Reitunterricht und Kompromisse

Allgemeines rund ums Pferd

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Nora

Beitrag von Nora »

Jen hat geschrieben:Es ist richtig, den perfekten RL gibt es nicht.
Da möchte ich mal widersprechen :wink:. Ich finde schon, dass es den perfekten Reitlehrer gibt, ich habe durch Zufall so ein Exemplar gefunden. Die Frage ist doch, wie man in diesem Zusammenhang "perfekt" definiert. Für mich heißt "perfekt", dass ich jemanden gefunden habe, der zu mir und meinem Pferd passt, der uns so fordert und fördert, wie ICH mir das vorstelle, denn ICH bin diejenige, die eine Menge Geld dafür ausgibt, und schon deshalb kommen hier für mich Kompromisse überhaupt nicht in Frage. Natürlich besteht kein Zweifel daran, dass es seeehr schwierig ist, so jemanden, mit dem man absolut einverstanden ist und auf einer Wellenlänge liegt, zu finden. Genauso schwierig, wie bei allen anderen Fachleuten, die mit meinem Pferd umgehen sollen, seien es nun Stallbetreiber, Tierärzte, Osteopathen, Reitbeteiligungen oder was weiß ich noch. Auch da sucht man doch oft ewig, bevor man jemanden gefunden hat, dem man vertraut :roll:.

Ich denke, man kann für eine Weile immer Kompromisse eingehen, wenn sie nicht zu sehr an den eigenen Ansprüchen vorbeigehen, aber dauerhaft mit Kompromissen leben will ich nicht mehr. Ich würde also immer weitersuchen, bis ich jemanden gefunden habe, der mir 100prozentig liegt. Aber dazu sollte man mal in sich gehen und sich darüber klar werden, was man will. Jemand, der ausschließlich danach strebt, sein Pferd auf Turnieren bis in höchste Klassen vorzustellen, wäre mit meiner RLin wahrscheinlich nicht allzu gut bedient. Andererseits wäre ich todunglücklich mit einem RL, der permanente Versammlung oder unbedingten Gehorsam von mir und meinem Pferd fordern würde. Kann schon sein, dass dieser RL kompetent im allgemeinen wäre, aber eben nicht im speziellen, nämlich für mich.

Wenn ich schon lange Schwierigkeiten hätte, jemand passenden zu finden, würde ich wahrscheinlich auf regelmäßigen Unterricht verzichten und lieber immer wieder mal Kurse besuchen.

@smilla: Ein Anfang ist ja schon gemacht, Du hast der Pferdewirtin zugesehen und bist nicht gleich schreiend davongerannt :shock: ! Nun reite doch auch mal bei ihr, vielleicht nach einem ersten Gespräch darüber, was Du dir so vorstellst und worauf Du Wert legst. Eine Stunde macht normalerweise nicht gleich alles zunichte, so dass Du danach vielleicht noch besser beurteilen kannst, ob Ihr zueinander passen könntet oder eben doch nicht.

Ich wünsch Dir jedenfalls viel Glück!

LG, Iris
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Filzi
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Beitrag von Filzi »

Es gibt den RL der gerade zu deinem Lebensabschnitt passt. Es kann durchaus sein, dass ein jahrelanger Begleiter schliesslich weicht und ein anderen als Wegweiser kommt.
Ich denke das ist ganz normal.

Ich habe Gott sei Dank das Glück meinen perfekten Lehrer gefunden zu haben.
Kompromisse gehe ich da nur vom finanziellen her ein. Er ist etwas teurer als ich es gewohnt bin, aber es zahlt sich jeder Cent aus.
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Jarit
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Beitrag von Jarit »

Interessantes Thema!

Vorausgeschickt sei, dass meinem Pony und mir jeder RL etwas beibringen kann, weil wir noch ziemlich am Anfang stehen (ich 5 Jahre Reiterfahrung, Skadi 3 Jahre, wir zusammen 1 Jahr). Dabei ist die Reitweise, nach der die RL unterrichten relativ egal, wenn das, was sie lehren, auf unsere Bedürfnisse abgestimmt ist.

Wichtig sind mir:
a) gegenseitiger Respekt: ich erkenne die Autorität des RL an, er meine Herangehensweise an das Thema Pferd
b) die Kommunikation: ich muss Sachen hinterfragen können, er muss nicht nur Anweisungen erteilen, sondern auch erklären, warum eine bestimmte Lektion für uns wichtig ist etc.
c) das Menschliche muss stimmen: Reiten hat was mit Vertrauen zu tun. Ich möchte einen RL, der mir Mut macht, mit dem ich lachen kann, der meine bzw. unsere Grenzen erkennt und uns heranführt und ein Stückel darüber hinweg, so dass der Spaßfaktor nicht verloren geht

Ich reite auch gern "fremd" (z.B. im Reiturlaub) und lasse mal einen völlig anderen RL auf meine Künste schauen. Jeder RL geht anders vor, von jedem kann ich etwas anderes lernen. Bislang traf ich keinen, mit dem es gar nicht ging.
LG
Jarit

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emproada
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Beitrag von emproada »

Bei meinem RL im alten Stall habe ich mir sehr lange überlegt ob ich dort RU nehmen soll oder nicht, da mich seine Art zu Reiten nicht wirklich angesprochen hat (Springreiter, der dauerhaft Schlaufzügel drin hat). Aber ich muss sagen, dass ich vom Unterricht mehr als positiv überrascht war und das er mich in fast 3,5 Jahren Unterricht weitergebracht hat, als die ganzen anderen RL davor, da er extrem viel Wert auf ordentliche Grundlagen gelegt hat.
Deshalb darf man sich nicht immer vom ersten Eindruck beeinflussen lassen und muss auch Dinge akzeptieren, bei denen man vielleicht anderer Meinung ist. Man soll denjenigen ja im Normalfall nicht heiraten. :wink:
Viele Grüße Tina
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

*hochschubst*
smilla hat geschrieben:wie viele Kompromisse man in Kauf nehmen sollte
Wenn ich den RL vorher schon anschauen kann und merke dann, daß Sachen nicht korrigiert werden, die für mich persönlich einen hohen Stellenwert haben, bzw. daß Lektionen in der Ausführung schlecht werden und auch das unkommentiert bleibt, dann hätte ich irgendwie nicht das Vertrauen, daß es grade bei mir dann alles passend sein sollte.
Egal wie kompetent der RL ansonsten ist.
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
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emproada
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Beitrag von emproada »

@ottilie: dennoch bin ich der Meinung, dass man einen RL selbst ausprobieren muss um sich da wirklich 100% sicher zu sein. Der Unterricht variiert da teilweise doch recht stark von Schüler zu Schüler.
Außer natürlich, die Grundeinstellung gefällt gar nicht. :wink:
Viele Grüße Tina
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Nur nach Zuschauen zu entscheiden finde ich auch schwer: Woher soll ich wissen, ob er bei mir genau das korrigiert, das ich wichtig finde?
Liebe Grüße, Sabine

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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Sicherlich geht probieren über studieren :D
Wenn ich aber sehe, daß Sachen die -allgemein gesprochen- definitiv nicht in mein reiterliches Weltbild passen - und eigentlich auch theoretisch nicht in das des RL - nicht beanstandet werden... also nö. Da bleibt man doch im Glauben oben sitzen, daß alles wunderbar ist. Kann ja nicht angehen.

@Josa - mir gings da jetzt mehr um Grundsätzliches als um das, was dann bei mir persönlich anstehen würde.
Finden tut man schließlich immer irgendwas und ich widerspreche auch gar nicht, daß man immer etwas aus einer Unterrichtsstunde mitnehmen könnte. Mir gings da eher um die allgemeinen Grundvoraussetzungen und auch das Vertrauen zum RL, daß falsche Wege auch aufgezeigt werden.
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
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Yve9979

Beitrag von Yve9979 »

Es ist schon sinnvoller, ein paar Einheiten bei einem RL zu nehmen. Von der ersten Std. kann man auch schwer sicher sein. Oft haben Übungen, hinten denen man anfangs keinen Sinn sieht und die man zu Beginn an nicht versteht, doch Hand und Fuß! Müssen aber erst einmal aufgebaut werden. Und das geht nicht binnen einer Einheit.
Auch müssen sich Pferd und Reiter erst an eine andere Situation gewöhnen. Und das dauert einfach Zeit.
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Alix_ludivine
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Beitrag von Alix_ludivine »

Also ich muss sagen, dass ich mich auch nach dem ersten Zuschauen für oder gegen einen RL entscheide. Genauso auch nach der ersten Probestunde. Für mich ist es einfach wichtig, dass von Anfang an ein roter Faden und eine Logik dahinter ist und das merkt man schon in der ersten Stunde. Wenn das nicht ist, dann probiere ich auch nicht weiter.

LG Alix
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Jarit
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Beitrag von Jarit »

Ich hab mich auch schon beim bloßen Zuschauen gegen einen RL entschieden. Nämlich dann, wenn sein Ansatz völlig weg von meinem Weg mit Pferden ist.
LG
Jarit

Erfahrung heißt gar nichts. Man kann etwas auch 35 Jahre lang falsch machen. - Tucholsky
Excalibur

Beitrag von Excalibur »

Es gibt bei mir auch einfach gewisse Sätze, da dreh ich mich dann direkt um und gehe. *packt mal zu oder ähnliches*
Oder Unterricht bei dem immer nur gesagt wird, was falsch ist, aber keine konkreten Verbesserungen kommen.

Das sehe ich erschreckend oft: Da heißt es dann; der muss runder laufen, der muss mehr untertretten, der muss ruhiger werden und und und...
Doch Sorry, wie soll mich das weiter bringen?

Außerdem ist mir wichtig, dass mir jemand erklären kann, warum ich etwas so oder so machen soll.

Gebe ja auch selber Unterricht, ein großes Problem ist für mich immer noch wenn sowohl Reiter als auch Pferd, noch große Probleme mit der Umsetzung haben. Und zwar aus folgenden Gründen: Im Grunde weiß ich, dass der Reiter noch nicht Fähig ist alles gleichzeitig richtig zu machen. Gleichzeitig wird es aber nur zum Erfolgserlebniss kommen, wenn alle funktioniert.
Das dann so kleinschrittig auseinander zu drösseln ist manchmal echt ein Balanceakt.

Ich spreche hier jetzt noch nicht von Lektionen oder so die kann man ja zurückstellen. Aber schwierig wird es, wenn das Pferd noch nicht vernünftig ausen rum laufen kann und der Reiter es noch nicht schafft, die Hilfen dazu vernünftig zu geben. :roll:
Julia
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Beitrag von Julia »

Excalibur hat geschrieben: Im Grunde weiß ich, dass der Reiter noch nicht Fähig ist alles gleichzeitig richtig zu machen. Gleichzeitig wird es aber nur zum Erfolgserlebniss kommen, wenn alle funktioniert.
Ich erkläre meinen Schülern in diesem Fall immer was das Ziel ist und erkläre auch die Schritte die ich dazwischen lege um das gute Ergerbniss zu erzielen. Ich habe meinen Reitern schnell abgewöhnt "schnelle Erfolgsergebnisse" haben zu wollen, denn sie merken ja recht bald dass sie mit den kleinen Schritten weniger Probleme haben und trotzdem am Ziel ankommen ;)
Wichtig ist da wohl nur zu erklären wohin die ganzen kleinen Schritte führen sollen.
Liebe Grüße, Julia
Excalibur

Beitrag von Excalibur »

@ Julia
Da gebe ich dir vollkommen recht. Im Grunde mache ich es genau so.
Gehe auch immer wieder einen Schritt zurück, wenn es nicht klappt und erkläre der Schüler/in, dass es nichts bringt sich an einer Sache festzubeißen.

Das Problem ist, das es nicht funktioniert das Pferd auf der rechten Hand ausenherum zu reiten, was für sie schon stark frustierend ist.

Der junge Mann hat halt noch einige Probleme mit sich selber und wenn da ist die Reiter/in dann noch ein wenig überfordert.

Manchaml verliert sie dann schon die Geduld, wenn sie zum x mal zum Schritt durchparieren muss und da würde ich ihr dann schon ein kleines Erfolgserlebnis gönnen.

Wir arbeiten schon viel auch vom Boden damit sie es dann unterm Sattel leichter hat, aber auch das geht nicht über Nacht.

Tja Geduld heißt das Zauberwort.

:wink:
lalala

Beitrag von lalala »

Also ich muss sagen, dass ich mich auch nach dem ersten Zuschauen für oder gegen einen RL entscheide. Genauso auch nach der ersten Probestunde. Für mich ist es einfach wichtig, dass von Anfang an ein roter Faden und eine Logik dahinter ist und das merkt man schon in der ersten Stunde. Wenn das nicht ist, dann probiere ich auch nicht weiter.
so mache ich das auch. Das "System" an sich muss passen...und wenn man den Unterricht ausprobiert merkt man ja so nach 5-10x ob es wirklich Fortschritte bringt. Viele RL stellen sich im ersten Moment als gar nicht mal so übel heraus und kommen dann aber schnell an den Punkt, wo sie nicht mehr weiterkommen.

Hätte ich mir meinen RL angesehen, hätte ich ihn aber vielleicht gar nicht eingeladen. Und hätte ich nicht so ein großes Vertrauen in die PB (die schon vor 20 Jahren bei ihm geritten ist) wäre es möglicherweise bei der Probestunde geblieben. Mittlerweile achte ich aber auf viele kleine, nur im ersten Moment unscheinbare, Dinge und sehe die Vorteile seiner Art zu reiten.

Unser Zwerg war anfangs eher weniger begeistert , weil man "keine Hufschlagfiguren reitet", sondern immer nur Zirkel. (wie im Reitschulunterricht) Jetzt, nach einem Jahr, wo er das Pferd weitgehend am Zügel reiten und aussitzen kann kommen merkt er warum das so gemacht wurde und wie weit er gekommen ist ohne es zu merken.
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