Desmond O'Brien, 27./28.11. Strothhof, Halle (Westf.)

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Moderator: Josatianma

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Josatianma
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Desmond O'Brien, 27./28.11. Strothhof, Halle (Westf.)

Beitrag von Josatianma »

„Man reitet nicht nur, wenn man auf dem Pferd sitzt, sondern den ganzen Tag!“ Ein Satz, der in der Theorierunde am Abend fällt und mich beim Schreiben des Satzes sofort die übergeschlagenen Beine wieder ordentlich nebeneinander stellen lässt.

Ich habe das Glück gehabt, einen freien Kursplatz in erreichbarer Ferne bei Desmond O’Brien zu ergattern. Mein Pferd Pico ist zwar nicht gerade auf dem Höhepunkt seiner Leistung, da er aufgrund einer verschleppten Streptokokken-Infektion ziemlich Muskulatur abgebaut hat und gerade wieder im Aufbau ist. Trotzdem bin ich froh, dass ich ihn mitnehmen kann, da ich mir gerade für die Aufbauarbeit einige Impulse erhoffe. Schon im Vorfeld zermartere ich mir den Kopf, ob ich an alles gedacht habe und auf der Autobahn fällt mir auch ein, was ich vergessen habe: den Steigbügel für den Damensattel.

Ich komme pünktlich auf dem Hof an und werde sehr nett direkt von gimlinchen begrüßt. Eine Angestellte zeigt mir eben noch Pico’s Box, dann mache ich ihn auch schon fertig, da wir bald dran sind. Leider habe ich nicht bedacht, dass Desmond O’Brien auch recht gerne etwas länger macht. Aber dafür kann Pico sich die Beine nach der langen Fahrt erstmal im gemütlichen Schritt lockern. Dann sind wir dran. Was ich machen möchte: "Muskelaufbau" ist meine Antwort. Ich soll erstmal locker antraben. Recht schnell bekomme ich die erste Sitzkorrektur. Fühlt sich erstmal komisch an, aber immer wieder spannend, was sich so einschleicht. Ich trabe über imaginäre Stangen, die mal weiter, mal enger liegen, mit offenen Augen und geschlossenen Augen. Nach jeder kurzen Sequenz wird für Erklärungen angehalten und Pico ausgiebig gelobt. Es kommen noch ein wenig Zulegen und Einfangen und der Galopp. Diesen bereiten wir über Zulegen, Einfangen und Stellen vor. Pico hebelt sich nicht einmal raus. Für den Galopp soll ich mir vorstellen, auf einem kleineren Pferd zu sitzen und somit schneller galoppieren. Viel zu schnell ist die erste Einheit vorbei.

Das Thema der zweiten Einheit des Tages bleibt Zulegen und Einfangen und das richtige Treiben. Ich soll zuerst den Schritt verkürzen, dabei aber schneller treiben und die Taktfrequenz erhöhen. Aus dem verkürzten Schritt antraben und dann auch im Trab Tritte verlängern und beim Verkürzen entsprechend treiben und die Taktfrequenz erhöhen. Und dann kommt der Galopp dazu. Dieses alles auf einer Voltengröße. Der korrekte Einsatz der Gerte wird ebenfalls gleich mitvermittelt. Ich tippe eher auf den Hintern, soll aber hinter meiner Wade mit der Gerte animieren. Da Pico mir auf der Volte im Galopp gerne nach außen drängelt, versuche ich, ihn über den angelegten äußeren Zügel auf der Linie zu halten. Dies wird ebenfalls korrigiert, da ich über das Anlegen des äußeren Zügels den Zügel verkürze und damit gegen die Wendung wirke. Es ist relativ viel in einer kurzen Einheit und ich bin froh, dass gimlinchen so nett ist und alles filmt, so dass ich es zu Hause gut nacharbeiten kann. Zum Abschluss dieser Einheit mache ich den Fehler und wechsel die Gerte nicht korrekt. Da ich Wiederholungstäterin bin, erwartet Desomond O’Brien von mir verständlicherweise, dass diese Dinge automatisiert sind. Bei jedem Kurs erlernen wir neue Dinge, die sich bis zur Teilnahme am nächsten Kurs so eingespielt haben sollten, dass sie automatisch passieren. So wird auch das korrekte Aufnehmen der Zügel bei allen Reitern genauestens beobachtet.

Trotz des langen Tages in der Halle bekommen wir abends noch eine Theorieeinheit über Sitz und Einwirkung des Reiters, die zum Abschluss ein wenig ins Philosophieren übergeht.

Am Freitag geht es weiter. Pico ist am Anfang recht gut drauf, aber während der Einheit ist zu merken, dass es sehr anstrengend ist für ihn. Herr O’Brien geht aber sehr gut darauf ein und stimmt das Programm entsprechend ab. Obwohl Pico sich während des ganzen Kurses bis jetzt nicht wirklich beim Angaloppieren herausgehebelt hat, bekomme ich nun eine Lösung präsentiert: Ich soll Pico über das Durchgleiten der Zügel in mehreren Stufen immer wieder zum Dehnen animieren. Das kann ich mir in drei oder vier Stufen aufbauen. Gleichzeitig soll ich fühlen, wie lange es dauert, bis Pico die Dehnung annimmt und darauf meine Galopphilfe abstimmen. Es klappt. Nach der Dehnung nach vorne kommt nun noch die seitliche Dehnung hinzu und ich reite mehr oder weniger ein Quadrat, indem ich den äußeren Zügel extrem nach vorne gebe. Zum Abschluß wird das Rückwärtsrichten aus dem letzten Kurs noch einmal überprüft und eine kleine Korrektur gegeben. Da Pico ständig den spanischen Schritt anbietet, darf er diesen jetzt auch noch zeigen. Er gelingt sogar sehr schön.

Für die letzte Einheit lautet das Motto: Für das Reiten im Damensattel braucht man keinen Steigbügel. Ich habe die trügliche Hoffnung, dass die Einheit für uns nicht so anstrengend wird. Aber nach kurzem Warmmachen geht es sofort wieder an den Galopp. Und das auch noch rechts und auf dem Zirkel. Es passiert, was passieren muß: ich verspanne mich und Pico natürlicherweise auch. Das Verspannen beruht auf einem blöden Erlebnis und daraus resultiert der Gedanke: „Ich treffe den Zirkel nicht.“ Nach einem kurzen Vortrag über das Senden von positiven Bildern an das Pferd wird es. Ich werde lockerer. Links habe ich diese Probleme nicht. Pico läuft unter dem Damensattel wesentlich dynamischer als die letzten Einheiten im Herrensattel. Ich werde wieder an den Dreipunktsitz erinnert (im Damensattel gibt es diesen) und einige wichtige Kleinigkeiten korrigiert.

Für mich war es wieder ein Kurs, aus dem ich vieles mitgenommen habe. Leider habe ich von den anderen Einheiten nicht allzu viel mitbekommen, da Herr O’Brien kein Mikro hatte und somit nicht immer zu verstehen war und es zudem reichlich kalt war und längeres Stehen in Kälte nicht so mein Ding ist. Ich freue mich bereits auf den nächsten Kurs, an den ich hoffentlich mit einem fitten Pferd fahren kann.
Liebe Grüße, Sabine

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Re: Desmond O'Brien, 27./28.11. Strothhof, Halle (Westf.)

Beitrag von Medora »

Wow,

das klingt ja wieder sehr spannend. Ein Kurs bei diesem Mann würde mich auch reizen :D
Josatianma hat geschrieben:Ich trabe über imaginäre Stangen, die mal weiter, mal enger liegen, mit offenen Augen und geschlossenen Augen.
Das finde ich sehr interessant - könntest Du dazu noch ein bisschen mehr schreiben? Du solltest Dir Stangen vorgestellen? Warum genau?

Medora
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

*seufz*
Schön! Wenn man Desmond kennt, kann man sich bildlich und akustisch alles so richtig vorstellen.
*gespanntaufbildmaterialwartet* :wink:
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Re: Desmond O'Brien, 27./28.11. Strothhof, Halle (Westf.)

Beitrag von smilla »

Josatianma hat geschrieben:
Trotz des langen Tages in der Halle bekommen wir abends noch eine Theorieeinheit über Sitz und Einwirkung des Reiters, die zum Abschluss ein wenig ins Philosophieren übergeht.
Und mich würde interessieren, ob hier noch etwas Spannendes gesagt wurde? Ich hatte z.B. bei dem Kurs im Juni ein kleines Aha-Erlebnis, als er erklärte, dass man es mit dem Drehsitz nicht übertreiben solle.
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Beitrag von emproada »

Danke für den interessanten Bericht! Aber warum soll man beim Sitzen die Beine nicht überkreuzen?
Viele Grüße Tina
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smilla
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Beitrag von smilla »

Krampfadern, unsymetrisch, unschön...da hats viele Gründe ;)
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Beitrag von ottilie »

@smilla: Desmond hat letztens gesagt, daß vor allem bei den Frauen das Problem mit den Krampfadern hängen bleiben würde.... Köstlich! Er hat es ungefähr genaus so wie Du formuliert :lol: :lol: :lol:
Beschämenderweise kriege ich es auch nicht mehr so richtig auf die Reihe. Es hängt jedenfalls zum einen mit der Durchblutung zusammen, zum anderen aber auch mit einem "Abklemmen" der Aduktoren oder so.
Und das gemeine an der Sache: Desmond ist da echt hart. Er meint da auch schon die kleinste Kreuzung der Beine - egal ob im Stehen oder Sitzen.
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Janina
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Re: Desmond O'Brien, 27./28.11. Strothhof, Halle (Westf.)

Beitrag von Janina »

@Beine übereinander schlagen: Für den Rücken kann es aber entlastend sein, wenn man mal die eine, mal die andere Seite mehre belastet :P

Josatianma hat geschrieben:Obwohl Pico sich während des ganzen Kurses bis jetzt nicht wirklich beim Angaloppieren herausgehebelt hat, bekomme ich nun eine Lösung präsentiert: Ich soll Pico über das Durchgleiten der Zügel in mehreren Stufen immer wieder zum Dehnen animieren. Das kann ich mir in drei oder vier Stufen aufbauen. Gleichzeitig soll ich fühlen, wie lange es dauert, bis Pico die Dehnung annimmt und darauf meine Galopphilfe abstimmen. Es klappt. Nach der Dehnung nach vorne kommt nun noch die seitliche Dehnung hinzu und ich reite mehr oder weniger ein Quadrat, indem ich den äußeren Zügel extrem nach vorne gebe.
Das würde mich persönlich noch genauer interessieren, da ich das Problem des Raushebens beim Angaloppieren auch habe...
Wie ist das mit den verschiedenen Stufen zu verstehen?
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smilla
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Beitrag von smilla »

Ich halte seit dem Kurs im Sommer durch, fast. Ich habe mir nämlich eine Notlösung ausgedacht: Ich kreuze jetzt immer die Füße hinter den Beinen. Aber übereinandergelegt habe ich sie seit dem ehrlich nie mehr.
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Beitrag von emproada »

@Ottilie: wie, nicht mal im Stehen?? :shock: Und dabei ist das doch so bequem....
Viele Grüße Tina
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Ich weiß, Emproada, ich weiß... :oops:
Aber wenn Du dann den Blick von Desmond siehst, mit der hochgezogenen Augenbraue und dem süffisanten Lächeln auf den Lippen - dann entkreuzt Du ganz schnell wieder 8)

@Janina: Fahr zum Kurs und laß es Dir selber erklären. Lohnt sich! Auch reiterlich :wink:

@smilla: Gibts ein Foto? Hab da jetzt irgendwie keine Vorstellung zu Deiner Körperhaltung *grübel*
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Beitrag von Julia »

Ich denke das man ja meist auf die selbe Weise (Richtung) kreuzt und so warscheinlich auch eine eigene Schiefe entstehen kann, oder ?
An Krampfadern habe ich dabei bisher noch nicht gedacht...
Liebe Grüße, Julia
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Also, erstmal zum Beine überschlagen:

@smilla: Ich habe laut gelacht, weil genauso hat Desmond gemeint, würden Frauen es erklären.

Da das Menschlein wohl dazu neigt immer ein Bein bevorzugt zu überschlagen, wird hier der Aduktor besonders trainiert und verkürzt. Verkürzte Aduktoren sind aber nicht besonders positiv für das Reiten. Zum anderen ist beim Übergeschlagenen Bein die Hüfte schief. Die Wirbelsäule versucht dies an anderen Punkten wieder auszugleichen und somit hast du eine Zick-Zack-Wirbelsäule. Der LETZTE Punkt ist das die Durchblutung gestört wird und es zu Krampfadern kommen kann.

@Medora: Ich werde versuchen diese Sequenz von der ersten Einheit als erstes auszukoppeln. Sehen ist einfacher als erklären.

@Janina: Ich habe es in meinem Tagebuch nun "Stufendehnen" getauft. Du nimmst die Zügel auf und läßt sie für ca. 2-3 cm durchrutschen. Du zählt die Tritte, die dein Pferd braucht, um sich daran zu dehnen. Dann läßt du sie wieder durchrutschen und beobachtest wieder, wie lange dein Pferd braucht, um sich ranzudehnen. Du kannst jetzt noch Stufe 3 und 4 dran hängen. Im Prinzip automatisiert du mit dem Durchrutschen der Zügel das Herandehnen des Pferdes. Dann gehst du hin und gibst in dem Moment, wo das Pferd sich an den Zügel herandehnt die Galopphilfe. Ich habe eine sehr schöne Sequenz davon. Ich versuche mal mein Glück.
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smilla
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Beitrag von smilla »

:oops: :oops: Solange ihr euren Spaß habt.

Und, gibts noch was von der Theorieeinheit zu berichten?
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Beitrag von Josatianma »

@smilla: Nicht wirklich. Wir sind dann auch irgendwie ziemlich zügig vom Thema abgekommen und ins philosophieren gekommen. Eventuell kann lancia sich ja noch an mehr erinnern :oops:
Liebe Grüße, Sabine

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