dass beide oft biomechanisch argumentieren bzw. erklären, finde ich aber nicht abstoßend, sondern es macht vieles beim Reiten für mich anschaulicher, ich verstehe besser, warum etwas so oder so funzt (oder auch nicht). Darüber hinaus hat P.K auch eine ganze Menge Gefühl fürs Pferd in sich. Nur mit Mechanik kann man so nicht reiten.

Deine Kritik an Racinet kann ich nachvollziehen, war ja selber auch halbwegs erschüttert und enttäuscht, denn ich hatte auch "feineres" Reiten erwartet. Mit dem Abstand von einem Vierteljahr sehe ich das etwas entspannter. Es gibt zumindest einiges, was sich mir eingeprägt hat und Bestandteil meiner Arbeit mit dem Pferd geworden ist. Das betrifft allerdings zumeist Sachen, die ich über meine RL bereits vermittelt bekommen hatte, wo aber JCR nochmal für mich etwas deutlicher gemacht hat. Einfaches Beispiel: Die Pausen im Stand mit auf dem Widerrist abgelegten Zügeln. Kannte ich schon vorher. Wenn ich es aber mache, sehe ich innerlich Monsieur Racinet vor mir :wirr: Finde ich auch seltsam, aber so ist es.
Nachwievor finde ich aber den Umgang mit den Zügeln (z.B. das Flexionieren bis zum Sattelblatt oder das "Widerstehen der Hand") kritisch. Allzuleicht kann hier missverständlich interpretiert und das Ganze als Aufforderung zum Ziehen verstanden werden.
Das Lösen der Blockaden - nunja, mich hat es nicht überzeugt, zumal ich es von meiner Osteopathin so kenne, dass das Pferd danach Ruhe haben soll. Hier aber wurde doch danach geritten oder? Und die Geschichte mit den Bändchen um das Fesselgelenk des Pferdes oder das Handgelenk des Reiters fand ich auch reichlich ominös.
Alles in allem bin ich aber, was JCR angeht, auch nach einem Vierteljahr noch reichlich ratlos.

LG André
knowi
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Beitrag von knowi »

Hallo Sabine!

Danke für den Kursbericht! Ich würde JCR auch gerne mal live sehen - ich kann mir trotz den beiden wirklich guten Berichten noch nicht ganz vorstellen, wie er unterrichtet - das möchte ich wirklich unheimlich gerne mal sehen, zumal er auch schon im ein oder anderen Kurs zitiert wurde... Und da möchte ich den der dahinter steckt doch mal in Aktion sehen.

Findet denn wieder ein Kurs in Darmstadt statt oder war, ist und bleibt das eine Mal eine Ausnahme? Weißt Du das?

Bis Donnerstg ;)
Knowi
Jedes Werden in der Natur, im Menschen, in der Liebe muss abwarten, geduldig sein, bis seine Zeit zum Blühen kommt.
Dietrich Bonhoeffer
horsman
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Beitrag von horsman »

@Pepe
1. Mach Dir am besten selbst mal ein Bild. Die Kursberichte sind gut und lobens- und immer auch lesenswert.
Man weiß aber doch längst, das Reiten mit seeehr feinen Beobachtungen einher geht und gerade Bauchers Ideen nix fürs Schnellstudium sind.
Riegeln hab ich bei JCR nicht gesehen. Er erklärte das mit dem Übergang vielmehr so, dass es gilt z.B. den Trabtakt in den Schritttakt umzuformen, wobei zuvor die Geschwindigkeit im Tab hergestellt werden muss, die das Pferd auch im Schritt gehen kann. Daraus können weiche, fließende Übergänge entsstehen.

2. Dieses ewige abfällige Geschimpfe über das "Konditionieren" kann ich bald nicht mehr hören.
Jedes Dressur-Reiten beinhaltet immer auch K.
Denn K. heißt das Hirn und das Gedächtnis des Tieres anzusprechen und Dinge zu lehren, also anzutrainieren. Will man denn tatsächlich das Hirn des Pferdes NICHT ansprechen? Was wäre das für ein Reiten? DAS wäre für mich reine mechanische Marionetten-Bearbeitung.
Dressur ist m.E. eine sinnvolle Kombination von Konditionierung UND Gymnastik, und zwar am besten unter Berücksichtigung der Gesezte der Physik und der Tierpsychologie.
Glaubt denn ihr Baucher-Gegner tatsächlich euer Pferd sei nicht auch konditioniert? Wie bitte wollt ihr das bei eurem Reiten ausschalten?
Habt ihr denn den Knopf zur Abschaltung des Pferdehirns gefunden?
Ich fürchte fast, dass hier unbewußtes Konditionieren stattfindet, sprich, im Endeffekt weiß man nicht so genau, das, wie und warum man konditioniert hat. Ist das denn besser? Oha!

3. JCR behauptet nie, er hätte etwas neu erfunden. Er erklärt Dinge, die seit ca. 1870 bekannt sind, und von verschiedenen Meistern so oder ähnlich, ev. abgeschwächt und vermischt mit den klass. Elementen der Versailler Schule durchaus mit Erfolg angewendet und niedergeschrieben wurden. Und meist nennt er auch die Quellen der "Urheber".

4. Zum Anlegen der Sporen
Der Gebrauch der Sporen ist sehr viel virtuoser.
Man berücksichtigt die immense Reizempfindlichkeit der Haut (Bedenke: landende Fliegen werden erspürt). Mit dem Sporen werden mal Haarspitzen gefühlt, mal gibts einen sanften aber anhaltenden Druck, meist ist er übrigens gar nicht am Pferd, niemals wird er unbewußt oder gar rythmisch treibend eingesetzt usw.
Will sagen: sehr viel präziser in der Erklärung und Anwendung (wenn mans fühlen kann!!!), als manch einer denkt.

5. Die Zusammenhänge der Baucherschen Flexionen und dem osteopathischen Lösen von (Wirbel?)Blockaden sind ev. eine rein mechanische Methode, zur Überwinden von Schwierigkeiten, aber das ist doch nicht verwerflich, oder wirfst Du das deinem Osteopathen auch vor? Ich finde es zeigt, wie weit Baucher seiner Zeit voraus war, und welches Gespür er hatte. Es ist übrigens kein Schmarrn, sondern wird vom Vater der Pferdeostepathie Dr. Giniaux bestätigt (so JCR). Dieses Feld ist übrigens noch längst nicht erschöpfend erforscht.

6. Französisches Reiten ist übrigens mehr als nur Baucher. Es ist im Wesentlichen auch die Versailler-Schule von la Gueriniere und seinen Nachfolgern (auch bei JCR), die letztendlich dann Steinbrecht und die dt. Meister inspiriert haben. Heutzutage ist es längst eine Melange der früher konträr geglaubten Strömungen Baucher / Versaille. Spätestens aber seit Oliveira weiß man doch, dass es sich prima kombinieren läßt, und Baucher in vielen Dingen sooo weit von la Gueriniere und auch Steinbrecht doch gar nicht weg war.

7. Erlesene Reitkunst und feines Reiten wird auch JCR nicht in 15 Minuten mit (sorry) teilweise völlig vergurkten Pferden hinbekommen. Aber, und das ehrt diesen Mann, er hat für all diese Tiere ein offenens Herz, und sucht nach einer Lösung. Niemlas heißt es: na mit dem Tier wirste kein Blumenpott gewinnen.
Und auf etwas weiter gerittenen Pferden, zauberte er schon ein Mehr an Ausdruck, wie ich fand.

Gruß
horsmän

(Sorry, wenn ich mich zu sehr ereifert haben sollte. Ist nicht bös gemeint)
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Beitrag von Josatianma »

Danke horsmän zu Deinen ergänzenden Worten zu den Paraden. P. Berthier hat mir hierzu noch geschrieben, dass über diese Art des Duchparierens ein ganz langsamer Trab (nicht schneller als der Schritt) erreicht werden soll.

Das was ich bei JCR gesehen habe, wenn er auf den Pferden saß war schon sehr beeindruckend. Vor allem die Disziplin des Mannes. Trotz der Schmerzen die er wegen der gebrochenen Rippen hatte saß er gerade auf dem Pferd. Und in manch ein Pferd hat er eine Menge Glanz hineingeritten.

Ich finde man kann dem ruhig kritisch gegenüberstehen, aber es muss nicht vollkommen verworfen werden ohne es selbst gesehen zu haben! Ein Verurteilen von etwas das ich nicht kenne geschieht schnell. Doch ich bin lieber offen für alles und nehme mir das Beste von allem mit und da ist es egal ob der in der Bahn JCR, BB, PK oder RH heißt. Ich muss überlegen, was kann ich davon in meiner Reitweise umsetzen und was tut davon meinem Pferd gut.
Liebe Grüße, Sabine

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Beitrag von Alix_ludivine »

pepe hat geschrieben:Die Schwierigkeit die ich mit diesem Kursbericht und mit dem Vorhergehenden habe, habe ich auch - und jetzt kommt der Rundumschlag- mit der gesamtem sog. franz. Schule, bzw. mit dem was als solche in Deutschland verkauft wird.
Nur zu, steinigt mich, ihr Frankophilen! :D
Es wäre mal interessant zu wissen, WARUM?? Was Du daran so tragisch findest.. Keine Angst, ich will Dich nicht bekehren, ist nur Interessehalber..

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Beitrag von Josatianma »

Mich Alix anschließe - aber nicht unbedingt in dieser Box.
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Beitrag von pepe »

Also erstmal: Reiten ist für mich ein dauerndes Konditionieren des Pferdes auf meine Signale hin. Der Begriff ist für mich völlig wertfrei.
Was ich an der "französischen Schule" zu monieren habe? (Wohlgemerkt das ist meine Erfahrung- das was ich gesehen habe, v.a. PK- Ausbilder). Da wird vollmundig von Legerete gesprochen, von der Leichtigkeit und der Grazie...und ich seh mechanisierte Pferde, die sich weder ans Gibiß hin trauen und dehnen, noch über den Rücken gehen. Lauter festgehaltene Hälse und Rücken + Pudeldressur.

Ganz klar- das sind Ausbilder einer Richtung. Was der "Doktorvater" da vor einiger Zeit abgesegnet hat ist evtl. etwas ganz anderes gewesen und ich habe nie PK oder JCR gesehen. Am Rande: Ich habe das Buch von Henriquet quergelesen (zu mehr war bisher noch keine Zeit) und ich bin seeeehr angetan. Das ist für mich nachvollziehbare Ausbildung!
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