Trag- und Schubkraft

Allgemeines rund ums Pferd

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Jen
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Trag- und Schubkraft

Beitrag von Jen »

diese ominösen Begriffe. Als Reiter/Ausbilder spricht man ständig davon, aber was heisst das eigentlich konkret? Definition, Beschreibung, Erklärung? Welche Rolle spielen sie bei der Arbeit mit dem Pferd? Sind beide gleich zu gewichten oder anders? Warum?

Lasst mal euren Gedanken freien Lauf :D
Liebe Grüesslis, Jen
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Susanne
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Beitrag von Susanne »

Also (ich bin zwar noch nicht ganz wach, was für ein Luxus mal so lange schlafen zu dürfen).
Schubkraft: Bestes Beispiel dafür sind Rennpferde. Die Hinterbeine greifen extrem weit vor um für Schub zu sorgen und werden bei der rückläufigen Bewegung weit nach hinten gebracht um von dort aus wieder vor zu greifen. Das Gewicht wird dadurch Richtung Vorderhand verschoben. Das Pferdebecken ist nach hinten ausgestellt. Die Pferdesilouette ist lang.
Tragkraft: Bestes Beispiel sind Levade und Piaffe. Aufgrund der Lastaufnahme mit der Hinterhand wird der Bewegungsradius der Hinterbeine geringer. Sie greifen nicht sehr weit vor und werden auch nicht weit nach hinten gebracht. Das Pferdebecken ist abgekippt nicht nach hinten ausgestellt. Dadurch wird die Vorhand freier, die Pferdesilouette kompakter.
Ich hoffe, Ihr konntet folgen, bin wirklich noch ein bißchen müde :wink:
Liebe Grüße
Susanne
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Thisbe
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Beitrag von Thisbe »

Susanne, so wie Du das beschreibst, klingt es für mich logisch. Bei Deiner Schuberklärung habe ich meinen Timi laufen sehen...
Ich frage mich, viele Leute schauen ja auf das Ein- und Überhufen und denken dann, die HH sei aktiv. Aber ist das dann eher ein Merkmal für den Schub? Von Timi weiß ich nämlich mittlerweile, daß er trotz dollem Überhufen die HH noch im Stall stehen haben kann :roll:
In der Seele des Pferdes findest du Saiten, die lange in dir nachklingen.
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Susanne
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Beitrag von Susanne »

Hier http://www.chorwin-stadler.de/ sind Bilder von Galoppern zu sehen, unten sogar eine kurze Filmsequenz in Schwarzweiß, die ich sehr eindrücklich finde. Und hier http://www.chorwin-stadler.de/ eine Piaffe. Siehst Du was ich meine?
Liebe Grüße
Susanne
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Jen
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Beitrag von Jen »

Hallo Susanne

also, wenn ich dich richtig verstanden habe, würdest du Schub- und Tragkraft rein über die Länge der Tritte definieren? Langer Tritt/Sprung = Schubkraft, Kurzer Tritt/Sprung = Tragkraft? Dann hat ein langer Tritt auch keinen Anteil Tragkraft? Oder doch...?
Liebe Grüesslis, Jen
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Susanne
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Beitrag von Susanne »

Jen hat geschrieben:Hallo Susanne

also, wenn ich dich richtig verstanden habe, würdest du Schub- und Tragkraft rein über die Länge der Tritte definieren? Langer Tritt/Sprung = Schubkraft, Kurzer Tritt/Sprung = Tragkraft? Dann hat ein langer Tritt auch keinen Anteil Tragkraft? Oder doch...?
Also, ein kurzer Tritt muß nicht zwangsläufig Schubkraft haben, da kann auch einfach die Hinterhand schlurfen :wink:. Und eine Piaffe muß nicht zwangsläufig Tragkraft demonstrieren. Ich finde Heuschmann beschreibt das ganz schön.

Im Normalfall bewegt sich das gerittene Pferd ja zwischen den beiden Extremen von nur-Tragkraft und nur-Schubkraft. Da ist die Trittlänge in Kombination mit dem Rahmen ein guter Indikator. Selbstverständlich gibt es keine Schablonen in die man jedes Pferd reinpressen kann. Sie sehen ja dann doch recht unterschiedlich aus - wie wir auch. *grübel* wie drücke ich mich präziser aus? Selbstverständlich sollte es beim Reitpferd auch vermieden werden, daß es den Rücken festmacht, sonst hat die Dressur ja keinen gymnastischen Effekt... Schwieriges Thema, Jen. Da hast uns ordentlich was zum mitdenken gegeben :lol: Vielleicht fällt mir bis morgen ja noch was schlaues dazu sein. Bis dahin mußt Du Dich mit meiner bisherigen Erklärung zufrieden geben. Aber vielleicht kann sich ja jemand anders besser ausdrücken?
Liebe Grüße
Susanne
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Jen
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Beitrag von Jen »

Susanne hat geschrieben:Schwieriges Thema, Jen. Da hast uns ordentlich was zum mitdenken gegeben :lol:
8) Das weiss ich doch... ;) Aber alle sprechen darüber, also müssen diese Leute auch eine Vorstellung davon haben. Jetzt will ich mal wissen, wie diese Vorstellungen aussehen. Also Leute, scheut euch nicht euren Senf dazu zu geben :D Es geht hier nicht um falsch oder richtig, ich will einfach wissen, was ihr euch darunter vorstellt.
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Catja&Olliver
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Beitrag von Catja&Olliver »

Was ich mir darunter vorstelle: Schubkraft geht nach vorne, Tragkraft geht noch oben........
Schoen waer er es, wenn man genau wuesste, wie man die eine oder die andere ankurbeln kann.
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bea
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Beitrag von bea »

Die Schubkraft ist für mich die Kraft, die wirkt, wenn das Hinterbein sich vom Boden abstösst und nach vorne schwingt. Sie beeinflusst im Grunde die Schrittlänge.
Die Tragkraft hingegen bestimmt die Biegung der Gelenke - wirkt also nach oben.

Ich stelle mir das Ganze auch gerne mit Kraftvektoren vor: Die Schubkraft ist ein waagrechter Kraftpfeil, die Tragkraft ein senkrechter. Es kommt nun auf das Verhältnis der beiden an, das sich durch Addition ergibt.

Hm, aber ob ich mir das wirklich ganz korrekt vorstelle, weiss ich auch nicht...

LG, Bea
Reiten heisst: sitzen - fühlen - denken.
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smilla
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Beitrag von smilla »

bea hat geschrieben: Ich stelle mir das Ganze auch gerne mit Kraftvektoren vor: Die Schubkraft ist ein waagrechter Kraftpfeil, die Tragkraft ein senkrechter. Es kommt nun auf das Verhältnis der beiden an, das sich durch Addition ergibt.
LG, Bea
Das gefällt mir, vorallem das mit dem Verhältnis. Das muss nämlich m.M.n ausgewogen sein und kommt auf die Situation an.

Betreibst du eine Studie, Jen? ;)
Muriel
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Beitrag von Muriel »

für die Tragkraft brauche ich auch die Beugungsfähigkeit aller Gelenke.
vom Hufgelenk bis zum Hüftgelenk.

sonst bleibt es immer bei der Schubkraft, weil die Kräfte sich an einem Punkt "abstossen" (dem Hüftgelenk) und das Pferd als ganzes nach vorne schieben.

Bei der Tragkraft nimmt jedes einzelne Gelenk einen Teil der Bewegungsenergie auf. Optisch lässt sich der Huf eher auf dem Boden nieder, statt sich davon abzustossen, wie es bei starker Schubkraft der Fall ist.

Für einen richtige Entwicklung der Schubkraft braucht es aber auch einen Grossteil Tragkraft, denn sonst wird das Pferd leicht zum Schenkelgänger.
das geht dann irgendwann fliessend einher im Idealfall.
heike61
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erklärungsversuche

Beitrag von heike61 »

Jen hat geschrieben:diese ominösen Begriffe. Als Reiter/Ausbilder spricht man ständig davon, aber was heisst das eigentlich konkret? Definition, Beschreibung, Erklärung? Welche Rolle spielen sie bei der Arbeit mit dem Pferd? Sind beide gleich zu gewichten oder anders? Warum?

Lasst mal euren Gedanken freien Lauf :D
schub -und tragkraft sind kräfte des motors (hinterhand des pferdes), die das gewicht (pferd) nach vorwärts schieben und zum teil tragen.

die hinterbeine tragen oder schieben....
stell ich mir ein pendel (hinterhuf) vor, das schwingt, so ist der ausschlag nach recht gleich schubkraft, der ausschlag nach links gleich tragkraft -- die nullstellung (lot) ist keine bewegung.
je größer der ausschlag, desto größer die kraft....sehr mechanisch ich weiß :oops:
kennzeichnet man den rechten auschlag mit minus und den linken auschlag mit plus, so möchte ich als reiter den plus-bereich (+) fördern, also die tragkraft schulen.

für die bewegung nach vorne ist der minus-bereich (-) zuständig, für den reiter mit sicherheit nicht uninteressant, da er ja "vom fleck weg möchte" :wink: für das pferd jedoch nicht sooo interessant, da es als fluchttier wenige probleme mit dem "weg" hat, erst mal egal wie...... hauptsache weg, also ist dem pferd der minus-bereich wichtiger bzw. geläufiger.
der reiter jedoch möchte, dass das pferd (ihn) trägt, also eine tätigkeit im plus-bereich,die dem pferd nicht soooo wichtig bzw. geläufig ist.-- (warum auch ?)

so und nun sind wir schon mittendrin im schulen, arbeiten gymnastizieren..... bzw. im aktivieren (+) der hinterhufe.
bei genauem hinsehen erkennt der reiter, dass ein hinterhuf (hf) mehr schiebt als der andere Hf.
der Hf, der vermehrt schiebt, tritt nicht in die spur des gleichseitigen vorderhufes (vh), sondern außen bzw. neben die spur vom gewicht (pferd) weg. der Hf bewegt sich zwar im plus-bereich, jedoch nicht unter dem gewicht.
der reiter möchte tragkraft (plus-bereich)-- um ein gewicht/gegenstand jedoch effizient zu tragen, muß die kraft (Hf) unter dem gewicht sein und dies möglichst genau unter dem schwerpunkt (stichworte: balance!!, gleichgewicht!!)
"zwischenbilanz"
der Hf soll im plus-bereich richtung schwerpunkt fußen. also genaues augenmerk auf "spurtreue" (Hf fußt in die spur de Vh) bzw. Balance.


wie :?: wäre nun die nächste logische frage........(nach der analyse des ist-zustandes.) mindestens ein "roman" :lol: :wink: -- daher das "wie" nur stichpunktartig (steht eh alles in büchern)
-Stellung, Biegung mit (längsachse=La) Dehnung (La) -- erhöhung der biegung gleich fördern der tragkraft.
dabei jedoch immer darauf achten!, dass die muskulatur geschmeidig bleibt, denn die arbeit im plusbereich setzt energie frei, die an einer spannigen muskulatur "verpuffen" würde. (stichwort. über-den-rücken-gehen)




die größte rolle bei der "arbeit" mit dem pferd spielt die Tragkraft. daher sind beide kräfte des motors nicht gleich zugewichten, der kraftaufwand des tragens sollte höher sein als der kraftaufwand des schiebens.


.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Aaah, da kommen wir doch der Sache schon mal näher! :D Jetzt wird es langsam interessant! Fast schon schade, dass ich heute abend in die Ferien gehe ;) :lol: Aber bitte trotzdem weiterdiskutieren, ab und zu werde ich sicher reinschauen und dann nächstes Jahr meinen Senf dazugeben. Ich glaube, das könnte ein sehr interessanter Thread werden! :D
Liebe Grüesslis, Jen
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Janina
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Beitrag von Janina »

Ich sehe das eher so wie Bea.
In der Bewegung kommen immer beide Kräfte vor, (mit Ausnahme der Levade) nie nur Tragkraft oder nur Schubkraft, sondern beide mit unterschiedl. Anteilen.
Ein wichtiger Begriff, der mir im Zusammenhang mit Tragkraft noch einfällt, ist die Hankenbeugung.
Und das wirkl. Interessante, was Heuschmann mal in einem Vortrag sagte, war, dass die Muskeln, die für die Entwicklung der Schubkraft eingesetzt werden müssen, dieselben sind, wie die, die während der Hankenbeugung aktiv sein müssen!
Daraus ergibt sich für die Ausbildung des Pferdes, dass immer erst die Schubkraft verbessert werden muss, um es in die Lage zu versetzen vermehrt Tragkraft entwickeln zu können!
DAS war mir persönlich vorher nie so bewusst gewesen...
Liebe Grüße,
Janina
heike61
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Beitrag von heike61 »

Ein wichtiger Begriff, der mir im Zusammenhang mit Tragkraft noch einfällt, ist die Hankenbeugung.
............dass die Muskeln, die für die Entwicklung der Schubkraft eingesetzt werden müssen, dieselben sind, wie die, die während der Hankenbeugung aktiv sein müssen!
oder, dass aus der förderung der tragkraft die "beherrschung" der schubkraft resultiert. (these 1)
das befähigen zum hankenbug-- resultiert dies wirklich nur aus der förderung der schubkraft? (these 2)
Daraus ergibt sich für die Ausbildung des Pferdes, dass immer erst die Schubkraft verbessert werden muss, um es in die Lage zu versetzen vermehrt Tragkraft entwickeln zu können!
gehen die einzelnen ausbildungs-schritte wirklich in richtung förderung der schubkraft?
falls ja- wie sehen sie aus?
Wenn du weitergehst, ändert sich deine Perspektive!
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