Angst in der Halle...

Infos und Fragen rund ums Thema "wie Pferde denken"...

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minou
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Angst in der Halle...

Beitrag von minou »

Folgendes Problem:

Für Bekannte reite ich z.Z. einen fast 5 Jahre alten Wallach ein. Wir wissen eigentlich nur, daß er alleine mit seiner Mama aufgewachsen ist und später dann in einen Pensionsstall kam, weil der Besitzer aufgrund eines Reitunfalles jahrelang im Koma lag. Um das Pferd wurde sich nur wenig gekümmert. Jetzt hat ihn der Opa zum Schlachtpreis für seine 11 Jahre alte Enkelin gekauft (Reitschulkenntnisse).
Sein Sozialverhalten war natürlich bescheiden, ist aber inzwischen i.O.

Das Pferd ist eigentlich sehr unkompliziert und brav. Ich komme sehr gut mit ihm zurecht. Aufgrund seines Gebäudes ist er nicht leicht zu reiten (Äppi x Traber, kurzer dicker Hals, kurzer breiter Rücken, riesiger Hintern), aber das wird schon.
Das einzige große Problem ist, daß er wahnsinnig Angst vor Geräuschen außerhalb der Halle hat.
Das heißt, wenn ich ihn in der Halle reite und ein Traktor fährt vorbei, düst er los, rast in die nächste Ecke und geht da ungern wieder raus.
Letztesmal hat er seine Besitzerin so abgesetzt, daß sie bewußlos war.

Ich bin eine sehr sichere und keinesfalls ängstliche Reiterin. Ich kann ihn trotz der Problematik reiten und ihn auch halten, wenn er wieder explodiert. Im Gelände ist er übrigends superbrav.

Seine Besitzerin möchte auf alle Fälle wieder reiten, ich bin aber dagegen, solange das Pferd so "unberrechenbar" ist (Manchmal passiert halt nur ein kleiner Seitenhüpfer).

Er hat sonst keine Angst vor Autos oder Traktoren, wenn er sie sehen kann.

Wie kann man dieses Pferd "geräuschfest" machen.
Unsere Halle liegt an einer landwirtschaftlichen Straße und dort ist natürlich immer was los.

Ich hoffe auf viele Tipps.

Carola

P.S. Wir brauchen natürlich nicht darüber diskutieren, daß es Blödsinn ist, einem 11jährigem Mädel ein rohes Pferd zu kaufen. Aber nun ist`s passiert, und wir versuchen das Beste daraus zu machen.
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Indem uns das Pferd sein Vertrauen schenkt, fordert es uns zu einer disziplinierten Reitweise auf. Charles de Kunffy
Esprit05

Beitrag von Esprit05 »

Ich würde es vielleicht erstmal an Geräusche gewöhne, die es sehen kann, z.B. Klappersäcke etc. Wenn das klappt in der Halle erstmal Bodenarbeit machen (oder reagiert er da anders?)
Reagiert er nur auf die Fahrzeuggeräusche so, oder auch auf andere Geräusche außerhalb der Halle?
Seid wann arbeitest du schon mit ihm? Vielleicht brauch er einfach noch mehr Vertrauen...
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Susanne
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Beitrag von Susanne »

Ich würde das ganze erst mal vom Boden aus in aller Ruhe üben. An der Hand rein in die Halle und Bodenarbeiten (Handschuhe sind ja selbstverständlich, falls er sich doch losreißen möchte weil er erschrickt). Und ihn auf diese etwas ungefährlichere Art daran gewöhnen, daß da draußen Geräusche sind und er trotzdem weiterhin auf den Menschen hören soll und ihm rein gar nichts passiert.
Liebe Grüße
Susanne
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minou
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Beitrag von minou »

Ich arbeite seit ca. 5 Monaten mit ihm. Er ist überhaupt sehr geräuschempfindlich. Ich übe viel mit ihm am Boden, auch mit verschiedenen "Geräuscherzeugungen". Er wird dann sehr ängstlich bis panisch. Manchmal hüpft er schon weg, wenn ich den Verschluß meiner Reitkappe aufmache. Das üb ich dann halt solange, bis er nicht mehr darauf reagiert (viel Lob und Leckerlies).
Es gibt aber auch Tage, wo er total cool ist. Er ist einfach ein bisserl unberechenbar.

Carola
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Feendrache
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Beitrag von Feendrache »

Nur mal ne Frage:
Kennt er die Strasse hinter der Halle?
Also bist du mal mit ihm auf der anderen Seite der Wand gewesen?
In nur vier Zeilen was zu sagen
erscheint zwar leicht; doch es ist schwer!
Man braucht ja nur mal nachzuschlagen:
die meisten Dichter brauchen mehr ... (Heinz Erhard)
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Erinnert mich an Blinky in der Halle. Dort hatten wir eine ähnliche, allerdings nicht ganz so heftige Reaktion auf Geräusche von außerhalb. Irgendwie verständlich, daß Pony hatte acht Jahre seines Lebens keine Halle gesehen!

Ich habe auf Bachblüten zurückgegriffen, was supergut geholfen hat und viel Geduld und Spucke. Wichtig war, daß ich im Sicherheit gab, wenn ich schon im Ansatz merkte, daß er Angst bekam. Notfalls müßt ihr eine ganze Zeit konstant nur Handarbeit und Longe machen, eventuell geführtes Reiten. Solange, bis er euch vertraut und sicher ist.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

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Julia
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Beitrag von Julia »

Vielleicht hat er was mit den Ohren??
Habe ich zwar nochnicht gehört aber kann ja vielleicht sein ??
Oder mit den Augen, sodaß es ihm Angst macht wenn er es hört aber nicht sieht?

Wenn das alles wegfällt würde ich auch Geräuschvolle Bodenarbeit machen und vielleicht könnt Ihr mal Trecker-und die anderen Geräusche aufnehmen und ihn dann frei in die Halle lassen, die Sachen abspielen, damit er sich ersteinmal alleine damit auseinandersetzen muß.
Ich habe soetwas mal mit einem Pferd gemacht denn da hatte ich das Gefühl der muß sich damit einfach alleine ausseinandersetzen und es hat geklappt.

Wie ist er denn sonst bei der Bodenarbeit ?
Es gibt da ja eine Menge Vertrauensfördernde Übungen.
Bei so einem Pferd sind vielleicht auch die Arbeiten gut die ihm Mitteilen das Du Chef (Leittier) bist und er folgt, denn daran wird sich in der Herde ja auch orientiert und wenn das Leittier sagt alles ist gut, wird es ja eigentlich auch übertragen...
Liebe Grüße, Julia
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mellison
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Beitrag von mellison »

Also mir ging es mit meinem Pferd auch so. Sie hatte keine angst vor Treckern oder der gleichen aber in der Halle ist sie vor jedem Geräusch auf und davon. Im neuen Stall war das fast wie auf einen Schlag weg. Es kommt noch manches Mal durch, wenn sie sich in der Arbeit überfordert fühlt, dann nimmt sie jeden Grund als Anlass durchzudrehen. Und die Geräusche kennt Sie. aber in solchen Situationen tickt sie wieder aus. Und was gan wichtig ist, unsere Beziehung hat sich seit den Umzügen und der Arbeit miteinander verbessert. Vertrauen und nicht Überfordern das war und ist bei uns das Zauberwort.
LG mellison

Reiten ist ganz einfach denn du brauchst fast nichts machen. Reiten ist aber auch ganz schwer denn du darfst auch fast nichts machen.
minou
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Beitrag von minou »

Ja, er kennt die Strasse.
Ich arbeite mit ihm nach Geitner`s "Be strict" Methode, weil er von Anfang an etwas schwierig war.
Er hat auch immer wieder Verletzungen, weil er auch im Auslauf abundzu austickt und dann über die unmöglichsten Sachen springt.
Wir hatten auch viele Probleme, einen passenden Sattel zu finden. Da reagiert er ziemlich heftig, wenn der zwickt. Die Sattlerin kommt im Moment alle 6 Wochen zur Kontrolle.
Viele hohe Tierarztrechnungen waren schon fällig, Hufschmied ist problematisch.
Trotz "nur" Schlachtpreis ist er bisher ein sehr teures Pferd geworden.
Aber ich krieg den Burschen schon hin, hab halt nur Angst um das Mädchen. Sie arbeitet auch am Boden mit mir mit und es klappt auch gut.
Nur eim Reiten fehlt ihr halt der Sitz und die Kraft.

Carola
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Für mich hört sich das schwer nach Heilpraktikerfall an.
Schon mal ne konstitutionelle Behandlung in Erwägung gezogen? Oder eine Behandlung mit Bachblüten?
Und mit dem Sattel: War zusätzlich zum Sattler auch mal ein Osteo da?

Ansonsten bist Du sicherlich mit Konsequenz und entsprechender Vermittlung von Sicherheit und regelmäßigen Abläufen auf einem guten Weg.
Weiterhin viel Erfolg wünscht
ottilie
Es grüsst ottilie
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Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Carola,

mir kommt es so vor, als würde das Tier mit all den neuen Eindrücken (neuer Besitzer, neue Herde, neue Umgebung, nues Equipment und das Anreiten) etwas überfordert werden. Es braucht einfach Zeit, um sich an all das in Ruhe gewöhnen zu können, denke ich.

Außerdem habe ich leider auch die Erfahrung machen müssen, dass das Vertrauen unbedingt zu der Bezugsperson aufgebaut werden muss und es wenig Sinn macht es zu einem Anderen Menschen herzustellen.

Undine war ein panischer Durchgänger im Gelände. Nach zwei Jahren lies sie sich nur von mir dort ohne Sattel und Zaumzeug reiten. Ihre Besitzerin konnte weiterhin nicht ins Gelände mit ihr gehen.

Insofern finde ich es gut, dass Du das Mädel bei der Bodenarbeit mit einbeziehst und sie soviel wie möglich selbst mit diesem Tier machen lässt. Allerdings wäre es bestimmt besser dies nicht gleich an einem Ort der Angst zu tun, bis die Beiden mehr zusammengewachsen sind.

Undine wollte z. B. auch nicht in einen Roundpen mit mir gehen, der von einer 2m hohen Bretterwand umgeben war. Dort knallte sie völlig durch und ich ging dort vorerst nicht mehr mit ihr rein. Was es war, kann ich nicht genau sagen aber ich vermute, dass es die Geräusche waren, die ihr dort zu unheimlich wurden, weil sie sie nicht genau zuordnen konnte, auch versuchte sie ständig über diese Wand zu schauen und stieg an ihr hoch. Sie wollte da einfach nur raus und gerit bei jedem fremden Geräusch sofort in Panik. Erst als sie völlig entspannt und gelassen war, versuchte ich es dann erneut, nur um ihr zu zeigen, dass dort kein Wolf lauert, der sie frisst. Dann habe ich sie dort getoucht und ihr etwas zu fressen gegeben. Nun wollte sie beim nächsten Mal wieder nachsehen, ob es nicht wieder etwas zu holen gibt. :wink:

Bei uns im Stall werden Pferde, die noch keine Halle kennen, dort zusammen mit einem Kumpel, der dabei völlig entspannt bleibt, frei laufen gelassen. Da wird etwas Heu und ein Trog voll Wasser hingestellt und dann dürfen die Beiden dann ein paar Stunden dort gemeinsam verbringen. Anfangs wird etwas rumgetobt, danach gewälzt und dann gefressen. Nichts wird von ihnen verlangt. Sie dürfen sich mit dieser Situation ganz alleine auseinandersetzen und die Menschen schauen nur zu. Vielleicht wäre das eine Möglichkeit, da einen Schritt weiter zu kommen. Und wenn die Tiere sich gelöst haben, könnte das Mädel auch mal mit ein paar Möhren zu ihnen reingehen etc.

Wünsche euch alles Gute
Manfred
Sheitana
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Beitrag von Sheitana »

Würde auch mal empfehlen einen Osteo und vor allem einen Heilpraktiker an das Pferd zu lassen.
Bachblüten könnten wie Josa schon sagt auch viel helfen.

LG
Sheitana
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Sheitana
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Janina
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Beitrag von Janina »

Gibt es nicht vlt. die Möglichkeit, ihm zu zeigen, was für Geräusche das sind, die ihm in der Halle so viel Angst machen?
Muss ja nicht unter dem Sattel sein.
Lasst mal jemanden, wenn ihr in der Halle seid, mit ´nem Traktor draußen vorbei fahren (aber nicht wegfahren), geht dann mit ihm raus, so dass er sehen kann, woher das Geräusch kommt.
Vlt. ist er in der Lage die Verknüpfung herzustellen.
Ansonsten würde ich auch sagen, das Stichwort heißt: Desensibilisierung.
Und das gerade am Anfang möglichst, ohne dass gleichzeitig mit ihm gearbeitet wird.
Er muss ja quasi das lernen, was ein Pferd vor dem ersten Anreiten schon können sollte.
Also wie Manni vorschlug ihn z. B. (wenn das möglich ist) in der Halle füttern zu Zeiten, in denen draußen viel los ist.

Orientiert er sich denn überhaupt an anderen Pferden?
Also ist er relaxter, wenn ein zweites "cooleres" Pferd dabei ist?
minou
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Beitrag von minou »

Außerhalb der Halle haben wir keine Probleme.

Zur Gewöhnung darf er jeden Tag zum Spielen in die Halle. Es ist meistes ein anderes Pferd dabei. Jedoch steckt er die anderen dann mit seiner Spinnerei an und die drehn dann genauso am Rad.

Am besten wirds sein, wenn vorerst nur ich reite, denn ich bin sattelfest und auch nicht ängstlich, kann ihm also schon vermitteln, wo die Grenzen sind.
Das Mädel wird halt noch warten müßen. Denn jedesmal wenn wieder jemand einen Abgang von ihm macht, hat er ein Erfolgserlebnis.
Leider kann aus der Familie keiner richtig reiten und sind alle schon runtergesegelt. Aber mutig sind sie, die wollen immer wieder drauf.

Es gäbe noch die Möglichkeit, die Box zu wechseln. Wir haben Boxen an der Halle und Boxen draußen. Vielleicht würde jemand tauschen wollen, daß wir den Zausel in eine Hallenbox stellen könnten. Da ist er zwar nur nachts drin, aber trotzdem wird abundzu mal ein Auto vorbeifahren und er könnte sich dran gewöhnen.

Ist sonst echt ein so lieber Kerl, wenn der Opa ihn doch wieder holt (Viehhändler), landet er garantiert beim Schlachter.

Carola
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Minou hat geschrieben:...kann ihm also schon vermitteln, wo die Grenzen sind.
Das Mädel wird halt noch warten müßen. Denn jedesmal wenn wieder jemand einen Abgang von ihm macht, hat er ein Erfolgserlebnis.
Nach Deinen Beschreibungen stellt es sich mir nicht so dar, als wäre das ein reit-lösbares Problem. Zumal Du ihn ja auch schon 5 Monate arbeitest.

Ich persönlich glaube nicht, daß dem Pferd mit Deiner Einstellung geholfen ist. Angst ist niemals "berechnend", also kann man auch nicht von eime "Erfolgserlebnis" sprechen, wenn der Reiter abgesetzt wurde.

WENN das Pferd im weitesten Sinne "berechnend" wäre (ich weiß, daß Tiere das nicht sind, gebrauche jetzt aber mal zum Verständnis diesen Ausdruck), dann ist es definitiv kein Kinderpferd. Und wird es auch nicht werden.

Ist es aber nicht - denn warum wäre dann alles außerhalb der Halle so problemlos...
Grüsse von
ottilie
Es grüsst ottilie
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