„Reiten nach klassischen Grundsätzen“ bei Klaus Werzinger

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Moderator: Josatianma

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dshengis
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Beitrag von dshengis »

Danke, greta!
Mach es auf jeden Fall. ich finde, es lohnt sich auch als Zuschauer!
Bei jedem Kurs habe ich mindestens einen kleinen, aber wichtigen Baustein mitgenommen... :)
summer hat geschrieben:eine frage hätte ich: wie weit gibts du mit dem äußeren zügel nach, wenn du die wendung einleitest? ist es nur ein feines nachgeben mit den fingern, oder gehts du mit der ganzen hand vor? und wie lange dauert dieses nachgeben?
Tja, das habe ich Klaus auch gefragt. Die Antwort hätte ich mir auch selbst geben können - es wird soviel nachgegeben wie nötig! ;)

Zur Verdeutlichung lässt er aber anfangs sehr stark nachgeben, bis hin zum Wegschmeißen des äußeren Zügels (in der Ecke funzt ja zumeist der Autopilot vom Pferd 8) ), später wirds dann logischerweise weniger bis man bei einem Maß ist, das es dem Pferd erlaubt, an den äußeren Zügel heranzutreten, also irgndwas um vielleicht ein oder zwei Zentimeter.
Dauer: Zum Einleiten der Wendung wird außen nachgegeben, zum Führen aus der Wendung wird dann innen nachgegeben. Und anschließend auch mal nachgefasst (sonst ist ja nach dem 10. Zirkel nüscht mehr zum Nachgeben da :P)
„Hast Du nie auf einem Schimmel gesessen, hast Du nie ein gutes Pferd geritten.“ - Altpolnisches Sprichwort
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Colloid
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Beitrag von Colloid »

*ööhm*
ist das außen nachgeben neu? :kopfkratz:
Das macht man doch automatisch, wenn man seine Schultern in Bewegungsrichtung dreht? Dann kommt automatisch die innere hand ein bis 2 cm zurück und die Außere entsprechend vor...
Das Pferd lehnt sich an den Reiter an. Wenn die Abstimmung zwischen Pferd und Reiter ideal ist, wird das Mittel der Anlehnung, der Zügel, fast entbehrlich.
Richard Hinrichs
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dshengis
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Beitrag von dshengis »

Im Prinzip haste Recht... 8)

Das Besondere ist, dass Klaus das kultiviert. Und er macht das so gründlich, dass die Pferde tatsächlich wie nach innen hereinklappen, wenn man außen nachgibt. Und erst, wenn sie (und der Reiter) das verinnerlicht haben, wird das Maß so sehr verringert dass es der Körperdrehung entspricht. Und dann kommen wir wieder zu dem Punkt, wo der äußere Zügel führt, aber jetzt, weil das Pferd eben durch das Nachgeben außen an ihn herantritt.
Kann man vielleicht als KWs Spezialkorrektur für nicht so gelungene PK-Jünger-Pferde sehen ;)
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Colloid
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Beitrag von Colloid »

Im Grunde ist es doch so simpel, gebe ich außen nicht nach, kann das Pferd sich nicht biegen, weil der Außenzügel blockiert, schließlich wird in der Stellung die Strecke zum äußeren Maulwinkel durch die Halsbiegung länger, die zum Inneren kürzer. Um mit beiden Händen einen gleichmäßigen kontakt halten zu können, muss ich als Reiter also außen etwas vorgehen und innen etwas zurück.
Ob diese Korrektur nun unbedingt für PK- "Geschädigte" prädestiniert ist, weiß ich nicht ;)
Wohl aber für "MEHR AUSSENZÜGEL!!!!" - "Geschädigte ;)
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Medora
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Beitrag von Medora »

Sodele,

jetzt habe ich mir Deinen Bericht als Belohnung fürs Arbeiten gegönnt - ein wirklich schöner, lebendiger, anschaulicher Bericht! Da hätte ich sehr gerne live zugeschaut.

Medora
Fjordi
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Beitrag von Fjordi »

Hi,
hab auch gerade den Bericht gelesen und wollt nur mal kurz meinen Senf zum thema aussenzügel dazugeben. Ich hab letztes Jahr im Herbst bekannschaft mit "aussen nachgeben-innen nachgeben" gemacht und war begeistert wie wenig ich mache und mein Pferd sich wunderbar biegt und stellt. Sie wird deutlich ruhiger durch dass sie sich quasi selbst arbeitet. Geb ich den Aussenzügel nach bring ich sie minimal aus dem Gleichgewicht, dann muß sie sich neu ausbalancieren und beim nachgeben des inneren Zügels zieht sie sich praktisch selbst wieder gerade. Vom zuschauen her nicht sehr spektakulär, aber auf einem Viereck (halbe Bahn) ausgeführt doch sehr anspruchsvoll für das Pferd da die Ecken ja recht zügig hintereinander kommen.
Liebe Grüße
Kappa negro
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Werzinger-Kurs

Beitrag von Kappa negro »

Hallo, liebe Kursinteressierten. Vom 11.-13.4.08 gibt es einen Dressurkurs mit Klaus Werzinger im Pferdezentrum in Alsfeld. Für ganz Fixe evt auch noch einen Platz zum Mitreiten. Dort könnte man dann die "Sache mit dem äußeren Zügel" weiter vertiefen. Nu´ma´los.
Viele Grüße
Euer Kappanegro
Jolly
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Beitrag von Jolly »

Ganz kurzfristig sind zwei Pferde ausgefallen, daher noch zwei freie Plätze in dem Kurs mit Klaus Werzinger vom 30.05.-01.06.08 in Fintel zwischen Hamburg und Bremen.
Weitere Infos unter www.reiteninfintel.de
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DynaMitreiterin
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Beitrag von DynaMitreiterin »

*soifz* Auch noch bei Sibylle - da würde ich gerne mitreiten.
So kann ich das nur wärmstens empfehlen!
Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und niemand ginge, um mal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.
(Kurt Marti)
Kappa negro
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Dressurkurse mit Klaus Werzinger

Beitrag von Kappa negro »

Hallo, zusammen. Für diejenigen unter Euch, die ernsthaft in einen Lehrgang mit Klaus einsteigen möchten, erinnere ich nochmal an den Kurs in Alsfeld in Hessen. Da wir noch eine kleine Gruppe sind, haben wir Dauerplätze zum Mitreiten frei. Die Termine habe ich bereits bekannt gegeben. Bei uns ist jeder Mensch mit jedem Pferd willkommen, der sich anschließen möchte. Und wir reiten im Pferdezentrum unter den angenehmsten Bedingungen: tolle Boxen, super Boden, 30x80 Halle, im Winter beheizt, absolute Ruhe. Das ist echt ein Traum :lol:
Liebe Grüße und viel Spaß mit Euren Pferden
Euer Kappanegro
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dshengis
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Beitrag von dshengis »

Reiten nach klassischen Grundsätzen – Kurs bei Klaus Werzinger in Langerwisch 25.- 27. Juli 2008


Nach dem Kurs im Februar bei Klaus hatte ich mich sofort für den Juli-Kurs angemeldet. Ein halbes Jahr schien mir ein ausreichender Zeitraum, um zwischen den beiden Terminen die Hausaufgaben zu erledigen. Außerdem kam im Mai ja noch Babette, da waren für einen weiteren Kurs bei Monsieur Werzinger weder mental noch finanziell Kapazitäten frei. Nachdem Dynamit sich aber die Eisen abgetreten hatte, lief er doch recht lange fühlig und so hatte ich mich innerlich schon darauf eingestellt, den Kurs abzusagen. Mit einem Pferd, das nicht völlig klar läuft, wollte ich mir einen vergleichsweise teuren Kurs nicht antun. Da hatte ich aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht! Klaus erklärte sich nämlich bereit, nötigenfalls mit uns Reha-Sport (=Handarbeit) zu machen und so fiel meine Ausrede zusammen wie nichts. Unserer geschätzten Friesenbesitzerin Mari (=DinA) ging es ähnlich – „kein Sattel“ war für Klaus kein Argument und so organisierten wir schnellstmöglich einen Hänger für Freitagmittag. An eben diesem Tag, gegen 14 Uhr, holte ich also das Schimmeltier, das weltbeste und ahnungslose, von seiner Weide, zog ihm sein Knotenhalfter an und ab ging´s Richtung Hänger. Der war heiß, mit Folienverdeck und kleiner als die bisherigen. Nach 10 Minuten ließ sich Dy überzeugen und stieg ein. Eine Stunde später war auch der Friese (Faun) drin und ab ging´s über die A 10 nach Langerwisch. Ankunft 17 Uhr; wir wurden bereits erwartet. Schnell das verschwitzte Tier übergeputzt und gesattelt und auf ging´s zur ersten Einheit.

Angefangen haben wir am Freitag mit dem Übertreten auf der Volte an der Hand. Das hatte sich ja in letzter Zeit sehr verbessert (v.a. dank guter Hinweise von Babette; überhaupt empfinde ich Babettes Unterricht als äußerst passende Ergänzung zu dem von Klaus): Das Tempo ist ordentlich (nämlich langsam), dabei aber flüssig und Dy geht, ohne auf die rechte Schulter zu fallen. Auch ist die Abstellung links bei weitem nicht mehr so groß, sondern nähert sich dem Wunschmaß an. Klaus war zufrieden, hatte aber nochmals einen Vorschlag zur Handhaltung: Direkt am Gebissring greifen, mit dem Daumen von hinten. Damit kann ich direkt einwirken auf die Maulwinkel und viel feiner reagieren. Da hatte ich wohl beim letzten Mal nicht richtig hingehört, denn so hatte ich seine Erklärung im Februar nicht verstanden.
Nachdem das vom Boden aus gut klappte, wollte Klaus auch sehen, wie es von oben funzt. Also saß ich auf und sofort gab es von Klaus die Frage, ob ich denn keine Chaps o.ä. bei hätte. Nö, im Sommer nicht. Hm, meinte der gestrenge Herr Reitlehrer, eigentlich dürfe er mich so nicht reiten lassen – Verletzungsgefahr. Meine Schnürsenkel könnten sich im Steigbügel verfangen und wenn dann Herr Pferd unkontrolliert umher sprünge... Zumal mein Militärsattel kein Sicherheitsverschluss für die Steigbügel hat.

Nach dieser Belehrung ging´s weiter mit dem Übertreten auf der Volte vom Pferderücken aus. Auch das hat sich ja schon deutlich verbessert und Klaus war durchaus nicht unzufrieden, trotzdem gab´s auch dafür noch Verbesserungsvorschläge wie: Besser aus dem Halten beginnen als aus der Bewegung oder: Am inneren Ohr knapp vorbeischauen. Lobend erwähnte er, dass meine Einwirkungen nicht mehr sehr deutlich zu sehen seien. Zu der Übung insgesamt gab´s dann noch etwas mir bis dahin völlig Unbekanntes: „Die Übung besteht aus zwei Teilen, Teil A und Teil B sozusagen. Teil A ist das Übertreten. Das machst Du. Aber ohne Teil B ist die Übung nichts wert. Und Teil B besteht darin, das Pferd sich anschließend ausstrecken zu lassen im freien Schritt. Der muss ordentlich vorwärtstreten, der darf sich nicht verhalten. Die Übung soll lösen, nicht das Pferd verspannen!“
Und tatsächlich war der Schritt beim ersten Mal noch recht verhalten, Dy schlauchte sogar ein ganz klein wenig. Mit etwas Nachtreiben wurde die Bewegung flüssig und bei den weiteren Wiederholungen kam auch von Anfang an ein ordentliches Vorwärts.

Als nächstes kam das Übertreten von der Mittellinie hin zum Hufschlag. Auch hier gab´s ein Aha-Erlebnis, als Klaus mir empfahl, mir vorzustellen, dass mein Pferd mit der Hinterhand zuerst den Hufschlag erreichen soll. Komisch, Sophie (bei der ich diese Übung zuerst geritten bin) sagte immer, die Vorhand solle voraus gehen. Schon richtig, sagte Klaus, wenn das Pferd das in der Situation erfordere. Seinerzeit ritt ich auf einem Norwegerwallach. Da war es wohl so angemessen. Bei Dynamit, mit seinen Problemen, soll ich jedoch die Hinterhand leicht vorausschicken und ihn ansonsten möglichst gerade halten (Stichwort: Schenkelweichen).

Nachdem diese Übung auf beiden Händen geritten war und Dynamit durchlässig auf meinen seitwärts weisenden Schenkel reagierte, folgte der Übergang zum Trab. Zunächst eine Runde ganze Bahn auf jeder Hand, dazu je eine Volte – das Pferd lief flüssig und taktrein. Schön! Also konnten wir weitermachen. Klaus schaute sich vor allem an, wie sehr Dynamit vorwärts trat, wie willig er auf treibende Hilfen reagierte oder sich verhielt und inwieweit er im freien Vorwärtstrab schwankte. Meine Zügelhaltung fand er nicht mehr kritisierenswert, da hat die Lektion vom Februar wohl gefruchtet. Es zeigte sich, dass Dynamit schon um einiges besser als beim letzten Mal in der Lage ist, sich im Trab zu runden und diese Haltung beizubehalten. Auch meine entsprechenden Hilfen sind weitaus weniger deutlich (und stören damit weniger das Pferd in seiner Bewegung).

Als Abschluss der ersten Einheit gab´s noch etwas Galopp auf jeder Hand. Immerhin sprang Herr Schimmel sofort auf der jeweils richtigen Hand an und konnte den Galopp auch auf dem Zirkel mehrere Runden halten. Mein Sitz fand allerdings nicht des Meisters Gnade ;)
Nun ja, Galopp in der Bahn steht ja auch erst seit vier Wochen wieder regelmäßig auf dem Plan, vorher fehlte Dy offensichtlich noch die Kraft dafür.

Am Abend gab es noch ein gemütliches Abendessen mit allen Kursteilnehmern sowie mit Klaus und seiner Frau Roscitta in deren Haus.

Am Samstag kam Dy recht steif aus seiner Box. Ob es an der Box lag (er hatte nachts wohl nicht gelegen) oder an der Arbeit am Vortag oder an der Hängerfahrt oder gar allem zusammen – jedenfalls schlauchte er im Trab wieder, dass es eine helle Freude war. Begonnen haben wir mit dem Übertreten auf der Volte und das lief schon noch mal besser als am Vortag, vor allem der folgende freie Schritt. Es folgte eine lange Trabeinheit.
Als neues Element führte Klaus eine leichte Konterstellung ein, gefolgt von einem Nachgeben des inneren Zügels, damit sich das Pferd gerade zieht. Und tatsächlich war für ein paar Schritte ein freierer Trab zu spüren, zusammen mit einem vermehrten Schwingen des Pferderückens. Deutlich wurde aber auch, in welchem Maße die Feinheit der Zügel-Hilfengebung mit dem Vorwärtsimpuls des Pferdes zusammenhängt: Je freier das Pferd vorwärts tritt, desto weniger Einwirkung ist nötig. Kleine Impulse innen und außen reichen, Flexionen werden tatsächlich überflüssig. Wie sagte Klaus so schön: „Das Prinzip Heckmotor! Wenn der Motor nicht läuft, kurbelst Du Dich vorne tot.“ Ohne Anlehnung geht nichts! Gleichzeitig wurde die Anlehnung aber auch wieder sehr fein. Ein schöner Zustand!

Unsere Nachmittagseinheit fand (wie am Freitag übrigens auch) während des anscheinend obligatorischen Gewitters statt. Angesichts der Temperaturen hatte ich nichts dagegen ;)

Das Schimmeltier hatte die Pause (nach Duschen und Wälzen in der Langerwischer Longierhalle) auf einem Graspaddock verbracht und war nun viel lockerer als am Vormittag. Inhaltlich stand die Wiederholung und Festigung des vorher Erarbeiteten im Mittelpunkt. In einer langen Schrittphase wurde das Geraderichten nochmals geübt. Klaus legte sehr viel Wert darauf, dass ich ein genaues Gefühl dafür kriege, wann mein Pferd gerader läuft als von Natur aus. Außerdem geht es immer um die Minimierung der dazu nötigen Hilfen.
Im zweiten Teil der Stunde war mal wieder flottes Traben angesagt – für Dynamit inzwischen kein Problem mehr! Er wirkte (gerade auch auf den Videoaufnahmen) viel leichtfüßiger als im Februar und unternahm auch keinen einzigen Versuch mehr, sich herauszuhebeln :)
Ganz nebenbei testeten wir noch, inwieweit sich der Schimmel mittlerweile „fallen“ lassen kann, also seine Bereitschaft, auch im Trab eine tiefe Dehnungshaltung einzunehmen. Da ist sicherlich noch Potenzial vorhanden, aber auf jeden Fall dehnt er schonmal durchgehend die Oberlinie. Außerdem fiel Klaus auf, dass er, anders als früher, beim Nachgeben im Genick letzteres jetzt nach vorne schiebt statt wie ehedem nach hinten (wodurch es eben jetzt zur einer reellen Dehnung der Oberlinie kommt). Ein weiterer für mich wichtiger Punkt: Klaus forderte mich rechterhand auf, Dynamit abkauen zu lassen. Dy gibt daraufhin zwar schön und deutlich im Genick nach, kaut aber nicht. Auf meine Frage, ob ich auf dem Kauen bestehen sollte, meinte Klaus, das wäre kontraproduktiv, ich würde damit eher das Pferd festmachen als es zu lockern. Das Nachgeben im Genick sei erstmal ausreichend und oftmals würden die Pferde dann anschließend auch ohne Handeinwirkung zum Kauen kommen.

Die abschließende Einheit am Sonntag war wieder schweißtreibend, was auch, aber nicht nur, an den Temperaturen lag. Viel Trab stand auf dem Programm und außerdem durften wir die ersten Bahnfiguren unter Klaus´ Anleitung reiten: Linkerhand klappte die halbe Bahn schon ganz gut, rechterhand waren wir doch noch etwas überfordert mit der Koordination, dem Umstellen zwischen Biegung und Gerade, begleitet vom Runden, immer wieder auch Außen-Nachgeben, Innen-Nachgeben und Zügel-Wieder-Aufnehmen. Nichtsdestotrotz fühlte es sich gut an und Klaus wirkte recht zufrieden. Und ein weiterer wichtiger Gedanke kam bezüglich der unterschiedlichen Wirkungen von ansteigender Hand (Flexion) und dem einfachen Zügelannehmen: Während ersteres das Pferd biegt, ohne es zu „bremsen“, wirkt die annehmende Zügelhand verhaltend, beeinträchtigt also tendenziell zumindest das Vorwärts. Dafür läuft man beim Einsatz der Flexionierung Gefahr, das Pferd zu stark aus der Balance zu bringen, es auf die äußere Schulter fallen zu lassen – ein Risiko, das beim Annehmen des Zügels nicht besteht. Daher muss es das Bestreben sein, alle Einwirkungen zu minimieren und statt die Hand ganz zu heben (oder gar über längere Zeit oben zu lassen) die Einwirkung auf ein Eindrehen der Hand zu beschränken.
Irgendwann in dieser Einheit sagte mir Klaus dann noch, dass jetzt, wo Dynamit so schön von hinten käme, ich lernen müsse, von hinten "zu sehen". Sprich, die Konzentration liegt nicht bei der Hand, sondern ich fühle die Reaktion der Hinterhand auf das, was von mir als Hilfe kommt. "Da fängt Reiten an!"

Jeder Kurs hat ein Ende und nach reichlich einer Dreiviertelstunde ließ mich Klaus zum Schritt durchparieren, anhalten und meinte: "So, dabei belassen wir es jetzt. Den Galopp machen wir nächstes Mal. Der war jetzt so schön, das wär jetzt nicht gut." Ich erinnerte noch an das Rückwärtsrichten. Okay, kam es von unten, dann mach mal. Also gut, ich legte die Schenkel zurück und klingelte äußerst leise am Zügel und schon trat mein Pferd, mit wunderschön gesenktem Haupt, rückwärts, Schritt für Schritt, ganz leicht, ganz einfach. „So, wo ist nun das Problem?“, fragte Monsieur Werzinger. Tja, keine Ahnung, sonst neigt er ja dazu, den Kopf hochzureißen, aber heute? Klaus` Erklärung dazu: „Der ist heute schön über den Rücken gelaufen, der hat richtig gut geschwungen, da kann der auch so gut untertreten, dass er rückwärts gehen kann, ohne den Kopf anzuheben.“ Gut, danke, keine weiteren Fragen :)

Als ich die Halle verließ, meinte Roscitta dann noch zu mir:“André, Du hast ein schönes Pferd!“ Recht hat sie! Aber kann es ein besseres Ergebnis eines Kurses geben?


Abschließend noch vielen Dank an Mari fürs (erneute) Fahren sowie an die liebste Katja fürs Begleiten und Filmen sowie an Klaus und Roscitta. Schöne Grüße an alle, die da waren und hier mitlesen (nicht wahr, Sylvia, gell, Thomas ;))
Zuletzt geändert von dshengis am Sa, 23. Aug 2008 13:27, insgesamt 3-mal geändert.
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Beitrag von Josatianma »

Danke für den Bericht. Hört sich toll an. Ich hoffe, ich schaffe es Herrn Werzinger eventuell dieses Jahr wenigstens mal zuzuschauen.
Liebe Grüße, Sabine

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Beitrag von greta j. »

Wow - das klingt ja ganz toll! :D Herzlichen Glückwunsch!

Und ich nehm mal wieder einiges für mich selber mit... ;)
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Beitrag von Jolly »

Im Septemberkurs in Fintel ist noch ein Platz frei :wink:
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Medora
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Beitrag von Medora »

Schön zu lesen! So kann man richtig ein bisschen dabei sein. :D

Besonders freut mich, dass Du die verschiedenen Ansätze so gut verbinden kannst!

Grüße an das Schimmeltier,
Medora
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