Wie holt ihr ein Pferd hoch?

Rund um die klassische Reitkunst

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muppet
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Wie holt ihr ein Pferd hoch?

Beitrag von muppet »

Eigentlich eine einfache Frage, aber ist die Sache auch so einfach?
Also hier nicht die Frage wie man einem Pferd den Weg in die Tiefe zeigt, sondern im Gegenteil wie man ein Pferd in Aufrichtung bringt.
Dazu zwei generelle Ansatzpunkte: 1. wie holt ihr Euer Pferd in der täglichen Arbeit vom vorwärts-abwärts nach oben? 2. Wie zeigt man einem "verittenen" Pferd, das sich ständig durch ein Vorwärts entzieht, den Weg nach oben (gekoppelt mit einem Vertrauen ans gekürzte Zügelmaß)?
Wir haben neulich diskutiert und es waren zig verschiedenen Ansätze dabei. Die reichten von "in Ruhe lassen, die kommen von selbst irgenwann hoch", "mein Pferd kann man nicht hoch holen, das geht nicht, es läuft nur wenn es v/a geritten wird" (Beispielpferd lümmelt seit Jahren am liebsten in selbsternanntem nicht reellem vorwärts-abwärts durch die gegen und kommt im Leben nicht auf die Idee, alleine den Hals zu verkürzen), "mit Aufwärtsparaden hoch holen", "einfach mal festhalten und schön hinten Dampf machen" usw. usf.

Also wie macht ihr das? :?:
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Jen
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Re: Wie holt ihr ein Pferd hoch?

Beitrag von Jen »

muppet hat geschrieben: Wir haben neulich diskutiert und es waren zig verschiedenen Ansätze dabei. Die reichten von "in Ruhe lassen, die kommen von selbst irgenwann hoch"
Yep, da würde ich mich anschliessen. Wenn sich das Pferd hinten setzt, kommt es automatisch hoch. Aktiv Aufrichten würde ich das Pferd nicht, nur jeweils den Rahmen vorgeben, indem das Pferd aber jederzeit die Hand suchen soll, ohne sich draufzustützen.
muppet hat geschrieben:, "mein Pferd kann man nicht hoch holen, das geht nicht, es läuft nur wenn es v/a geritten wird" (Beispielpferd lümmelt seit Jahren am liebsten in selbsternanntem nicht reellem vorwärts-abwärts durch die gegen und kommt im Leben nicht auf die Idee, alleine den Hals zu verkürzen), "mit Aufwärtsparaden hoch holen", "einfach mal festhalten" usw. usf.
Das Pferd soll auch gar nicht den Hals verkürzen! Im Gegenteil, es soll ihn in der Aufrichtung möglichst lang machen, denn nur dann bleibt es offen in Ganasche und Genick und die Tendenz zur Hand hin zu suchen bleibt erhalten. Macht sich das Pferd im Hals kurz, wird es nur zusammengezogen. Das hat nichts mit reeller aufrichtung zu tun.
Liebe Grüesslis, Jen
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muppet
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Re: Wie holt ihr ein Pferd hoch?

Beitrag von muppet »

Jen hat geschrieben: Das Pferd soll auch gar nicht den Hals verkürzen! Im Gegenteil, es soll ihn in der Aufrichtung möglichst lang machen, denn nur dann bleibt es offen in Ganasche und Genick und die Tendenz zur Hand hin zu suchen bleibt erhalten. Macht sich das Pferd im Hals kurz, wird es nur zusammengezogen. Das hat nichts mit reeller aufrichtung zu tun.
Na so hab ich das auch nicht gemeint. :lol:
Sagen wir es mal einfacher, das Pferd kommt nicht im Leben von alleine auf die Idee, die Halsposition von alleine zu verändern, jedenfalls nicht bei der Reiterei der Besi.
Das Aufrichtung kein Hals zusammenziehen meint, ist ja wohl klar, daß damit eine optische Verkürzung des Halses einhergeht, wenn man über die Gebrauchshaltung heraus reitet, finde ich aber keinen Streitpunkt (ich rede nicht vom Muskelspiel). Es geht mir auch nicht darum, mich über Aufrichtung, Beizäumung oan sich zu unterhalten, sondern über den Weg.

Die Frage bleibt aber, denn geht man von der "das Pferd kommt von alleine hoch"-These aus, wie erreitet man sich das?
Wie zum Beispiel änderst Du den vorgegebenen Rahmen? Zügelmaßverkürzen wann, wedhalb und wie?

P.S.:Ich gehe auch davon aus (meistens ;-)), aber ich stand alleine auf weiter Flur damit. :roll:
Majestix
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Beitrag von Majestix »

Im grunde kann ich mich bereits erwähntem anschließen. Mit einer Erweiterung.
Meiner hat in einer Phase der Ausbildung ganz extrem den Kopf runter genommen und mit der Nase fast am Boden geschrammt. Ganz von selbst ohne das ich was machte, im Trab wars am stärksten. Ich ritt am hingegeben Zügel soz. hatte keine Verbindung zum Pferdemaul.
Anfangs ließ ich das zu weil ich dachte es tut ihm gut und er wölbte auch sehr den Rücken auf. Bis ich irgendwann merkte das es nicht mehr gesund und gut war sondern eine blöde Angewohnheit um sich so auch der Arbeit zu entziehen.
In dem Punkt musste ich deutlicher werden und durchaus auch mal verhindern dass die Nase abtauchte. Aufwärtsparaden kombiniert mit verstärktem vorwärts reiten sobald er sich durch das kürzere Zügelmaß auf das gebiss lümmeln wollte. Plus Übergänge reiten plus Seitengänge sobald er sich tief machen wollte. Sobald ich zu starkes gewicht im Gebiss fühlte gab ich extrem nach und ließ ihn bildlich gesprochen ins Leere fallen. Im Grunde eine Frage dessen wie weit ist das Pferd in der Balance. Und ich würde alles reiten was das verbessert. :)
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muppet
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Beitrag von muppet »

Ich finde es faszinierend, daß offenbar niemand Probleme oder Erfahrungen mit der Kopf/Hals-Koordination seines Rosses hat. :lol:
Geht das alles von selbst nach oben in geregelte Bahnen? Mich würde wirklich interessieren, wie ihr den Rahmen begrenzt bzw. vorgebt.
lalala

Beitrag von lalala »

Vielleicht ist einfach noch niemand in der Lage sein Pferd versammelt zu reiten ? Wenn ich mich recht erinnere feilen hier noch viele an der Dehnungshaltung ?

Unser grösstes Problem war das aufkröpfen. Das Pferd wurde lange nur mit Aufwärtsparaden hochgeholt, die Gänge waren schwunglos und der Unterhals ausgeprägt. Dazu kam noch das schlechte Exterieur.

Wir haben es durch konsequentes erarbeiten der Dehnungshaltung und reelle Übergänge in den Griff bekommen.
Ich reite das Stuti seitdem bewusst nicht in Aufrichtung, weil sie kräftemässig noch sehr weit davon entfernt ist.Sie kann sich aufkröpfen, aber nicht reell tragen. Also Dehnungshaltung, Arbeitshaltung und immer wieder versammelnde Übungen. Zwischendurch Überprüfung durch Verstärkungen. Irgendwann wird der Tag kommen, wo sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten mehr auf den Hintern setzen kann.
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Beitrag von Linski »

Jen hat das ja schon sehr schön erklärt. Das Hochholen ist ja eigentlich nur der Nebeneffekt des Setzens. Erst muss die Hinterkiste runter, dann kommt das Genick automatisch hoch.
Bei meiner sind Tempounterschiede innerhalb der Gangart der Weg zur Aufrichtung. Und siehe da, mein Bauch-liege-Sitz verschwindet auch. Kann von dem Pferd ja keine Aufrichtung verlangen, wenn der Reiter wie ein Mehlsack draufhängt. Auch der Reiter muss sich aufrichten und die Körperspannung muss stimmen.
Wenn die Stute zwischendurch abkippt, sei es mangels Kraft, sei es durch Ablenkung von aussen, dann kurz mal vor-zurück-vor geritten, kurze Aufwärtsparade, noch ein paar schöne Tritte, oder Galoppsprünge, durchparieren und erstmal ne Pause am langen Zügel.
Lächeln! Reiten macht Spaß!
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Jen
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Re: Wie holt ihr ein Pferd hoch?

Beitrag von Jen »

muppet hat geschrieben: Sagen wir es mal einfacher, das Pferd kommt nicht im Leben von alleine auf die Idee, die Halsposition von alleine zu verändern, jedenfalls nicht bei der Reiterei der Besi.
(...)
Die Frage bleibt aber, denn geht man von der "das Pferd kommt von alleine hoch"-These aus, wie erreitet man sich das?
Natürlich kommt das PFerd nicht von alleine auf die Idee, wenn das Pferd sowieso schon falsch geritten wird und sehr stark vorderlastig ist und abtaucht und die Reiterin das Pferd nicht von hinten nach vorne reiten kann. Anstatt die Frage: wie hole ich das PFerd hoch? Müsste man sich die Frage stellen: wie versammle ich mein Pferd? Und das ist natürlich eine ganz schwierige Frage, weil dabei muss das Pferd lernen die Hanken zu beugen und das ist anstrengend und am Anfang für das Pferd auch sehr schwierig. Deshalb muss die Basis zuerst erarbeitet werden: Hilfengebung, Stellung/Biegung, Rahmenvariation in kleinerem Ausmass (graduelle Tempiunterschiede, das können auch kleine Unterschiede sein), das Vorschwingen der Hinterbeine etc. etc.
Hat man das Pferd erst mal von der Vorhand wegreiten können, dann wird man nämlich eher wieder mit dem umgekehrten Problem konfrontiert, dass das Pferd trotzdem die Suche zur Hand erhalten muss.
naja, um das ganze noch genauer zu erörtern, müsste man nun ein halbes Buch schreiben. Aber ich verweise da doch lieber auf die Fachliteratur ;) oder guten Unterricht :)
Liebe Grüesslis, Jen
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kiki
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Beitrag von kiki »

@muppet
Ich finde es faszinierend, daß offenbar niemand Probleme oder Erfahrungen mit der Kopf/Hals-Koordination seines Rosses hat.
Ich denke das liegt einfach daran, das längst nicht so viele schon so weit sind, ob nun selber oder das Pferd, um überhaupt an der Aufrichtung zu arbeiten. Denn wie jen schon so schön geschrieben hat muß erstmal die Versammlung und die korrekte Hankenbiegung erarbeitet werden und bis man das kann ist schon ein langer Weg. :roll: :P
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Sophie-Charlotte
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Beitrag von Sophie-Charlotte »

Wenn mein Pferd in versammelten oder versammelnden Lektionen den Hals und Kopf zu tief trägt (was aus Faulheit mal vorkommt - ist ja auch schwer, so ein großer Schädel), dann fordere ich es durch kleine Aufwärtsparaden auf, das Genick hoch und offen zu tragen. Denn umgekehrt kann es sich mit zu tiefem Hals ja gar nicht setzen. Das beginnt schon bei Galoppvolten.
Wieviel und wann ist situationsabhängig - das bespreche ich dann mit dem Reitlehrer meines Vertrauens.
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muppet
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Beitrag von muppet »

@jen: Ich hab aber nicht die Frage gestellt, wie ich mein Pferd versammle.:lol:

@andere: vielen Dank. :D
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DynaMitreiterin
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Beitrag von DynaMitreiterin »

Ich schliesse mich Jen an, der "Hals kommt von hinten".
Vielleicht kamen auch deshalb so wenige Antworten, weil Jen das bereits so schön erläutert hat? Es ist auch, wie so oft, recht schweirig, ohne Ansicht zu beurteilen, was verbessernd wirken könnte. Du schreibst ja, dass Dein Pferd sich entzieht und eine spezielle Verrittproblematik hat. Das macht es besonders schwer, Hilfreiches zu verbreiten. Daher auch von mir: Unterricht!

@lalala: Wie machst Du das denn mit der Dehnungshaltung ? Einmal installiert und es funktioniert bis ans Ende aller Tage? Klappt bei uns nicht. Deshalb wird damit und daran gearbeitet. Bin für Tricks bezüglich der Dauerinstallation allerdings offen und dankbar!
Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und niemand ginge, um mal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.
(Kurt Marti)
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Jen
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Beitrag von Jen »

muppet hat geschrieben:@jen: Ich hab aber nicht die Frage gestellt, wie ich mein Pferd versammle.:lol:
Tja, das ist halt eben das Problem. Du hast die falsche Frage gestellt. ;)

Manchmal ist es fast schwieriger die richtige Frage zu stellen, als dann die richtige Antwort darauf zu finden.
Liebe Grüesslis, Jen
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lalala

Beitrag von lalala »

DynaMitreiterin hat geschrieben:
@lalala: Wie machst Du das denn mit der Dehnungshaltung ? Einmal installiert und es funktioniert bis ans Ende aller Tage? Klappt bei uns nicht. Deshalb wird damit und daran gearbeitet. Bin für Tricks bezüglich der Dauerinstallation allerdings offen und dankbar!
Naja, die "Dauerinstallation" hat schon fast 2 Jahre gebraucht (sooo leicht war und ist es also nicht), da gibt es auch keine Tricks - das ist kontinuierliche Arbeit...aber nun sitzt sie jederzeit abrufbereit. Wenn das nicht der Fall wäre, würden wir auch noch keine versammelnden Übungen reiten.
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

lalala hat geschrieben:Wenn ich mich recht erinnere feilen hier noch viele an der Dehnungshaltung ?
@lalala: Genau solche Bemerkungen sind es, die absolut unnötig sind. Vielleicht hat der ein oder andere auch noch etwas anderes zu tun, als sich hier gleich auf jede Frage zu stürzen.

@all: Leider bin ich auf dem Weg der Légèreté noch nicht so weit, dass sich mein Pferd in wundschöner Selbsthaltung ständig trägt. Aber wir arbeiten daran. Mir ist vor allem wichtig dabei, dass er dabei die Nase vor der Senkrechten behält.

Mein Pferd fängt an sich von alleine zu tragen, wenn ich viel Rückwärts/Vorwärts und Übergänge arbeite, also Trab-Halt-Rückwärts-Trab. Ich gebe ihm über den notwendigen Kontakt mit dem Zügel einen gewissen Rahmen. Die Phase der Selbsthaltung sind bei ihm noch recht kurz, werden aber länger.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
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