Was ist mit "Beizäumung" gemeint?

Rund um die klassische Reitkunst

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dshengis
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Re: Was ist mit "Beizäumung" gemeint?

Beitrag von dshengis »

Manfred hat geschrieben:Am Anfang der dressurmäßigen Ausbildung des Jungpferdes steht die Beizäumung.
Hm, vielleicht kann ja die Autorin dieses Artikels sich nochmal dazu äußern, denn dass ein Eindruck wie hier bei Manfred entsteht, war bestimmt nicht ihre Absicht.

LG A.
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Anchy
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Beitrag von Anchy »

Es geht um die Dressurausbildung und nicht um das An- und Einreiten eines Pferdes. Einige Ausbilder ( ich nenne sie einmals baucheristische Schule ) beginnen diese Arbeit tatsächlich mit einer relativen Aufrichtung in untertourigen Bewegungen zur Herstellung von Balance. Das System beruht darauf , erst die Balance herzustellen und diese dann in Bewegung umzusetzen . Sobald die Balance verloren geht ,wird diese erneut im Stand oder Schritt hergestellt. Natürlich immer wieder unterbrochen durch Abstrecken und Dehnung.

LG
Anchy
Wenn Du es festhalten mußt, hast Du es schon verloren
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Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Ich schrieb: Somit ist die Anlehnung das Resultat dieser biegenden und formenden Arbeit,...

anstelle von Anlehnung (ja ja, die gewohnheitsmäßige Bezeichnung..) hätte es aber Beizäumung heissen sollen.

@anchy: kannst Du bitte erklären, worauf Du Dich beziehst? Ich verstehe Dich, glaube ich, nicht ganz.

Stephanie
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Anchy
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Beitrag von Anchy »

Hallo Stephanie,

ich habe mich auf Manfreds Anfangszitat bezogen und Dshengis ( Posting auf dieser Seite). Ich denke , es ging hier nicht um eine Beizäumung gerader angerittener Pferde .

LG
Anchy
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moreno
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Beitrag von moreno »

Hallo Stephanie,

ein herzliches Danke für Ihre Annerkennung, die ich gleich retournieren möchte:

"... Große, ruhige Schritte fördern die Schubkraft, eilige, kleine Schritte fördern gar nix und zu lange Schritte überfordern die Muskulatur, Sehnen und Bänder... " schreiben Sie.

Endlich mal ein Reiter, der nicht durch die Bahn hetzt. Große, ruhige, ja langsame Schritte haben zunächst nichts mit Versammlunh zu tun, sondern mit einem entspannten, souverän ausschreitenden Pferd, der Voraussetzung für die gesamte Reiterei. Ohne Losgelassenheit und Entspannung geht gar nichts.

In der Ruhe liegt die Kraft.........und aus der Kraft kommt die Ruhe.

Schönen Abend,

Dörr
Reiten sie ihr Pferd glücklich. (N. Oliveira)
moreno
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Beitrag von moreno »

Hallo,

um nochmal auf Baucher zurückzukommen.

Baucher hat ein leben lang gesucht und seine Vorgaben gelegentlich wirklich um 180° gewendet.

In seiner ersten Manière stand das Ramener, also die Beizäumung, in der Tat ziemlich weit vorne in seiner "Ausbildungsskala".

In der zweiten Manière hat sich dies fundamental geändert. Die Beizäumung ist das Ergebnis des Anhebens, leicht Werdens des vorderen Teils des Pferdes, des Vorwärtsstrebens des gesamten Pferdekörpers, der "auf dem Weg zu einem Treffen mit der Vorhand" sein sollte. Die Beizäumung ist nicht mehr, wie zu Beginn, eine von der Gesamthaltung des Pferdes unabhängige Kopfhaltung. Sie ergibt sich jetzt aus dem Gleichgewicht des Pferdes.

Eigene ERfahrung: Soweit man zu Beginn nicht eine Beizäumung bis zur "Stirnlinie an der Senkrechten" anstrebt, das Pferd nicht gnadenlos nach unten abtauchen läßt und sanft aber konsequent das Pferd die Hand anbietet, ist auch gegen die erste Manière nichts einzuwenden, womit auch eine Antwort auf Manfreds Frage gegeben wäre.

Nur.........die Sache ist nicht ganz so einfach, wie sie sich hier liest und erfordert mächtig viel Disziplin. DISZIPLIN vom Reiter.

Schöne Grüße,

Dörr
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Manfred

Beitrag von Manfred »

Guten Morgen zusammen,

und recht herzlichen Dank für die zahlreichen Antworten. Daraus entnehme ich dann aber doch, dass es sich in dem von mir gemeinten Fall nicht um eine Beizäumung handeln kann, denn das erklärte Ziel dabei war nicht die Aufrichtung sondern das Senken des Kopfes. Insofern bin ich nun ein wenig verwirrt. :roll:

Vor Beginn der Reitstunde, wird das Pferd an die Abkauübung erinnert. Diese wird dabei zunächst vom Boden durchgeführt und aus dem Sattel im Schritt wiederholt. Beim Geradeausreiten mit dem Ringfinger auf beiden Seiten und in der Volte am inneren Zügel.

Reagiert das Pferd nicht auf den dabei entstehenden leichten Druck auf den Laden, hebt sich die Hand soweit, bis der Druch auf die Leftzen wirkt. Das Pferd beginnt zu Kauen und lässt den Kopf etwas runtersinken, wobei die Hände sofort ihn begleiten und nachgeben.

Erst, als dies in der leichten Biegung dann auch zu einer gebogenen Stellung geführt hatte, hat die Trainerin von einer Beizäumung gesprochen und meinte wohl eher das Stellen und nicht das Aufrichten eines Pferdes über die Zäumung.

Bisher war mir jedoch das Biegen nur um den inneren Schenkel bekannt, mit zeitgleicher leichter Gewichtsverlagerung (ca. 200 g) auf den inneren Steigbügel.

Daher auch meine Frage nach der Beizäumung zu Beginn der dressurmäßigen Ausbildung, denn die beginnt ja wohl erst mit Stellung und Biegung aber keineswegs mit der Aufrichtung, welche in der Ausbildungsskala sehr viel später kommt.

LG
Manfred

PS.
Das viele Spielen am Gebiss hat nun bei Antares dazu geführt, dass er seine Zuge ständig weit raustreckt und damit rumschlabbert. Offenbar sind es ihm dann doch zuviel Reize im Maul oder wie würdet ihr das sehen. Nach meinem Gefühl würde ich ihm eher wieder damit in Ruhe lassen wollen.
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Manfred, Aufrichtung und Beizäumung sind 2 verschiedene Dinge.

Sie sind zwar nicht ganz untrennbar voneinander, aber ein Pferd kann in ganz unterschiedlichen Aufrichtungen beigezäumt sein, je nachdem, wie die Aufrichtung sich aus der Ausbildung bereits ergibt, je nachdem, wie ein Pferd gebaut ist, je nachdem, wieviel ich gerade frage.

Die Beizäumung bezeichnet ganz knapp gefaßt die Fähigkeit des Pferdes, den Kopf derart abzukippen (Dehnfähigkeit beider Halsmuskeln), dass wir heute es landläufig als Anlehnung bezeichnen. Aber das kann in unterschiedlich hohen oder niedrigen Aufrichtungen passieren.

Um die Dehnfähigkeit beider Halsmuskeln zu erreichen, biegen und stellen wir die Pferde in beide Richtungen, so werden beide Muskeln (langer Halsmuskel und Trapezmuskel) derart bearbeitet, dass sie irgendwann in der Lage sind, sich gleichzeitig und gleichmäßig zu dehnen, so dass das Pferd den Kopf über einen längeren Zeitraum in Beizäumung bringen kann.

Beizäumung und Aufrichtung sind gymnastische und somit körperliche Prozesse, die auf einer immer besseren Balance des ganzen Pferdes beruhen und sich mit der Versammlungsfähigkeit eines Pferdes verbessern sollten: je mehr Hankenbiegung, desto mehr Aufrichtung (aber nicht über die Hände!) = desto besser die Fähigkeit, die Kruppe abzusenken, desto freier wird die Schulter/Vorhand, desto besser kann der Hals nach vorwärts/aufwärts gedehnt werden.

@ anchy: dann ist es klar, danke.

Stephanie
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Und wenn Dein Pferd seine Zunge aus dem Maul nimmt, ist er entweder respektlos oder, was meist eher der Fall ist, die Hilfen der Hand sind zu fest und zu lang...

Wie kommt es überhaupt, dass Du das machst (Deine beschriebenen Übungen). Im Thread zur Dehnungshaltung war Dir das doch alles zuviel Druck, oder??? (oder wars ein anderer Thread???)

Stephanie
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Nein Stephanie, es war der Thread "Dehnungshaltung bei Jungpferden" und er schrieb auf meine Erklärung zum Flexionieren und Abrufen der Dehungshaltung folgende Antwort:
Manfred hat geschrieben: Ich kannte es jedoch nur unter dem Begriff "Flexionierung" oder allgemein als "Flexen". Dabei sucht das Tier einen Weg dem eintretenden Schmerz in den Lefzen auszuweichen.
Dies ist jetzt nicht der Thread, um über den Druck auf den Laden und den entsprechenden Schmerzen zu diskutieren.

Die Beizäumung kann ich auch über die entsprechenden Abkauübungen erhalten. Mein Pico kann sie im Stehen sehr schön. In den Gangarten waren wir nochmal auf die Dehnungshaltung zurückgegangen.

Die Beizäumung ergibt sich durch mich durch eine vermehrte Versammlung des Pferdes. Dadurch wird das Pferd in der Vorderhand leicht und senkt seine Hinterhand. Es tritt vermehrt unter den Schwerpunkt. Ein junges Pferd in die Beizäumung zu holen ist für mich brutal. Da es ohne die entsprechende Muskulatur in eine Haltung gezwungen wird, die es noch gar nicht einnehmen kann.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
moreno
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Beitrag von moreno »

Hallo,

"Aufrichtung, Versammlung, Beizäumung, Biegung, Senkung der Kruppe, Abkauen, Schwung etc, etc."

Ich stelle jetzt mal die These in den Raum:

Alle diese Vorgänge ergeben sich fast von selbst, wenn das Pferd in LOSGELASSENHEIT und RUHE die Reiterhand suchen darf und findet.Je weniger der Reiter rumfummelt, desto sicherer und harmonischer wird das Ergebnis sein.

Schönen Tag,

Dörr
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Larry
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Beitrag von Larry »

Je weniger der Reiter rumfummelt
Mensch moreno, da wären ja die ganzen tollen Schwarzeneggers arbeitslos und müßten doch glatt noch nach dem Reiten das Fitnessstudio samt Hantelbank aufsuchen :lol:
Wollen wir das etwa verantworten?
Na ja, wenn ich es mir so recht überlege....ja, oder?! :P
Arbeit ist die einzige Entschuldigung für den Erfolg
Helmar Nahr (*1931)
Manfred

Beitrag von Manfred »

Hallo,

im Grunde bin ich ja schon der selben Meinung wie Herr Dörr, wo er meint, dass weniger mehr sei. Doch nun wurde mir gesagt, dass ich wieder zu wenig getan hätte und mein Pferd dabei dann wieder zuviel reininterpretieren würde, was ich nicht mehr sauber trennen könnte, denn Pferde sind einfach um Welten feinfühliger als wir Menschen.

@Stephanie
Auf deine Frage, warum ich mein Pferd nun doch abkauen lasse und beizäumen möchte, wenn mir Druck zuwider sei, möchte ich mit der Suche nach einer Kommunikation über den Zügel und das Gebiss anworten.

Da ich leider durch das jahrelange FN-mäßige Reiten gegen die Hand, mit dieser nun eben nicht mehr so fein bin. habe ich an dieser Punkt momentan eine große "Baustelle" ähnlich wie mit den Beinen, wo Susanne ja inzwischen schon ganze Arbeit geleistet hat. Heute standen sodann die Arme und Hände verstärkt auf dem Plan. Leider ist Undine schon recht hart im Maul und legt sich auch gerne auf das Gebiss. Insofern war es schon recht schwierig hier überhaupt ein Gefühl dafür zu bekommen. Wie wir das im Einzelnen dann gemacht haben, steht in meinem Tagebuch.

Sie meinte auch, dass mit der Beizäumung recht unterschiedliche Meinungen vertreten werden. Unrsprünglich kommt dieser Begriff aus der französischen Reitweise und bezieht sich da schon eher auf die Hankenbeugung aund Aufrichtung des bereits durchlässigen Pferdes. Und die FN hat das dann ihrer Meinung nach nicht mehr auf die Aufrichtung bezogen, sondern eher auf die Stellung und Biegung bis zur Durchlässigkeit des Pferdes.

Na wie dem auch sei, sie wusste auch Rat in Bezug auf Antares seine Zunge und meinte, dass der Druck darauf durch meine Hand sehr wahrscheinlich zu stark sei. Da ich mit den Händen noch Probleme habe und eben nicht so weich bin, wie es für Antares gut wäre, sollte ich ihn mal mit vier Zügeln reiten. Dazu würde sie den Sperriemen auch lösen, damit ich mitbekomme, wenn er sperrt und den Hauptdruck eben über einen Kappzaum z. B. auf sein Nasenbein abtragen. Ich denke, dass das eine sehr gute Idee ist. 8)

LG
Manfred
Zuletzt geändert von Manfred am Mo, 22. Jan 2007 14:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Medora »

Nur mal so als Gedanke, der jetzt nicht ganz in diesen Beitrag passt (und irgendwie dann aber doch), der mir aber schon in Deinem Ausbildungstagebuch kam:

Kann es sein, dass Du jetzt ein bissl arg viel mit Antares machst und ein bissl zu schnell vorangehst? Ihr seid so schnell so weit gekommen - ich denke, die Gefahr, ihn zu überfordern ist da schon recht groß, oder? Und wenn er jetzt so deutliche Zungenzeichen gibt, würde ich das ernst nehmen.

Wenn Deine Baustelle Deine Hand ist, wäre vielleicht gebissloses Reisen eine Alternative bzw. Abwechslung zur Entlastung (also vielleicht mal nur Kappzaum, ganz ohne Gebiss)? Die Kommunikation mit dem Maul kannst Du ja nicht erzwingen, sondern bekommst sie idealerweise geschenkt. Zu viel könnte Antares eher dazu bringen, die Kommunikation zu verweigern (s. Zungenzeichen, da kommuniziert er mit Dir!)
Manfred hat geschrieben:Dazu würde sie den Sperriemen auch lösen
Wieso hast Du überhaupt einen Sperrriemen dran?

Grüßle,
Medora
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Beitrag von moreno »

Hallo Larry,

nicht nur verantworten, sondern expressis verbis auch empfehlen: "....wenn sie schwitzen wollen, gehen sie ins Fitnessstudio."

Das ist wirklich meine Überzeugung. Ein schwitzender Reiter, wenn es nicht gerade 30° im Schatten hat, macht etwas falsch.

Faule Reiter sind die besseren Reiterr, wenn sie statt sich abzurackern erst mal nachdenken.

Schöne Grüße,

Dörr
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