Dehnungshaltung beim Jungpferd

Rund um die klassische Reitkunst

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knowi
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Beitrag von knowi »

knowi schrieb:
"...eigentlich wird beim Flexionieren eine Halsseite enorm gedehnt. Folglich kann sich die Muskulatur nicht kontrahieren ..."

Vielleicht habe ich Dich nicht richtig verstanden, aber wenn eine Halsseite gedehnt wird, ist die andere immer kontrahiert. Und die ist es, die arbeitet. Der Muskel braucht seine Kraft nicht für die Dehnung, sondern für das Kontrahieren! Sprich: Du biegst nach links, der linke Muskel kontrahiert sich (=aktiv), der rechte wird gedehnt (=passiv).
Nur die Muskulatur auf der gleichen Seite kann sich nicht gleichzeitig kontrahieren und dehnen...
Ja da hab ich mich vielleicht falsch ausgedrückt. Natürlich wird nur eine Halsseite gedehnt. Die jedoch kann sich so nicht kontrahieren und die hohe Kopf/Halsposition nicht unterstützen.
Die andere Halsseite kontrahiert sich.

Ich dachte das ergibt sich, aber Du hast Recht, hab ich so nicht geschrieben ;)
Hoffe es ist jetzt klarer.


LG,
Knowi
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Manfred

Beitrag von Manfred »

Hallo,

also gut, nun habe ich es einfach mal mit meinen Fingern ausprobiert, um zu vermeiden, dass ich Schmerzen verursache, denn mein Finger ist nicht so hart wie das Gebiss und ich kann so viel besser fühlen.

Der Kaureflex war auch sofort da, was ja auch damit zusammenhängen könnte, dass er dachte er bekommt etwas zu fressen. Das hat eine Weile gedauert, bis er den Finger einfach mal so axeptiert hat, wo er war und nicht mehr nach was Fressbarem gesucht hat.

Dann habe ich den finger in Richtung Leftze bewegt und dort ganz leicht gegengedrückt. Er hat seinen Kopf sofort nach hinten gerichtet, um dem auszuweichen. Nun habe ich mit der anderen Hand im Genick mit einem entsprechenden gegendruck gearbeitet, um zu sehen, ob er wieder nach vorne kommt oder den Kopf gar senkt.

Er tat es nicht, sondern begann ihn wegzudrehen. Sprich er ist beiden Druckimpulsen ausgewichen. Ich hätte insofern nun das selbe auch von der anderen Seite machen müssen, damit er sich in die Richtung des geringsten Widerstandes bewegt.

Daher möchte ich mal Zweifel daran anmelden, dass es überhaupt möglich ist, mit einem Metallgebiss so wenig Druck zu erzeugen, dass das Tier sich dagegen lehnt. Vielmehr glaube ich, dass es eher so sein könnte, dass es sich genau dem stärkeren Impuls entgegenlehnt, um diesen zu überwinden.

Genau das tun viele Pferde im allgemeinen. Sie antworten auf anwachsenden Druch mit Gegendruck, wenn sie ihm nicht ausweichen können. Und wohin sollten sie auch ausweichen, wenn der Zügel zusammen mit dem Gebiss einen Rahmen darstellt, welcher nun etwas enger gemacht wird. Auch ich sprechen nicht vom ziehen sondern eher vom einengen oder besser noch vom einschnüren.

Warum kann ich denn den Zügel bei dieser Übung nicht einfach weglassen und mich vor das Pferd stellen, mit beiden Händen sein Gebiss nehmen und leicht in Richtung der Leftzen bewegen, um nur erst einmal die Kautätigkeit anzuregen. Wenn mein Druck zu groß ist, dann wird das tier im leicht ausweichen können und sich nach hinten wegbewegen. Insofern muss ich mir schon Mühe geben es so sanft wie nur irgend möglich zu machen.

Und wenn es dann anfängt zu kauen, dann könnte ich mit dem Druck nachlassen und meine Hände vorwärts / abwärts sinken lassen. Das Tier kann nun selbst entscheiden, ob es weiter kaut und mir in die Dehnungshaltung folgt oder nicht.

Mit Undine habe ich das genau so gemacht und sie hat auch genau so reagiert und ist in die Dehnungshaltung gegangen. Allerdings nur vom Boden aus und nicht vom Sattel aus. Obwohl ich von dort ja einen ähnlichen Impuls geben kann. Sie fängt dann auch an zu kauen aber wenn ich dann nachgebe und meine Hände sinken lasse behält sie das Gebiss in der ursprünglichen Position und kaut weiter, die Zügel hängen dann durch. Und das obwohl ihr diese Übung durch ihre Grundausbildung hinreichend bekannt sein müsste.

Vermutlich ist der Druck im Kreuz durch mein Gewicht stärker und sie möchte sich einfach nicht darunter dehnen, denn ich habe im gegensatz zu Antares bei ihr das Gefühl, dass sie sich im Rücken fest macht, ihn verspannt. Zumindest ist er deutlich härter als der von Antares.

Tut mir leid, wenn meine Postings immer so lang werden, aber ich möchte noch einen Aspekt hinzufügen.

Was passiert denn bei der Dehnung? Die Rückenmuskulatur wird gestreckt und das Nackenband auch, jedoch anders als bei der "Rollkur"(das Genick kann sich so besser öffnen). Doch die gewünschte Folge, das sich der Rücken dabei aufwölbt und somit Entlastung erfährt, tritt doch nicht wirklich ein. Er kommt zwar höher, durch die Spannung aus der Dehnung aber mehr nicht. Für eine Entlastung müsste jedoch die Bauchmuskulatur angespannt werden, die das Ganze dann aufwölbt. Wer schon einmal einen Bandscheibenvolfall hatte, wird wissen, wie entlastend es für die Wirbelsäule sein kann, den Bauch anzuspannen.

Nun sind das auch zwei völlig verschiedene Dinge. Doch es geht im Kern um eine Entspannung bei der Dehnung. Aber kann die denn überhaupt eintreten, wenn die Auflast des Reiters weiter in den Rücken drückt? Müsste sie nicht viel mehr durch die Gegenmuskulatur angehoben werden, damit sie sich wirklich dehnen und entspannen kann?

Beim Galopp macht das Pferd genau das von ganz alleine. Es wird rund im Rücken. Insofern stellt diese Gangart dann eine Entlastung für seinen Rücken dar und die Auflast des Reiters wiegt nicht mehr so schwer, denke ich.

Mir ist auch aufgefallen, dass viele Pferde nach einem Galopp ihren Kopf auch nicht mehr ganz so hoch tragen, wie davor. Insofern macht es für mich auch Sinn, den Galopp nicht ans Ende einer Trainingseinheit zu stellen, sondern gleich im Anschluss an die Aufwärmphase, die nach Möglichkeit auch durchweg am langen Zügel geritten werden sollte, damit sich der Kopf garnicht erst weiter oben festmacht.

Na ja, das sind eben so meine Überlegungen dazu. Vielleicht liege ich ja auch komplett falsch.

Liebe Grüße
Manfred

PS.

Es widerstrebt mir auch mich einfach nur an irgendwelche Richtlinien (Heeresvorschriften etc.) zu halten. Ich möchte verstehen, was da passiert und nicht nur darauf achten, dass ich es nach irgendwelchen niedergeschriebenen Vorgaben mache. Für mich steht das Tier im Vordergrund, es soll sich unter mir wohlfühlen und nicht nur tun was von ihm verlangt wird. Mir ist auch ziemlich egal, wie das dann aussieht. Nur wer sich gut fühlt, wird auch gerne mitmachen, denke ich. Und darauf kommt es mir an.
Zuletzt geändert von Manfred am Do, 11. Jan 2007 13:32, insgesamt 2-mal geändert.
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Hallo Manfred,

innerhalb dieses Threads jetzt die gesamte französische Reitweise zu erklären würde doch den Rahmen sprengen. Es gibt entsprechende Bücher dazu.

Ich habe dir erklärt, wie ich die Dehnungshaltung bei meinem Pferd entwickelt habe und diese auch abrufen kann. Auch bei den jungen Pferden habe ich guten Erfolg damit. Diese Dehnungshaltung über einen Finger im Maul und die Hand im Genick abzurufen ist nicht möglich. Es ist auch kein Vorgang, den ich mal eben bei einem Pferd erarbeiten kann. Es braucht seine Zeit. Das Pferd wird in Ruhe darauf vorbereitet. Auch dadurch, dass, wie du beschrieben hast, das Gebiss im angehoben wird.
Liebe Grüße, Sabine

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Colloid
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Beitrag von Colloid »

Manfred hat geschrieben:...
Was passiert denn bei der Dehnung? Die Rückenmuskulatur wird gestreckt und das Nackenband auch, jedoch anders als bei der "Rollkur"(das Genick kann sich so besser öffnen). Doch die gewünschte Folge, das sich der Rücken dabei aufwölbt und somit Entlastung erfährt, tritt doch nicht wirklich ein. Er kommt zwar höher, durch die Spannung aus der Dehnung aber mehr nicht. Für eine Entlastung müsste jedoch die Bauchmuskulatur angespannt werden, die das Ganze dann aufwölbt. Wer schon einmal einen Bandscheibenvolfall hatte, wird wissen, wie entlastend es für die Wirbelsäule sein kann, den Bauch anzuspannen.
...
Lieber Manfred, hierzu möchte ich dir dieses Buch empfehlen...meiner Meinung nach sollte es jeder Reiter mind. einmal Lesen...
LG
Colloid
Das Pferd lehnt sich an den Reiter an. Wenn die Abstimmung zwischen Pferd und Reiter ideal ist, wird das Mittel der Anlehnung, der Zügel, fast entbehrlich.
Richard Hinrichs
Manfred

Beitrag von Manfred »

Danke Colloid,

das passt sehr gut, denn ich bin gerade fertig mit einem anderen Buch. Jen hatte dieses Buch auch schon mehrfach erwähnt, wenn ich mich nicht irre.

Liebe Grüße
Manfred
knowi
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Beitrag von knowi »

Manfred hat geschrieben:
Warum kann ich denn den Zügel bei dieser Übung nicht einfach weglassen und mich vor das Pferd stellen, mit beiden Händen sein Gebiss nehmen und leicht in Richtung der Leftzen bewegen, um nur erst einmal die Kautätigkeit anzuregen. Wenn mein Druck zu groß ist, dann wird das tier im leicht ausweichen können und sich nach hinten wegbewegen. Insofern muss ich mir schon Mühe geben es so sanft wie nur irgend möglich zu machen.

Und wenn es dann anfängt zu kauen, dann könnte ich mit dem Druck nachlassen und meine Hände vorwärts / abwärts sinken lassen. Das Tier kann nun selbst entscheiden, ob es weiter kaut und mir in die Dehnungshaltung folgt oder nicht.
Die von Dir oben beschriebene Übung gibt es, Manfred. Ich kenne sie eben genau dafür: Um das Kauen anzuregen. Zunächst tatsächlich in einer hohen Kopfhaltung, damit das Pferd das Gebiss nicht als Stütze nutzen kann.

Und: Ein gut kauendes Pferd kann Dir die Beizäumung "schenken".

Aber ich finde es grundsätzlich super wichtig soetwas wie ein Signal für die Dehnung zu etablieren um sie einfach immer abrufbar machen zu können, und immer wieder in eine Entspannung zu gelangen.
Und so wie Esge schon gesagt hat: Hat das Pferd verstanden, verfeinert sich das Signal i.d.R.

Übrigens nicht nur im Viereck sinnvoll das Pferd jederzeit dehnen zu können: Wenn's im Gelände unheimlich wird ist es super praktisch das Pferd zu einem Kopfsenken veranlassen zu können :)

Liebe Grüße!
Knowi
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Celine
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Beitrag von Celine »

Es vereinfacht vermutlich viele Lebenslagen im Umgang mit dem Pferd, wenn das Pferd zuverlässig gelernt hat, auf Druck zu weichen. Dazu gehört z.B. auch, den Kopf zu senken, wenn Druck auf das Genick ausgeübt wird.
Man kann so prima Wurmkuren geben oder die Augen auswaschen oder was auch immer.

Das setzt natürlich eine gewisse Grundhaltung voraus, die davon ausgeht, dass ICH bestimme, wann das Pferd so etwas zu erdulden hat. Manche könnten so etwas vielleicht als Zwang und mangelnde Selbstbestimmung des Pferdes ansehen. Damit hab ich kein Problem. Ich kann ja den Pferdezahnarzt auch nicht wieder nach Hause schicken, weil das Pferd heute keine Lust hat, das Maul zu öffnen z.B.


Aber das hat nur bedingt was mit dem Thema Dehnungshaltung zu tun
:oops:
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Hallo manfred,

Du hast natürlich nicht ganz unrecht, wenn Du schreibst, dass allein durch die Dehnungshaltung des Halses der Rücken nicht unbedingt angehoben wird.

Und im Stand wird da sicherlich erst recht nicht allzuviel passieren.

Im Gehen schon eher, so denn der Reiter in der Lage ist, das Pferd durch Sitz und ggf. Schenkel, die Bauchmuskulatur zu animieren, sich zusammenzuziehen, so dass mit dem weit unterschwingenden Hinterbein der Rücken angehoben wird.

D.h.: Kontraktion des Bauchmuskels in Verbindung mit Dehnung der oberen Halsmuskulatur UND aktiv vortretendem Hinterbein bewirkt ein Anheben des Rückens, so dass dieser sich wölben kann.

Für den hochschwingenden Rücken ist also IMMER eine zur Kontraktion bereite Bauchmuskulatur wichtig in Verbindung mit einem spannungsfreien Tragen des Halses bei weichem Maul, welches nämlich die Dehnung der oberen Halsmuskulatur zuläßt, damit über den Trapezmuskel den Rücken vorne mit anhebt UND eine lockere Hinterhand, der es ermöglicht wird, aktiv nach vorne zu schwingen, so dass der Rücken im hinteren Teil über die Kruppenmuskulatur weiter gedehnt wird.

Der Reiter drückt nur dann in den Rücken, wenn er nicht in der Lage ist, seine Bewegungen denen des Pferdes anzupassen - und nicht umgekehrt...

Ausserdem dehnt sich der Rückenmuskel nicht, wenn er "durchhängt" und der Bauchmuskel nicht zur Kontraktion animiert wird (s.o.).

Weiterhin verhindern natürlich Spannungen in der Muskulatur ein Dehnen und damit auf den Rücken bezogen auch ein Anheben.

Und natürlich ist bei all dem auch ein nachgiebiges Maul wichtig! Nehme ich den Zügel an (egal nach welchem System) und fordere ein Kauen oder Biegen, will ich keinen Gegendruck, sondern ein Lockern und eine nachgiebige Reaktion, sprich ein Annehmen und Ausführen meines Wunsches.
Gegendruck ist verbunden mit Druck der Muskulatur gegen das Gebiss, sprich mit einer Anstrengung der UNTEREN Halsmuskulatur, mit der nämlich die Zunge verbunden ist. Sobald die untere Halsmuskulatur drückt, wird die obere festgestellt und jedwede Dehnung in der Oberlinie ist dahin... Und das unabhängig von Dehnung nach vorwärts-abwärts oder Dehnung in die Aufrichtung!

Übertreibt der Reiter allerdings die Dehnung und/oder das aktive Hinterbein, kann es zu schmerzhaften Muskelfaserrissen im Rücken führen, so dass das Pferd sich lange daran erinnern wird: Dehnen und/oder weit vorschwingen tut weh - und dies entsprechend verweigern. Eine Aufwärmphase und ein Anpassen an das jeweilige Pferd sind wie immer unabdingbar!

@ celine: Du hast unbedingt Recht! Eine grundsätzliche Bereitschaft zur Nachgiebigkeit ist Grundvoraussetzung im Umgang und beim Reiten!!! Und die gehört anerzogen, wenn sie nicht vorhanden ist!!!
Stephanie
Manfred

Beitrag von Manfred »

Vielen Dank für eure Antworten und Hinweise!

@Stephanie

Auch bei der von dir angeschnittenen Durchlässigkeit der jeweiligen Hilfe geht einen Bereitschaft dazu vom Pferd aus, denke ich. Von der dazu notwendigen Erziehung würde ich in diesem Fall mal nicht sprechen.

Das Pferd merkt doch seher schnell, was ihm gut tut und was nicht. So wird es doch auch gerne mitmachen, wenn es eben keine Schmerzen hat, oder? Dann ensteht auch das Mitschwingen von alleine, würde ich meinen!

Undine ist ein "abgestumpftes" Reitschulpferd und nicht mehr bereit überhaupt irgend etwas unter dem Reiter freiwillig zu tun, was sicher auch nachvollziehbar ist.

Bei hr habe ich sehr deutlich gespürt, wann sie sich öffnete und gewisse Dinge anbot und wann sie dicht gemacht hat und nur noch widerwillig ihren Job tat.

Erst wenn es mir gelang mich in ihre bewegung reinzufühlen und die zu begleiten, also mitzugehen, fing sie an weicher zu werden und zuzulassen. Aber sobald ich sie stärker antreiben wollte und mit Körperspannung unter Druck gesetzt habe, hat sie sich härter gemacht und auf stur umgeschaltet.

Sie hat sich jedoch nicht widersetzt, was Antares sehr viel häufiger getan hatte. Offenbar war sie auch besser erzogen worden. :wink:

Aber was ich sagen möchte, erscheint es mir so, als wäre es der Sache erher abträglich, alles mit irgend einem Druck aus dem Pferd rauszutreiben, als vielmer seiner Bewegung zu folgen und mitzugehen.

Dazu reicht dann ein kleiner Impuls, damit es weiß, was es tun sollte und dann begleite ich nur noch. Also lasse es insofern auch nicht alleine gehen, wie es z. B. bei der Westernreiterrei in meinen Augen der Fall ist. Aber ich treibe auch nicht ständig mit den Schenkeln gegen die Hand (Bewegung anschieben und gleich wieder auffangen), wie es mir anfangs von FN-Lehren beigebracht wurde.

Nun sind das wieder totale Gegensätze, die aber beide nach meinem Verständins zu keiner Dehnungshaltung führen. Das Westernpferd macht zwar einen gelassenen Eindruck, läuft aber nicht weich und schwingt oftmals wenig im Rücken. Und in der FN-Reiterei (egal ob nun Dressur oder Springen) ist mir aufgefallen, dass sowohl Reiter als auch das Pferd völlig verspannt sitzen / gehen. Da würde sich wohl kaum eine Dehnungshaltung einstellen können, denke ich.

Auf den Videos von Bent Branderup ist mir jedoch aufgefallen, wie sich alle Bewegungen in einem weichen Fluss befinden. Sein Pferd machte den Eindruck, als sei es aus Gummi und er würde darauf durch die Bahn schwingen. Da reihten sich offenbar winzige Impulese an einander, die in ihrem Fluss durch den ganzen Körper gingen und nirgens aufgehalten wurden, wie eine Welle.

Gut, aber jetzt bin ich doch off topic, sorry, denn hier geht es ja nur um die Dehnungshaltung. Und die hatten offenbar er und sein Pferd vollständig verinnerlicht. Die Kontraktionen der jeweiligen Muskelgruppen hatten augenscheinlich nicht zu irgendwelchen Anspannungen, weder beim Pferd noch beim Reiter geführt, und eine Trägheit der bewegten Masse war auch nicht zu erkennen. 8)

Liebe Grüße
Manfred
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Eigentlich wollte ich Dir nur die muskulären Zusammenhänge klar machen.

Wie schön, wenn es alles so einfach wäre... Weißt Du, was ein Branderup oder sonst wer, erstmal tut, damit und bis ein Pferd so läuft? Er ERZIEHT es: zum Mitmachen, zur Nachgiebigkeit, zum Fleiß etc.

Und dazu braucht man zu Anfang Hand und Bein (und natürlich einen guten Sitz, sprich Kreuz!) - auch jemand, der auf dem Branderup´schen Niveau reitet. Nur sind diese Menschen damit gesegnet, ihre Hilfen derart präzise einzusetzen und damit für das Pferd so souverän, daß sich für dieses meist die Frage "will ich das?" überhaupt nicht mehr stellt. Die Konsequenz, dass es ihm auf die eine oder andere Art unbequem gemacht wird, lernt es nämlich sehr schnell... Und Konsequenz ist immer schmerzhaft, auch wenn sie nicht weh tut!

Nun, Du hast mit Deinem Pferd eine besondere Art gefunden, miteinander umzugehen. Warum Deine Pferde auf Dein Reiten so oder so reagieren, mag mit ihren Vorerfahrungen zu tun haben. Dein reiterliches Niveau kenne ich nicht, aber manchmal sollte man sich die Frage stellen, ob die Reaktion des Pferdes auch damit zu tun hat.

Aber dies alles hat ja nichts mit Dehnungshaltung zu tun.
Die Erziehung an diesem Punkt ist, dass das Pferd lernt, dass die Dehnung für es angenehm ist und ich als Reiter die Verantwortung habe, es gesund zu erhalten. Da sein Gang nicht zum Reiten ausgelegt ist, habe ich die Verantwortung, die Muskeln der Oberlinie derart zu schulen, dass es mich ohne gesundheitliche Probleme lange tragen kann - und damit bin ich gezwungen, ihm die Dehnungshaltung anzuerziehen - um ihm Gutes zu tun!
Wenn es keine Lust hat - dann zeig ich ihm, wie unbequem Unlust ist. Und auch das heißt nicht, dass ich ihm weh tu... Unlust ist einfach nur anstrengender...
Manfred

Beitrag von Manfred »

Stephanie hat geschrieben:Dein reiterliches Niveau kenne ich nicht, aber manchmal sollte man sich die Frage stellen, ob die Reaktion des Pferdes auch damit zu tun hat.
Hallo Stephanie,

das ist ohne Frage mit der wichtigste Punkt, denke ich. Und darum arbeite ich auch zuerst einmal an mir selbst, denn das Pferd reagiert ja auf mich. Insofern ist das, was da von mir kommt schon von ausschlaggebender Bedeutung für das gemeinsame Erarbeiten einer Lektion.

Ich finde aber nicht, dass Konsequenz immer negativ ist. Sie gibt dem Pferd auch Sicherheit, weil es sich dabei auf gewisse Dinge einfach verlassen kann. Konsequenz ist elementar wichtig im Umgang mit Pferden, aber sie muss keineswegs immer negativ sein. Konsequentes Nachgeben z. B. wenn das Pferd die gewünschte reaktion zeigt ist durchaus positiv und wird so von ihm sicher auch empfunden.

Im Bezug auf die erwünschte Dehnungshaltung kann das dann auch bedeuten, dass ich diese nicht erzwinge sondern zulasse wenn sie mir angeboten wird. Das Pferd wird darin entlassen und darf sich entspannen. Es wird den Weg dorthin dann auch öfter selbst suchen und wenn ich ganz konsequent die Tür dazu immer wieder öffne, dann ist das doch nicht negativ sondern positiv, oder?

Wie oft haben die Pferde in den Reitstunden versucht mir die Zügel aus der Hand zu ziehen und der Reitlehrer hat es mir verboten, dies zuzulassen. Erst am Ende einer Reitstunde durften sie mehr Zügel bekommen, als es hieß "die Zügel aus der Hand kauen lassen". Mit harter unnachgiebiger hand musste ich die Pferde sich gegen das Gebiss stemmen lassen und manchmal auch gewaltsam den Kopf zurückziehen. Warum? Wegen dem Gehorsam? Warum durften sie sich nicht mal lang machen und nach unten strecken, wenn sie dieses Bedürfnis hatten?

Undine geht dann oftmals sehr viel fleißiger, wenn sie mehr Zügel bekommt. Am besten läuft sie am durchhängenden Zügel, obwohl sie westernmäßig geritten wurde. Allerdings fällt sie dabei dann auch so ziemlich auseinander und ich muss deutlicher von hinten "nachschieben" (verstärkt mitgehen), damit sie dann auch fleißiger tritt. Dabei tritt sie dann auch verstärkt unter, was mich schon etwas wundert.

Antares dagegen braucht noch immer sehr lange, bis er sich entspannen kann. Das geritten werden ist offenbar noch viel zu aufregend für ihn. Er kaut wie wild auf seinem Gebiss rum und ich muss sehr wachsam sein, auf was für Ideen er so kommt, damit ich sofort ganz konsequent darauf reagieren kann. Aber wenn er mir anbietet den Kopf nach vorne runter zu nehmen und sei es nur, weil er an einem Kothaufen schnuppern möchte, dann lasse ich das zu und halte ihn nicht zurück. Und wenn er sich tatsächlich mal nur entspannen möchte und auch noch schön abschnaubt, dann wird er überschwänglich von mir dafür belohnt mit Worten und mit zarten Streicheln (von gegen den Hals klopfen halte ich auch nichts).

Natürlich bin ich keine Leuchte, was das Reiten anbelangt, aber auch daran arbeite ich und nehme noch immer enstprechenden Unterricht, aber nunmehr von ausgewählten Lehrern, die meine Ansichten zumindest ansatzweise teilen und von mir nicht verlangen, dass ich stur nach einem festgeschriebenen System mit meinem Pferd arbeite.

Erst kürzlich kam ich wieder mit einer Trainerin ins Gespräch, die mich mit Antares reiten gesehen hatte. Wir haben uns bis spät in die Nacht über alles Mögliche diesbezüglich unterhalten und sie meinte, dass ich es meinem Pferd bei meiner Rücksichtnahme einfach auch unheimlich schwer machen würde. Dadurch, dass ich mich zu seiner Entlastung des Rückens etwas nach vorne beuge beim Reiten, würde ich ihm die Vorhand blockieren, weil dann noch mehr Gewicht darauf lastet. Ich solle mich einfach mal langsam nach hinten zurück verlagern, bis mein Körper wieder über dem Schwerpunkt ist und nachfühlen, wie er darauf reagiert.

Das habe ich gleich am nächsten Tag ausprobiert und er ging noch fleißiger als zuvor, hat sich aber nicht hart gemacht im Rücken und auch nicht den Kopf weiter hoch genommen, womit ich eigentlich gerechnet hatte. Wieder einmal war ich sehr überrascht.

Es liegt also schon an mir, wie ich meinem Pferd helfen kann sich noch freier bewegen zu können. Und übertriebene Rücksicht kann auch negativ sein, wie ich dadurch gelernt habe. :roll:

Viele Grüße
Manfred
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Beitrag von chica »

@Manfred - Du wiederholst Dich. Einige Deiner Statements konnte man so schon in vielen verschiedenen Threads lesen, bitte verweise darauf, wenn Du meinst, dass dies relevant ist. Danke!

@all - bitte zum Thema zurückkehren. Ebenfalls danke!
LG Ines
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(Noël Pierce Coward)
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Beitrag von bea »

So, gestern beim Ausritt habe ich den Kleinen mal beobachtet und mir viele Gedanken gemacht. Mir fiel dabei auf, dass es extrem schwierig ist, überhaupt vom Pferd aus zu beurteilen, in welcher Höhe es den Kopf in etwa hat. :? Ich schätze mal, dass er das Genick die meiste Zeit minim über der Waagrechten trägt. Gelegentlich streckt er sich auch für einen kurzen Moment verstärkt nach unten, meistens verbunden mit einem Abschnauben. Alles in allem also eine sehr entspannte Situation und ein zufriedenes, überhaupt nicht ermüdet erscheinendes Pferd. Er arbeitete gut mit, lief über den Rücken und blieb auch schön im Takt - wirklich ein erfolgreicher Ausritt.
Ich habe mir dann überlegt, dass bei ihm diese etwas höhere Kopfposition, als ich sie eigentlich für die Dehnungshaltung sehen möchte, sicher auch damit zusammen hängt, dass er einen sehr hohen Halsaufsatz und auch einen enormen Hals hat. Das Genick ist bei ihm so zwar über dem Widerrist, allerdings nicht der höchste Punkt, weil da so viel Hals dazwischen ist - insofern würde ich seine allgemeine Haltung doch als Dehnung bezeichnen.

Das mit dem Antraben beim Aufnehmen der Zügel war gestern aber auch wieder ziemlich deutlich. :? Er lässt sich zwar sofort mittels Stimme durchparieren, trotzdem ist das Aufnehmen natürlich gewissermassen zu einem Signal geworden, anzutraben, und insofern muss ich jetzt aufpassen... Ich werde demnächst mal mit der Besi darüber reden, bei ihr macht er das nämlich nicht, was, wie ich vermute, mit ihrer besseren Technik zusammenhängt. Mal schauen, was sie dazu meint...

LG, Bea
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Beitrag von kallisto »

bea hat geschrieben:Mir fiel dabei auf, dass es extrem schwierig ist, überhaupt vom Pferd aus zu beurteilen, in welcher Höhe es den Kopf in etwa hat. :?
Oja, da hast Du wirklich recht. Wenn das Pferd locker und ruhig geht, sieht es von oben alles andere als eine gute Dehnungshaltung aus (es wirkt wie leicht über den Zügel). Dabei sieht es von unten schon leicht gestreckt aus. Unf oft für ein wenig ausgebildetes Pferd völlig ausreichend.
Wenn ich von oben eine gute Dehnungshaltung fühle (vermeintlich), dann ist es für das Pferd schon zu tief.
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Beitrag von Josatianma »

bea hat geschrieben:Das mit dem Antraben beim Aufnehmen der Zügel war gestern aber auch wieder ziemlich deutlich.
Ich sage meinen Schülern mit jungen Pferden ganz klar, dass sie die Zügel nicht aufnehmen sollen, wenn sie antraben möchten, um genau den Effekt zu verhindern. Ich sage ihnen, das sie das Pferd vorher noch mal zu mehr Dehnung auffordern sollen und in dem Moment, wo sie das Gefühl haben, das Pferd zieht ihnen die Zügel aus der Hand den Trabimpuls zu geben.

Die Pferde können in Dehnungshaltung antraben und -galoppieren. Der Übergang nach unten geht nicht in Dehnungshaltung. Sollte sich das Pferd beim Antraben trotzdem rausheben, wird sofort im Trab wieder die Dehnungshaltung gefordert. Kommt keine Reaktion, wird wieder durchpariert und die Dehnungshaltung im Schritt hergestellt.
Liebe Grüße, Sabine

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