Biegung und loser Hals

Rund um die klassische Reitkunst

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ottilie
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Biegung und loser Hals

Beitrag von ottilie »

Meg hat geschrieben:Mehr im Hals biegen würde ich in gar keinem Fall, das gibt nur einen losen Hals und dann hast du hinten gar keinen Kontakt mehr
Dieser Satz von Meg in einem der TB hat mich nachdenklich gemacht. Ich kann mit dieser Aussage nichts anfangen und würde gerne wissen, wie andere damit umgehen.
Meiner Meinung nach ist der Satz so allgemein gehalten, daß man ihn auch ohne Backround diskutieren kann.
Persönlich finde ich nämlich, daß Biegung absolut unumgänglich ist und in keinem Fall verzichtbar ist.
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
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emproada
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Beitrag von emproada »

Was ist denn ein loser Hals?? :kopfkratz:
Viele Grüße Tina
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Barbara I
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Beitrag von Barbara I »

Ich hab da schon ein Bild vor Augen. Die Westernreiter machen das, den Hals sehr stark abstellen, um die Biegsamkeit zu erhöhen. Diese Stellung wird natürlich nicht dauerhaft angestrebt, sondern als Dehnübung verstanden.


In der klassischen Reitweise möchte man ja eher, dass die Stellung der gedachten Biegung des gesamten Pferdes entspricht.

Zitat aus den Richtlinien:
"Die Wirbelsäule ist im Bereich der Halswirbel am beweglichsten, im Bereich der Brustwirbel begrenzt biegsam und (..) im Bereich des Kreuzbeins starr.
Der Reiter darf deshalb das Pferd im Hals nicht zu stark abstellen, sondern muss auch auf eine gute Beigung in der Rippenpartie um den inneren Schenkel achten".

So halte ich es eigentlich auch; wenn mein Pferd gebogen sein soll und im Hals zu stark abgestellt ist, habe ich das Gefühl, dass die Hinterhand rausdriftet oder das Pferd über die äußere Schulter schiebt.
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ninischi
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Beitrag von ninischi »

Mich würde auch interessieren, was Meg damit genau gemeint hat. Vielleicht erklärt sie es uns ja. *pnschickt*
"Reiten ist die Suche nach Schönheit, Geradlinigkeit und Wahrheit."
Nuno Oliveira
horsemanship78
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Beitrag von horsemanship78 »

Rippenbiegung ist völliger Quatsch und anatomisch nicht möglich!

Hab ihr davon auch schon gehört? Ist ne ernsthafte Frage...wirklich :oops:
Bernie
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Beitrag von Bernie »

Wird ein korrekt ausgebildetes Pferd im gestellt und im Hals gebogen, kommt die gleichseitige Hüfte vor. Dieser Reflex (der eben durch das ganze Pferd geht) kann durch falsches Reiten (abwenden mit dem innerern Zügel, Hinterhand fällt aus) zerstört werden.

Am Anfang nutzt man diesen Reflex, da das junge Pferd sich noch nicht mit Sitz und Schenkel biegen lässt. Beim weit ausgebildeten Pferd ist der Weg umgekehrt, man biegt das Pferd über den Sitz und erhält die Halsbiegung passend zur restlichen Biegung und fühlt in der Hand, was die Hinterhand/Hüfte macht bzw. wie sie gestellt ist.

Verbiegt/überbiegt man nun den Hals wahllos und viel zuviel, "bricht" man den Hals am Widerrist, die Biegung geht also nicht mehr über die Wirbelsäule zur Hüfte, es entsteht ein loser Hals. Deshalb soll man auch den Hals "stet" machen, diese Aussagen findet man in sehr vielen guten Büchern, bezieht sich auf dasselbe Thema.
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Jarit
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Beitrag von Jarit »

Jep, Horsemanship, Rippenbiegung ist anatomisch nicht möglich. Richtlinien hin oder her. ;) Die Biegung wird dadurch erreicht, dass der Teil vor dem Brustkorb und der Teil nach dem Brustkorb sich biegt und so der Eindruck (!) entsteht, dass sich das Pferd in den Rippen biegt.
Das kann man gut an sich selbst testen, wenn man seine Hand unterhalb der Achseln gegen die Rippen drückt (und damit den Schenkeldruck simuliert) und sich um die Hand biegt: Die Halswirbelsäule und der tiefere in der Taille gelegene Teil biegen sich. Der Brustkorb an sich bleibt wie er ist.

Mit dem Begriff "loser Hals" kann ich nichts anfangen, das hab ich noch nie gehört. Kann mir aber vorstellen, was damit gemeint sein soll.

Was Barbara schreibt
So halte ich es eigentlich auch; wenn mein Pferd gebogen sein soll und im Hals zu stark abgestellt ist, habe ich das Gefühl, dass die Hinterhand rausdriftet oder das Pferd über die äußere Schulter schiebt.
ist immer dann zu beobachten, wenn der Hals zu weit herum kommt.

Wobei ich solche Übungen - natürlich mit Bedacht und im rechten Maße aussgeführt - für gut halte. Gerade bei Pferden die sehr steif im Hals sind, erleichtert ein über den optimalen Punkt hinausgehendes Biegen das Verständnis des Pferdes, was man will. Ich mach so was aber nur im Stand (von unten und oben) oder im Schritt an der langen Seite, wenn ich in Außenstellung reite. Da hab ich dann auch die Hinterhand unter Kontrolle. Auf einem Zirkel würde sie mir auch über die Schulter wegbrechen und/oder mit der Kruppe nach außen driften. Ich stelle fest, dass diese Übungen den Hals meiner Maus lockern und sie sich dann auch auf dem Zirkel oder der Volte besser biegt, was am Anfang der Stunde nicht geht. Auch fällt ihr die Biegung inzwischen grundsätzlich leichter.
LG
Jarit

Erfahrung heißt gar nichts. Man kann etwas auch 35 Jahre lang falsch machen. - Tucholsky
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Meg
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Beitrag von Meg »

Bin noch auf der Suche, Bernie hat es eigentlich schon schön beschrieben. Bin aber auf der Suche über folgendes, sehr interessantes Video gestossen:
http://www.youtube.com/watch?v=vrYOQ52U3LQ (da kommen mir noch die Begriffe Schenkel- und Rückengänger hoch)

Der Westernreiter, der es schafft, dass Pferd auf Trense einzurollen und schlapp in der HH zu machen und der Dressurreiter, der das Westernpferd an der blanken Kandare zu besserem Tragen des Halses bringt und die Hinterhand zum tragen...

Schon beeindruckend.

Bis später (erstmal Pferde füttern muss)
Meg
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Anchy
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Beitrag von Anchy »

Doch, ich weiß was es ist und auch wie es sich anfühlt. :cry:

Ein Pferd welches auf leichten Kontakt mit der Hand, dieser in allen Richtungen ausweicht.

Baucher hatte man damals vorgeworfen, er produziere mit seinen übertriebenen Abstellungen "lose Hälse".
Gemeint sind die der ersten Manier. Die extremen seitlichen Biegeübungen als auch das Überzäumen.

Wie sich so was anfühlt konnte ich jüngst auf einem western gerittenen Pferd erleben.
Das war unglaublich! Der Kopf ging in alle Richtungen, bei leichten Druck sofort eingerollt oder seitlich bei lateraler Einwirkung weggeklappt.

Dieses Pferd in konstant leichter Anlehnung zu reiten war nicht mehr möglich.

LG
Anchy
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Kolan
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Beitrag von Kolan »

Hallo!

Das kenne ich auch. Das fühlt sich ein bißchen so an, als hätte der Hals mindestens drei Schlangenlinien und würde sich ständig winden wie ein Aal... Es war eigentlich nicht wirklich möglich, das Pferd vernünftig an den äußeren Zügel zu reiten.

LG
Lachen! Reiten macht Spaß. :-)
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Catja&Olliver
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Beitrag von Catja&Olliver »

Ich hab auch mal kurz auf einem Pferd mit so einem "Schlangenhals" gesessen und fand das sogar im Schritt schon unangenehm. Aber wenn der Besitzer das Pferd reitet, sieht von unten alles ganz normal aus und sogar huebsch.
Bernie
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Beitrag von Bernie »

Es ist ein Unterschied, ob sich ein Pferd mit einem "Schlangenhals" der korrekten Biegung entziehen möchte, dies ist eine Ausbildungssache und ein schwacher Reiter kann dasselbe Pferd ev. nicht korrekt biegen und "stet" im Hals halten, ein guter Reiter schon.

Das muss aber kein loser Hals sein. Beim Entziehen durch Abbiegen/Ausweichen im Hals kann sehr wohl noch die Biegung durch das Pferd durchgehen. Korrigiert man allerdings solche Pferde falsch, kann daraus ein loser Hals werden.

oder der lose Hals wird bewusst herbeigeführt, siehe weiter oben die Negativbeispiele.
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Barbara I
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Beitrag von Barbara I »

Den Begriff der Rippenbiegung würde ich nach dem heutigen Stand der Literatur mal beschreiben als "das Gefühl, also ob sich das Pferd um den inneren Schenkel biegt". Dieses Gefühl kommt u.a. von der Schulter (-muskulatur), die sich entsprechend verlagert.
(Ich kenne auch die Beschreibung "in der Rippe nachgeben".)

... den unkorrekten Begriff für dieses "Gefühl" wird man wahrscheinlich so bald nicht abschaffen können...
horsemanship78
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Beitrag von horsemanship78 »

Danke, wollte mal hören ob das mit der Rippenbiegnung noch mehr so sehen und hab es deshalb vorsichtig formuliert, ohne zerfleischt zu werden ;-)
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FoxOnTheRun
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Beitrag von FoxOnTheRun »

Zum Thema Rippenbiegung hab ich bei Udo Bürger gelesen, daß nur die vorderen Rippen beim Pferd starr sind, die hinteren jedoch flexibel und nicht fest mit der Wirbelsäule verknorpelt. Was dies seiner Meinung nach allerdings für die Biegung bedeutet, weiß ich nciht mehr genau, werd ich heut abend nochmal nachlesen...
LG Foxi
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Wer Frauen ohne Fehler sucht und Pferde ohne Mängel, der hat nie ein gutes Pferd im Stall und im Bett nie einen Engel.
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