Kulante Konsequenz

Infos und Fragen rund ums Thema "wie Pferde denken"...

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Lala
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Kulante Konsequenz

Beitrag von Lala »

Weil hier so nette Beispiele genannt wurden, wie man ein Pferd davon überzeugen kann, dass es eigntlich genau das gleiche möchte wie der Reiter, erlaube ich mir hier ein neues Thema aufzumachen.

Mein Pferd ist ein absoluter Meister darin, mich völlig bloss zustellen, wenn ich meine, ich müsse ihr wiedermal zeigen, wer das sagen hat.
Auf der anderen Seite ist sie sofort bereit und mit genialer Motivation dabei, wenn sie feststellt, dass sie eigentlich genau das was ich möchte, auch schon lange tun wollte.
Dies gelingt mir inzwischen immer häufiger, manchmal fehlt mir aber einfach die zündende Idee und ich werde rückfällig und versuche mit Härte auszugleichen, was mir im Moment an Geduld und kulanter Konsequenz fehlt :oops: . Vielleicht kennt ihr das ja auch?

Bin daher auf euere Geschichten gespannt und hoffe noch mehr so Ideen wie das Eckenspiel in mein Repertoir aufnehmen zu können :wink:
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kosima
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Beitrag von kosima »

Dieses Thema fasziniert mich sehr, bin ich doch eher auch ein Kandidat, der nicht immer kulante Konsequenz zeigen kann. So gibt es Situationen in der ich manchmal doch sehr emotional reagiere. Nicht in Form von Ausrasten oder ä, sondern eher auf die sanfte Tour, versuche mir einzureden, naja, dazu ist meine Stute wohl noch nicht in der Lage. ich suche den Fehler immer nur zuerst bei mir, was zwar nicht unbedingt schlecht ist, aber manchmal trickst meine Stute mich aus, da sie diese Raktionen ja dann auch erwartet. Ich muss mir ein ganz neues Denken aneignen, nämlich nicht menschlich, sondern pferdisch zu denken. So fand ich die Idee mit der kulanten Konsequenz doch sehr gut. Also werde ich in Zukunft meinen Willen mit kulanter Konsequenz durchsetzen, aber dazu bestimmt noch sehr oft Eure Hilfe brauchen und Euch mit sehr viel Fragen bombardieren.
Die freiwillige Mitarbeit des Pferdes bringt mehr Annehmlichkeiten mit sich als alle Mittel, mit denen man es zu zwingen sucht. (Salomon de la Broue)
moreno
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Beitrag von moreno »

Hallo lala,

"Auf der anderen Seite ist sie sofort bereit und mit genialer Motivation dabei, wenn sie feststellt, dass sie eigentlich genau das was ich möchte, auch schon lange tun wollte. "

und genau da liegt wohl der Knackpunkt der Reiterei: dem Pferd eine Anforderung, eine Lektion durch entsprechende Vorbereitungen so schmackhaft zu machen, dass es glaubt, die Lektion ohnehin gerade von sich aus ausführen zu wollen, weil sie sich logisch in ein Bewegungskonzept einfügt.
Oder anders: die Lektion ist immer einfach. Schwierig ist die Vorbereitung. Oder noch anders: niemals eine Lektion, ohne genau durchdachte Vorbereitung.
Oder noch anders: erst denken, dann reiten. Das macht unglaublich viel Spaß.

Schöne Grüsse

Dörr
Reiten sie ihr Pferd glücklich. (N. Oliveira)
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Filzi
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Beitrag von Filzi »

Tolles Thema, warum entdecke ich das erst jetzt?? :lol:

Kulante Konsequenz ist genau meine Art, besser gesagt mein Streben, nach dieser Art zu reiten und zu trainieren.

Bedingt durch ein sehr charakterstarkes Pferd.

Ich nenne es gerne auch penetrant sein. :wink:
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Alkasar
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Beitrag von Alkasar »

Hey, ja. Sehr gutes Thema und auch gerade meins. Meine junge Stute erzieht mich gerade dazu. Sehr schwierig für mich manchmal. Mit ruhiger Beharrlichkeit (oder auch Penetranz) geht es am Besten aber leider gelingt mir das nicht immer 8) Ich freue mich also auf Erfahrungsaustausch und Tips.
„Wer nur zu seiner Freude reitet, aus Freude am Leben, aus Freude an Flur und Wald, aus Freude am Pferd, der ist ein König und ein Weiser.“ (aus: Vollendete Reitkunst, Udo Bürger, 1959)
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Filzi
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Beitrag von Filzi »

Alkasar hat geschrieben:Hey, ja. Sehr gutes Thema und auch gerade meins. Meine junge Stute erzieht mich gerade dazu. Sehr schwierig für mich manchmal. Mit ruhiger Beharrlichkeit (oder auch Penetranz) geht es am Besten aber leider gelingt mir das nicht immer 8) Ich freue mich also auf Erfahrungsaustausch und Tips.
Bei meiner Stute geht eigentlich nur diese Penetranz! Jeglicher Druck oder Zwang löst in ihr den Kampfgeist aus und ich ziehe immer den Kürzeren.
Ich habe mal einen Kurs besucht wo mir der Trainer sagte: Hör auf mit ihr zu streiten, es gehören immer 2 dazu! Such einen Weg MIT IHR, aber hör auf mit ihr zu streiten und zu kämpfen! Du verlierst ohnehin!

Der Satz klingelte in meinen Ohren!!!
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Alkasar
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Beitrag von Alkasar »

Ja, genau diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Seit ich meine Einstellung zu ihr und ihren "Launen" verändert habe läuft es gut. Ich finde es faszinierend, wie das Pferd den Menschen schult :D
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Lala
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Beitrag von Lala »

Diese Erfahrung mache ich immer wieder.
Druck= Gegendruck und dummerweise kann ein Pferd immer mehr drücken :roll:
Mir bleibt eigentlich nur die Methode die grössere Ausdauer an den Tag zu legen, wie meine Stute. Teilweise nicht so einfach, hat sie doch einen rechten Dickschädel (aber ich auch :P ).
Anandi
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Beitrag von Anandi »

Hallo!

Ich bin neu in der Runde und habe das Thema mit Interesse gelesen! Ich würde gerne wissen, ob jemand eine Idee hat, bzw. ein "Spiel" kennt, wie man Pferde, die, sobald andere zu nah rankommen, besser führen kann?
Bei uns ist es so, daß alles in Ordnung ist, wenn andere Pferde mit auf dem Reitplatz und in der Halle sind. Es passiert auch nichts, wenn sie so rund 15 bis 20 Meter von uns entfernt sind. Allerdings am Koppelzaun z.B. vorbeigehen ist nicht drin. Da ist dann große Aufregung angesagt.
Mein Pferdchen ist vier Jahre alt, noch nicht unter dem Sattel und sonst eigentlich vollkommen unkompliziert.
Wie als kann man ihn, wenn er sich dann aufbaut, ablenken und wieder "runter bringen"?
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Tossi
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Beitrag von Tossi »

Oh, da hätte ich erst mal eine ganze Reihe Fragen:

- Wie lange hast Du das Pferd schon?
- Was hat das Pferd bis jetzt schon gelernt - Bodenarbeit, Longieren usw.?
- "Er" - Hengst oder Wallach -> ggf. seit wann kastriert?
- Haltung (Box, Offenstall, Herde....)?

und natürlich

- was macht "er" denn konkret, wenn er sich "aufbaut", Drängeln, Hippeln, out of control....?

- wie führst Du ihn: Stallhalfter, Trense, Kappzaum.....?
Die Schönheit der Dinge lebt in der Seele dessen, der sie betrachtet. (David Hume)
Anandi
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Beitrag von Anandi »

- Wie lange hast Du das Pferd schon?

3/4 Jahr

- Was hat das Pferd bis jetzt schon gelernt - Bodenarbeit, Longieren usw.?

Bodenarbeit: Führen/Folgen, Halten, daraus Rückwärts, HH weichen, VH weichen, alle Gangarten auf Körpersprache/-spannung, rückwärts auf Handzeichen
Longieren: am Kappzaum ohne Ausbinder alle Gangarten sowie an der Hand übertreten und Anfänge Schulterherein

- "Er" - Hengst oder Wallach -> ggf. seit wann kastriert?

Ist noch Hengst

- Haltung (Box, Offenstall, Herde....)?

Paddockbox mit Übersicht über das gesamte Gelände, Kontakte zu seinen Nachbarn, Koppel.

und natürlich

- was macht "er" denn konkret, wenn er sich "aufbaut", Drängeln, Hippeln, out of control....?

Wie gesagt, wenn andere Pferde mit auf dem Reitplatz sind, alles kein Thema. Da wird mal geschaut, aber dann weiter konzentriert gearbeitet. Wenn wir allerdings Richtung Koppel an anderen vorbeimüssen und keine Möglichkeit haben den Abstand zum Koppelzaun zu vergrößern, dann fängt er an sich zu spannen, Kopf hoch, brummeln bis wiehern, hippeln und wenn er könnte, würde er an mit vorbeischießen. Wenn ich ihn dann rückwärts schicke, dann folgt er dem auch, allerdings nicht gerade gerne und es nimmt die Spannung nicht raus. Unabhängig davon kann ich ihn dann auf einer Strecke 100 Mal rückwärts richten und käme nie mit ihm ans Ziel... :oops:
Gibt es ein Spiel, eine Übung, irgendwas, womit er ablenkbar wird und die Aufmerksamkeit bei der jeweiligen Führperson bleibt?

- wie führst Du ihn: Stallhalfter, Trense, Kappzaum.....?

Kappzaum oder wahlweise Stallhalfter mit Kette a la Tellington-Jones....
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Tossi
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Beitrag von Tossi »

Na, da hat Du Dein Problem ja auf den Punkt gebracht:

Junghengst - Frühling - Testosteron

Aus meiner langjährigen Erfahrung mit Hengsten kann ich Dir leider keine "Spielchen" nennen, die Deinen Macho von seinem Gehabe kurieren werden.

Schau doch mal hier:

http://www.klassikreiten.de/viewtopic.p ... junghengst

Je nach Naturell des Hengstes hilft da nur Konsequenz (eher ohne Kulanz!), sicheres Auftreten des Führers und Arbeit - die bringt auf andere Gedanken.

Von Übungen in der Nähe des Koppelzauns würde ich Dir eher abraten, damit povozierst Du u.U. nur Machkämpfe und die Gefahr, dass sich die Situation von Mal zu Mal aufschaukelt, ist nicht zu unterschätzen - und der Frühling hat gerade erst angefangen...

Was hast Du denn geplant mit Deinem Hengst, wann soll er angeritten werden?
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Anandi
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Beitrag von Anandi »

Es ist ja nicht so, daß ich das als Auslöser des "Problems" nicht auch in Erwägung gezogen hätte :-)
Allerdings glaube ich, die Hormone allein sind es nicht. Wenn ich bedenke, daß Luftlinie 15 m eine rossige Stute steht und er da innerhalb der der Box, im Paddock und sogar auf der Wiese beim Grasen an der Hand überhaupt nicht drauf eingeht, auch wenn er besagte Stute sehen kann, dann besteht doch die Möglichkeit, daß da noch ein anderes "Problem" mitschwingt, oder wie siehst du das? :?

Mit dem Anreiten geht es jetzt dann demächst los. Sattel beim Longieren und bei der Bodenarbeit kennt er schon und war da völlig problemlos und brav...
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Tossi
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Beitrag von Tossi »

Ich meine schon, dass das die Hormone sind. Bei uns steht z.B. ein 8 j. PRE-Hengst im Stall, der hat seine Weide - nur getrennt durch einen Weg - neben einer gemischten Herde. Selbst wenn dort die Stuten rossen, sieht man bei ihm kaum eine Reaktion - er hat ja alles im Blick. Kommt aber ein fremdes Pferd, egal welchen Geschlechts, an seiner Weide vorbei, gebärdet er sich wie ein Irrer, auf den 100 Metern zieht er dann sein volles Programm ab -> ist also für ihn viel spannender, als die Damen, die er den ganzen lieben langen Tag vor seiner Nase hat.

Deinen Hengst in der spannigen Situation "rückwärts zu schicken" finde ich persönlich ziemlich gefährlich (kenne aber natürlich nicht das Naturell Deines Hengstes). Das ist dann schon ein richtiger Machtkampf und da könnte er auch mal "explodieren". Außerdem kommt er dadurch ja nicht "runter", sondern Du bestärkst ihn sogar indirekt in seinem Verhalten.
Mir fällt jetzt nur ein Vergleich aus der Hundeerziehung ein: ein wild bellender Hund wird vom Halter angebrüllt: "Sei endlich still" - Klassisches Missverständnis, der Hund fühlt sich bestätigt, weil ja Herrchen sogar noch lauter "bellt".

Wenn Dein Hengst jetzt 4 Jahre alt ist, ist das u.U. sein erster Frühling, in dem er richtig bemerkt, dass er "Mann" ist. Wichtig ist, dass das "ABC" passt: ordentlich führen ohne Drängeln (Kappzaum) und keine Respektlosigkeiten Dir gegenüber (Anknabbern usw.) im Umgang.

Das Brummeln und Imponieren beim Führen am Koppelzaun würde ich nicht überbewerten. Und es gibt Hengste, die legen das nie ab, die könnte man buchstäblich umbringen - der letzte Ton wäre ein "Brummler".
Ich würde weiterhin konsequent an der Grunderziehung arbeiten, Bodenarbeit (=Kopfarbeit) usw.

Vielleicht kommen ja auch noch andere Tipps von den vielen Hengsthaltern hier im Forum - meine Erfahrungen sind ja schon ein paar Jährchen zurück.
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Lou mit Lucy
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Beitrag von Lou mit Lucy »

Bei uns klappte das super über Futter. Wenn Ablenkung da war, habe ich am Halfter gezupft, notfalls auch geruckt (ich bin auch schon schreiend auf sie zugesprungen, weil sonst nichts mehr ging :D )und sobald ich die Aufmersamkeit hatte, und sei es nur ein Ohr, gab es Futterlob. Wenn wir mittlerweile im Gelände auf andere Pferde treffen, regt sie sich zwar auf und tanzt, bleibt aber im Kopf voll bei mir, achtet unglaublich auf mich, schaut mich an und freut sich auf das Futter. Ich bin auch in solchen Situationen nicht mehr auf den Führstrick angewiesen.

Allerdings habe ich ja nun auch keinen Hengst :wink:

LG, Lou
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