Dehnungshaltung beim Jungpferd

Rund um die klassische Reitkunst

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Celine
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Beitrag von Celine »

Josatianma hat geschrieben: Dehnungshaltun ist nicht gleich Entspannung.
Würd ich auch so sehen.
In der Dehnungshaltung fordere ich doch auch Spannung, sonst könnte das Pferd seine Hinterhand nicht aktivieren und diesen bananenförmigen Bogen nach oben aufbauen. Und ich hab Kontakt zum Pferdemaul.
Entspannung ist für mich auch: Zügel hingeben.
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Jen hat geschrieben:Entspannung muss auch nicht gleich abschlaffen bedeuten. Entspannung ist eine Lösung der Muskulatur und mein Ziel wäre es, dass sich mein Pferd auch in der höchsten Versammlung entspannen könnte.
Entspannen ist für mich abschlaffen. Ich kann einen Muskel in höchster Versammlung nicht entspannen. Dann kann er die Leistung nicht mehr bringen. Ich möchte in der höchsten Versammlung ein leichtes lockeres Pferd haben, dass nicht unter Spannung steht. Das steht für mich aber im absoluten Gegensatz von Entspannung.

So wie Celine es beschrieben hat, sehe ich es eben auch.

Wenn ich mich entspanne, bin ich nicht zu Höchstleistungen fähig.
Liebe Grüße, Sabine

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"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
Manfred

Beitrag von Manfred »

Ihr habt ja Recht,

ein Abschlaffen habe ich ja auch nicht gemeint. Schließlich geht es nach der Pause auch gleich wieder weiter.

Und ich kann auch in eine Dehnung hineinsinken ohne den Gegenmuskel dafür anzuspannen. Dabei hilft mir die Schwerkraft. Wenn sich ein Pferd zum Fressen bis an den Boden streckt und dabei den Rücken nicht aktiv mit der Bauchmuskulatur aufwölbt, tritt auch eine Dehnung ein. Insofern werden meine Beinmuskeln beim Vornüberbeugen in den Waden auch gedehnt ohne dass ich sie aktiv durchdrücke.

Aber wie ich dabei dann noch in einer versammlung gehen sollte, ist mir nicht klar. Entweder Kontraktion oder Dehnung oder Abschlaffen. Aber die Kontraktion könnte durchaus im Wechsel mit der Dehnung erfolgen. Das würde die wellenartige Bewegung des "Gummipferdes" von Bent Branderup erklären.

VG
Manfred
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Jen
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Beitrag von Jen »

Manfred hat geschrieben: Und ich kann auch in eine Dehnung hineinsinken ohne den Gegenmuskel dafür anzuspannen. Dabei hilft mir die Schwerkraft.
Hm, so ganz genau geht das dann schon nicht. Die Bewegung muss überhautp erst eingeleitet werden und damit eine Bewegung zustande kommt, muss die gegenüberliegende Muskulatur tätig werden. und damit die Bewegung fliessend abläuft darf die dehnende Muskelgruppe diese auch nur graduell loslassen bis zu dem Grad, wo der Kopf hinsoll. Auch wenn ich nur den Kopf zur Seite drehe, dann wird eine Muskelgruppe tätig. Würde ich nur die Schwerkraft walten lassen, dann würde ich wie ein Stein zu boden fallen ;)
Liebe Grüesslis, Jen
***
Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
Manfred

Beitrag von Manfred »

Jen hat geschrieben:Würde ich nur die Schwerkraft walten lassen, dann würde ich wie ein Stein zu boden fallen ;)
Nicht ganz, denn dein Körper wird durch Bänder an den Knochen schon noch in einem gewissen Rahmen gehalten. Also wer nicht gerade sitzt, bekommt nur einen krummen Rücken, geht aber nicht zu Boden.

Lasse ich mich nun nach vorne gen Boden sinken, werde ich ihn nicht erreichen und meine Muskeln und Sehnen werden im Rücken und in den Waden gedehnt, solange bis sie durch ihre Spannung das Körpergewicht halten. Würde ich nun meine Bauchmuskulatur zusätzlich anspannen, verstärke ich diese Dehnung und kann den Boden erreichen.

Das müsste beim Pferd ähnlich funktionieren, denke ich.

Und wenn ich den Kopf zur Seite drehe, heißt dass ja noch nicht, dass das Pferd die dazu erforderliche Muskulatur angespannt hat. Es könnte dem ja auch entgegenwirken und aus dieser Dehnung wieder weg wollen, sich dem entziehen. Dann spannt sich der zu dehnende Muskel an und kann nicht mehr gedehnt werden. Es muss ihn also zunächst einmal loslassen und entweder den Gegenmuskel anspannen oder die Schwerkraft wirken lassen.

Wenn ein Pferd den Kopf senkt, denke ich, wird es dies nicht durch Anspannung sondern durch leichte Entspannung der Halsmuskulatur tun und ihn einfach der Schwerkraft folgend sinken lassen.

Darum tun sich Pferde, meiner Meinung nach, damit auch so schwer, denn eine Entspannung ihrer Muskeln werden sie nur dann zulassen, wenn sie sich sicher fühlen. Bei der geringsten Unsicherheit ist der Kopf wieder oben, weil sich ihre Muskeln dabei schon ganz automatisch anspannen.

Für die gewünschte und abgefragte Dehnungshaltung ist also zunächst Vertrauen zum Reiter und die daraus resultierende Sicherheit erforderlich. Erzwingen kann man die nicht, denke ich.

LG
Manfred
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Wie schön man hier sehen kann, wie die Worte Entspannung, Anspannung, Spannung, Verspannung wirken können.

Wir wünschen uns beim Reiten Spannung in der Muskulatur - natürlich ohne Verspannung.
Wir wünschen uns beim Reiten Spannung in der Muskulatur und dabei ein mental entspanntes Pferd.
Wir können die Spannung steigern mit zunehmender Versammlung ohne eine Anspannung herbeizuführen, die nur verkrampfen würde.

Für uns selber gilt das Gleiche!

Ich denke auch, dass Dehnungshaltung und Entspannungshaltung unterschiedliche Dinge sind - obwohl ich in beiden Haltungen Entspannung wünsche.
In der Dehnungshaltung wird der Spannungsbogen in der Oberlinie verändert, meist verlängert ins vorwärts-abwärts, um dem vorhergehenden Kraftaufwand eine Teilpause zu gewähren (wenn man davon ausgeht, dass vorher in Aufrichtung gearbeitet wurde). Daraus kann entweder ein wieder Verkürzen vorgenommen werden: Arbeit in die Aufrichtung oder eine völlige Aufgabe des Spannungsbogens, indem ich den Zügel ganz hingebe und das Pferd die Haltung wählen lasse. Dann nehme ich aktiv jede Spannung weg.

In der Aufwärmphase und am Schluss zum Abspannen sollen die Pferde bei mir in Dehnungshaltung gehen. Je nach Pferd und Ausbildungsstand unterschiedlich weit oder lang, der Kontakt am Zügel bleibt erhalten. In der Aufwärmphase arbeite ich auch Tempiwechsel rauf und runter und erwarte (oder erarbeite), dass der Kopf in seiner Position bleibt. Jedes Rausheben drückt in den Rücken...

IN der Arbeit gewähre ich den Pferden immer wieder Pause am langen Zügel, d.h. ich gebe jeden Kontakt auf. Als Lob aus einer Lektion heraus. Hebt sich ein Pferd daraufhin über den Zügel (befreit sich also regelrecht vom Zügel...), lasse ich die Zügel aufnehmen, überprüfe den Kontakt und lasse die Zügel nach und nach länger werden, damit das Pferd lernt, sich nach unten abzustrecken.

Der Unterschied in der Muskelarbeit liegt u.a. darin, dass in der Dehnungshaltung der Trapezmuskel vom Hals in den Rücken hinein weiter in Dehnung bleibt und mitträgt, d.h. den langen Halsmuskel unterstützt beim Tragen. Darüber baut er sich auch auf.
In der Entspannung, wenn das Pferd den Hals nach unten streckt, wird der Trapezmuskel nicht mehr zum Tragen mitbenutzt, weder die Muskeln der Ober- noch die der Unterlinie werden bevorzugt kontrahiert oder gedehnt - es sollte sich eben alles in Entspannung befinden.

M.E. sollte beides möglich sein, auch während der Arbeit. Einen Zügel ganz hingeben muss ja nicht bedeuten, dass ein Aufnehmen und auch in Versammlung arbeiten nicht mehr möglich ist...

Stephanie
Tornano
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Beitrag von Tornano »

Geht es am Anfang des Threads um Bea Borelle und Ihre Stute Tabea?
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bea
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Beitrag von bea »

Tornano hat geschrieben:Geht es am Anfang des Threads um Bea Borelle und Ihre Stute Tabea?
Ich bin jetzt überfragt, wie das Pferd im Buch heisst. :kopfkratz: Meistens ist ein Schimmel abgebildet in der Dehnunghaltung, gelegentlich aber auch andere Pferde. Ist das denn wichtig?

LG, Bea
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Beitrag von Tornano »

Naja, wenn ich die Videos und das Buch von Philippe Karl richtig verstanden habe, dann ist die dauernde Arbeit in Dehnungshaltung die Korrektur für Pferde mit einem Hirschhals bzw. welche, die die Tendenz haben über das Gebiss zu kommen. Sobald dies nicht mehr der Fall ist, wird "normal" weiter gearbeitet. Als Beispiel in den DVDs und Büchern dient meistens Bea mit ihrer Stute Tabea.
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bea
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Beitrag von bea »

Hallo Tornano

Ah, okay. Nein, im Buch geht es um Ausbildung allgemein in der Dehnungshaltung (= "erste Dressurhaltung) und nicht um die Korrektur eines Hirschhalses.

LG, Bea
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