Trag- und Schubkraft

Allgemeines rund ums Pferd

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Jen
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Beitrag von Jen »

Janina hat geschrieben: Zumindest eine anatomisch/medizinisch logische.
Nein, finde ich eben überhaupt nicht. Es ist ein völlig anderer bewegungsablauf, ob ein Pferd sich selber trägt, oder sich selber schiebt. Und ich sehe absolut nicht den Sinn, einen für ein Reitpferd eigentlich falschen Bewegungsablauf über Jahre zu trainieren, wenn man eigentlich am Schluss etwas anderes will! Wären es nämlich die genau gleichen Muskeln, in genau gleichem Verhältnis müsste ein Galopper oder Traber (Training auf Schub par excellence) die besten Piaffierer sein. Sind sie aber nicht! Und das hat weniger mit Exterieur etc. zu tun, sondern mit dem komplett anderen Training. Es überzeugt mich überhaupt nicht, ein Pferd 1-2 oder gar mehr Jahre nur auf Schubkraft zu trainieren und dann auf "wundersame Weise" bei der Piaffe zu gelangen. Das funktioniert so nicht! Wer selber an der Piaffe mit seinem Pferd arbeitet wird sehr schnell merken, dass das Pferd lieber schiebt als trägt, weil es ihm einfacher fällt und dass es eben nicht einfach nur die gleichen Muskeln, und schon gar nicht im gleichen Verhältnis sind. ;)

Ich bin auch für ein ausgewogenes Training mit viel Gelände und auch unebenem Boden etc., damit die Sehnen und Bänder und Muskeln viele verschiedene Reize bekommen, um so gestärkt zu werden und das Pferd lernt seine Beine zu sortieren. Das ist die Voraussetzung (Koordination der Gliedmassen) für eine bessere Balance und das ist wieder Voraussetzung zum erlernen des günstigen, gesunden Bewegungsablauf eines Reitpferdes. Aber es ersetzt nicht das eigentliche Training/die Ausbildung des korrekten Bewegungsablaufs.
Liebe Grüesslis, Jen
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Janina
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Beitrag von Janina »

Jen hat geschrieben: Nein, finde ich eben überhaupt nicht. Es ist ein völlig anderer bewegungsablauf, ob ein Pferd sich selber trägt, oder sich selber schiebt. Und ich sehe absolut nicht den Sinn, einen für ein Reitpferd eigentlich falschen Bewegungsablauf über Jahre zu trainieren, wenn man eigentlich am Schluss etwas anderes will! Wären es nämlich die genau gleichen Muskeln, in genau gleichem Verhältnis müsste ein Galopper oder Traber (Training auf Schub par excellence) die besten Piaffierer sein. Sind sie aber nicht! Und das hat weniger mit Exterieur etc. zu tun, sondern mit dem komplett anderen Training. Es überzeugt mich überhaupt nicht, ein Pferd 1-2 oder gar mehr Jahre nur auf Schubkraft zu trainieren und dann auf "wundersame Weise" bei der Piaffe zu gelangen. Das funktioniert so nicht! Wer selber an der Piaffe mit seinem Pferd arbeitet wird sehr schnell merken, dass das Pferd lieber schiebt als trägt, weil es ihm einfacher fällt und dass es eben nicht einfach nur die gleichen Muskeln, und schon gar nicht im gleichen Verhältnis sind. ;)
Liebe Jen, wenn du meinst es eh besser zu wissen als studierte Veterinärmediziner, erschließt sich mir nicht der Sinn dieser Diskussion...
Das ist jetzt nicht böse gemeint, aber die Anatomie ist keine "Geheimwissenschaft". So wie du den Einsatz bestimmter Muskelgruppen anzweifelst, könnte man allerdings fast auf den Gedanken kommen :?

Und das mit dem Rennpferd hatten wir doch schon mal, oder?

Bei unseren beiden ist es jedenfalls so: Das Pferd, das eine bessere Schubkraft entwickeln kann, zeigt auch eine deutl. bessere Piaffe u. vice versa :wink:
heike61
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Beitrag von heike61 »

hm janina,

der zweifel an sich ist doch nicht verwerflich!
:?: wieso ist das "in-frage-stellen" eines "studierten" gleich das ende einer diskussion *grübel*

können nicht auch "studierte" irren? oder vielleicht schwammig erklären, sodaß es im grunde ein "miß-verstehen" ist.

die meisten irrtümer (eigene deutung) beruhen darauf.................................

gruß
heike

http://www.reiten-lesen-denken.de/Genea ... rrtums.pdf
z.b.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Hallo Janina

1. Das ist durchaus nicht alles auf meinem Mist gewachsen.

2. Ich zweifle nicht den Einsatz bestimmter Muskelgruppen an, sondern die genau gleiche Tätigkeit bei verschiedenen Bewegungsabläufen. Das geht physiologisch einfach nicht. Frag mal eine Physiotherapeutin dazu.
Liebe Grüesslis, Jen
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kallisto
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Beitrag von kallisto »

Hallo,

ich muss allerdings sagen, dass H. Heuschmann dies in einer Kürze der Zeit vorgetragen hat, bei dem vielleicht wichtige Einzelheiten zu kurz gekommen sind.
Dass dieselben Muskeln zum Einsatz kommen, bedeutet noch lange nicht, dass sie die gleiche Arbeit verrichten. Er hat ausdrücklich auch betont, dass die Bewegung zwar gleich ist, aber der Muskeltonus sich erheblich unterscheidet. Ja, dass selbst gut trainierte (wirkliche) Dressurpferde die richtige Versammlung nur für 15-20 Minuten erhalten könnten.
Die Förderung der Schubkraft eines "frisch" eingerittenen hat nichts mit dem Extremum eines Galoppers zu tun. Sondern dient in erster Linie dazu, das frisch eingerittene Pferd nicht zusammen fallen zu lassen. Er hat sicherlich nicht den starken Trab oder den gestreckten Galopp gemeint, sondern einfach, dass das Pferd seinen natürlichen Takt unter dem Reiter findet. Er sprach die Balance an und dass das Pferd erstmal lernen soll, gerade aus zu laufen, bevor es dann dressurmäßig in Dehnung gearbeitet wird. Ja und ich denke man könnte es auch ganz pauschal mit Aktivierung der Hinterhand bezeichnen, da beim Anreiten jegliche Bewegung aus der Hinterhand schwach ist. Da ein angerittenes Pferd nun sehr wenig im Stande ist zu tragen, spricht man dadurch eher von Schubkraft. Aber wie schon gesagt, nicht im Sinne von starken Trab oder ähnliches.

LG Susi
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Jen
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Beitrag von Jen »

kallisto hat geschrieben:da beim Anreiten jegliche Bewegung aus der Hinterhand schwach ist. Da ein angerittenes Pferd nun sehr wenig im Stande ist zu tragen, spricht man dadurch eher von Schubkraft.
1. Punkt: eine gute Vorbereitung vom Boden aus kann dem bis zu einem gewissen Grad abhelfen. Nur langsame Steigerung der Reitdauer/Intensität kann die verminderte Tragfähigkeit unter dem Reiter langsam aufbauen.

2. Punkt: Aber warum dann aber das Fördern, was dem Tragen bzw. dem Bewegungsablauf für das vermehrte Tragen eher abträglich ist?
Liebe Grüesslis, Jen
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kallisto
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Beitrag von kallisto »

Jen hat geschrieben: 2. Punkt: Aber warum dann aber das Fördern, was dem Tragen bzw. dem Bewegungsablauf für das vermehrte Tragen eher abträglich ist?
Ich habe H. Heuschmann so verstanden, dass er gar nicht das vermehrte vorwärts (wie z.B. eilendes Leichttraben) anstrebte, sondern einfach den natürlichen Takt meinte. Das Erreichen des natürlichen Takts und der Balance ist für ihn Schubkraftförderung. Einfach der Prozess, nicht ein übereilendes Tempo. Wobei ich Dir da Recht gebe, dass da einfach auch ein gehöriger Anteil von Tragkraft dabei ist, um unter dem Reiter die Balance wieder zu finden. Aber wiederum nicht die wirkliche Tragkraft der Nacken- und Kruppenmuskulatur eines Dressurpferdes. Darum mag ich keine Definitionen...

Seine Beispielvideos zeigten kein flottes Traben, im Sinne von Schubkraft fördern, wie ich das von anderen konventionellen Ausbildern kenne. Im Gegenteil, er sprach u.a. von viel Schritt im Gelände und gymnastizierender Bodenarbeit und erstem seitwärts. Das mit den Franzosen und dem seitwärts hat er aber nur vor uns paar Hanseln gesagt. Er will da sicher nicht in die Schublade fallen.
Und er zeigte uns noch weitere Videos am Laptop, die das Longieren/Reiten eher ruhig wirken ließen. Wobei man natürlich sagen muss, dass das keine jungen Pferde waren, sondern eher Therapiepferde.

So und jetzt kommt mir eine Frage auf: Kann ein Pferd wirklich nur dann Tragkraft entwickeln, wenn es geritten wird? Kann ich, wie Jen schon erwähnte, durch gezielte Bodenarbeit/Longentraining eine ausreichende Tragkraft für das Reitergewicht entwickeln? Die Frage zielt eher darauf aus, ob der Muskeltonus reicht.

LG Susi
heike61
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Beitrag von heike61 »

kurz und knapp:

-- tragkraft an der longe (boden) entwickeln : Ja! ausreichend für das tragen von gewicht auf dem rücken: nö!

wenn jedoch das pferd zum ersten mal gewicht auf dem rücken hat, wird es sich einer muslkulatur bewußt, von dem es nicht wußte, das diese vorhanden ist. :wink:

das schulen der tragkraft am boden erleichtert dem pferd erheblich das zusätzliche gewicht auszubalancieren und zu tragen, da es diese "fähigkeit" bzw. den weg dorthin schon! am boden verstanden hat und auch umsetzen kann.

gruß
heike
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Beitrag von sinsa »

Jen hat geschrieben:... Und ich sehe absolut nicht den Sinn, einen für ein Reitpferd eigentlich falschen Bewegungsablauf über Jahre zu trainieren, wenn man eigentlich am Schluss etwas anderes will!
Nun ja: alles ist relativ. Ich persönlich reite ja schon ganz gerne und verstehe darunter, dass mein Pferd mit mir drauf vorwärts läuft.
Ein dauernd auf der Stelle stehendes oder piaffierendes wäre mir ganz simpel gesagt zu dröge :mrgreen:
Außerdem ist eine Piaffe für mich eine weiter Möglichkeit ein Pferd, dass schon sehr gut beisammen ist, noch weiter zu fördern. Aber durchaus nicht Ausbildungsziel, sondern höchstens Etappenziel, dass irgendwann hoffentlich erreicht wird, ehe ich dann langsam mit dem Training die Erde verlasse und mich den nächst höheren Weihen widme :lol:
Jen hat geschrieben:... Wären es nämlich die genau gleichen Muskeln, in genau gleichem Verhältnis müsste ein Galopper oder Traber (Training auf Schub par excellence) die besten Piaffierer sein. Sind sie aber nicht! Und das hat weniger mit Exterieur etc. zu tun, sondern mit dem komplett anderen Training.
Du kannst es so oft wiederholen, wie Du magst, aber ich persönlich kenne keinen, der Schubkraft aufbaut, in dem er das Pferd Rennen laufen läßt :lol: Abgesehen natürlich von Rennpferdebesitzern/-trainern :roll:


Jen hat geschrieben:... Es überzeugt mich überhaupt nicht, ein Pferd 1-2 oder gar mehr Jahre nur auf Schubkraft zu trainieren und dann auf "wundersame Weise" bei der Piaffe zu gelangen. Das funktioniert so nicht! Wer selber an der Piaffe mit seinem Pferd arbeitet wird sehr schnell merken, dass das Pferd lieber schiebt als trägt, weil es ihm einfacher fällt .
Einen der Gründe dafür, warum erst Schub- und dann Tragkraft hast Du ja soeben selber niedergeschrieben. Man arbeitet vom Einfachen zum Schweren;-)
Die Piaffe soll ja mit einem Quentchen (oder der Tendenz zum) Vorwärts geritten werden. Bis sie dann tatsächlich auf der Stelle stattfindet braucht es nunmal viel Training.


Noch immer fehlt mir von Dir der Ansatz, wie Du denn nun die Tragkraft ohne Schubkraft trainieren möchtest und was die Vorteile sein sollen.
Mal angenommen, ich bilde mein Pferd als erstes an der Hand zur Piaffe aus und stärke auf dem Weg dahin die Schubkraft so wenig wie möglich.
Wird es dann das bessere Reitpferd sein?
kallisto hat geschrieben:So und jetzt kommt mir eine Frage auf: Kann ein Pferd wirklich nur dann Tragkraft entwickeln, wenn es geritten wird? Kann ich, wie Jen schon erwähnte, durch gezielte Bodenarbeit/Longentraining eine ausreichende Tragkraft für das Reitergewicht entwickeln? Die Frage zielt eher darauf aus, ob der Muskeltonus reicht.
Ob das geht kann ich Dir nicht beantworten. Wenn wir von einem sehr leichten Reiter ausgehen - vielleicht und dann aber vermutlich nicht sehr lange.
Das reine "Tragen" benötigt andere Muskelfasern, als das bewegen mit Reiter. Also vereinfacht gesagt: Tragen funktioniert mit den dicken Kraftmuskeln während längere Bewegung mehr Ausdauermuskeln benötigt. Beim Reiten kommt es ja nicht darauf an, dass das Pferd kurzfristig eine hohe Last trägt, sondern man möchte ja auch eine gewisse Zeit lang drauf sitzen bleiben. Jedenfalls ist es in meinem Umfeld so, dass man eher mal zwei Stunden reitet, als nur für eine Minute aufsteigt, um zu piaffieren.
Am Ende ist es so wie immer: Die richtige Mischung machts und das eine Extrem ist genauso falsch wie das andere :lol:
Zuletzt geändert von sinsa am Mo, 21. Jan 2008 22:26, insgesamt 1-mal geändert.
thiesboettcher
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Beitrag von thiesboettcher »

...also...es geht doch erst einmal daru, Muskelkraft zu trainieren, also muss die entsprechenden Muskeln trainiert werden.

Dies geht natürlich entweder über den SChub, also eine kürzere Belastungsphase mit mehr SCHwung oder aber eher langsamer getragen.

Dem Muskel ist es "beinahe" egal.

ENtsprechend des Trainings werden eher die roten oder weißen Muskeln trainiert, wobei die roten ausdauernder sind, jedoch Sauerstoff benötigen, die weißen schneller, jedoch ohne Sauerstoff auskommen.
Ob ein Pferd mehr rote/weiße hat hängt von den Genen ab.

Es gibt jedoch noch Muskeln, die "beides" können, die trainiert man in der Tat mehr in die eine oder andere Richtung.

Es geht aber glaube ich gar nicht um die Kraft der Hinterhand, sondern um den langen Rückenmuskel, welche ein Bewegungsmuskel (aufgrund seiner STruktur) ist. ER darf also nie zum tragen genutzt werden, dass muss das Bändersystem des Pferdes machen.

Und zum Tragen der Bänder kommt es durch das v/a.

Den Rücken kann man sich auch bei "Versammlung holen", das war bei kurzen Pferden deutlich einfacher als bei langen und klassik/ FN haben meist auch unterschiedliche Pferdetypen.

EIne Sehr große Gefahr, wenn man gleich Tragkraft trainieren will ist halt, dass dieses Pferd sich eher im Rücken fest macht und den langen Rückenmuskel nicht mehr zur Bewegung nutzt, sondern zum tragen.

ALso Muskelkraft geht locker über beides, über vorwärtsreiten bekommt man aber etwas einfacher den Rücken mit.

So würde ich es sehen.

lg Thies
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Jen
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Beitrag von Jen »

sinsa hat geschrieben:
Jen hat geschrieben:... Und ich sehe absolut nicht den Sinn, einen für ein Reitpferd eigentlich falschen Bewegungsablauf über Jahre zu trainieren, wenn man eigentlich am Schluss etwas anderes will!
Nun ja: alles ist relativ. Ich persönlich reite ja schon ganz gerne und verstehe darunter, dass mein Pferd mit mir drauf vorwärts läuft.
Ein dauernd auf der Stelle stehendes oder piaffierendes wäre mir ganz simpel gesagt zu dröge :mrgreen:
Es spricht niemand davon NUR zu piaffieren. Aber die Piaffe ist ein Versammlungswerkzeug, das die Hankenbeugung sowohl erreicht als auch trainiert. Und um genau diese Beugung (in verschiedenen Abstufungen abhängig von Gangart und Tempi) der Gelenke geht es ja schlussendlich auch. GEnau das ist die Crux! Wir wollen die Beugung der GElenke ja nicht erst in der Piaffe! Sondern schon vorher in den freieren Gangarten! und wenn ich frage,
Sinsa hat geschrieben:
Jen hat geschrieben: Die Preisfrage ist: WIE bekommst du das Pferd dazu in der Stützphase die Gelenke zu beugen?
Einfach in dem ich mehr vorwärts schicke.
Ich mein... das ist doch nicht logisch! Du willst das eine erreichen und machst das Gegenteil davon...?
Jen hat geschrieben:... Wären es nämlich die genau gleichen Muskeln, in genau gleichem Verhältnis müsste ein Galopper oder Traber (Training auf Schub par excellence) die besten Piaffierer sein. Sind sie aber nicht! Und das hat weniger mit Exterieur etc. zu tun, sondern mit dem komplett anderen Training.
Du kannst es so oft wiederholen, wie Du magst, aber ich persönlich kenne keinen, der Schubkraft aufbaut, in dem er das Pferd Rennen laufen läßt :lol: Abgesehen natürlich von Rennpferdebesitzern/-trainern :roll:


:roll: Bitte hör auf, mir die Worte im Mund zu verdrehen. Das habe ich nicht gesagt.
Jen hat geschrieben:... Es überzeugt mich überhaupt nicht, ein Pferd 1-2 oder gar mehr Jahre nur auf Schubkraft zu trainieren und dann auf "wundersame Weise" bei der Piaffe zu gelangen. Das funktioniert so nicht! Wer selber an der Piaffe mit seinem Pferd arbeitet wird sehr schnell merken, dass das Pferd lieber schiebt als trägt, weil es ihm einfacher fällt .
Einen der Gründe dafür, warum erst Schub- und dann Tragkraft hast Du ja soeben selber niedergeschrieben. Man arbeitet vom Einfachen zum Schweren;-)
Indem du nur das einfache trainierst, kommst du nicht zum schweren. Ein weiser Ausbilder hat mal gesagt: Bilde dein Pferd im Gegenteil aus, was es dir anbietet. Denn das was es dir anbietet "kann" es ja schon. Lernphysiologisch ist es nämlich sehr ungünstig ein Bewegungsmuster vermehrt zu trainieren, welches falsch ist. Im Hirn werden diese "Bahnen" so gestärkt, dass sie schneller zum Zug kommen. Das wollen wir ja schlussendlich gar nicht! Ein gut trainiertes Pferd wird nämlich auch im Alltag auf der Weide ein besseres Bewegungsmuster zeigen, wenn es entsprechend trainiert wird und das geht bei einem gesunden Pferd sogar sehr schnell. Deswegen (@Thies) kommt es dem Muskel bzw. den Nerven sehr wohl darauf an, wie er trainiert wird. Wenn das Pferd schlecht angaloppiert, dann nützt es nichts dieses schlechte angaloppieren 100x zu üben, dabei übt das Hirn das schlechte angaloppieren und nicht das gute. Wenn das Pferd das gegenteilige Bewegungsmuster zeigt, als wir schlussendlich ausbilden möchten, dann ist es nicht sinnvoll, dieses schlechte Bewegungsmuster über Monate/Jahre hinweg zu trainieren. Ich habe öfters mit Pferden mit gesundheitlichen Problemen im Bewegungsapparat zu tun. Würde ich sie so falsch laufen lassen, dann würde ich die Probleme verstärken, anstatt zu verbessern. Eine junge Remonte hingegen steht ganz am Anfang: ich "programmiere" sein Hirn doch nicht zuerst falsch, um ihm dann nach 2 Jahren zu sagen: Freundchen, das was wir bisher gemacht haben ist nicht das, was wir eigentlich wollen.

Noch immer fehlt mir von Dir der Ansatz, wie Du denn nun die Tragkraft ohne Schubkraft trainieren möchtest und was die Vorteile sein sollen.
Mal angenommen, ich bilde mein Pferd als erstes an der Hand zur Piaffe aus und stärke auf dem Weg dahin die Schubkraft so wenig wie möglich.
Wird es dann das bessere Reitpferd sein?
Wenn du dir einmal die Mühe machen würdest, meine Texte genau zu lesen, dann würdest du das jetzt nicht fragen.

1. Ich sage NICHT Tragkraft ohne Schubkraft trainieren. WO habe ich das geschrieben!

2. Ich habe nicht geschrieben, ich bilde das Pferd erst an der Hand zur Piaffe aus, bevor ich mich draufsetze.

Langsam werde ich sauer, denn ich mache mir nicht die Mühe alles möglichst genau aufzuschreiben, für das dass es du überhaupt nicht liest und mir dann die Worte im Mund verdrehst.

Nochmals für dich in Kurzform:
an der Hand:
über die Stellung die Biegung erreichen, damit das innere Hinterbein kontrolliert wird -> Vorschwung und Platzierung des inneren Hinterbeins kontrollieren -> damit den Schub kontrollieren: nie mehr Schub als im Verhältnis auch Vorschwung des Hinterbeins möglich, das heisst, Takt und Tempo so wählen, dass Schub nicht überwiegt (extra für sinsa: nicht überwiegt heisst nicht: nicht vorhanden, sondern im Verhältnis kleiner als.) dies nach und nach ausbauen, so dass Tempi (am Anfang nur ganz leicht, später mehr) variiert werden können, ohne dass dabei das Verhältnis von Vorschwung und Schub nach hinten ins negative verändert wird.
--> das v/a kommt dabei von alleine, das ist ein Nebenprodukt, weil das innere HB zu tragen anfängt und über die Biegung die äussere Oberlinie gedehnt wird, können sich die Rückenmuskeln frei bewegen (Bewegungsmuskeln!) und die Bauchunterlinie kommt vermehrt zum arbeiten (hängt mit dem inneren HB zusammen!). Erst wenn diese Form einigermassen gefestigt ist, verlange ich mehr Aktivität = Kraft IN DIESEN Bewegungsablauf. Das heisst, OHNE VERÄNDERUNG des Verhältnisses Vorschwung-Schieben, dabei federt die HH mehr durch.
--> um mehr in Richtung Versammlung zu arbeiten: Schub abkürzen (Timing der Hilfengebung!), ohne den Vorschwung zu verlieren (beachte: um etwas nicht zu verlieren, muss es erst vorhanden sein!)
--> um mehr in Richtung gestreckte Gangart zu arbeiten, Vorschwung fördern (Timing der Hilfengebung) und dabei immer im positiven Verhältnis bleibend mehr Schub zulassen (nicht mehr Schub verlangen. positives Verhältnis = nicht mehr Schub als Tragkraft vorhanden--> je mehr Tragkraft vorhanden, desto mehr Schubkraft kann man zulassen) (wiederum: Timing der Hilfengebung!).

Unter dem Reiter:
dann mehr od weniger das gleiche: Gewöhnung an das passive Reitergewicht, Aufbau der Hilfengebung aufgrund der Vorbereitung am Boden, üben des positiven Bewegungsablaufes. Genaueres kannst du ja in meinen Ausbildungstagebüchern lesen, wo 3 junge Pferde vom 1. Tag der Weide bis zum ersten Anreiten beschrieben werden.
Liebe Grüesslis, Jen
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Beitrag von thiesboettcher »

Jen hat geschrieben:Deswegen (@Thies) kommt es dem Muskel bzw. den Nerven sehr wohl darauf an, wie er trainiert wird. Wenn das Pferd schlecht angaloppiert, dann nützt es nichts dieses schlechte angaloppieren 100x zu üben, dabei übt das Hirn das schlechte angaloppieren und nicht das gute. Wenn das Pferd das gegenteilige Bewegungsmuster zeigt, als wir schlussendlich ausbilden möchten, dann ist es nicht sinnvoll, dieses schlechte Bewegungsmuster über Monate/Jahre hinweg zu trainieren. Ich habe öfters mit Pferden mit gesundheitlichen Problemen im Bewegungsapparat zu tun. Würde ich sie so falsch laufen lassen, dann würde ich die Probleme verstärken, anstatt zu verbessern. Eine junge Remonte hingegen steht ganz am Anfang: ich "programmiere" sein Hirn doch nicht zuerst falsch, um ihm dann nach 2 Jahren zu sagen: Freundchen, das was wir bisher gemacht haben ist nicht das, was wir eigentlich wollen.
dem Muskel ist es egal, nur nicht dem Kleinhirn, in welchem das Bewegungsmuster abgespeichert wird und dann die Anweisungen an die entsprechenden motorischen Centren weitergibt.

Außerdem hat hier glaube ich niemand über FALSCHE Bewegungsmuster gesprochen, das ist völlig klar, selbst mir.

Es geht aber um unterschiedliche Bewegungsmuster. Auch wenn ich laufen will ist es nicht verkehrt, wenn ich auch mal hüpfe 8)

und auch schadet es dem Pferd nicht, wenn es schieben und tragen kann.


Ich verabschiede mich jetzt hier aus der Diskussion, ich habe langsam den Eindruck, es geht nur darum, Recht zu haben.

Es gibt mehrere Wahrheiten.

Und wenn ich das mal erwähnen darf, Du schreibst so schön, DU möchtest nicht, dass Dir die Worte verdreht werden- tue es bitte dann auch nicht.

lg Thies
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Jen
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Beitrag von Jen »

thiesboettcher hat geschrieben: Außerdem hat hier glaube ich niemand über FALSCHE Bewegungsmuster gesprochen, das ist völlig klar, selbst mir.
Ich sehe aber ein Bewegungsmuster, das vorwiegend Schub statt Tragkraft hat, als Falsch an, weil daraus verschiedentlich gesundheitliche Probleme entstehen. Offenbar sehen aber hier einige, dieses Bewegungsmuster nicht als falsch an.
und auch schadet es dem Pferd nicht, wenn es schieben und tragen kann.
es kann sehr wohl schaden. Es ist kein Zufall, dass heutzutage Rückenprobleme das Gesundheitsproblem nr 1 der Reitpferde ist... :(

Ich verabschiede mich jetzt hier aus der Diskussion, ich habe langsam den Eindruck, es geht nur darum, Recht zu haben.
Schade.
Es gibt mehrere Wahrheiten.
Für jeden Menschen gibt es v.a. die eigene Wahrheit ;) für das PFerd aber ist es einfach: entweder es wird gesund trainiert oder nicht.
Und wenn ich das mal erwähnen darf, Du schreibst so schön, DU möchtest nicht, dass Dir die Worte verdreht werden- tue es bitte dann auch nicht.
Ich bemühe mich dies nicht zu tun, deswegen muss ich auch immer so viel zitieren. Aber wenn man von mir verlangt mich genau auszudrücken, dann muss ich das auch vom Gegenüber verlangen können und möchte mehr als nur ein paar plakative Phrasen und dann im nachhinein sagen: er/sie meine das aber gaaanz anders. Ich bin keine Hellseherin. Und naja... wenn ich mich in der GEgend so umschaue und sehe wie an den meisten Orten geritten wird, sehe wie die Pferde bemuskelt sind und wie sie sich bewegen, kommen mir einfach Zweifel ob das gängige System sich in die richtige Richtung entwickelt (und damit ist jetzt nicht Rollkur etc. gemeint).

Mein Ziel mit diesem Thread ist GEdankenaustausch und sich wieder einmal richtig hinterfragen, was denn diese Begriffe, die wir tagtäglich benutzen im praktischen Sinne bedeuten und was sie auch für Konsequenzen in unserem praktischen Tun haben. Also nicht nur graue Theorie! Sondern down-to-earth Themen. :D
Liebe Grüesslis, Jen
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Beitrag von sinsa »

Jen hat geschrieben:Ich sehe aber ein Bewegungsmuster, das vorwiegend Schub statt Tragkraft hat, als Falsch an, weil daraus verschiedentlich gesundheitliche Probleme entstehen. Offenbar sehen aber hier einige, dieses Bewegungsmuster nicht als falsch an..
Doch, das wäre falsch! Jedenfalls, wenn es denn so wäre, dass irgendjemand zu viel Schub oder gar nur Schub verlangen würde. Das macht aber doch hoffentlich keiner :shock:
Ich habe scheinbar einfach andere Erfahrungungen gemacht als Du.
Diejenigen die ihr Pferd ständig über Tempo laufen lassen, die haben sich einfach noch nie ne Platte gemacht, was Pferdeausbildung betrifft. Die machen das also nicht, weil sie mal gehört haben, dass man Schubkraft vor Tragkraft ausbilden sollte. Die haben gar keine Theorie :lol:
Alle anderen würden immer versuchen ihren Aufbau so ausgewogenen wie möglich zu gestalten.

Jen hat geschrieben:
und auch schadet es dem Pferd nicht, wenn es schieben und tragen kann.
es kann sehr wohl schaden. Es ist kein Zufall, dass heutzutage Rückenprobleme das Gesundheitsproblem nr 1 der Reitpferde ist... :(
Das liegt ganz gewiss nicht daran, dass ein Pferd beides kann!!!!
Jen hat geschrieben:... wenn ich mich in der GEgend so umschaue und sehe wie an den meisten Orten geritten wird, sehe wie die Pferde bemuskelt sind und wie sie sich bewegen, kommen mir einfach Zweifel ob das gängige System sich in die richtige Richtung entwickelt (und damit ist jetzt nicht Rollkur etc. gemeint).
Ich würde mich eher fragen, wie viele sich denn tatsächlich die Mühe machen, für die Reiterei und/oder die Pferdeausbildung die Nase in die Theorie zu stecken und sich da auch durchbeißen. Für sehr viele ist es ja schon supi, wenn sie auch nur Unterricht nehmen. Das muß dann als Theorie reichen.
Für die Diskussion hier, wäre es aber hilfreich, wenn alle Beteiligten davon ausgehen würden, dass alle, die hier mitlesen oder sich an der Diskussion beteiligen durchaus schonmal das eine oder anderee Buch in der Richtung in der Hand hatten und dass sich alle mindestens bemühen, auch zu verstehen, was sie lesen.
Jen hat geschrieben:... Mein Ziel mit diesem Thread ist GEdankenaustausch und sich wieder einmal richtig hinterfragen, was denn diese Begriffe, die wir tagtäglich benutzen im praktischen Sinne bedeuten und was sie auch für Konsequenzen in unserem praktischen Tun haben. Also nicht nur graue Theorie! Sondern down-to-earth Themen. :D
Schön wäre es dann aber, wenn wir uns zukünftig ALLE austauschen würden und nicht nur einfach gegeneinander reden würden :D
_________________________________________________________

Und nun wieder zum Thema :lol:

(vorsicht lang und auch mit Wiederholungen)
Ich hoffe, dass wir uns mit diesem Beitrag ein wenig annähern und ab hier wieder etwas entspannter weiter zusammen grübeln :D
Das ist nur eine bzw. meine persönliche Sicht der Dinge. Ich erhebe keinen Anspruch auf Richtigkeit oder Allgemeingültigkeit.
Ich wiederhole nochmal, dass man durchaus zuerst vermehrt die Tragkraft fördern kann.
Und da das hier so ewig lang ist, bitte ich Euch außerdem um Nachsicht für diverse Tippfehler, merkwürdige Kommasetzung und eventuell nicht blitzsauber formulierte Dinge.


Jen hat geschrieben:
Sinsa hat geschrieben:
Jen hat geschrieben: Die Preisfrage ist: WIE bekommst du das Pferd dazu in der Stützphase die Gelenke zu beugen?
Einfach in dem ich mehr vorwärts schicke.
Ich mein... das ist doch nicht logisch! Du willst das eine erreichen und machst das Gegenteil davon...?

Naja, manchmal muß man kleine "Umwege" gehen.

Wenn ich von einem ungerittenen Jungpferd ausgehe, dann wird sich dieses Pferd schon "an seinen Köper gewöhnt" haben. Das heißt, es kann sich selber tragen und "weiß" wo sein Schwerpunkt ist. Es weiß also ziemlich genau, wohin es die Hinterbeine setzen muß, um pferdegerecht in seinem eigenen Schwerpunkt bzw. seinem eigenen Gleichgewicht zu sein und der gesamte Körper hat sich an die dafür nötigen Bewegungsabläufe "gewöhnt".
Es zeichnet sich nun durch die -so oft als "unverbraucht" betitelte- Gangmechanik aus, die der Mensch so gerne auch unter dem Reiter erhalten will. Dazu muß ich aber dem Pferd irgendwie beibringen, dass es zukünftig lernen muß, mit den Hinterbeinen etwas mehr in Richtung Schwerpunkt zu fußen. Denn es soll ja nun zusätzlich noch den Reiter tragen. Um aber weiter untertreten zu können, muß ich erstmal die vorhandenen Muskeln, Sehnen und Bänder darauf vorbereiten zukünftig ein wenig mehr, als eigentlich nötig, zu arbeiten. Diese Arbeit verlangt zwei Dinge: einmal die Kraft zu tragen und zum anderen muß ich die Sehnen, Bänder und Muskeln ein wenig!! dehnen. Wie aber dehne ich ein Pferd?
Diese Dehnung erreiche ich z.B. dadurch, dass ich die Größe des Beinpendels erhöhe. Wobei wir mal wieder beim Schub sind :roll: :lol:
Jen hat geschrieben:Indem du nur das einfache trainierst, kommst du nicht zum schweren.
Da stimme ich Dir zu. Ich habe aber geschrieben:
Sinsa hat geschrieben:Man arbeitet vom Einfachen zum Schweren;-)
Das Einfache:
Ich kann mit dem Jungpferd geradeaus und auf großen Linien/Bögen arbeiten. Dabei wärme ich auf und überfordere ganz sicher nicht. Ist das Pferd aufgewärmt, kann ich den Schub dazu nehmen.
Das heißt ich erhöhe leicht das Tempo, was bewirken wird, dass sich das Beinpendel vergrößert, was auch bedeutet, dass ich alles ein wenig dehne.

Das Schwere:
Als nächstes werde ich in Richtung kleinerer Bögen arbeiten. Dabei nicht an kleine Volten, sondern an einen leicht verkleinerten Zirkel denken. Nun habe ich meine erste Einheit Tragkraft schon mit in den Aufbau des Pferdes dazu genommen. Die aufgewärmten und -wirklich nur leicht gedehnten Muskeln, Sehnen und Bänder- sind bereit dafür Kraft zu trainieren.
DAS ist unbedingt zu beachten!!!
Nur dann kann man Kraft trainieren und Tragkrafttraining ist ein Kraftsport! Beachtet man das nicht, kann das zu schweren Schäden führen.
****und ich betone an dieser Stelle, dass ich niemals und zu keiner Zeit unterstellen möchte, dass jemand, der vermehrt erst die Tragkraft aufbauen möchte soetwas ohne Vorbereitung tun würde!!!*****

Nun kann man sich fragen, warum dass schon Tragkraft ist und warum ich das von mir beschriebene Vorgehen am Anfang schon als Schub an erster Stelle bewerte.
Wenn ich mir ein Pferd auf der Weide betrachte. Dann wird es die meiste Zeit mit fressen beschäftigt sein. Das heißt, das Pferd bewegt sich mit kleinen/kurzen Schritten kreuz und quer von Grasbüschel zu Grasbüschel.
Hin und wieder wird es sich ablegen oder irgendwo rumdösen. Die Spiel- und Rennphasen sind die einzigsten kurzen Momenten, in denen das Pferd mal seine volle Bewegungsfähigkeit nutzt/trainiert. Zügiges Laufen am Stück wird man nicht sehen. Wie auch - die Wandern wohl kaum ohne Not immer rund um die Weide, um sich fit zu halten :lol:
Man kann also davon ausgehen, dass der Bewegungsapparat eher zu kurz/stramm für die zukünftig gewünschte Arbeit ist.

Ganz sicher, kann man sich an dieser Stelle darüber streiten, ob nun die Henne oder das Ei an erster Stelle steht - und das machen wir hier ja auch in aller Ausführlichkeit :mrgreen:

Es geht lediglich darum nocheinmal herauszustellen, warum ich die Reihenfolge erst Schubkraft - dann Tragkraft favorisiere.
Ich persönlich halte diese Reihenfolge bei jedem Trainig ein. Erst Aufwärmen, dann Tempo ohne große Anstrengung, dann Arbeit.
Ich weiß durchaus, dass es so einige gibt, die ihr Pferd von der Koppel ziehen, aufsteigen und *schwups* die Seitengänge reinschmeißen.
Ich persönlich halte das aus Trainingsphysiologischer Sicht für falsch, wenn auch manchmal verlockend :lol:
Und das sowohl beim Pferd, als auch beim Menschen.
Jen hat geschrieben:Nochmals für dich in Kurzform:
an der Hand:
über die Stellung die Biegung erreichen, damit das innere Hinterbein kontrolliert wird -> Vorschwung und Platzierung des inneren Hinterbeins kontrollieren -> damit den Schub kontrollieren: nie mehr Schub als im Verhältnis auch Vorschwung des Hinterbeins möglich, das heisst, Takt und Tempo so wählen, dass Schub nicht überwiegt (extra für sinsa: nicht überwiegt heisst nicht: nicht vorhanden, sondern im Verhältnis kleiner als.) dies nach und nach ausbauen, so dass Tempi (am Anfang nur ganz leicht, später mehr) variiert werden können, ohne dass dabei das Verhältnis von Vorschwung und Schub nach hinten ins negative verändert wird.
--> das v/a kommt dabei von alleine, das ist ein Nebenprodukt, weil das innere HB zu tragen anfängt und über die Biegung die äussere Oberlinie gedehnt wird, können sich die Rückenmuskeln frei bewegen (Bewegungsmuskeln!) und die Bauchunterlinie kommt vermehrt zum arbeiten (hängt mit dem inneren HB zusammen!). Erst wenn diese Form einigermassen gefestigt ist, verlange ich mehr Aktivität = Kraft IN DIESEN Bewegungsablauf. Das heisst, OHNE VERÄNDERUNG des Verhältnisses Vorschwung-Schieben, dabei federt die HH mehr durch.
--> um mehr in Richtung Versammlung zu arbeiten: Schub abkürzen (Timing der Hilfengebung!), ohne den Vorschwung zu verlieren (beachte: um etwas nicht zu verlieren, muss es erst vorhanden sein!)
--> um mehr in Richtung gestreckte Gangart zu arbeiten, Vorschwung fördern (Timing der Hilfengebung) und dabei immer im positiven Verhältnis bleibend mehr Schub zulassen (nicht mehr Schub verlangen. positives Verhältnis = nicht mehr Schub als Tragkraft vorhanden--> je mehr Tragkraft vorhanden, desto mehr Schubkraft kann man zulassen) (wiederum: Timing der Hilfengebung!).

Unter dem Reiter:
dann mehr od weniger das gleiche: Gewöhnung an das passive Reitergewicht, Aufbau der Hilfengebung aufgrund der Vorbereitung am Boden, üben des positiven Bewegungsablaufes. Genaueres kannst du ja in meinen Ausbildungstagebüchern lesen, wo 3 junge Pferde vom 1. Tag der Weide bis zum ersten Anreiten beschrieben werden.
Vielen Dank dafür :D

Ich nehme mal ganz stark an, dass auch Du vorher aufwärmst und nicht zum Kaltstart neigst.
Und schon sind wir uns einig - hoffe ich jedenfalls mal ganz stark :D
Und natürlich ist Dein Einwand berechtigt, wenn Du nun sagst, Du möchtest es ja grundsätzlich nicht anders machen, sondern nur am Ende die Gewichtung des Trainings mehr auf die Entwicklung der Tragkraft zu legen.
Meine Meinung dazu ist: Das kann man meiner Meinung nach machen :D
Solange man es nicht "übertreibt".

Ich aber würde es nicht tun.
Denn wenn ich mir die gesamte "Konstruktion" Pferd ansehe dann ist ein Pferd einfach für das Tragen nicht gemacht.
Auf der anderen Seite ist ein Pferd aber ein Wanderfresser und damit ist es dafür gemacht im weitesten Sinne des Wortes vorwärts zu kommen.
Aus diesem Grund komme ich zu dem Schluß, dass sich (zuviel) Schubkraft IM VERHÄLTNIS weniger dramatisch auf einen Pferdekörper auswirkt als (zuviel) Tragkraft.

Ein weiterer Grund dafür, warum ich mit der Tragkraft immer vorsichtiger umgehen werde, ist ein ziemlich theoretischer, nämlich der, dass ich stark vermute, dass man von einem Pferd, dass sehr viel kann, auch viel mehr verlangen würde.
Man würde sich niemals zurückhalten und würde alles reiten, was geht.
Passage, Trabverstärkungen, Galopp auf kleinen Bögen, Piaffen etc.
Wer könnte sich da zurückhalten? :shock:
Das sind aber alles Lektionen, die man nicht umsonst mit bedacht einsetzten und nicht um ihrer selbst willen reiten sollte.
Für die Leistung "Tragkraft" braucht es, meiner Meinung nach, eine lange Zeit, in der man Muskeln, Sehnen Bänder und Gelenke sehr langsam und schonend vorbereiten sollte, da das Pferd dafür nicht gemacht ist.
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Beitrag von Janina »

Jen hat geschrieben:Hallo Janina

1. Das ist durchaus nicht alles auf meinem Mist gewachsen.

2. Ich zweifle nicht den Einsatz bestimmter Muskelgruppen an, sondern die genau gleiche Tätigkeit bei verschiedenen Bewegungsabläufen. Das geht physiologisch einfach nicht. Frag mal eine Physiotherapeutin dazu.
zu 1. Dann nenne doch mal die Quellen, aus denen du das hast. Für mich wirkt es nämlich im Moment auch, als ginge es einfach um´s "Recht-haben-Wollen"... :(
zu 2. Inwiefern "geht was nicht"? U. was genau soll mir eine Physiotherapeutin dazu erklären?

Noch mal zu den Rennpferden:
Ich habe mehrmals betont, dass ich nicht von einem "über-dem-Tempo-Reiten" schreibe. Dann kamst du (zum wiederholten Male) mit den Rennpferden... Was, wenn nicht der Renngalopp ist "über-dem-Tempo"? (u. trotzdem bleibe ich dabei, dass Rennpferde rein muskulär betrachtet großartige "Piaffers" sein müssten, nur dass die Piaffe bei ihnen nicht abrufbar ist; aber hier bewegen wir uns im Bereich der Spekulation, was uns in der Diskussion keinen Deut weiter bringt)

Uns unterscheidet, glaube ich, einfach schon ein sehr grundsätzlicher Punkt:
Du empfindest Schub als etwas Negatives, ich nicht (deshalb spreche ich auch nicht von einem "falschen Bewegungsablauf").

U. ich schließe mich meinen Vorrednern an, die vom Leichten zum Schweren arbeite. Also erst die für das Pferd natürlichere Schubkraft, dann die Tragkraft.
Auch ich beziehe mich hier noch mal auf die Tragfähigkeit des Rückens: Hierfür muss ich (bei einem jungen Pferd) über das v.w.-a.w. gehen, das eine Schonung des Rückens sichert. V.w.-a.w. bedeutet vorübergehend eine vermehrte Belastung der Vorhand, die ich für wenig risikoreich halte, da sie im Gegensatz zur HH genau für diese stützende Tätigkeit vorgesehen ist.
Wenn das Gewicht am Anfang mehr vorne ist, schließt sich ein vemehrtes Tragen hinten erst mal aus. Möchte ich aber irgendwann dahin kommen, muss ich das Pferd darauf vorbereiten u. in diese Richtung arbeiten.
Vorbereitung heißt für mich: Muskeln stärken (über Training der Schubkraft)
in diese Richtung arbeiten: vermehrtes Untertreten u. Beugen der HH fördern durch geschickte Kombination verschiedenster Seitengänge in allen Variationen, wobei ich hier schon nicht mehr von einer v.w.-a.w.-Position ausgehe.
In dieser Reihenfolge.

Letztlich werde ich nicht davon abweichen, so lange es kein gutes Argument dafür gibt (das habe ich hier bisher noch nicht gelesen).
Das Argument "Gesundheit" kannst du dir so, meiner Ansicht nach, ohne genauere Erläuterung nicht zu eigen machen.
Wieviele Pferde sind auf diese Art bei dir alt geworden? Wie wurde ihre Gesundheit kontrolliert (Röntgenbilder, o.ä.)? U. z. B. gerade in Bezug auf Arthrosen spielt auch eine hohe genetische Veranlagung mit rein, weshalb man auch diesen Hintergrund abklären müssten, um wirkl. sagen zu können, dass die Pferde "durch die Art des Reitens" gesund geblieben sind.

Liebe Grüße,
Janina
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