Vortrag Dr. Gerhard Heuschmann am 29.03.08 in Aufkirchen

Rund ums Thema Pferd und die klassische Reitkunst

Moderator: Josatianma

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Jen
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Re: Selbsthaltung

Beitrag von Jen »

Bernie hat geschrieben:
Bzgl. des losen Rückens: da finde ich Jen's Hintergrundwissen interessant. Dr. Heuschmann muss wohl davon ausgehen, dass Fragen auftauchen, wenn er so etwas in den Raum stellt. Es ist einfach Fakt, dass ein auf der Vorhand gerittenes! Pferd auf Dauer Schaden nimmt.

Da wäre eben eine Definition von ihm sehr interessant.

lg

Bernie
Ehrlich gesagt halte ich diese Aussage des "losen" Rückens für Schwachsinn. Entweder der Rücken arbeitet mit, mittels locker an- und abspannen der Muskulatur, wie auch gewünscht siehe udo Bürger, Waldemar seunig etc. oder der Rücken arbeitet gar nicht mit (dann nimmt er aber auch Schaden) oder der Rücken ist überspannt (siehe "tief und rund-reiten"/rollkur) und da nimmt er auch Schaden.
Liebe Grüesslis, Jen
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Bernie
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loser Rücken

Beitrag von Bernie »

hmm, ich stimme Dir zu. Aber es gibt doch einen Unterschied. Glaube ich. Wenn ein (pos.) spannungsbogen vorhanden ist, sind die Bewegungen energischer, mehr Power (ich gehe vom Ideal aus), die Gänge verbessern sich.

Diesen losen Rücken (wie ich ihn definieren würde) habe ich bei einigen Pferden gesehen, die Pferde sind def. mehr oder weniger auf der Vorhand, gehen nicht schlecht, die Gänge sind eher flach, Bewegungen eher langsam als versammelt. Trotzdem Pferde durch die Bank gut bemuskelt, gehen höhere Lektionen, auch mit Hankenbug. Aber im normalen Vorwärts geradeaus fehlt das Vorwärts (normale Ausmaße) und die Pferde sind auf der Vorhand. pferde sind nicht an den Hilfen, sondern hinter dem Zügel/Schenkel, Hinterhand nicht so aktiv, wie sie sein müsste.

Aber keine Ahnung, ob DAS ein loser Rücken ist?
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greta j.
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Beitrag von greta j. »

Ich quetsch mich mal kurz zwischen die "lose Rücken"-Diskussion. :wink:

Auf der Startseite von St. Georg kann man sich ein kurzes Making Of der DVD anschauen, die Heuschmann rausbringen will. Viel sieht man noch nicht, aber schon mal das mit Markern beklebte Pferd in Schritt und Trab.

Falls es wen interessiert... ;)
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Everl
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Beitrag von Everl »

greta j. hat geschrieben:Auf der Startseite von St. Georg kann man sich ein kurzes Making Of der DVD anschauen, die Heuschmann rausbringen will. Viel sieht man noch nicht, aber schon mal das mit Markern beklebte Pferd in Schritt und Trab.

Falls es wen interessiert... ;)
Sehr interessant, danke für den Link, auf die DVD bin ich schon gespannt.
:D
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Beitrag von heike61 »

ich denke, dass es keine logisch nachvollziehbare argumentationskette gibt, die das schlagwort: loser Rücken erläutern kann.

einzige möglichkeit wäre, Herrn H. selbst zu fragen, was er sich dabei gedacht hat, ob er es noch weiß? :wink: :wink: ....hm, ich vermag es nicht zu beurteilen ......


ich selbst bin enttäuscht, da haben in der letzten zeit gleich 3 doktoren bzw. fachleute auf dem gebiet reiten und funktionale anatomie, bücher auf den markt gebracht, in denen zum teil-- meiner meinung nach-- humbug steht.


mit persönlich ist es egal welchen namen eine reitweise trägt, wichtiger ist mir, dass der reiter weise reitet :)


aktuelle literatur, die wirklich zusammenhänge aufzeigt und auch erklärt,sodaß erst keine "wunden" entstehen, in die man einen "finger" legen könnte, die feht! (und ist weit-und-breit nicht in sicht :cry: )


gruß
heike



Ps.:
einen "lichtblick" hat das ganze, der name von Frau Beran wird öfters genannt, ihr aktuelles video: ein Genuß für die sinne!
Wenn du weitergehst, ändert sich deine Perspektive!
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Jen
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Re: loser Rücken

Beitrag von Jen »

Bernie hat geschrieben:Wenn ein (pos.) spannungsbogen vorhanden ist, sind die Bewegungen energischer, mehr Power (ich gehe vom Ideal aus), die Gänge verbessern sich.
Ich stimme zu, ausser das mit der Power. Die Power ist quasi ein zusätzliches Element, das variiert wird, aber nicht zwingend mit der Form und der Bewegungsmechanik an sich zu tun hat. Die Energie ist quasi der Pfeffer/die Schärfe der Speise. Spaghetti bleibt Spaghetti, aber man kann es schärfer machen oder milder. Genauso verhält es sich für mich beim Pferd. Man kann ein Pferd mit energischer HH gehen lassen oder mit weniger energischer HH, WIE sich die HH aber von der Bewegungsform her gesehen bewegt (und dementsprechend auch, wie die Rückenmuskulatur arbeitet) ist davon erstmal weitgehend unbeeinflusst. Ein unfunktionaler Bewegungsablauf kann auch sehr energisch sein, der Rücken aber trotzdem durchgedrückt... Form und Kraft sind zwei unterschiedliche Dinge, die etwas mehr differenziert werden sollten.

Und für mich widerspricht sich deine Argumentation dann auch mit deiner Beobachtung, dass es Pferde gibt, die zwar weniger aktiv vorwärts geritten werden, aber trotzdem Hankenbug zeigen. Ist das Pferd korrekt in den Hanken gebeugt, ist auch der Rücken am Arbeiten. Das geht nicht das eine ohne das andere, das ist eine muskuläre Kettenreaktion, die automatisch abläuft. Wieviel Kraft (=Energie/Power) dann aber in diese Bewegungsabfolge hineingelegt wird, ist wiederum variabel.
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Beitrag von Bernie »

Jen, ok, schließe mich Dir an. Wenn Hankenbug, müsste der Rücken arbeiten, aber bei diesen Beispielen, die ich gesehen habe, war der Rücken nicht in dem Spannungsbogen da, wie ich mir das vorstelle. Trotzdem Hankenbug.

Ich denke, es ist sehr wohl möglich, ein Pferd in den hanken zu beugen, wenn der Rücken minimal weggedrückt ist.

Ich habe explizit die Energie mit reingenommen, da ein Spannungsbogen ohne Energie von hinten für mich nicht das Ideal ist (ich schrieb ja das Ideal). Ich sehe oft Pferde über den Rücken geritten, aber eine sehr lustlose Vorstellung, Hinterhand inaktiv, den Pferden geht es gut, sie suchen auch das Abwärts, die Gänge verschlechtern sich aber in ein Schlurfen und von hinten kommt nichts mehr und der Motor ist nun mal hinten.

lg

Bernie
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Beitrag von Jen »

jaaa, das ideal, da muss die energie schon rein! Aber mir geht es jetzt eigentlich nur um die Aussage: Was ist ein loser Rücken, wann arbeitet ein Rücken und wann ist es gesundvs. schädlich, wann nicht. Gesund reiten kann man ein Pferd auch, wenn es noch nicht das ideal erreicht hat, wo die allerwenigsten pferde auf dieser Erde, auch nur je in die Nähe kommen und trotzdem gibt es viele Pferde, die mittels klassischer Dressur ihre Gesundheit erhalten oder gar verbessern können. Muskelaufbau geht nicht ohne Tätigkeit des Rückens. Also, wenn du Pferde siehst, die gut bemuskelt sind, dann kannst du auch davon ausgehen, dass diese Muskeln auch arbeiten, sonst würden sie sich nicht aufbauen. ;) It's as simple as that :)

anderes Thema: DVD von Heuschmann: ich bin auch gespannt! Allerdings würde ich mir wünschen, dass wenn schon eine DVD gemacht wird udn so viel Aufwand mit Special Effects etc. betrieben wird, auch ein pferd genommen wird, das einen sehr sauberen Schritt geht... :?
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Re: loser Rücken

Beitrag von Mela »

Jen hat geschrieben: Und für mich widerspricht sich deine Argumentation dann auch mit deiner Beobachtung, dass es Pferde gibt, die zwar weniger aktiv vorwärts geritten werden, aber trotzdem Hankenbug zeigen. Ist das Pferd korrekt in den Hanken gebeugt, ist auch der Rücken am Arbeiten. Das geht nicht das eine ohne das andere, das ist eine muskuläre Kettenreaktion, die automatisch abläuft. Wieviel Kraft (=Energie/Power) dann aber in diese Bewegungsabfolge hineingelegt wird, ist wiederum variabel.
Das ist ein sehr spannedes Thema, daß mich auch sehr beschäftigt. Ich bin lange bei einer Trainerin geritten, die sehr erpicht darauf war, daß der Rücken oben ist, sprich arbeitet - soweit so gut. Leider hat sie das Element (entspanntes) Vorwärts außer acht gelassen, die Pferde sind über den Rücken gegangen, die Hanken waren gebeugt, aber die Pferde verspannt und verhalten. Ich denke schon, daß die Energie nach vor eine Rolle spielt, nicht in der extremen Weise wie es bei Tunieren erwünscht ist, aber es ist ein wichtiges Element. Für mich ist das Entscheidende, ob ich ein Pferd aus der höchsten Versammlung wie Piaffe z.B. ohne Wiederstand oder Verzögerung nach vorne reiten kann (ich meine nicht auf die Vorhand rasen wohlgemerkt). Ich habe leider erlebt, daß es durchaus geht, die Hanken gebeugt, aber der Rücken zwar am Arbeiten wenn man so will, aber auf verspannte Weise. Denke es kommt auch auf die Qualität der Rückentätigkeit an.
Liebe Grüße
Mela

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Jen
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Beitrag von Jen »

klar, gebe ich euch recht! ich will ja auch nicht sagen, Energie ist unwichtig! überhaupt nicht. Mir geht es einzig allein darum: braucht es für gesundes Reiten, unabhängig vom klassischen Dressurideal, die perfekte Bewegung? Und da glaube ich eben nein. Das "normale" Pferd braucht keine Hohe Schule, um eine gesunde Rückentätigkeit zu entwickeln. Und die gesunde Rückentätigkeit zeichnet sich auch nicht dadurch aus, dass der Rücken "immer oben" ist, sondern in seiner natürlichen Lage schwingt. Ist der Rücken katzenbuckelhaft nach oben, dann ist er verspannt. Die Muskulatur aber soll sich locker an- und abspannen können. Rückenmuskeln sind Bewegungsmuskeln! Die HH kann weit unter den Schwerpunkt vorschwingen und damit das Rückenband von hinten spannen und wieder lösen, ohne dass hier viel Kraft aufgewendet wird. Das ist dann eher eine Dehnungssache. WENN dann noch zusätzlich in diesen Bewegungsablauf die Kraft hinzukommt, dann bekommen wir ausdrucksstärkere, freie Gangarten. Aber das Pferd kann auch mit verhältnismässig wenig Ausdruck und flachen Gängen, weit unter den Schwerpunkt schwingen und einfach locker gehen. Rücken arbeitet trotzdem korrekt mit. Wünschenswert ist es natürlich dann schon auch mehr Energie! Besonders auch, wenn man in die höhere Ausbildung vordringen will. Aber Voraussetzung für gesundes Reiten? Denke eher nicht.
Liebe Grüesslis, Jen
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Beitrag von Mela »

@ Jen, danke für nähere Erklärung, dem kann ich nur voll zustimmen :D

klar die perfekte Bewegung brauchts sicher nicht für sinnvolle Gymnastizierung - da ist man dann ganz schnell wieder dabei, daß man nur mit "Superkrachern" wirkliche Dressur reiten kann.
Mir war nur wichtig festzuhalten, daß Rückentätigkeit nicht immer nur positiv ist und das Gesamtbild dazu stimmen muß - womit wir wieder bei Heuschmann gelandet sind, Rollkurpferde arbeiten auch mit dem Rücken :wut: aber mir ist schon klar, daß du das nicht gemeint hast Jen.
Liebe Grüße
Mela

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Beitrag von horsman »

nicht vergssen darf man, dass jedes Pferd sein eigenes individuelles Bewegungspotential und Gebäudekonstruktion hat, sodass optimales "vorwärts", "schwingen", "aufwölben" usw. immer für das indivuelle Pferd zu ergründen ist.
Da nutzt keine Soll-Schablone und auch nicht wenn sie noch so dolle mit Spezial-Effekten aufgepeppt ist.
Sicher ein hilfreicher Anhaltspunkts, da die Grundkonstruktion immer gleich ist, aber dennoch auch gefährlich, wenn man es allzu leichtfertig an jedes Pferd anlegt.
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Susanne
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Beitrag von Susanne »

@ horsmän: Da hast Du wohl recht. Ich finde es erstaunlich, daß man vom Pferd etwas verlangt, was man beim Menschen nie täte. Es erwartet ja niemand ernsthaft, daß eine zierliche Sekretärin mit so viel Power und den selben Bewegungsmustern und der Schnelligkeit in den Sandsack schlägt wie Henry Maske :wink:
Liebe Grüße
Susanne
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"Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind."
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Beitrag von heike61 »

Ich finde es erstaunlich, daß man vom Pferd etwas verlangt, was man beim Menschen nie täte. Es erwartet ja niemand ernsthaft, daß eine zierliche Sekretärin mit so viel Power und den selben Bewegungsmustern und der Schnelligkeit in den Sandsack schlägt wie Henry Maske :wink:
ich sach nur: Special Effects ala hoolywood :? :wink: :?
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Beitrag von Bernie »

Ich bin natürlich von dem Ideal jedes einzelnen Pferdes ausgegangen, ich dachte, das wäre klar. Also noch einmal explizit: keine Schablonenreiterei.
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