Unterschied Kandare Trense

Rund um die klassische Reitkunst

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Larry
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Unterschied Kandare Trense

Beitrag von Larry »

Hallo,
aus aktuellem Anlass möchte ich gern mal Eure ehrliche Meinung wissen.

Im Grunde sollte aus meiner Sicht ein reell ausgebildetes Pferd, welches derzeit auf Kandare geritten wird, gleiche Lektionen und Arbeitsfreude auch auf Trense zeigen können.

Erstaunlicherweise hört man oft von dem einen oder anderen Reiter, dass ihm die Kandare die Sicherheit gibt, sein "temperamentvolles" Pferd besser im Galopp arbeiten zu können, da man es dann- man höre richtig- besser und leichter"bremsen" könne?!
Dabei dachte ich mal, die Kandare ist die feine Hilfe auf dem fast fertigen Weg zur Aufrichtung. Versuche es mal vorsichtig so furchtbar pauschal auszudrücken. Wie seht ihr das im Zusammenhang beim Reiten?
(Rede jetzt nicht von Importpferden, die nie was anderes kennengelernt haben...klar, dass man diese langsam umgewöhnen müßte!)
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Helmar Nahr (*1931)
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Mimi
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Beitrag von Mimi »

Ich sehe das ganze auch sehr vorsichtig an. Wenn bei Meiner mal (so jedes halbe Jahr) die Kandare drin ist, dann nur zu Besuch. Klar, der erste Eindruck vermittelt dem Reiter "oh das Pferd ist leichter händelbar", aber auch dauer so eingesetzt, behaupte ich, macht es das Pferdemaul stumpf. Aber seh mal in die Westernbranche. da ist es bei vielen Pferden üblich, Sie schon auf blanke Kandare einzureiten. Hat mir übrigens damals, wo ich begonnen hatte, mein Stütchen einzureiten, auch eine empfohlen. Ihr Komentar: Mach da ne Kandare rein, das ist deine Lebensversicherung! :shock:
Mein Gegenkomentar war: NÖ, ich bilde mein Pferd auf meine Hilfen aus- das ist meine Lebensversicherung.
Ich möchte die Westernreiter nicht schlecht stellen, gibt auch Andere. :wink:
Reiten: Das Zwiegespräch zweier Körper und zweier Seelen, das dahin zielt, den vollkommenen Einklang zwischen Ihnen herzustellen.
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Larry
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Beitrag von Larry »

Hallo Mimi.lebensversicherung durch Zäumung? Krass oder?
Wo bleibt die gute alte Bodenarbeit usw?
Gut, dass Du den andeen Weg gewählt hast.
Aber mene Frage bezüglich der Kandare bezog sich jetzt mal rein auf den klassischen Bereich bezogen..
In der californ.Reitweise kenne ich mich nicht wirklich aus :oops:
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Helmar Nahr (*1931)
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chica
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Re: Unterschied Kandare Trense

Beitrag von chica »

Larry hat geschrieben: Im Grunde sollte aus meiner Sicht ein reell ausgebildetes Pferd, welches derzeit auf Kandare geritten wird, gleiche Lektionen und Arbeitsfreude auch auf Trense zeigen können.
Ich würde das sogar noch drastischer formulieren: Erst, wenn die Lektion auf Trense sitzt, darf die Kandare rein. Meine Meinung.
LG Ines
................................................
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(Noël Pierce Coward)
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Newton
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Beitrag von Newton »

Hallo!
Ich gebe Chica völlig Recht. Zumal man mit blanker Kandare keinerlei seitliche Einwirkungsmöglichkeit hat. Wie soll das bei einem nicht entsprechend ausgebildeten Pferd funktionieren? :shock: (in meinen Augen ist das eher das Gegenteil einer "Lebensversicherung" :wink: )
LG, Nicole und der Zauberer von Oz
lalala

Beitrag von lalala »

Wie soll das bei einem nicht entsprechend ausgebildeten Pferd funktionieren?in meinen Augen ist das eher das Gegenteil einer "Lebensversicherung"
Ein Ruck im Maul, schon steht der Gaul :evil:

Bei uns im Stall praktizieren das recht viele.
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Newton
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Beitrag von Newton »

:oops: Dann versteh ich jetzt endlich, warum die Cowboys immer in den Sonnenuntergang reiten - die können zwar anhalten, aber nicht die Richtung wechseln! 8) :wink:
(ich hoffe, es fühlt sich keiner auf den Schlips getreten! Ich kenne einige Leute, die Western reiten und das wirklich GUT und pferdegerecht - aber die haben auch keine Kandare zum Einreiten nötig!)
LG, Nicole und der Zauberer von Oz
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Ich habe im Moment genau das Gegenteil als Fall. Mein Friese kann die Lektionen auf Trense, er hat aber nach einer Krankheit die Möglichkeit gefunden mir auf Trense so auszuweichen, daß er die eigentlich durch die Arbeit zu stärkenden Muskeln nicht zum Einsatz kommen. Ich habe jetzt in Zusammenarbeit mit einer RL entschlossen erstmal die Kandare einzusezten, um ihm ähnlich wie bei der Krankengymnastik zu zeigen, daß er die Muskeln nutzen kann. Ich reite nicht jeden Tag, sondern longiere für den Muskelaufbau auch viel oder mache Handarbeit. Ich werde aber so schnell wie möglich zur Trense zurückkehren.

Hätte mein Pferd aber nicht vor der Krankheit schon eine solide Grundausbildung auf Trense besessen, würde ich nie die Kandare einsetzen. Klar kann sie oftmals das Leben leichter machen, aber trotzdem sollten alle Dinge erstmal auf Trense sitzen.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

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Hestur
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Re: Unterschied Kandare Trense

Beitrag von Hestur »

chica hat geschrieben:Ich würde das sogar noch drastischer formulieren: Erst, wenn die Lektion auf Trense sitzt, darf die Kandare rein. Meine Meinung.
Dito.

Ich komme ja aus der Islandpferdeszene, und dort bin ich im Moment sozusagen "Einzelkämpfer" :mrgreen:, da ich mein Pferd nach klassischen Grundsätzen arbeite. Kann also nicht wirklich etwas dazu beisteuern, wie es sich mit dieser Problematik im klassischen Bereich verhält.

Leider sieht man das auf vielen Islandpferdeturnieren nicht nur so wie beschrieben, sondern viel schlimmer. Es gibt einige erlaubte Zäumungen, die in meinen Augen überhaupt keine Daseinsberechtigung haben. Und dann sieht man schon 14-jährige Kinder damit reiten.
Viele Gebisse sind garnicht dazu gemacht, fein einzuwirken sondern sind einfach nur Bremsgebisse, und werden auch so eingesetzt.
Die Isländischen Kandaren werden natürlich auch immer blank eingesetzt...
Aus meiner Sicht würde ich sagen, von allen Pferden die dort mit Kandare laufen, sind vielleicht 5 % reif dafür. Maximal.

Schade also, dass das ein reitweisenübergreifendes Problem ist...
Yve9979

Beitrag von Yve9979 »

Ich sehe das genauso wie bereits o.g. Die Kandare gehört meiner Meinung nach erst in ein Pferdemaul, wenn die Ausbildung auf Trense sozusagen so gut wie abgeschlossen ist und die Kandare nur noch die Krönung darstellt, um feinere und unsichtbarere Hilfen zu geben. Natürlich darf die Reife des Reiters auch nicht vergessen werden (unabhängiger, ausbalanciertert Sitz, sensible Hände, etc.)

Jedoch finde ich es immer schrecklich, welche Bilder man sieht, teilweise auch bei uns im jetzigen Stall: die Kandare steht bis zum Anschlag in Pferdemaul, das Maul geöffnet, die Augen des Pferdes aufgerissen, zwei-händige ÜBERdeutliche Zügelführung, etc.
Wenn die Pferde dem Reiter letztendlich auch unter dem Hintern davon rennen, sieht man auch ... ähm... Bremsversuche durch stärkeres Annehmen der Zügel. Mag schon sein, dass die Pferde aufgrund der Gewalt in ihrem Maul langsamer werden, bremsen, etc. aber meiner Ansicht nach eher aus Schmerzen und Aufgabe, nicht aufgrund einer soliden und guten Ausbildung.

Die Kandare ist für mich letztendlich das i-Tüpfelchen in der Pferdeausbildung - zususagen der letzte Grad der Verschmelzung zw. Pferd und Reiter. Und ich bin mir dessen auch sehr bewusst, dass ich bspw. nie die Reife besitzen werden mit einem auf Kandare-gezäumten Pferd zu reiten.

Aber sehr interessantes Thema. Wie seht ihr eigentlich die Wirkungsweise der Kandare im Pferdemaul? Vor allem im Gegensatz zur normalen Wassertrense? Welche Unterschiede gibt es hier dann zu den unterschiedlichen Gebissarten und -typen?
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Susanne
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Beitrag von Susanne »

Damit stellt sich dann ja einerseits die Frage nach der Daseinsberechtigung der Kandare. Wozu Kandare, wenn alles auch auf Trense erreibar ist? Andererseits denke ich, daß mag auch sehr Pferd-Reiter abhängig sein. Nicht nur körperlich als auch mental. Oft funktionieren ja Dinge allein deshalb, weil man glaubt, ein Hilfsmittel würde das bewirken. So bin ich am Anfang mit Novaja zwei Jahre mit einer Martingalverschnallung ausgeritten, bei der das Martingal erst bei einem Rückwärtsüberschlag gegriffen hätte - trotzdem waren die Ausritte ab Tag eins mit Martingal entspannter und es gab keine extremen Durchstarter mehr.
Zum anderen ist die Frage, wieweit ein Könner mit Kandare nicht noch mehr aus dem Pferd holen kann? Und ob das dann wieder vom jeweiligen Pferd abhängt? Es gibt ja da auch Typen die übereifrig sind und andere die etwas mehr überredet werden wollen...
Liebe Grüße
Susanne
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Beitrag von Carmen »

Ich finde nicht, dass man erst auf Kandare reiten sollte / darf, wenn alles auf Trense sitzt.

Die Kandare kann ein wirklich gutes Hilfsmittel sein, auch bzw. gerade wenn es noch um das Erarbeiten bestimmter Lektionen geht. Das viele die Kandare falsch einsetzen, ist eine andere Geschichte. Reiten sollte man schon können. :roll:

Wenn alles auf Trense funktioniert, warum dann eine Kandare und warum eine Kandare + Unterlegtrense und nicht gleich Kandare blank?
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orest
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Beitrag von orest »

Hallo,

meiner Meinung nach hängt es davon ab, wie eine Zäumung eingesetzt wird.

Zuersteinmal gibt es Zäumungen oder Verschnallungen, die meiner Meinung nach grundsätzlich abzulehnen sind. Wie z.B. Martingal + Kandare, abenteuerliche Kontruktionen wie Hebelgebisse in Kombination mit einem dünnen Seil über der Nase... oä. Das ist schlicht brutal.

Eine klassiche Dressurkandare ist ein vielseitiges Werkzeug, das sehr differenziert und fein eingesetzt werden kann. Die Kandare mit Unterlegtrense erlaubt die Kombination einer aufrichtenden und biegenden Einwirkung (Trense) mit einer beugenden und senkenden (Kandare). Ich würde es nicht ausschließlich so sehen, dass eine Kandare 'nur' die Krönung der Verfeinerung ist, beim Pferd das 'alles' schon auf Trense kann. Vielmehr kann eine Kandare in der Hand eines guten Reiters sehr hilfreich auch in der Ausbildung sein, z.B. bei einem schwierigen oder verrittenen Pferd. Wenn die Kandare fein eingesetzt wird, können Probleme so in einigen Fällen besser gelöst werden - schließlich sollte das Pferd natürlich auch 'nur' auf Trense genauso reitbar sein. Dies alles setzt einen guten Reiter voraus, der die Dressurkandare auch sinnvoll nutzt. Selbstredend hat die Kandare keinen Sinn in der Ausbildung, wenn der Reiter nur an 4 statt an 2 Zügeln gleichmäßig zieht, wie man es leider sehr oft sieht...



Western- Kandaren sind i.A. dafür geschaffen, am losen Zügel einhändig benutzt zu werden. Die Ausbildungsphilosophie unterscheidet sich hier, aber hier ist eine sehr gute Grundausbildung auf Trense unbedingt nötig, sonst ist eine sinnvolle Gymnastizierung nicht möglich.

Mit einer Kandare 'bremsen' zu wollen, ist selbstverständlich ein absolutes Armutszeugnis. Und wird in den meisten Fällen sowieso nicht zu einem besser 'kontrollierbaren' Pferd führen...
Einigen Reitern hilft es psychologisch, z.B. im Gelände eine Westernkandare zu verwenden. Weil der Reiter nun entspannt ist, ist das Pferd auch entspannt ... und der Zügel wird völlig durchhängen. Wenn nicht 'gezogen' wird, dann ist das so schlimm nicht, aber die Gymnastizierung leidet meist sehr. Daher sollte sowas unbedingt eine Lösung auf Zeit sein.

Gruß Tina
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Mimi
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Beitrag von Mimi »

Ich denke auch das der Einsatz einer Kandare mit Unterlegtrense ab einem bestimmten Ausbildungsniveau, was man von Pferd zu Pferd unterscheiden und entscheiden muss, durchaus Sinn hat. Anfangs jedoch nur unter der Beobachtung eines Reitlehrers, bis man sich auch an die neue Zügelführung gewöhnt hat. Und man muss seinen Körper gut unter Kontrolle haben.
Meine Meinung :wink:
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emproada
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Beitrag von emproada »

@Carmen: welche Lektionen erarbeitet man denn mit Kandare? :kopfkratz:
Viele Grüße Tina
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