Rückenwölbung

Rund um die klassische Reitkunst

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Colloid
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Beitrag von Colloid »

Baucher hatte die Methode über Anheben der Hände den Hals und dadurch den Widerrist direkt zu heben, dadurch würde die HH mehr Last aufnehmen...die Hanken gebeugt..
Ergo Versammlung, durch "manuelles" Anheben des Wiederristes.
Nur so als Kurzfassung, aber ich dachte du hast "Racinet erklärt Baucher" gelesen?
LG
Colloid
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pepe
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Beitrag von pepe »

Nö, hab ich nicht. Überflogen ja, aber lesen würd ich das nicht nennen.

Genau das ist aber der Ansatz den ich nicht meine. Keine Manipulation der Vorhand. Abgesehen davon kommt mir dieses Anheben des Widerristes immer so wie Münchhausen im Dreck vor...
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Colloid
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Beitrag von Colloid »

Jap, ich weiß auch nicht, ob man sich damit nicht was in die Tasche lügt...Allerdings ist es Physionomisch durchaus möglich und mMn überlegenswert, aber ich bin bei diesem Ansatz sehr skeptisch, man müsste -glaube ich- ein perfekter Reiter sein, damit das nicht nach hinten losgeht...
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Jen
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Beitrag von Jen »

Also, wenn man sich mal die Funktion des Nackanbandes und der Nackenmuskeln vor Augen führt, welche massgeblich an der Rückenaufwölbung beteiligt sind und wenn man diesen langen Hebel mit dem kurzen Hebel der Kruppe vergleicht... warum muss man es sich schwerer machen als nötig? Den Rücken aufzuwölben ist ja das eine. Die Versammlung mit der Hankenbiegung (oder -beugung? deutsches sprach schweres sprach ich nie weiss) und die relative Aufrichtung sollte dann wiederum von hinten kommen. ABER dass DABEI der Rücken aufgewölbt wird, muss die Oberlinie in der DEHNUNGSBEREITSCHAFT BLEIBEN. Und darum muss das Pferd einen langen Hals machen und darum muss es ihn aufwölben, damit die Oberlinie länger ist und so der Zug bestehen bleibt, damit der Rücken OBEN BLEIBT, wenn die Versammlung eine korrekte, ehrliche Versammlung sein soll. Es ist ein ständiger Kreislauf. von vorne nach hinten nach vorne nach hinten etc. Irgendwann ist es nicht mehr wichtig, was zuerst war. ;) Aber BIS dahin... tja, warum schwer, wenn es auch einfach geht?
Liebe Grüesslis, Jen
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pepe
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Beitrag von pepe »

Ach Jen, ich weiß das bei dir die Antworten immer so wunderbar fundiert sind. Ich werde auch weiterhin erst v/a reiten um "den Bogen zu spannen". Aber nur als Gedankenexperiment: was würdest du tun?
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horsman
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Beitrag von horsman »

Bei "v/a" muss man immer beachten, was der Einzelne darunter versteht.
In den FN-RL z.B. sind Skizzen von einem gedehnten Pferdehals in mittlerer Höhe, denen würde bestimmt sogar Mon. Racinet gerne zustimmen.

Und auch Racinet erklärt, dass der Zug den das Nackenband ausübt um den Rücken zu wölben eher durch die Dehnung des Kopf+Hals nach vorne, als durch die Senkung des Halses ausgeht.

Wenn das Senken des sich gleichzeitig dehnenden Halses noch einen zusätzlicher Effekt auf den Rücken ausgeübt , dann ist der aber doch eher rein mechanisch bedingt, weil das Band beim Herabnehmen des Halses eben noch mehr "zieht", weil es sich quasi über den WR spannt.
Der trapezförmige Muskel, der den Halsansatz und Rücken hebt ist m.E. beim Senken des Halses gar nicht groß beteiligt, wird ergo auch durch tiefe v/a-Position gar nicht trainiert.
Diesen trainiert man m.E. eher mit mitteler bis höherer Halseinstellung und natürlich auch sich dehnendem Hals, tunlichst aber mit hohem und nicht herabgedrücktem Wiederrist.

Eine wirkungsvollere Rückenaufwölbung erreicht man m.E. durch heranholen des Beckens und der Kniee (der sprich Hanken)

Oder?

Gruß
horsmän
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Jen
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Beitrag von Jen »

Ich finde es eigentlich müssig über die einzig wahre Kopf-Hals-Haltung zu sprechen. Schliesslich kommt es doch immer darauf an, was man in der entsprechenden Situation gerade erreichen will! Will man Kraft trainieren: Versammlung. Will man Vorwärtsschub und Oberlinie-/Unterlinie in harmonischem Gleichgewicht trainieren: Gebrauchshaltung. Will man die Muskulatur erholen lassen: Dehnung. Ich wechsle ständig ab zwischen all dem, denn ein Muskel, welcher zwar in der richtigen, aber in der immer gleichen Haltung trainiert wird, wird auch sauer und fängt an zu schmerzen. Es ist die Vielseitigkeit, die ein Training doch erst richtig effektiv macht. Oder?
Liebe Grüesslis, Jen
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horsman
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Beitrag von horsman »

Jau, das sehe ich auch so.
Dennoch ist es natürlich wichtig zu wissen, welche Muskeln in welcher Halsstellung arbeiten und wie der Zug des Nackenbandes wo und wie wirkt.
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Jen
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Beitrag von Jen »

horsmän hat geschrieben:Jau, das sehe ich auch so.
Dennoch ist es natürlich wichtig zu wissen, welche Muskeln in welcher Halsstellung arbeiten und wie der Zug des Nackenbandes wo und wie wirkt.
Das stimmt! Das ist in diesem Buch sehr ausführlich beschrieben, denn es ist nicht nur "ein" Muskel oder "ein" Band daran beteiligt... das ganze ist noch etwas komplizierter ;) Auch wenn man in der praktischen Umsetzung der Erkenntnisse vielleicht nicht immer konform mit den Autoren gehen mag, so ist die anatomische Erklärung doch sehr verständlich und anschaulich gehalten. Du kennst es sicher, horsmän, oder. Ich kann es jedenfalls empfehlen. Und ist nicht mal teuer ;)

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horsman
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Beitrag von horsman »

na klaro.
Meine Ausgabe zieren allerdings noch nicht diese FN-Hurra-Bildchen.
Geht es trotzdem? :D 8)
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Jen
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Beitrag von Jen »

horsmän hat geschrieben:na klaro.
Meine Ausgabe zieren allerdings noch nicht diese FN-Hurra-Bildchen.
Geht es trotzdem? :D 8)
Ganz knapp :P 8) :lol:
Liebe Grüesslis, Jen
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dshengis
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Beitrag von dshengis »

@Jen: ist das die geputzte Version? Oder hat Putz die "Vollendete Reitkunst" aufgefrischt?
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chica
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Beitrag von chica »

@dshengis - das war die Vollendete Reitkunst...
LG Ines
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bea
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Beitrag von bea »

Zu Bürger/Zietschmann:
Ich habe mir das Buch ja gerade zugelegt und bin fast durch. Kann es auch nur empfehlen - wenn auch manche Abschnitte von einem nicht-Anatomen zweimal gelesen werden müssen, damit man sie versteht.
Die neuen Bilder zieren "nur" das Titelblatt sowie einen kurzen Vorspann; der Originaltext ist immer noch in seiner ursprünglichen Fassung und mit älterem Bildmaterial versehen.

LG, Bea
Reiten heisst: sitzen - fühlen - denken.
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Hallo,

bin gerade erst hier drauf gestossen...

interessante Frage, zu der mir 2 Sachen durch den Kopf gehen:

1. Ich kenne einen sehr guten, klassischen Reitlehrer, der nur Pferde mit Problemen vorwärts-abwärts gehen läßt.
Alle anderen gehen in der ihrem Ausbildungsstand und Körperbau entsprechenden Haltung. Wichtig ist ihm, dass die Pferde nicht am Zügel ziehen (die Reiter übrigens auch nicht :? ) und die Pferde mit aktiver Hinterhand gearbeitet werden. Immer ihrer Ausbildung angemessen, d.h. erst in einer natürlichen Haltung und mit zunehmender Ausbildung mit höherem Hals (man kann es sich so vorstellen wie auf den Zeichnungen bei Steinbrecht). Bei einem so bearbeiteten Muskel kann sich die Oberlinie dehnen ohne v/a, der Rückenmuskel wird von vorne über die Halsmuskeln und von hinten über das aktive Vortreten der Hinterhand gedehnt.
Er hebt den Widerrist nicht an, sondern läßt die Vorhand freier werden über die wachsende Kraft der Hinterhand und Hankenbiegung. Dadurch ist das Pferd hinten mehr abgesenkt und vorne freier, eine Aufrichtung ohne Handeinwirkung ist möglich.
Die Pferde dürfen sich nach gelungenen Lektionen am langen, hingegebenen Zügel entspannen und den Kopf tragen, wie sie möchten. Einzig ein nach oben entziehen ist nicht erwünscht und deutet für ihn immer auf zu starke/harte Handeinwirkung hin.

2. Der Muskel an sich. Ich habe mich dieser Tage mit einer Physiotherapeuthin für Menschen unterhalten und mich darüber aufklären lassen, dass nicht der dehnende Muskel arbeitet, sondern der kürzende, weil dieser den aktiven Part übernehmen muss.
Sprich, wenn man die Bauchmuskeln genügend trainiert, haben sie die Kraft, sich aktiv zusammenzuziehen und damit die Dehnung der oberen Muskulatur zuzulassen. In Wirklichkeit ist also das Bearbeiten der Oberlinie die Folge der richtigen Arbeit der Unterlinie!
Dafür spricht: wenn ich meine Pferde an der Longe oder auch unter dem Sattel mit ihren Reitern unter dem Bauch mit der Gerte beidseitig gleichzeitig touchiere, zieht sich der Bauchmuskel zusammen auf den Reiz hin und der Rücken dehnt sich, ebenso wird die Oberlinie des Halses rund und viele Pferde fangen an zu kauen, sowie beginnen die Hinterbeine, weiter unterzutreten.
Ebenso ruft ein Schenkeldruck an der seitlichen Bauchmuskulatur das Vortreten der Hinterhand der gleichen Seite hervor. Ist die Bauchmuskulatur nicht kräfig genug, bzw. hat sie nicht genug Kraft, sich zusammenzuziehen, kann das Hinterbein entsprechend nicht vorschwingen und der Rücken erfährt keine ausreichende Dehnung.
Ebenso verhält es sich mit dem effêt d´ensemble. Die Bauchmuskultur wird beidseitig animiert, sich zusammenzuziehen, das Pferd kann dadurch die gesamte Oberlinie runden und dehnen.
Voraussetzung ist natürlich Beschwerdefreiheit der Muskulatur. Dehnung ist also abhängig von 2 Faktoren: erstens: der eine Muskel muss sich zusammenziehen können und zweitens der andere dehnfähig sein. Die Dehnung an sich ist der passive Teil. Da jeder Muskel einen Gegenspieler hat, ist klar, dass sich immer einer zusammenziehen können muss, um dem anderen das Verlängern/Dehnen zu gestatten. Die Dehnung ist nie aktiv!
Da aber beim Reiten die Oberlinie eine Dehnung erfahren soll und darüber einen Muskelaufbau, ergibt sich, dass die entsprechenden Gegenspieler die Kraft haben müssen, sich zusammenzuziehen, um diese Dehnung zu gestatten.

M.E. ist es also eine Frage des eigenen Ausbildungssystems, ob man nun v/a reitet oder nicht, entscheidend ist, dass man erkennen kann, ob die Muskelgruppen entsprechend zueinander arbeiten und eine Kräftigung der für das Reiten notwendigen Muskeln erfolgt, sprich: die Oberlinie sich dehnen kann und damit für das Tragen gestärkt wird.
In jeder Haltung trainiere ich Ober- und Unterlinie, aber eben mehr oder weniger, je nachdem, wieviel der sich zu kürzende Muskel sich verkürzen soll.

Stephanie
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