Ausbildungskonzepte

Allgemeines rund ums Pferd

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Jeanny
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Ausbildungskonzepte

Beitrag von Jeanny »

vorab: ich hätte diesses Thema gern in "Allgemeines" gepostet, dafür brauche ich aber "spezielle Rechte"...? :?

Dann also hier;

Ich mache mir anlässlich eines Vortrages gerade Gedanken über Ausbildungskonzepte für Pferd und Reiter.
-wie kommen Pferd und Reiter zusammen
-wo liegen Probleme
-was ist die Ausgangssituation
-was ist das Ziel
-Zwischenziele
-...

Als guter Ausbilder sollte man sowas direkt im Kopf haben, wenn man ein Pferd/Reiter Paar sieht.
Wie sieht es mit den "Normalos" aus?
Macht ihr Euch auch ein Ausbildungskonzept, bzw habt ihr eins gemacht, als ihr euer Pferd gekauft habt?
Wie sieht solch ein Konzept bei Euch aus?

Nach meinem Vortrag wär ich gern bereit, das Ergebnis meiner Arbeit hier einzustellen, daher wär ich sehr erfreut, wenn sich hier viele von Euch beteiligen würden!

:D
LG Jeanny
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chica
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Beitrag von chica »

Hab es mal für Dich verschoben ;)
LG Ines
................................................
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smilla
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Beitrag von smilla »

Damit beschäftige ich mich auch gerade (bis jetzt nur mental, da ich beim Jobben viel Zeit zum Nachdenken habe, werde mir aber demnächst auch Notizen machen). Also, ich überlege mir ganz genau, was ich von meinem zukünftigen Pferd (nicht mehr lange :jump1: ) erwarte. Dazu gehören erst mal Basics wie Hufe geben, Halfter anziehen, Führtraing (mache ich nach LTJ), überall anfassen lassen, Spazieren gehen usw. Wenn das schon sitzt (ich weiß ja noch nicht, was das Pferd mitbringen wird), wird das halt abgehakt und kein Hauptpunkt. Anschließend geht es Richtung Reiten, mit Vorbereitung durch Longieren (Longenkurs ;) ). Und daaaaann irgendwann, wenn das Pferd den Reiter schon von oben kennt und vertraut ist, geht es zu den Hilfen (auch Handarbeit). Würde ich auch bei einem weiter ausgebildeten Pferd erstmal abchecken, was ist sicher und was noch nicht? Naja, und dann geht es halt weiter...

Ein bissle verkürzt ;)
Bernie
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Beitrag von Bernie »

Natürlich benötigt jeder Ausbilder ein Konzept, sozusagen einen Roten Faden. Dies ist natürlich eine Lernsache, bei jedem Pferd, das man ausbildet, lernt man immer wieder dazu.

Anfangs habe ich bei allen meinen Pferden täglich ein Arbeitskonzept niedergeschrieben, vor der Einheit habe ich mich also damit befasst, was ich heute vorhabe. Nach der Einheit das Ergebnis niedergeschrieben, was war möglich, was klappte gut, was ist verbesserungswürdig.

Darüberhinaus hatte und habe ich immer mittel- und langfristige Konzepte, was habe ich mit der jungen Remonte vor, anreiten etc.

Hier habe ich einige Gedanken niedergeschrieben:
http://www.reitkunst-klassisch.info/aus ... ldung.aspx

lg

Bernie
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Jen
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Beitrag von Jen »

für mich gibt es gewisse Grundvoraussetzungen an das Pferd und an den Reiter. mal ausnahmsweise zuerst den Reiter:

- sollte ein einigermassen gutes Körpergefühl haben. Körperwahrnehmung, Körperbewusstsein kann man schulen.
- sollte eine gewisse Beweglichkeit haben und damit auch eine gewisse Körperkoordination.
- grundsätzliche Balance

diese Dinge sind ohne Pferd zu erarbeiten, das sind Dinge für die der Reiter selber verantwortlich ist, denn leider viel zu oft ist der Reiter das Problem und nicht in erster Linie das Pferd, wenn etwas nicht klappt. Dies dem Reiter bewusst zu machen, gehört für mich in die Ausbildung dazu, sowie Lösungsvorschläge aufzeigen, was man dagegen tun kann. Sei es Feldenkreis, Alexander Technik, chinesische Kampfkunst oder sonst einen Ausgleichssport. optimal ist es natürlich auch, wenn das Verfeinern all dieser Elemente auch auf dem Pferd weitergeführt wird, sei es durch Sitzlongenunterricht oder sonstige Sitzarbeit (Centered Riding etc.). ein unabhängiger Sitz, wo der Reiter spürt was unter ihm passiert und auch fähig ist, sich so zu platzieren und koordinieren, dass man bewusst Signale geben kann ist einfach das A und O beim reiten.

Beim Pferd sind bevor ich draufsitze grundsätzliche Dinge zu klären:

a) Kommunikation

- wer führt wen
das heisst, mein Pferd muss sich von mir führen lassen. Ganz einfach. Von A nach B, in gewünschtem Tempo, in gewünschter Gangart, in gewünschtem Abstand. Ohne zu ziehen, zu hampeln, zu rempeln. Damit ist schon viel erreicht.

- Dann möchte ich meinem Pferd beibringen, dass es verschiedene Signale gibt, mit denen ich mit ihm kommunizieren werde. Dies ist für mich am Anfang einfacher vom Boden aus beizubringen.

b) Gymnastizierung

Habe ich mit meinem Pferd das nötige Grundmaterial an Kommunikation erarbeitet, möchte ich das Pferd körperlich so vorzubereiten, dass es optimal für die Arbeit unter dem Sattel vorbereitet ist. Also Gymnastizierung, vorzugsweise durch Longieren am Kappzaum. Durch die Gymnastizierung verfeinere ich automatisch auch meine Kommunikation, führe neue Signale ein.

c) Gewöhnung an Trense/Sattel/Reiter

d) Zusammenführen von a) und b) unter dem Sattel
das heisst, jetzt versuche ich das umzusetzen, was ich schon am boden vorbereitet habe, sowohl von der Hilfengebung als auch von der Gymnastizierung. Am Anfang steht die Erarbeitung und Verfeinerung von Kommunikation unter dem Sattel im Vordergrund.
- Zügelführung: direkter und indirekter Zügel
- Gewichtshilfen/Körperdrehung: Pferd folgt dem Gewicht und weicht ihm nicht
- Schenkelhilfen Pferd akzeptiert Gas und Bremse, lernt vorwärts, seitwärtstreibender udn verwahrende Schenkelhilfe unterscheiden
- Körperhilfen: Körperspannung, Atmung etc. das "leichte" pendant zu den Kreuzhilfen. Wichtig: Reiter darf nicht schieben, sondern muss es fliessen lassen.

Hat das Pferd dies begriffen (Hilfengebung) und auch akzeptiert (wer führt wen), kann ich erst gymnastizieren.

Tja und dann orientiert sich mein Konzept eigentlich an der klassischen Reitkunst. Hierzu bildet für mich ein wichtiger Grundstein der rote Faden der akademischen Reitkunst:
-Schulterherein = Kontrolle inneres Hinterbein, äussere Schulter
-Kruppeherein = Kontrolle äusseres Hinterbein, innere Schulter
-Traversale = Zusammenführung von Hilfengebung SH und KH
-Geraderichten
-Versammlung

Die Ausbildungsskala ist für mich insofern wichtig, als dass ich auf jedem Abschnitt, in jeder Phase immer wieder versuche, die Elemente der Skala zu erarbeiten, überprüfen, festigen.
Liebe Grüesslis, Jen
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Medora
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Beitrag von Medora »

Ich muss sagen, ich habe da jetzt zusammen mit Anthony sehr viel beim Ausbilden selbst gelernt. Ich hatte vorher zwar schon eine recht klare Vorstellung davon, was ich ihm wann und wie vermitteln will, aber mir sind inzwischen Zusammenhänge klar geworden, die ich vorher so nicht gesehen habe.

Für sind es im Grunde 3 Bereiche bei der Ausbildung:

1. Basiserziehung

Als Erstes geht es um die Basics: also die grundlegende Erziehung, zu der Dinge wie Halftern, Hufe geben, angebunden stehen bleiben, führen etc. gehören. Daran angeschlossen habe ich das Kennen lernen aller möglichen Gegenstände - rumstehende, aber auch solche, die den Körper berühren. Zur Basiserziehung gehörte für mich auch die Arbeit frei im Kreis. Hier stand zunächst vor allem so etwas wie "Menschen respektieren" und "auf seine Signale hören" auf dem Programm, aber das ohne dem Pferd seinen eigenen Willen zu nehmen.


2. Die Schlüssellektion: Das Laufen auf einer gebogenen Linie

Weiterentwickelt ging es dann daran, ihm das Laufen auf einer gebogenen Linie zu vermitteln. Wie wichtig das als Grundlagenlektion ist, ist mir erst jetzt wirklich klar. Ich hatte daran zwar intuitiv in der Freiarbeit gearbeitet, heute würde ich das allerdings etwas systematischer angehen, denn ich denke, das zu lernen ist das A und O für die Pferdeausbildung. Mir war vorher nicht klar, dass ein Pferd von Natur aus nicht auf einer gebogenen Linie laufen kann und dass wir ihm das wirklich erst beibringen müssen. Ein Pferd, das spurig auf einem Kreis laufen kann (an der Longe und unter dem Reiter), ohne dabei auf die innere Schulter zu fallen, ohne die Balance zu verlieren und ohne sich zu verspannen, kann überhaupt erst alles Weitere, was wir von unseren Pferden verlangen, erfüllen.


Die weitere Grundausbildung

Auf dieser Grundlage geht es dann weiter: Reitergewicht kennen lernen, Hilfen kennen lernen, vorwärts gehen, Schwung, Bahnfiguren, Stangen usw.


Und, was vielleicht eine der wichtigsten Erkenntnisse für mich war: Die Ausbildung ist kein linearer Prozess, sondern es geht auf und ab, vor und zurück, Gelerntes ist mal da, dann wieder nicht, dann geht plötzlich was, was vorher nicht ging. Um die Motivation und Lernfreude zu erhalten, muss ich also immer auf mein Pferd achten. Nicht Ziele in den Vordergrund stellen, sondern das, was mir mein Pferd anbietet. Nicht wollen, sondern fühlen. Dazu gehört auch, auf seine Persönlichkeit einzugehen. Ich erlebe immer wieder, dass ich mit Anthony etwas mache, was ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht angedacht hatte, aber es liegt im Raum und ich nehme es an.


Sodele, das war jetzt einfach aus den Fingern in die Tastatur getippt, was mir zu dem Thema spontan einfiel.

Medora
Esprit05

Beitrag von Esprit05 »

Weiterentwickelt ging es dann daran, ihm das Laufen auf einer gebogenen Linie zu vermitteln. Wie wichtig das als Grundlagenlektion ist, ist mir erst jetzt wirklich klar. Ich hatte daran zwar intuitiv in der Freiarbeit gearbeitet, heute würde ich das allerdings etwas systematischer angehen,
Heißt das, das du Freiarbeit im Nachhinein erst gemacht hättest, wenn er gelernt hätte ordentlich auf einem Kreis zu gehen? Also besser erst Longieren, dann ohne Longe Freiarbeit?
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Jeanny
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Beitrag von Jeanny »

:D Vielen Dank für eure ausführlichen Antworten!

Ich bin gerade kurz vor meiner Abschlussprüfung Pferdewirt :?
Daher ist es natürlich sinnvoll das FN Konzept auf dem FF zu kennen! :lol:
Nebenher möchte ich aber auch die "anderen" Varianten zum direkten Vergleich dazunehmen, da ich nicht vor habe, nach meinem Abschluss in die FN Schiene zu gehen.
Zur Zeit bin ich auf dem Lipizzanerhof Bullenkuhlen und was ich hier lerne, das übertrifft alles was ich in den letzten 20 Jahren an Pferdeerfahrung sammeln konnte.
Ich habe also die Aufgabe bei unseren Diskussionsabenden (jeden letzten Mittwoch im Monat ab 19h) Vorträge zu halten. Die gestalten sich so, dass ich zu unserem jeweiligen Thema eine FN orientierte Lösung aufzeige, die wir dann diskutieren, annehmen, ablehnen oder ergänzen.
Dadurch lerne ich meinen Prüfungsstoff und kann im Nachhinein alle Leute an die Wand reden, die mir eins vom Pferd erzählen wollen! 8)

Wie würdet ihr z.B. mit einer "erfahrenen" Reiterin und einem jungen Pferd umgehen, welches durchs Reiten einen Taktfehler bekommen hat...?

Oder ein 6jähriges Pferd mit weichem Rücken und Vorhandlastigkeit?
LG Jeanny
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Jen
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Beitrag von Jen »

Jeanny hat geschrieben: Wie würdet ihr z.B. mit einer "erfahrenen" Reiterin und einem jungen Pferd umgehen, welches durchs Reiten einen Taktfehler bekommen hat...?
Das ist ja immer sehr heikel und ich würde das auch nicht so sagen: das Pferd hat Taktfehler durch das Reiten bekommen. Sondern ich würde einfach ganz allgemein Zusammenhänge aufzeigen. Also, wodurch kann es zu Taktfehlern kommen? Was zeigt sich speziell bei diesem Pferd an Auffälligkeit und was für Erklärungsversuche gibt es für das Verhalten? Die Idee dahinter ist es, dem Reiter solche Hintergrundinfos auf dem Silbertablett zu servieren, dass er selber merkt, dass wahrscheinlich der Reiter das Problem ist. Dann jedoch dies elegant umschiffen und sogleich zu einem Lösungsansatz weitergehen, damit sich der Reiter nicht auf den Schlips getreten fühlt. Über den lösungsansatz wäre es gut, wenn zb. der RL das Pferd arbeitet, um einen Unterschied sehr schnell zu zeigen. Gerade erfahrene Reiter müssen zuerst sehen, dass jemand anders das Problem nicht/weniger hat oder lösen kann. Dann merken sie am ehesten, dass sie selber auch am Problem (verursachend) beteiligt sind und sind eher bereit eine (vielleicht unkonventionelle) Lösungsvariante in Betracht zu ziehen.

Es ist halt immer schwierig, auf der einen Seite dem Reitschüler das Problem klar zu machen und nicht zu wischiwaschi sein, ihn aber trotz aller Deutlichkeit nicht zu brüskieren. Ich denke, das gelingt am ehesten, wenn man die Kommunikation entpersonalisiert und den allgemeinen theoretischen hintergrund und die damit verbundene Biomechanik hervorhebt.
Oder ein 6jähriges Pferd mit weichem Rücken und Vorhandlastigkeit?
Pferd ohne Reiter arbeiten, damit der Rücken soweit gestärkt wird, dass er fähig ist, den Reiter ohne Schaden zu tragen, auch wenn das Reiten nicht gleich von Anfang an perfekt ist. Und gleichzeitig am Boden an der vorhandlastigkeit arbeiten über die Bearbeitung der HH. Nicht zuletzt die Seitengänge als Schlüssellektionen.
Liebe Grüesslis, Jen
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Medora
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Beitrag von Medora »

Esprit05 hat geschrieben:Heißt das, das du Freiarbeit im Nachhinein erst gemacht hättest, wenn er gelernt hätte ordentlich auf einem Kreis zu gehen? Also besser erst Longieren, dann ohne Longe Freiarbeit?
Das kann ich nicht pauschal sagen, weil mir die Freiarbeit die beste Möglichkeit gibt, "an der Beziehung" zu arbeiten. Bei einem weniger eigenwilligen Pferd (also eines, dass grundsätzlich weniger in Frage stellt, als es Anthony tat), würde ich wohl versuchen, tatsächlich erst einmal an der Spurigkeit zu arbeiten, weil das Pferd es dann auch viel leichter hat, in der Freiarbeit "gut" zu laufen. Mit so einem Dickköpfchen wie meiner es ist, würde ich die Sache parallel angehen und in Kauf nehmen, dass es zu Beginn frei eben noch nicht so toll läuft. Ich denke, das muss man im Einzelfall entscheiden.

Grundsätzlich ist mir die Sache mit dem spurigen Laufen heute deutlich wichtiger geworden, also würde ich da auch deutlich früher mit beginnen. Ich hatte ja mit Anthony auch das Anlongieren parallel zur Freiarbeit begonnen und das würde ich heute anders aufbauen.

Medora
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Jeanny
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Beitrag von Jeanny »

Das Geschriebene hat mir Einiges zu Denken gegeben, ich würde mich freuen wenn wir die Bereiche "Balance und Gleichgewicht", ihre Entwicklung im Bezug auf die Ausbildung mit in unsere Gedaken integrieren könnten.

Wann fangt Ihr aktiv an das Gleichgewicht zu beeinflussen?
Welche Rolle spielt die Haltung des Kopfes?
Welche Rolle spielt bei Euch die Vorderhand in Bezug auf die Tragkraftentwicklung?

Ich denke, das sind Punkte in jeder Ausbildung, die nicht zu vernachlässigen sind...
LG Jeanny
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kallisto
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Beitrag von kallisto »

Hallo,

ich habe mir natürlich auch einige Gedanken gemacht und kann mich nur den anderen anschließen.

Vertrauen ist die Basis und das kann je nach Pferd dauern (TT-Bodenarbeit und Führtraining finde ich sehr sinnvoll). Wobei bei einem Jungspund Respekt genauso gehört. Anschließend Spazierengehen oder Handpferd. Das Pferd lernt Regeln kennen, aber spielerisch. Man kann das Interesse eines Jungspundes an der Umwelt im Gelände wunderbar ausleben. Nebenbei gewöhnt man sie daran sich von der Herde zu entfernen und an Wasser, Autos und Co und trainiert den Bewegungsapparat im ruhigen Tempo über verschiedene Böden.

Ich halte von Freilaufen bei jungen Pferden nicht so viel, eben weil sie von allein nicht lernen, sich gesund auszubalancieren. Gerade untalentierte oder schwieriges Exertieur müssen viel über richtiges Laufen lernen. Wenn Freilaufen, dann als Trainingsabwechselung über Stangen bzw. kleine Cavalettis aus dem Trab springen.
Handarbeit am Kappzaum finde ich viel besser. Dies kann man bis zum Longieren ausweiten. Und schon in der Zeit sollte sich das Pferd muskelmäßig zum positiven verändern. Ich bin erstaunt, wie leicht junge Pferde trotz leichtem Training (richtige) Muskulatur aufbauen. In diesen jungen Jahren ist es noch am einfachsten, sie an ein gesundes Bewegungsmuster heranzuführen. Daher kann ich die Meinung nicht nachvollziehen die Jungpferde bis 5 oder 6 Jahren auf der Koppel zu lassen. Reiten muss man nicht bzw. eher wenig, aber gymnastizierende Bodenarbeit und Longe kann man über 3 Jahre durchaus machen und ist im Rahmen eines Jungpferdes sinnvoll.

Reiterlich geht es eher ruhig zu. Man kann es nach und nach integrieren und ruhige Schrittausritte wagen. Wenn sie das Gelände kennen ist das in Begleitung eines ruhigen Pferdes kein Problem. Ab 4 bis 5 Jahren finde ich es auch ok, ein Pferd gelegentlich in der Bahn zu reiten und eine losgelassene Haltung anzuvisieren.

Grundsätzlich abwechselungsreich ausbilden und immer wieder Pausen einlegen. Das Jungpferd immer gut kontrollieren, so dass gesundheitliche Probleme keine Widersetzlichkeiten provozieren. Immerhin wächst es noch und besitzt noch wenig Kraft.

Es gibt viele Wege und Möglichkeiten. Ein Ziel hat man noch nicht, sondern nur einen roten Faden. Ehrgeiz wäre hier falsch. Das Pferd bestimmt den Fortschritt der Ausbildung und Tempo. Solange das Jungpferd mit Gelassenheit, Konzentration und Motivation bei der Arbeit dabei ist, hat man schon viel erreicht. Wenn nach den ersten Jahren die Muskulatur an den richtigen Stellen ist, hat man mehr richtig als falsch gemacht :)
Wann fangt Ihr aktiv an das Gleichgewicht zu beeinflussen?
Welche Rolle spielt die Haltung des Kopfes?
Welche Rolle spielt bei Euch die Vorderhand in Bezug auf die Tragkraftentwicklung?
Das sind einfach Dinge, die weniger zum AusbildungsKONZEPT gehören, vielmehr zu einer anatomisch korrekten Ausbildung. Das füllt eher Bücher als einzelene Beiträge.

LG Susi
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Beitrag von Lipizzanerhof »

Zitat:
Wann fangt Ihr aktiv an das Gleichgewicht zu beeinflussen?
Welche Rolle spielt die Haltung des Kopfes?
Welche Rolle spielt bei Euch die Vorderhand in Bezug auf die Tragkraftentwicklung

Super interessant!
Ich stimme zu das ein motiviertes und gehorsames Pferd eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Ausbildung ist.

Ich persönlich würde mit einer Remonte nicht ins Gelände gehen solange nicht Gleichgewicht Balance und Tragkraft ausreichend entwickelt sind. Und da spielt die Haltung der Vorhand, so denke ich, eine große rolle.

Insofern habe ich in meinem Ausbildungskonzept nicht nur ein Endziel und Zwischenziele die darauf hinauslaufen das Endziel zu erreichen und Reiter und Pferd zusammen zu bringen, sondern ich versuche mir Gedanken über Anatomische und motorische Fähigkeiten des Pferdes zu machen um es überhaupt in die Lage zu versetzen meine Anforderungen zu erfüllen.

Zuerst möchte ich auf die Tragkraft eingehen. Für mich bedeutet Tragkraftentwicklung: Das Pferd in die Lage zu versetzen den Reiter ohne Schaden für sich zu tragen. Durch das Reitergewicht sakt der Rumpf zwischen den Schulterblättern ab. Das kann dem jungen Tier durch Muskelkraft nur bedingt lange Halten. Da keine knöcherne Verbindung zwischen Rumpf und Schulter besteht übernehmen nach Ermüdung der Muskulatur die Bänder und Sehnen diese Aufgabe. Aufgrund dieser Vorraussetzungen versuche ich also das Pferd durch gezieltes Training im Schultergürtel und Rückenbereich zu stärken bis es in der Lage ist mich zu tragen ohne nach kurzer Zeit zu ermüden. Deshalb beginne ich ganz früh mit der Entwicklung der Tragkraft.

Die Haltung des Kopfes beeinflusst die Vorderhand gezielt. Für jeden Typ versuche ich das richtige maß an Aufrichtung oder/und Dehnung zu finden
um optimale Ergebnisse in der Tragkraftentwicklung zu erzielen.

Das Gleichgewicht oder die Balance beeinflusse ich, so denke ich, sobald ich beginne mit dem Pferd zu arbeiten. und ich möchte das natürlich im positivem sinne tun. Also versuche ich direkte Kommandos zu entwickeln die das Gleichgewicht des Tieres auch direkt beeinflussen. Da ist für mich persönlich die Konterstellung, der wechsel von Konter- in Instellung usw. eine der ersten Übungen die ein Pferd lernt.
Ich hoffe ich konnte dier weitere anstöße zum Denken geben.

Ich persöhnlich finde es sehr wichtig, das in ein Ausbildungskonzept von Anfang an anatomische und motorische gegebenheiten mit berücksichtigt werden. Auch das jeweilige Exterieur spielt eine entscheidene Rolle für mich. Ohne die berücksichtigung dieser Bereiche würde es mir schwer fallen schwächen und stärken eines Tieres zu finden und diese zu verändern oder zu fördern.
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Ravina
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Beitrag von Ravina »

Reiten ist Denksport - schön, dass das hier sehr gut hervorgestellt wird.

Ein weiterer Anstoß: Es gab im 19./20. Jahrhundert die Heeresdienstvorschrift für die Remonteausbildung. Dort ging es darum, dass die Pferde lange und gut Dienst tun konnten. Warum sollten WIR das Rad neu erfinden müssen?

Anneli, die sich schnell wegduckt.............
Lipizzanerhof
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Beitrag von Lipizzanerhof »

Zitat:
Ein weiterer Anstoß: Es gab im 19./20. Jahrhundert die Heeresdienstvorschrift für die Remonteausbildung. Dort ging es darum, dass die Pferde lange und gut Dienst tun konnten. Warum sollten WIR das Rad neu erfinden müssen?

Ich stimme dir zu das man in der Reiterrei nichts neu erfinden kann aber das derzeitige Verständnis eines Ausbildungssystems ist doch sehr unterschiedlich. Aus diesem Grund glaube ich dass es sehr wichtig ist darüber zu sprechen. Die verschiedenen Systeme können sich dadurch vielleicht wieder annähern. Und so ein Forum ist dafür sicherlich gut geeignet.
Außerdem ist die HDV ja nur ein Buch von vielen die über die Ausbildung einer Remonte geschrieben haben. Die Liste lässt sich sicher beliebig lang weiterführen. Auch durch die Geschichte hindurch.

Habt Ihr die gleiche Auffassung von Tragkraft und der Entwicklung der Tragkraft?
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