Trag- und Schubkraft

Allgemeines rund ums Pferd

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kallisto
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Beitrag von kallisto »

Jen hat geschrieben: phu, da bin ich etwas überfordert, auch nach mehrmaligen lesens, habe ich das nicht wirklich verstanden.
Ich wollte Dein Bilchen noch etwas abändern, was ich genau meinte. Kommt auch irgendwann noch, wenn ich Zeit finde und es schaffe ein Pferdehinterbein einknicken zu lassen, ohne dass es eine Karikatur wird.
Jen hat geschrieben: Ich würde es aber gerne verstehen! Könntest du es mir bitte nochmals gaaaaanz einfach erklären? Technik for dummies oder so...? :P
He, mach Dich nicht schlechter als Du bist. :) Ich habe dafür zwei abgeschlossene Ingenieursstudien gebraucht... Wobei die Feinheit einer Pferdebewegung wahrhaft viel komplizierter und schöner ist, als wie es die Mechanik jemals nachempfinden kann. Traurig wenn ein Spielzeugpferd Rollen an den Füßen braucht. :lol:
Und ehrlich gesagt, scheue ich mich auch davor, diese schöne Pferdebewegung mit der Physik zu beschreiben. Das ist dem Pferd nicht würdig.

LG Susi
sinsa
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Beitrag von sinsa »

@kiki Jen ist nicht so weit von mir entfernt :lol:
Ich weigere mich nur beharrlich davon auszugehen, dass Schubkraft bedeutet, dass ein Pferd volle Kanne auf die Vorhand schiebt.

Ab hier für alle:
Das oben genannte ist der Punkt, den ich sehr anders sehe. Es gibt in der Bewegung einfach keine Tragkraft ohne Schubkraft. Die Schubkraft ist wichtig.
Schwierig finde ich es auch, dass Jen gerne viele Aspekte, die zur Bewegung dazu gehören, (erstmal) weglassen möchte.
Mit dieser Hernangehensweise tue ich mich schwer und kann noch viel weniger versuchen zu erklären. Und ich habe zugegebenermaßen auch langsam das Problem, dass ich nicht so richtig weiß, was genau Jen nun nicht versteht, wenn ich sage, dass Schubkraft für mich erst richtig eingesetzt wird, wenn das Pferd in der Tendenz vorwärts-aufwärts läuft.

Ich finde es schwer eine so komplexe Geschichte, wie einen Bewegungsablauf, Biomechanisch zu erklären. Zumal wir ja nichtmal alle wirkenden Kräfte wirklich mit einrechnen, sondern uns dabei nur mit Schubkraft und Tragkraft auseinander setzten.

Dummerweise habe ich auch kein vernünftiges Zeichenprogramm zur Verfügung :roll:
Um mir zu behelfen, war ich war mal so frech, und habe das von Jen eingestellte Bild ergänzt.
Wenn das zu frech war, bitte bescheid sagen und ich lösche es sofort wieder.

Erklärung der von mir rechts unten eingefügten Striche:

Schub
Tragkraft
Resultierende Kraft


Bild

Die blaue Linie mit der resultierenden Kraft ist natürlich ein angenommenes Ideal. Sie würde in einem Winkel von 45° verlaufen.
Meiner Meinung nach ist der Bereich, von dem wir hier reden und der den Unterschied zwischen Tragkraft und Schubkraft nicht so weit entfernt von dieser blauen Linie. Nur um mal eine Hausnummer als Beispiel zu nennen, behaupte ich, dass ich mit mehr Tragkraft unterwegs wäre, wenn die Blaue Linie in einem Winkel von 45-50° verlaufen würde.
Mit Schubkraft unterwegs wäre ich bei einer blauen Linie im Winkel von 40-45°.
Ein Winkel, der größer als 50° ist wäre dann schon in Richtung über der Erde und ein Winkel von weniger als 40° wäre mit der Vorhand in den Boden laufen.

Der Bereich, um den hier gerade diskutiert wird, ist also relativ klein.
Er macht aber einen großen Unterschied. Es ist aber dieser kleine Bereich, der uns alle am meisten in der Reiterei beschäftigt und in dem sich die Frage klärt, ob ich mich einfach von meinem Pferd transportieren lasse, oder ob ich aktiv reite/gymnastiziere.


@Jen Ich hätte da übrigens noch ne Frage zum drüber nachdenken: Du sagst, dass es wichtig ist, die HH zum Vorschwingen zu bringen. Wie aber schaffst Du es, dass das Bein dabei auch angewinkelt wird?
Der Vorschwung könnte ja theoretisch auch mit einem geraden Bein erfolgen.
Wie also sieht Dein Hilfe für <Winkle das Bein an!> aus?
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Jen
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Beitrag von Jen »

sinsa hat geschrieben:@kiki Jen ist nicht so weit von mir entfernt :lol:
Ich weigere mich nur beharrlich davon auszugehen, dass Schubkraft bedeutet, dass ein Pferd volle Kanne auf die Vorhand schiebt.
Sinsa, das habe ich nicht gesagt! Bittebitte, lies doch nochmals die Beiträge von mir!
Ab hier für alle:
Das oben genannte ist der Punkt, den ich sehr anders sehe. Es gibt in der Bewegung einfach keine Tragkraft ohne Schubkraft. Die Schubkraft ist wichtig.
Natürlich! Ich habe nie anderes behauptet! Es geht nicht darum KEINE Schubkraft zu haben, sondern - zum letzten Mal - WIE DAS VERHÄLTNIS ZUR TRAGKRAFT IST!

@Jen Ich hätte da übrigens noch ne Frage zum drüber nachdenken: Du sagst, dass es wichtig ist, die HH zum Vorschwingen zu bringen. Wie aber schaffst Du es, dass das Bein dabei auch angewinkelt wird?
Der Vorschwung könnte ja theoretisch auch mit einem geraden Bein erfolgen.
Wie also sieht Dein Hilfe für <Winkle das Bein an!> aus?
Es gibt keine solche Extra-Hilfe. Die Winkelung des Beines ist das Resultat des vermehrten Vorschwunges und gleichzeitig der vermehrten Aktivierung der Hinterhand, indem ich vom Pferd IN DIESEN Bewegungsablauf des Vorschwunges mehr Kraft verlange, ohne Verlust des Vorschwunges. Da meine Stute von Natur aus mti den Hinterbeinen am Boden schleift, während der Arbeit aber die Füsse mittlerweile (war auch nicht von Anfang an so) sehr schön hebt, kann ich im Selbstversuch bestätigen, dass das so auch tatsächlich in der Praxis funktioniert. ;)
Liebe Grüesslis, Jen
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sinsa
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Beitrag von sinsa »

@Jen wo bitte ist denn dann Dein Problem? :kopfkratz:
Jen hat geschrieben:Was ich nun nicht verstehe: Warum sprechen alle immer nur über Schubkraft? Schub schub schub. Es ist mir völlig nicht logisch, warum man sich nur bzw. vorwiegend auf Schubkraft beziehen kann. Definieren die meisten Schubkraft anders? Wie denn? und wie wird denn Tragkraft definiert? :kopfkratz:
)
Ich habe Dir erklärt, dass ich unter gut eingesetzter Schubkraft eben verstehe, dass das Pferd NICHT in den Boden läuft und bin damit Deiner Aufforderung nachgekommen zu erklären, dass ich Schubkraft eben anders interpretiere und ich habe versucht zu sagen, wie ich das sehe.
Dummerweise gefällt Dir meine Interpretation aber nicht.
Was soll ich nun machen?
Ein Pferd kann nunmal erstmal nur vorwärts laufen und dabei ist es, bauseitig bedingt, auf der Vorhand. Es läuft dann auf Schub.
Läuft es nicht in den Boden läuft es mit Schubkraft.
Ich könnte es auch noch verwirrender mache und sagen, dass es dann schon mit Tragkraft läuft (was ja auch irgendwie richtig wäre) Aber das wäre mir genauso ungenau, um dann noch gegen das Tragen abgrenzen zu können.
Es ist doch echt nicht viel, um das wir hier diskutieren.
Wie wäre es mit der Unterscheidung in Schub-Schubkraft-Tragkraft-Tragen?

Wenn wir an dem Punkt schon ewig brauchen, wie lange wollen wir das dann hier diskutieren? :shock: :lol:
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Beitrag von thiesboettcher »

vielleicht sollte wir noch den Faktor Zeit mit reinnehmen, um es ganz kompliziert zu machen. :lol:

Ich würde mal folgendes sagen.
Ein Hinterbein hat 3 Phasen, die, in der es in der Luft es, da entstehen keine Kräfte, die auf den Boden übertragen werden könnten.

Die Phase vom auffußen bis zur Senkrechten, das ist die Stützbeinphase und dann von der Senkrechten bis zum Abfußen, die Schubphase.

Bei Versammeln (als mehr Tragkraft) wird die Parade gegeben in dem Moment, wenn das Bein aufkommt, somit verlängert man die Zeit der Stützbeinphase.

Tragkraft hängt also zusammen mit der Zeit, die das Bein in der STützbeinphase hat und Schubkraft, also M.M der SCHwung kommt eher vom energischen Abfußen.

Wenn das Pferd dabei gut va geht latscht es auch nicht groß auf der Vorderhand.

Zu allem Überfluss wandert der SChwerpunkt des Pferdes während der Bewegung von hinten nach vorne, die Beine sind am Boden, der Körper geht jedoch vor.

Man kann also prinzipiell nicht von Gewictvorne/hinten etc..sprechen, weil sich dies ständig verändert. Es geht um die Zeit...

lg Thies
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Jen
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Beitrag von Jen »

Hallo Thies

Das deckt sich haargenau mit meiner Vorstellung! :D

Wahrscheinlich müsste man sogar eher von 4 Phasen des Hinterbeins sprechen: abfussen, in der luft vorschwingen, auffussen, Bein am Boden. (Das würde sich dann auch mit U.Bürger decken).

diese letzte Phase wird dann auf einer 2. Ebene auch wieder so unterteilt wie von dir beschrieben. der erste Teil der stützphase wird eher vom auffussen beeinflusst, der zweite Teil hinter dem Lot eher vom abfussen.
Liebe Grüesslis, Jen
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Beitrag von thiesboettcher »

Jen hat geschrieben:Hallo Thies

Das deckt sich haargenau mit meiner Vorstellung! :D

Wahrscheinlich müsste man sogar eher von 4 Phasen des Hinterbeins sprechen: abfussen, in der luft vorschwingen, auffussen, Bein am Boden. (Das würde sich dann auch mit U.Bürger decken).

diese letzte Phase wird dann auf einer 2. Ebene auch wieder so unterteilt wie von dir beschrieben. der erste Teil der stützphase wird eher vom auffussen beeinflusst, der zweite Teil hinter dem Lot eher vom abfussen.

...und warum dann so kompliziert :roll:

PS: ich liebe U. Bürger :wink:
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Jen
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Beitrag von Jen »

sinsa hat geschrieben:

Ein Pferd kann nunmal erstmal nur vorwärts laufen und dabei ist es, bauseitig bedingt, auf der Vorhand. Es läuft dann auf Schub.
Läuft es nicht in den Boden läuft es mit Schubkraft.
Hallo Sinsa

mir "gefällt" deine Interpretation insofern nicht, als man nicht Schub und Schubkraft trennen kann. Denn hat man Schub, hat man automatisch auch eine Kraft. Dies zu trennen macht keinen Sinn, es sind zwei Synonyme bzw. Schub ist nur die Abkürzung von Schubkraft. Das gleiche gilt auch für Tragen und Tragkraft.
sinsa hat geschrieben:Wenn wir an dem Punkt schon ewig brauchen, wie lange wollen wir das dann hier diskutieren? :shock: :lol:
tja, das ist genau das Problem bei diesen und anderen Begriffen in der Reiterei. Jeder benutzt sie und jeder versteht was anderes darunter. Deshalb finde ich es wichtig, dies mal zu diskutieren. Dann versteht man vielleicht auch eher, was andere anders machen.
Liebe Grüesslis, Jen
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Beitrag von Jen »

thiesboettcher hat geschrieben:
Jen hat geschrieben:Hallo Thies

Das deckt sich haargenau mit meiner Vorstellung! :D

Wahrscheinlich müsste man sogar eher von 4 Phasen des Hinterbeins sprechen: abfussen, in der luft vorschwingen, auffussen, Bein am Boden. (Das würde sich dann auch mit U.Bürger decken).

diese letzte Phase wird dann auf einer 2. Ebene auch wieder so unterteilt wie von dir beschrieben. der erste Teil der stützphase wird eher vom auffussen beeinflusst, der zweite Teil hinter dem Lot eher vom abfussen.

...und warum dann so kompliziert :roll:

PS: ich liebe U. Bürger :wink:
Tja... das ist die grosse Preisfrage. Für mich ist es ja auch logisch. Aber das gilt ja anscheinend nicht für alle. Besonders der letzte Satz oben von mir, das ist ja eher die Diskussion. Kann man das tatsächlich so unterteilen? Besonders den Begriff "Tragkraft" genau zu definieren, ist nicht so einfach... ;)
Liebe Grüesslis, Jen
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Meg
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Beitrag von Meg »

Ich bin technisch nicht so gut, ich versuche es mal mit einfachen Bildern...

Für mich gibt es negative und positive Schubkraft (nein, nicht physikalisch gesehen)
1. negativ: versucht mal, Hüfte, Knie und Sprunggelenke "festzustellen" und dann zu traben, automatisch hängt der Rücken durch und man hat das Gefühl nach vorne zu fallen. Richtig? So stelle ich mir den Trab eines steifen Pferdes vor, vielleicht nicht so extrem, weil es ja schon die kleinen Gelenke etwas beugt, aber halt die Tendenz...
2. positiv: darunter stelle ich mir einen Athleten beim Dreisprung vor. Kraftvoll, die Gelenke gebeugt, die Muskulatur richtig eingesetzt, viel vorwärts, aber im Gleichgewicht. Das wäre dass, was ich mir unter "reite dein Pferd vorwärts und richte es gerade" vorstelle, also dieses Vorwärts.

Dann noch die Tragkraft (Kniebeuge im Gleichgewicht) bzw. langsames Vorwärtsgehen in Kniebeugeposition, wahnsinnig anstrengend, gelle?

Ich hoffe ich habe mich mit meinen laienhaften Erklärungen jetzt nicht ins Abseits geschossen. Aber jemand schlaues hat mal gesagt, dass der wirkliche Genie derjenige ist, der die kompliziertesten Sachen so einfach erklären kann, dass es auch der letzte Depp versteht :lol: :lol:

LG
Meg
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sinsa
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Beitrag von sinsa »

Ich hätte da mal einen netten Link zum Thema Biomechanik:


Energiesparmechanismen und Stoßdämpferfunktionen am Bewegungsapparat des Pferdes


Hierin ist sehr gut beschrieben, wie ein Pferd sich selber trägt, was nötig ist, um auch den Reiter zu tragen und was alles in der Bewegung passiert.
Wenn man sich damit mal ausführlicher beschäftigt, dann wird klar, wie die Tragkraft des Pferdes, sowohl mit als auch ohne Reiter,
zustande kommt und wo.
kallisto
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Beitrag von kallisto »

Den link hatte ich vor einigen Monaten schon mal hier als Tip reingesetzt. Die Arbeit haben sicherlich einige schon gelesen und als Erkenntnis mit berücksichtigt.

LG Susi
sinsa
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Beitrag von sinsa »

@kallisto Sorry, das habe ich nicht gesehen/gewußt.
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Isomer
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Beitrag von Isomer »

Danke für den Link! Ganz interessante Zusammenfassung (Obwohl ich mich immer wieder wunder wofür Ärzte ihre Doktor bekommen :lol: )

isomer
„Was es alles gibt, das ich nicht brauche!“ [Aristoteles]
kallisto
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Beitrag von kallisto »

sinsa hat geschrieben:@kallisto Sorry, das habe ich nicht gesehen/gewußt.
Egal, paßt wunderbar hier zum Thema :)
Doppelt lesen schadet nicht, wenn man max. die Hälfte versteht...

LG Susi
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