Unterschriftenaktion: Reformen des FN-Reglements

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Fliehendes Pferd
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Beitrag von Fliehendes Pferd »

@Alkasar: das ist in den meisten Vereinen so, das denke und erfahre ich auch. Der Grund ist ziemlich simpel. Von 100 Rl taugt nur einer was. Bevor Horsmän jetzt wieder auf die FN eindrischt: von diesem 100 sind 50 schon mal gar autorisiert, 20 weitere RL sind von eigenen Gnaden, dann kommen die Trainer C und bei den restlichen drei bis fünf sind wir bei Trainer B bis FN-Pferdewirtschaftsmeister angekommen (wobei selbst bei der letzten Kategorie noch einer aus dem Bereich Zucht und Haltung dabei ist). Es gibt einfach wenig Ausbilder, die wissen, was sie da tun.
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Ielke
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Re: Glaubensfrage oder Kompromiss?

Beitrag von Ielke »

Barbara I hat geschrieben: Ich glaube, dass das Problem letztendlich daher kommt, dass Dressurreiten ein Wettbewerbs-Sport ist.
Wenn ich am Wochenende eine L-Dressur gewinnen will, ist mein Ausbildungsweg nicht der gleiche, als wenn ich eine Lektion erarbeite als Mittel zum Zweck, das mein Pferd schöner, leichter, zufriedener wird.
...was sich aber nicht zwangsläufig ausschließen muss.

Ich habe letzten Winter angefangen, bei einer neuen RL Unterricht zu nehmen. Als sie mich nach meinem Ziel fragte, gab ich an, dass ich mein Pferd gescheit gymnastizieren will damit es lange gesund bleibt und fein auf die Hilfen reagiert. Wir haben angefangen, dem Hans-guck-in-die-Luft Friesen beizubringen, dass man Rücken nicht nur "haben kann" sondern auch benutzen oder man nicht für jeden Übergang Schwung holen muss, indem der Holländer erstmal den Kopf hochnimmt...

Resultat: Mein Pferd wurde deutlich fleißiger, motiviert bei neuen Übungen und nachdem ich im Frühjahr - zunächst ohne Turnierambitionen - mein kleines Reitabzeichen gemacht habe bin ich spaßeshalber mal mit zum Turnier gefahren. Nach Erfolgen in E, einem Sieg in der A (nicht mit mir, mit der RL) haben wir jetzt die L im Visier, und das alles als "Nebenprodukte" der Gymnastizierung, nicht von sportgeprägter Lektionenpaukerei.
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Fliehendes Pferd hat geschrieben:Von 100 Rl taugt nur einer was...von diesem 100 sind 50 schon mal gar autorisiert, 20 weitere RL sind von eigenen Gnaden, dann kommen die Trainer C und bei den restlichen drei bis fünf sind wir bei Trainer B bis FN-Pferdewirtschaftsmeister angekommen (wobei selbst bei der letzten Kategorie noch einer aus dem Bereich Zucht und Haltung dabei ist). Es gibt einfach wenig Ausbilder, die wissen, was sie da tun.
Da gehe ich nicht mit.
Eine der besten Ausbilderinnen, die ich hatte, war Stefanie Staudinger - die hat "nur" bei Bent Branderup gelernt und überhaupt keinen Schein.
Was sagt das jetzt aus? Genau - gar nix.

Die Trainer-Ausbildungen der FN sind theoretisch wohl gut gedacht, aber praktisch - wie sollen Leute was lernen, wenn Ihnen nichts Gescheites gelernt wird?
Bei uns im Stall war eine im Frühjahr auf Trainer C-Lehrgang. Die Geschichten von dort kann ich nur unter Horrorstories verbuchen, aber "gelernt" im Sinne der Pferde hat sie dort gar nichts. Und was wird sie wohl weitertragen?
Somit schließt sich auch aus, daß je höher der Schein desto besser der Unterricht. Man siehe Herrn Hess...

Vielleicht können hier Meinungen zu den neu entstandenen Barock-Trainern mitgeteilt werden? Ist die Ausbildung dort "reeller" im Sinne von "pferdegerechter"? Wie ist die Erfahrung mit diesen Trainern?

Ich denke, solange die "alten" bei der FN nicht wegsterben und sich neues Denken von unten durchsetzt, solange wird es auch nur wenige gute Ausbilder geben.

Wobei man auch sagen muß, daß in jungen Jahren oft auch die geistige Reife fehlt, das ganze in eine gute Richtung zu entwickeln.
Das kommt halt auch oft erst im Laufe der Jahre, in jungen Jahren steht oftmals nur die Leistung im Vordergrund - Hauptsache, der Gaul schmeisst die Beine. Egal wie.


@Ielke - Deine Geschichte ist schön, unterscheidet sich aber vielleicht in einem ganz wichtigen Punkt von der "Norm" - nämlich der Intention.
Du wolltest zuerst die Gymnastizierung, jetzt kommen vielleicht die Schleifchen. Ich wage zu behaupten, daß es bei einem Großteil der (Turnier)Reiter anders rum ist.... :?
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
knowi
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Beitrag von knowi »

An die Beobachtung kann ich mich anschließen. Ich hatte mich rießig gefreut, als ich das erste Mal von der Ausbildung zum Trainer-C-Basissport hörte. Ich fand das klang unheimlich sinnvoll und spannend - ich habe sogar selbst mit dem Gedanken gespielt das zu durchlaufen, weil ich gerade beim Unterrichten von Kindern einen Heidenspaß habe und dachte hoffte, reitweisenunabhängig, einiges mitnehmen zu können.

Gut, letzten Endes habe ich's dann doch nicht gemacht und bin heilfroh. Drei Freunde von mir durchlaufen ihre Ausbildung gerade und was sie berichten passt auch nur in die Rubrik Horrorgeschichten. Die Sportausbildung muss genial sein, sobald es aber ums Reiten, wie ums Unterrichten selbst geht, muss es katastrophal zugehen.
Zumal die Pferdehaltung eine einzige Sauerei zu sein scheint - und das obwohl der Betrieb wegen der angebotenen Ausbildung finanziell von der FN unterstützt wird.
Gut, das sind Infos aus 2. Hand, aber ich kenne die "Quelle" gut. Fand das schon reichlich ernüchternd...

Steffen: Ich muss sagen, dass mir das auch ganz gut tut die Diskussion hier zu verfolgen (zum mindest Teile davon - aber lassen wir das) Denn wenn die Intension (nämlich pferdegerechtes, feines Reiten) stimmt, dann kann der eine vom anderen tatsächlich ne Menge lernen.
Nur wenn die Intension eine andere ist, dann klinke ich mich aus, denn dann gehen die Ziele zu sehr auseinander, was sich dann doch zu oft auf den Weg ausschlägt.
Jedes Werden in der Natur, im Menschen, in der Liebe muss abwarten, geduldig sein, bis seine Zeit zum Blühen kommt.
Dietrich Bonhoeffer
maurits

Beitrag von maurits »

ist schon alles merkwürdig, aber vielleicht liegt es auch an der Sichtweise des einzelnen, eine Sache als "Horrorstory" zu empfinden.

Ich bin selbst kein Trainer, aber etwas näher dran, denn mein Mann machte zuerst den Trainer C Fahren, in Warendorf am Landgestüt, und einige Jahre später den Trainer B in der Landesfahrschule Duen in Friesoyhte.

Zusätzlich nimmt er regelmässig an den von der FN angebotenen Fortbildungsseminaren teil, die ja Pflicht sind, möchte man seine Trainerlizenz behalten. Dort und auch im Trainer C Lehrgang hatte man unter anderem zum Thema Pferdegesundheit keinen geringeren als Dr. Heuschmann verpflichtet....

Und es sollte eigentlich egal sein, ob es sich um Reiten oder Fahren handelt, denn beide Disziplinen befinden sich unter dem Deckmäntelchen der FN.

Weder beim Trainer C noch Trainer B wurde "horrormässiges Unterrichten" und "saumässige Pferdehaltung" gefordert. Es wurde eine fundierte und sehr umfangreiche Ausbildung geboten, um eben qualifzierte Trainer nachher auf die "Neulinge" loszulassen.

Beim Trainer C ging es noch um Grundlagenarbeit, im A-Bereich, was das Fahren angeht, und es wurden über mehrere Wochen verschiedenste Gespanne mit den verschiedensten Fahrern unterrichtet, und die Gespanne mussten auch von allen Lehrgangsteilnehmern selbst gefahren werden, die Prüfung umfasste dann eine selbst gefahrene Dressur und ein Kegelfahren, und der Unterricht wurde auf dem Fahrplatz im Hinblick auf turniermässiges Fahren und auch im Strassenverkehr und Gelände geprüft, dazu kamen umfangreiche Theorieteile zum Thema Fahren, Gesundheit, Pferdehaltung etc.

Der Trainer B ist eher auf den Leistungssport ausgerichtet und die Ausbildung und Prüferei befand sich auf M-Niveau, ebenfalls mussten in den Unterrichtseinheiten Gespanne dahingehend trainiert werden, um M-Lektionen zu erarbeiten und korrekt zu fahren.

Eins wurde generell nie gelehrt, nämlich "vorne festhalten und hinten draufhauen", sondern das Ziel waren auch da stets lockere, losgelassene Pferde.

Für beide Lehrgänge muss man zu allererst mal eins können, nämlich FAHREN. Wer nicht fahren kann, nicht fühlen kann, der wird mit den dortigen Anforderungen schnellstens überfordert sein, man fährt täglich fremde Pferde, und das sind lange keine Anfängerpferde oder Selbstläufer.

Also erzählt mir bitte nicht, die FN bringt nur Stümper heraus, die nichts können, und den Trainerschein mehr oder weniger geschenkt bekommen.
Es gibt überall gute und schlechte Trainer und es ist oft Geschmackssache, ob man mit dem einen oder dem anderen besser zurechtkommt.
Allerdings sind solche Äusserungen eine Frechheit gegenüber den Trainern, die mit Leidenschaft und Liebe zum Pferd tagtäglich etwas von ihrem Wissen an die Leute weitergeben.

Und ich kenne ne ganze Menge davon, die "trotz FN" hervorragend unterrichten und ausbilden.

lg
maurits
knowi
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Beitrag von knowi »

Allerdings sind solche Äusserungen eine Frechheit gegenüber den Trainern, die mit Leidenschaft und Liebe zum Pferd tagtäglich etwas von ihrem Wissen an die Leute weitergeben.
Gut. Da hast Du recht. Da verallgemeinere ich jetzt, wenn ich meinen Beitrag so stehen lasse. Erwischt! :oops: Nein, so möchte ich das nicht stehen lassen.
Ich war/bin einfach schockiert über das was mir berichtet wurde. Gerade weil ich ja selbst mit dem Gedanken gespielt habe, das selbst zu machen.

Na, aber da sieht man mal, wie schnell dann solche Vorurteile aufkommen - ich frage mich ja auch immer, wie jemand die Frechheit besitzt von einem PK-Schüler auf die ganze Philosophie zu schließen und alles für schlecht zu halten. Daher Danke für Dein Statement, jetzt ist's mir auch bewusst.
So, dann relativiere ich meinen obigen Beitrag hoffentlich hiermit. Ist mir ja auch eigentlich klar, dass es überall schwarze Schafe gibt. Ich hätte nur gedacht, dass ein Stall der von der FN unterstützt wird, etwas mehr auf seine Qualität hin überprüft wird... wobei wir dann wahrscheinlich jetzt gleich wieder bei den PK-Teachern wären, von denen hier ja auch nicht nur positives berichtet wird. :roll:

Was bleibt? Wahrscheinlich doch nur: Selbst gucken und selbst denken und die eigenen Ideale berücksichtigen.
Jedes Werden in der Natur, im Menschen, in der Liebe muss abwarten, geduldig sein, bis seine Zeit zum Blühen kommt.
Dietrich Bonhoeffer
maurits

Beitrag von maurits »

knowi hat geschrieben:
Was bleibt? Wahrscheinlich doch nur: Selbst gucken und selbst denken und die eigenen Ideale berücksichtigen.
Das denke ich, ist der richtige Weg. Jeder hat ja auch andere Vorstellungen, was man möchte und wie man sich einen Ausbilder wünscht.

Wir werden hier sowieso nie auf einen Nenner kommen, und ich gebe auch zu, dass ich sehr negativ voreingenommen gegenüber PK-Trainern bin, was aber daran liegt, dass ich noch nie ein Gereite von denen sah, was ich hätte gut finden können, man sieht immer nur Gezuppel mit den Händern, was sicherlich nicht im Sinne des Erfinders gewesen sein kann.

lg
maurits
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emproada
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Beitrag von emproada »

Viele Dinge sollte man wohl einfach nicht nur nach dem Hörensagen beurteilen, sondern sich selbst ansehen.
Ich habe mir z.B. schon alle Arten an RL angesehen und für mich den passenden bei der FN gefunden. Hätte ich vor Jahren wahrscheinlich auch für unmöglich gehalten, bin aber eines Besseren belehrt worden. :wink:

@ottilie: auch hier wird es gute und schlechte Vertreter geben, nur weil es "Barock" heißt wird auch nicht alles Gold sein was glänzt.
Viele Grüße Tina
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

ottilie hat geschrieben: Ich denke, solange die "alten" bei der FN nicht wegsterben und sich neues Denken von unten durchsetzt, solange wird es auch nur wenige gute Ausbilder geben.
Tja, das sehe ich anders. Den besten Unterricht meines Lebens hatte ich bei FN-Lehrern, die schon vor dreißig Jahren uralt waren. Und die vor allem eins taten: Pro Pferd handeln. Dazu gehörten auch solche Kleinigkeiten, wie die Überprüfung des korrekt verschnallten Reithalfters, die Kontrolle der Pferdeversorgung nach dem Reiten und vieles mehr. Klar, der Ton war ruppiger als heute – aber persönlich kann ich mit dem teilweise herrschenden Eso-Pädagogik-Geschwätz wie "Für die Versammlung atmen Sie das Pferd zu sich hoch" :D rein gar nix anfangen. Der Unterricht bei den "alten Säcken" war vergleichsweise unspektakulär – korrekte Volten, Schlangenlinien, Zirkel, VH und vieles mehr, meilenweit entfernt von der heute grassierenden Unart, den Leuten zu erzählen, sie könnten in drei Monaten piaffieren.
Meines Erachtens hapert es heute nämlich bei weitem nicht nur an guten Lehrern, es hapert auch an guten Schülern. Es reicht einfach nicht, die gesammelten Reit-Klassiker gelesen zu haben, und fein zitieren zu können – man muss auch gewillt sein, sich selbst zu disziplinieren, und sich auch mal in den H... zu treten, um weiter an den Basics zu arbeiten. Aber wer will das heute noch? Die Realität sieht doch mittlerweile so aus, dass heute jeder nach einem Jahr Gruppenreitstunde meint, reif für ein eigenes Pferd zu sein, sich bei der Auswahl niemanden mit Kompetenz an seine Seite holt, dann allein vor sich hinwurschtelt und sich dann einen RL sucht, der das Gewurschtel noch für "aufbaufähig" hält. Wer dagegen sagt: Zurück auf Null, das ist samt und sonders Mist – der verliert oftmals auf der Stelle einen Kunden. Und das ist ein Phänomen, dass man mit Sicherheit nicht der FN anlasten kann, die ja eh den Ruf hat, nur autoritäre Schinder in die Mitte der Bahn zu stellen. Das ist vielmehr das unmittelbare Ergebnis unserer Spaß-und-zwar-sofort-Gesellschaft, bei der alles immer nur "easy" und "fun" sein muss.
Das nur mal als (absichtlich polemischer) Denkanstoß von einer Reitschülerin, die schon so einige Lehrer aus ganz verschiedenen Lagern gehabt hat.

LG
Andrea
maurits

Beitrag von maurits »

Cubano, Du sprichst mir aus der Seele.

Danke.

lg
mau
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emproada
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Beitrag von emproada »

Danke für den Beitrag Cubano!
Ich nenne das immer Wellness-Unterricht, Hauptsache der Reiter fühlt sich wohl und hat das Gefühl etwas zu können.
Sagt man dagegen, dass man "nur" an der Dehnung und Hufschlagfiguren arbeitet, wird man belächelt....
Viele Grüße Tina
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Janina
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Beitrag von Janina »

Hm, also ich weiß nicht...
Das Problem ist, wenn sich alle so wahnsinnig "ehrlich" vorkommen, weil sie nur Schritt, Trab, Galopp und Hufschlagfiguren (wobei letzteres ja auch anspruchsvoll gestaltet werden kann 8) ) reiten, läuft man doch auch irgendwann in eine Sackgasse.
Es ist doch so: Wird die Basis (zumindest annähernd) korrekt geritten, ergeben sich alle weiteren Lektionen daraus. Diesen Schritt zu gehen muss man sich also früher oder später auch mal trauen.
Wenn ich jahrelang überhaupt nicht weiterkomme, mache ich doch auch irgendwas falsch. Bescheidenheit und Demut hin oder her.
Und das ist meines(!) Erachtens auch einer DER Knackpunkte im Turniersystem: Es hört auf, bevor das eigentliche "Ende" erreicht ist. Wer hat das noch gleich gesagt: "Der Reitsport ist die einzige Sportart, die ihre Meistertitel nicht auf dem höchst möglichen Niveau vergibt." (sinngemäß, keine Garantie für den genauen Wortlaut)
Und es stimmt! Finde ich. Würde die Ausbildung wenigstens die Levade mit einschließen (Schulsprünge finde ich ob der physischen Belastung dann schon wieder fragwürdig), wette ich, würden wir ganz andere Bilder sehen. Einfach weil eine Piaffe auf der Vorhand schlicht und ergreifend nicht zu einer Levade führen kann. Nur so als Beispiel...

Dass die Lehrer von damals besser waren, glaube ich weniger. Die Schüler haben mehr "geschluckt" (@Ton). Was ich nun wieder wenig positiv finde, aber okay, nebensächlich.
Ich glaube, hier ist das Problem tatsächlich mal reitweisenunabhängig. Es gibt schon wenig gute Reiter. Und die sind nicht unbedingt gleichzeitig noch mit besonderen pädagogischen Fähigkeiten ausgestattet und die machen es letztlich aus, ob jemand gut unterrichtet oder nicht.
Man muss doch Bescheid wissen darüber, wie man "Stoff" praktisch und theoretisch vermittelt, was für Lerntypen es gibt, etc. "Nur" gut reiten hilft einem in diesem Fall halt leider auch nicht.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Janina hat geschrieben:Hm, also ich weiß nicht...
Das Problem ist, wenn sich alle so wahnsinnig "ehrlich" vorkommen, weil sie nur Schritt, Trab, Galopp und Hufschlagfiguren (wobei letzteres ja auch anspruchsvoll gestaltet werden kann 8) ) reiten, läuft man doch auch irgendwann in eine Sackgasse.
Es ist doch so: Wird die Basis (zumindest annähernd) korrekt geritten, ergeben sich alle weiteren Lektionen daraus..
Und genau das ist nämlich der Knackpunkt: WENN die Basis sitzt…
Nehmen wir mal mein Lieblingsbeispiel: Das Schulterherein. Wenn Du mal einen Nachmittag Zeit hast, schau mal in die Fotoboxen diverser Foren. Was dort als Bild mit dem Begriff Schulterherein verkauft wird, schickt Dich sofort ins Koma – sofern man weiß, wie ein korrektes SH aussehen muss. Dann weiß man nämlich auch, wie schwer das ist und das das ohne Basics, wie z.B. das Reiten am äußeren Zügel und den Sitz nie und nimmer funktionieren kann. Und dann wird z.B. auch klar, warum ein gerade angerittenes Pferd nach drei Monaten unterm Sattel sicher viele Krebsgänge absolvieren kann, aber nie und nimmer ein korrektes SH..
Wie gesagt, nur ein Beispiel. Was aber auch die andere Seite der Medaille zeigt: Heute werden – im besten Wollen und MIT Rat vieler selbsternannter Reitexperten in der Bahnmitte – von Pferden Lektionen verlangt, die sie noch gar nicht leisten können. Denn immerhin kann ja JEDES Pferd piaffieren. Klasse, kann die Ziege von Hinrichs auch :D
Genau das ist es übrigens, was mich wirklich an so vielen neuen Reit-Gurus stört - sie vermitteln quasi Anfängern das Gefühl, alles ginge immer so leicht, die Piaffe sei kein Problem, Seitengänge der reinste Spaziergang und immer geht alles ganz Läschär :D
Nur dummerweise ist es das ganz und gar nicht. Und die Basics wie Volten, Zirkel, Dehnungs- und vor allem Arbeitshaltung (reitet die heute eigentlich jemand noch, oder gehen wir alle gleich vom v/a in die Versammlung?) sind, ebenso wenig wie die SdA Punkte, die man eines Tages kann und dann ad acta legt.
Dummerweise weiß ich ziemlich genau, wovon ich rede – ich habe diesen ganzen Unsinn selbst lange genug geglaubt und damit im Endeffekt ziemliche Rückschritte bei meinem Schimmel produziert: Tja, wer die Passage reiten will, ohne den versammelten Trab zu beherrschen, fällt halt irgendwann auf die Nase.
Und noch ein Wort zu den "Lerntypen". Natürlich gibt es unterschiedliche Menschen und damit auch unterschiedliche Lerntypen. Dennoch halte ich das für überbewertet - in der Schule kann auch kein einziger Lehrer auf jeden einzelnen Lerntypen eingehen. Das würde übrigens auch nie jemand verlangen. Aber ein RL soll pro Tag fünf verschiedene Lerntypen gleich gut unterrichten können? Zumal die meisten es ja heute schon als engagiertes Reiten betrachten, wenn sie ihr Pferd 2x in der Woche bewegen…Und von denen verdammt viele krasse Fehleinschätzungen machen, was ihre Pferde angeht. Aktuelles Beispiel in meinem Freundeskreis. Frau mit vierjährigem Hengst, kann weder leichttraben, fühlt im Schritt nicht, wann sich das Pferd die treibenden Hilfen abholt, etc. etc. – warum um Himmels Willen leidet so jemand unter dem Wahn, einen Vierjährigen mit Unterricht allein ausbilden zu müssen?
Vielleicht hatte ich Glück,damals vor mehr als 30 Jahren, als ich mit der Reiterei angefangen habe, aber ich hatte nie das Gefühl, etwas "schlucken" zu müssen. Natürlich kamen die Anweisungen der RL damals nicht vollpädagogisch durch die Halle geschwebt – aber sie hatten Hand und Fuß und konnten nach der Reitstunde auch genau erfragt werden.

LG
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Janina
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Beitrag von Janina »

@Lerntypen: Na ja, auch da kommt es auf den Lehrer an. Ein guter Lehrer wird schon versuchen seinen Unterricht so aufzubauen, dass möglichst alle Lerntypen "bedient" werden. Wurde zu meiner Schulzeit auch zieml. gut von den meisten (natürlich nicht von allen) umgesetzt.
Zudem sollte das praktisch für einen RL noch viel besser durchführbar sein, als er ja wohl kaum 30 Schüler gleichzeitig unterrichtet (und die Gleichzeitigkeit ist in der Regel der limitierende Faktor im Schulunterricht).
Und @Schlucken: Genau das meine ich: Das ging damals, weil es den Leuten gar nicht bewusst war. Es wurde nicht in "selbstaufopfernder" Weise hingenommen, sondern als normal empfunden. Und das kann ich nicht gut finden, bin froh, dass es heute anders ist und kann daher auch nicht den Lobgesang auf die RL von damals nachvollziehen (das ist aber okay, man kann da ja auch einfach andere Erfahrungswerte haben :))

Zum Rest: Ich sehe das einfach nicht so starr. Natürlich nickt jeder, wenn man sagt, die Basis muss sitzen. Aber perfekt wird sie nun mal nie sein. Es wird immer mal einen "holprigen" Übergang, hier einen Taktfehler, dort ein Verwerfen o. Ä. geben. Egal wie gut ein Pferd-/Reiterpaar sein mag. (daher ist die Basisarbeit auch eine "Lebensaufgabe", eben nie abgeschlossen)
Die Frage ist doch, wann ist der Zeitpunkt, an dem ich in der Ausbildung weitergehen kann. Und diese Frage lässt sich meiner Anischt nach nicht nach einem Schema beantworten.
So lange man sich bewusst ist, dass möglicherweise auftretende Probleme immer nur durch Verbesserung der Basisarbeit gelöst werden können, finde ich ein Antesten "höherer Lektionen" kaum verwerflich.
Ich rege mich auch nicht über Fotos in Foren auf. Es ist doch so, dass es immer darauf ankommt, wie man etwas nennt. Habe ich einen 3- oder 4-jährigen vor mir, erwarte ich nicht, dass der mir ein "Lehrbuch-SH" zeigen kann. Das wird anfangs mehr ein Schenkelweichen, dann vlt. ein Schultervor sein. Kann auch gut passieren, dass der mal über die äußere Schulter fällt, weil der Reiter nicht genügend begrenzt hat. Ist doch alles kein Drama. So lange der Reiter sich dessen bewusst ist. Nennt er das natürlich ein perfektes SH, "darf" man sich Sorgen machen :wink:
Und da scheinen wir ja wieder meinungsmäßig beieinander zu sein: Kritisch wird es dann, wenn der Reiter einer Fehleinschätzung unterliegt und diese auch nicht erkennt.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Janina hat geschrieben:
Zum Rest: Ich sehe das einfach nicht so starr. Natürlich nickt jeder, wenn man sagt, die Basis muss sitzen. Aber perfekt wird sie nun mal nie sein. Es wird immer mal einen "holprigen" Übergang, hier einen Taktfehler, dort ein Verwerfen o. Ä. geben. Egal wie gut ein Pferd-/Reiterpaar sein mag. (daher ist die Basisarbeit auch eine "Lebensaufgabe", eben nie abgeschlossen)
Die Frage ist doch, wann ist der Zeitpunkt, an dem ich in der Ausbildung weitergehen kann. Und diese Frage lässt sich meiner Anischt nach nicht nach einem Schema beantworten.

Hmm, kommt darauf an. Um mal beim SH zu bleiben: Da gibt es meines Erachtens schon eine Art "Schema": Damit kann ich anfangen, wenn ich z.B. mein Pferd wirklich am äußeren Zügel habe, über einen ausbalancierten Sitz verfüge - der ist nämlich die größte Fehlerquelle beim SH. Vorher muss das zwangsläufig Murks werden – und das meinte ich eigentlich mit den Basics. Dass natürlich das SH dann nicht sofort gelingt, steht außer Frage. Nur: Dann ist es eben, wie Du sagst, erstmal ein Schenkelweichen, dann vielleicht ein Schultervor. Aber dann soll man sich bitte dessen auch bewusst sein und das Ganze nicht Schulterherein nennen… Da komme ich nämlich dann ganz schnell in den Bereich des Selbstbetrugs, wenn ich mir selbst und anderen "irgendwas" als SH verkaufe.
Dennoch: Natürlich soll man nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag warten, bis man mal probiert, ob eine bestimmte höhere Lektion vielleicht schon geht. Keine Frage. Aber dann muss man über so viel reiterlichen Verstand verfügen, dass man auch MERKT, dass es Murks ist, was man da gerade versucht…

LG
Andrea (bekennende Kringelreiterin :D )
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