Springen macht Spaß!

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Moderator: Josatianma

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Josatianma
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Springen macht Spaß!

Beitrag von Josatianma »

Springen macht Spaß! Das konnten wir auf einem Cavaletti-Springkurs bei Reken-Reitlehrerin Tamara Ebert in Reichlos erfahren. Und zwar den Ponys und den Reitern!

Anfang des Jahres wurde uns von dem damaligen Springtrainer erklärt, dass es für meinen Sohn viel zu gefährlich wäre, mit dem Pony (Haflinger) zu springen. Silver würde viel zu unbeständig springen. Nun ja, da ich in vielen Dingen eine etwas andere Sichtweise habe, habe ich angefangen nach Alternativen zu suchen. Der Vorschlag, einen Springkurs bei einer Reken-Reitlehrerin zu machen, stieß auf großes Interesse von meiner Seite und mir wurde Tamara Ebert in Reichlos empfohlen. Nach einem netten Telefonat wurde schnell ein Termin gefunden. Ich konnte aus unserem Stall eine Mutter überzeugen, mit ihrem Sohn mitzufahren. Nachdem der Termin bereits einmal wegen Schneefalls verschoben werden musste, war es am 03.04.2009 soweit: bei strahlendem Sonnenschein packten wir die beiden Haflinger in den Anhänger.

Nach drei Stunden Fahrt waren wir endlich da. Freundlich wurden wir von Tamara in Empfang genommen und die Ponys konnten erst mal ihre Box in Beschlag nehmen. Wir bezogen unsere Ferienwohnung und nach einer kleinen Stärkung gab es die erste Theorie-Einheit. Tamara informierte sich über den reiterlichen Stand von Timo und Kevin und erklärte ihnen, woher der Springstil kommt, der ihnen am Wochenende vermittelt werden sollte. Der von Frederico Caprilli entwickelte effektive leichte Sitz gibt dem Pferd die Möglichkeit, den Rücken frei zu bewegen. Zum anderen werden die Pferde zum selbständigen Springen erzogen. Bei der Erwähnung, dass sie gleich freihändig reiten sollen, gab es große Augen bei den Jungs.

Bevor es jedoch auf die Pferde ging, durften Timo und Kevin auf dem Holzpferd den effektiven leichten Sitz üben. Dann wurde der erste „Parcours“ in die Halle gebaut: eine lange Gasse, ein Slalomparcours. Auf der Mittellinie wurde ein Trichter aus Stangen gelegt, an dessen Ende zwei hohe Fänge standen mit einem Durchlass in der Mitte, in den später der Sprung gebaut werden sollte. Damit der Weg ordentlich zu Ende geritten wird, werden in Verlängerung des Sprunges noch zwei Hütchen gestellt. Jetzt aber schnell die Ponys gesattelt und los geht es. Aufwärmen im Schritt und erste Versuche, den effektiven leichten Sitz einzunehmen. Im Trab ab durch die Gasse und freihändig boxen oder umdrehen und schießen. Kevin und Timo hatten einen Heidenspaß. Durch den Trichter ohne Sprung. Immer wieder Pausen dazwischen, da der leichte Sitz doch recht anstrengend ist und natürlich auch die Ponys den Spaß behalten sollten. Am Trichter wurde nun noch eine Stange auf den Boden gelegt, über die ein paar Mal geritten wurde, und schon war die erste Stunde vorbei.

Nach einer etwas kurzen Nacht ging es am nächsten Morgen mit Theorie weiter: wie lernt ein Pferd und wie motiviere ich ein Pferd. Wichtig war hier vor allem, dass die Pferde eben lernen selbständig zu springen und immer zu springen. Aus dem Grund wird bei einer Verweigerung deshalb nicht vor dem Hindernis abgewendet, sondern das Hindernis vor dem Pferd abgebaut und dann im Schritt drübergegangen. Das Pferd soll lernen, dass es nur das Geradeaus über den Sprung gibt. Der Reiter soll dabei möglichst nicht stören und auch nicht steuern. Das Pferd muss den Sprung ganz allein absolvieren. Gedanklich heißt das für den Reiter: der Sprung ist gar nicht da. Motivationsmöglichkeiten für die Pferde gibt es viele, für unsere Haflinger war sehr schnell klar – es gibt ein Leckerli.

Der Parcours blieb im großen und ganzen wie er war, nur in die Gasse wurden Stangen reingelegt. ABER: hinter dem Trichter standen nun Springständer. Los ging es. Durch den Slalom, in der Gasse boxen oder schießen und dann durch den Trichter. Das erste kleine Hindernis. Spannung auf meiner Seite: was passiert, was macht Silver? Springen, was sonst?! Er kam gar nicht auf die Idee etwas anderes zu tun. Die Stange wurde höher und am Schluß waren es immerhin 60 cm. Klar noch nicht hoch, aber darum ging es ja gar nicht, sondern das Vertrauen von Pony und Reiter wieder aufzubauen und Spaß am Springen zu vermitteln. Und den hatten beide! Tamara musste die beiden Jungs doch sehr stark bremsen, da sie gar nicht genug bekommen konnten.

Nach der Mittagspause noch mal Theorie: ein wenig Biomechanik. Super rübergebracht und für Kevin und Timo gut verständlich. Für die zweite Springstunde am Samstag wurde der Parcours umgebaut. Der Trichter ist in die Nähe der langen Seite gewandert. Tamara hat ihren höchsten Ständer (1 m) ausgepackt. An der anderen langen Seite liegen auf einer einfachen Schlangenlinie Trabstangen. Vor der kurzen Seite ist eine kurze Gasse mit Trab-Cavalletis an der Innenseite. Los geht es. Die Jungs jetten durch die Halle über die Trabstangen und endlich wird der Sprung freigegeben. Auf Silvers Seite scheint gar nicht mehr die Idee aufzukommen stehen zu bleiben. Der Abschlusssprung ist immerhin schon E-Höhe, was den Herren sehr wichtig ist.

Da das Wetter so toll ist, haben Kevin und Timo am Sonntagmorgen die Möglichkeit draußen zu reiten. Dort gibt es einen Wall mit den unterschiedlichsten Höhen und einige Natursprünge. Zuerst geht es über einen kleinen Abschnitt des Walls, dann über einen höheren. Später wird der Wall noch quergeritten, so dass es immer hoch und runter geht. Vor den Naturhindernissen hatte Timo bereits am Morgen seinen Respekt bekundet und seine Befürchtung geäußert, dass Silver hängen bleiben könnte. So stockt es beim ersten Überwinden auch. Doch bereits beim zweiten Versuch kommen die Beiden über die Baumstämme. Wichtig ist es immer wieder, dass nicht die Hindernisse angeschaut werden, sondern Punkte weit hinter den Hindernissen – in dem Fall Tamara. Den Jungs entfällt das öfter – den Haflingern nie! Sie haben schnell gelernt, dass es eine Belohnung am Ende gibt. Die Ängste sind schnell überwunden und zum Schluß müssen wir Kevin und Timo in ihrem Eifer wieder bremsen, da Silver und Fleika doch gewisse Ermüdungserscheinungen aufzeigen und den Abschlußparcours ja noch schaffen sollen.

Der Zeitpunkt, den Abschlußparcours zu absolvieren ist leider viel zu schnell da. Alle hatten großen Spaß. Tamara gibt den Jungs nicht das Hindernis an, das sie nun springen sollen, sondern den Weg „Durch die ganze Bahn wechseln“ oder „Mittellinie“. Die Wege sind mit Toren vorgegeben. Beide Ponys springen zwar etwas müde, aber doch sehr bemüht. Es gibt keine Verweigerung, kein Vorbeilaufen.

Direkt nach unserer Heimkehr wurde ein Springlehrer gesucht, damit das Gelernte gefestigt werden kann und einer Springkarriere nichts mehr im Wege steht.

Zur Verdeutlichung der einzelnen Pacours-Variationen noch ein kurzes Video
Zuletzt geändert von Josatianma am Mi, 22. Apr 2009 07:59, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße, Sabine

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chica
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Beitrag von chica »

Toller Bericht! Danke dafür :D Und für mich als Springfeigling eine echte Alternative.
LG Ines
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emproada
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Beitrag von emproada »

Danke für den tollen Bericht. Schön, wie durchdacht das Ganze aufgebaut wurde und das es allen Vieren so gut gefallen hat.
Wäre Reken von Euch aus aber nicht näher gewesen? :kopfkratz:

@Chica: habe ich vor Jahren auch mal gemacht und ich muss sagen, ich hatte (obwohl auch ein riesen Feigling) noch nie so viel Spaß beim springen.
Viele Grüße Tina
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chica
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Beitrag von chica »

emproada hat geschrieben: @Chica: habe ich vor Jahren auch mal gemacht und ich muss sagen, ich hatte (obwohl auch ein riesen Feigling) noch nie so viel Spaß beim springen.
Nach meinem letzten Zusammenstoß mit dem kompletten Hindernis *räusper* hab ich schon bissi Muffensausen vor dem nächsten Mal. Wobei ich da auch Unterstützung von einer Trainerin haben werde, die ein Auge auf uns beide haben wird (inklusive Schutzkleidung!)

Mir gefällt der Ansatz, das Pferd einfach machen zu lassen und es so zu motivieren, dass es gerne und freiwillig springt. Da ich dieses Jahr gerne Abzeichen machen möchte, komme ich ums Springen einfach nicht herum und freue mich über jeden Input in diesem Bereich, der es mir Angsthase leichter macht!
LG Ines
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kallisto
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Beitrag von kallisto »

Der Bericht ist echt interessant und er macht richtig Lust auf Springen lernen für Pferd und Reiter.

LG Susi
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

@emproada: Reken wäre etwa gleich weit weg gewesen. Aber ich hätte für Timo alleine das dreifache von dem bezahlt, was ich da gezahlt habe.

Tamara Ebert hat auch Schulpferde, so daß man auch ohne eigenes Pferd anreisen kann.
Liebe Grüße, Sabine

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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Josatianma hat geschrieben:Tamara Ebert hat auch Schulpferde, so daß man auch ohne eigenes Pferd anreisen kann.
Mein Stichwort! :lol: Ich glaub das mach ich dann auch mal bei ihr und lerne endlich nach 17 Jahren wie man springt. Oben bleiben kann ich ja, aber mehr... *räusper* Beim letzten Mal mit Hannes hab ich mich fürchterlich gestaucht :verletzt: und bin total hinter die Bewegung gekommen - gut der Knopf ist auch aus dem Fast-Stand drüber :shock:

Toller Bericht und der Springreiterkarierre steht ja nun nichts mehr im Weg....(naja obwohl ab M müsste doch über ein passendes Drittpferd nachgedacht werden*räusper* sonst klettert Silver DURCH die Stangen)
Es grüßt Nadine

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Beitrag von FoxOnTheRun »

Toller Bericht! Scheint eine gaaanz tolle Art zu sein, Pferd und Reiter die Materie näher zu bringen. Und vorallem zugeschnitten auf die jungen Teilnehmer! Klasse. ICh wünschte, bei meiner Springausbildung damals hätte es das gegeben. da wär sicherlich einiges anders gelaufen....
LG Foxi
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Beitrag von Ielke »

Schöner Bericht :)

Ich habe sogar von 2 x zugucken was für meinen leichten Sitz mitnehmen können, irgendwie kam ich in der folgenden Springstunde viel besser klar.

Tja, die Jungs haben die RL ganz schön überrascht, wenn auf das Kommando "Schrittpause" kein erleichtertes Aufatmen kam sondern ein protestierendes "Moment, einmal spring ich noch...."
Viva

Beitrag von Viva »

Nettes Video.

Mal ne Frage, wieso die ganze Zeit leichter Sitz? Sollte man sich nicht zwischen den Hindernissen auch mal hinsetzen?

Das mit den Leckerlis ist ne super Idee, werd ich nächsten Mal gleich ausprobieren :D
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

@Viva: Die Beiden haben hier das Springen nach Caprilli bzw. auch unter dem Namen Chiron-Springen bekannt. Bei dieser Art des Springens wird vor dem Hindernis nicht eingesessen. Hintergrund ist, daß sich dieser Springstil aus der Zeit der Meldereiter entwickelt hat. Dort wurde ein Hindernis nicht umritten, sondern einfach gesprungen. Da das Pferd gleichzeitig lernt selbstständig zu springen soll der Reiter ihm auch keine Vorgaben zum Absprung machen. Schau dir mal die Vielseitigkeistreiter an. Die reiten auch so. Herr Plewa ist unter anderem ein großer Verfechter des effektiven leichten Sitzes.
Liebe Grüße, Sabine

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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Danke für die Hintergrundinfo *interessant find*

Und cool, dann geht Timo also bald zu den Geländehüpfern?! :D
Es grüßt Nadine

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Viva

Beitrag von Viva »

Ah! Wieder was dazugelernt. Werd das gleich mal mit meiner Trainerin näher unter die Lupe nehmen :)
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summer
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Beitrag von summer »

gilt das nur fürs geländereiten oder auch fürs parcoursspringen?

in einem parcours stelle ich es mir doch etwas schwieriger vor (wenn man jetzt mal von schwereren prüfungen ausgeht, mit engen wendungen usw.).
im gelände legt man doch längere strecken im galopp zurück - da ist es ja absolut zweckmäßig den rücken zu entlasten.

(bin alles andere als eine springerin *feiglingbin* :oops: , ich versuche nur das mir das ganze durchzudenken - also bitte um belehrungen (wer weiß, vielleicht muss ich für meinen buben doch mal springen lernen :wink: :shock: )
Sei deines Pferdes Gang unter dir wie die Bahn eines Sterns.
In deiner fühlenden Hand,deinem schwingenden Leib,deinem schwebenden Herzen liegt Kurve&pfeilgerader Weg,liegt Anfang&Ende,liegt die unermessliche Poesie der Bewegung,liegt die lebendige Kraft.
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

@summer: Ich gehe mal davon aus, daß du auch im großen Pacours im leichten Sitz bleibst. Enge Wendungen werden über die Lenkung mit den Knien geritten. Da der Rücken des Pferdes frei ist kann es entsprechend untersetzen. Auch in der Vielseitigkeit werden oft enge Wendungen geritten und dort habe ich es so gesehen. Da du in dem Sitz die entsprechende Balance hälst dürfte es für das Pferd leichter sein.
Liebe Grüße, Sabine

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