Agressiver Hengst

Infos und Fragen rund ums Thema "wie Pferde denken"...

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blumchen24
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Agressiver Hengst

Beitrag von blumchen24 »

Hallo, ich brauche einen Rat. Ich versuche es so kurz wie geht. Ich lebe in Andalusien und komme hier viel herum. Heute war ich in so einem Stall. Ein Hengst 21 jahre alt, ehem.Showpferd, 100% Kartäuser. Soweit so gut. Zustand des Pferdes ist sehr schlimm, Athrose, blutige Narben am Kopf, sehr, sehr abgemagert. Er wird so zu sagen, nur am Leben gehalten. Schimmelkrebs. Er steht in einer kleinen dunklen Box von oben bis unten vergittert, und ist zusätzlich an einer kurzen Kette angekettet! Wieso manche so Pferde halten darüber kann ich ein Buch schreiben ist aber nicht das Thema. Es geht jedenfalls darum das der Züchter mir den Hengst kostenlos angeboten hat. Jetzt würdet ihr sagen, für das Pferd wäre der Schlachter besser, aber vergesst es. Den Gefallen tut ihm keiner. Er wird dort heute, morgen und in zehn Jahren noch so angebunden stehen wenn ich ihn da nicht heraus holle. Tierschutzorg. oder Polizei, geht nicht, würde zu lange dauern. Warum und weshalb damit könnte ich hier auch Seiten füllen.

Jetzt meine Frage: ich habe selber auch Pferde (Stuten und ein 2 j. alten Junghengst, der jetzt kastriert wurde) und bin insg. 15 Jahre Pferde erfahren. ABER einen gestörten agressiven Hengst, damit habe ich keine Erfahrung. Nähste Woche könnte ich das Tier abhollen und brauche dringend Tipps zum Umgang mit diesem Pferd. Worauf sollte ich achten wen ich selber ihn da heraus bringe? Habt ihr Erfahrungen mit Hengsten aus schlechter haltung? Oder mit solchen die Menschen angegriffen haben? Das wird nähmlich diesem Hengst nachgesagt. Ob es stimmt weiss ich nicht. Natürlich haben ihn die Menschen so zugerichtet und er hat sich dagegen sicherlich gewährt. Aber ich denke für jedes Pferd gibt es hoffnung. Ich würde den Hengst erstmals in mein Stall bringen und ihn tierärztlich versorgen lassen. Vorallem Futter geben. Vielleicht finde ich sogar später jemanden der ihn haben will. Ich habe 4 ha umzäunten Land und einen Offenstall wo der Hengst ausbruchssicher stehen könnte.

Zutrauen könnte ich mir das. Nur was könnte mich erwarten? Kann er mich, blöd gefragt, aus rache für die misshandlungen umbringen? Wie mache ich ihn klar das ich ihn nichts tue? Ihn habe erfahrungen mit arbeit ( Dopp.Long., Bodenarbeit usw.) mit normal "tickenden" Pferden. Jedes Pferd testet oder wird mal frech. Klar. Solche Pferde reagieren auf kleinste Hilfen der Körpersprache und sind irgendwie durchschaubar. Meine Rangordung kann ich bei "normal tickenden" Pferden ohne Probleme durchsetzten. ABER wie antworte ich auf eventl. Angriffe oder sonst welchen Agressivitäten dieses Hengstes? Er könnte doch die kleinste Bewegung mit dem Seil schon als Angriff auffassen Oder? Wie gefährlich könnte es werden? Und kann es auch sein, das doch alles garnicht so schlimm kommen könnte? Was kann mich erwarten? Die Leute die ich kenne, dabei ist keiner der sich zutraut den Hengst aus dem Stall zu führen oder mir da irgendwie zu helfen.

Wer kann mit Rat helfen?
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chica
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Beitrag von chica »

Ganz ehrlich? So wie Du das schilderst, wäre es das beste, das Tier zu erlösen, wenn Du es da rausgeholt hast... Fraglich, ob man so ein schwer traumatisiertes Pferd wieder hinbekommt und ob Du dem Tier oder Dir einen Gefallen damit tust, wenn Du es "rettest". Es gibt leider sehr viel Elend auf der Welt.
LG Ines
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gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

das sehe ich wie chica.
mit so einem traumatisiserten pferd noch dominanztraiining oder so zu machen wird schwierig. wer weiß, was er in der box oder auf auslauf / weide anstellt...

wenn du ihn nihmmst, dann würde ich die nottäötungsoptiuon sehr präsent halten (wenn das da rechtlich möglich ist).
ansonsten weiß man halt gar nicht, wie er sich benimmt!
ich vermute (!!!) mak, man kann damit klar kommen, der er einigermaßen zu händeln ist, die frage ist, ob man ihn so halten kann, dass er zufrieden ist. im umgang kann ich mir denken, dass bestimmtheit bis eben auch mal etwas rustikalere einwirkung notwendig sein KANN, bis er etwas vertrauenm hat. denkbar ist aber bei so einer haltung alles mögliche und ungefährlich ist das auch nicht.
sab
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Beitrag von sab »

Hallo,


ich würde mir das nicht antun, dafür wäre mir meine eigene gesundheit zu schade. Falls der Hengst so aggressiv ist , dann musst Du mit richtigen Angriffen rechnen. Und das würde ich mir garantiert nicht antun ! Auf keinen Fall solltest Du Dich mit so einem Pferd in einen Round-Pen stellen und a la Monty Dominanztraining machen; wenn das Pferd wirklich angreift, kann es dann sehr schwierig für Dich werden.

Als einzige Möglichkeit käme für mich in Frage, dass der jetzige Besitzer das Pferd mal herausholt, führt etc. Das Du mal sehen kannst, was das Tier bei ganz normalen Beschäftigungen so tut (führen, putzen, Auftrensen , Longieren etc). Wenn das NICHT geht bei dem Besitzer, dann würde ich garantiert die Finger von lassen. Wenn das klappt, dann frag noch mal genau nach, was das Pferd macht, in welchen Situationen es angreift etc.


LG

Sabine
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Schenken lassen und erlösen wäre hier meine Wahl. Alles andere wäre (in meinen Augen!!!!) falsch verstandene Tierliebe!
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Hallo,

ich kann dich sehr gut verstehen, ich habe bisher so einige Pferde nicht aufgegeben, die andere direkt in den Himmel geschick hätten, was nicht immer verkehrt gewesen ist, aber wirklich einschätzen kann man das erst im Nachhinein.

Es würde hellseherische Fähigkeiten bedeuten, könnte einer von uns jetzt einschätzen, wie der Hengst reagieren wird. Wie er reagieren KANN ist dir offenbar selber bewußt, das kann "von... bis..." alles sein, leider... :cry:

Auf der HP von Sibylle Wiemer (ohne Link darf ich das doch hoffentlich so hier angegeben!?) gibt es eine Seite zum Thema "Pferde sterben", die ich auf Hinweis letztens gelesen habe, weil ich ein nicht mehr junges Pferd habe und mich wg. "unschönem" Tod eines Pferdes einer Freundin damit beschäftigt habe.
Auf der Seite ist weiter unten auch von Karlchen geschrieben, einem Pferd, dass zeigt, wie ambivalent solche Pferde mit besch..ener Ausgangsbasis sein KÖNNEN! - eine Warnung vorweg, da ist viel über Tierkommunikation geregelt, dazu stehe auch ich nicht klar, aber auch wenn man dieses Thema außen vor läßt finden sich aus meiner Sicht dort Gedankenanstöße, die ggf. zu deinem Thema weiterhelfen können.

Eine sehr schwierige Entscheidung, mein Kopf sagt klar, dass Chica, Gimlinchen und Josatianma Recht haben, und trotzdem weiß ich, dass ich an deiner Stelle diese Entscheidung nicht so leicht treffen könnte, es bräuchte gewiß viel Austausch mit anderen. Eben weil ich versucht habe mich in deine Lage zu versetzen ist mir die o.g. Seite eingefallen - bisher das erste Mal, dass ich über ein solches Pferd gelesen habe - es hat mich sehr nachdenklich gemacht! :cry:

Ich wünsche dir ganz viel Mut und Kraft, damit du hoffentlich die richtige Entscheidung für euch beide treffen wirst - ich würde mich freuen zu lesen, wie es für euch weitergeht.

Alles Liebe unbekannt,

Silke

editiert, weil inzwischen auch Josatianma gleiches geschrieben hat wie Chica und Gimlinchen
nochmal editiert, weil sab auch ähnlich geschrieben hat, ich sie hier nicht ausklammern möchte in meinem Post - hatte ich vorhin übersehen, da wurde mir nur Josatianmas Post angezeigt. sorry.
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

sehr bewegender bericht von frau wiemers, finchen. ich gehöre ja zu denen, die auch TK nutzen und schätzen.

ich denke halt, man muss das einfach gut überlegen. er hat arthrose und sellische narben und schimmelkrebs - die umstellung wär schon nicht einfach., ob offenstall richtig ist als start, bezweifele ich ehrlich gesaght. aber man müsste den stall sehen.... eine stabile, sichere umegbung wär möglicherweise für den anfang angenehmer ühr ihn?? (und sicherer....) dominanztraining a la monty macht ja hoffentlihc niemand mehr ernsthaft, schon gar nicht mit so eonem pferd. ich würde (sorry.. ) erstmal mit normalen zäumungen und so, die mir etwas sicherheit geben und die er kennt, beginnen, zu schauen, wie er sich benimmt.

ich bin ein wenig geprägt von dem alten deckhengst, der bei uns im letzten stall "lebte". der seniorchef liebte ihn, aber der alte stand i.w. in der box (und tobte oft darin...) und auf der weide oder an der longe o.ä. rannte er nur - blöd mit arthrose. artgerechte haltung für einen alten hengst, der mieses erfahren hat, ist oft nicht so einfach.
Nakim

Beitrag von Nakim »

ohne das Pferd zu kennen ist es sehr schwer was dazu zu sagen. Weist Du wie er sich in der derzeitige Haltung verhält? Greift er an? Oder kann man ihn händeln? Ihc denke alles ist möglich. Er kann auf vernünftige Haltung gut reagieren und händelbar sein. Es kann aber auch sein, daß er wenn er mit Licht mehr Testosteron produziert erst richtig heftig wird.

Das habe ich bei einem Welsh A Hengst erlebt der aus so einer beschriebenen Haltung kam. Am Anfang war er händelbar aber nach der Kastration hat er seine Besitzerin angegriffen und böse zugerichtet. Als sie im Krankenhaus lag war er eine Zeit bei mir im Offenstall. Und eine echte Zeitbombe. Er wurde dann getötet weil er richtig gefährlich war. Ob er es aufgrund der Haltung wurde kann ich nicht sagen.

Ich würde auf mein Gefühl vertrauen. Geh zu dem Pferd in die Box und schau was Dein Gefühl sagt. Wenn es da schon vorsicht sagt laß die Finger davon. Wenn Du das Gefühl hast, daß Du ihn magst und eine Verbindung aufbauen kann würde ich es tun. Dieses Pferd ist schon ganz unten. Und entweder man erlöst ihn oder man holt ihn raus und baut ihn auf. Ohne Verbindung zwischen Euch beiden kann das nicht gehen. Und wenn Du nicht das Gefühl hast, Du kannst ihm vertrauen laß es. Mit dem gesunden Menscheverstand betrachten kannst Du es nicht. Also bleibt Dir nur Dein Gefühl. Das wird Dir später auch sagen was geht und was nicht.
Mitleid so gut es gemeint ist hilft diesem Pferd nicht.
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

(gutes posting, finde ich)
Excalibur

Beitrag von Excalibur »

Meine Erfahrungen mit Hengsten, die gegen den Menschen gehen und die alle keine schlechten Erfahrungen hatten, sondern schlichtweg (noch) keine Grunderziehung und den Menschen nicht respektiert haben, haben mir voll und ganz gereicht.

Auch hier war es oft Grenzwertig man begibt sich da schon auf ziemlich unsicheres Gebiet. In der Regel ist da die Kastration die sicherste Variante für beide Seiten.

Doch bei deinem Fall sieht das anders aus. Sicher ist eine Ferndiagnose schwierig, aber einfach auf Grund meiner Erfahrungen. Das bekommst du nicht[/u]anz hin. Sei bitte vorsichtig, sowas kann ganz schnell böse ins Auge gehen.
Der Hengst muss sich weder provoziert noch angegriffen fühlen, eine kleine Unachtsamkeit eine Geste oder Bewegung, die Unsicherheit zeigen können reichen. Vielleicht Bedarf es dem noch nicht mal sondern er ist schon auf dem Stand Angriff ist die beste Verteidigung.
Ein sehr Dominanter Hengst ist schon gefährlich genug, das gepaart mit Schmerz, Angst, Verzweiflung ist unberechenbar.

Es ist traurig und grausam, aber der Tot ist für dieses Pferd mit Sicherheit mehr Erlösung.

ich wünsche dir viel Kraft, es ist schön, dass es Menschen gibt, die nicht einfach wegschauen
LG Nadine
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Ich möchte mich allen anderen hier anschließen.

Ein krankes, massiv verhaltensgestörtes, agressives Pferd ist lebensgefährlich für jeden, der sich ihm nähert.

Was weißt Du über die Lebensgeschichte des Pferdes? Kann ein Tierarzt das Pferd überhaupt untersuchen und behandeln? Lässt er sich überhaupt verladen? Kannst Du ihn führen? Meinst Du, er bleibt auf einer Koppel/Paddock (mit sehr massivem hohen Zaun) alleine? Oder greift er womöglich andere Pferde an und geht durch die Zäune?

Wie weit ist der Krebs überhaupt fortgeschritten? Könnte es sein, dass Tumore auf das Gehirn drücken und der Grund für das agressive Verhalten sind? Weißt Du, ob Du ihm noch ein schmerzfreies Leben ermöglichen könntest?

Ganz ehrlich: ich würde den Besitzer fragen, ob Du die erlösende Spritze bezahlen darfst. Ich würde ihn vermutlich noch nicht einmal aus der Box holen oder gar verladen. Mir wäre das zu gefährlich.

Du hast Familie, Verwandte, Freunde, zwei andere Pferde: ihnen gegenüber hast Du eine Verpflichtung, und das beinhaltet auch, dass Du Deine eigene Gesundheit pflegst und behütest. Nur dann kannst Du für sie da sein.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft für Deine Entscheidung und wünsche Dir, wie immer sie auch ausfällt, dass es die richtige für Euch ist!
Viele Grüße
Sabine
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Nakim

Beitrag von Nakim »

ich sag nicht, daß Du es nicht tun sollst. Frag Dein Gefühl. Ich habe auch schon mit solchen Pferden gearbeitet. Es ist ein Risiko. Ein solches Pferd habe ich hier. Er ist heute das sanfteste Pferd das man sich denken kann. Aber bei uns war von Anfang an eine Verbindung da. In den ersten 6 Monaten sah ich mehr seinen Bauch als seinen Kopf. Er stand ständig senkrecht vor mir. Ich mußte sehr kreativ sein um weiter zu kommen. Nicht alles ist wirklich so gefährlich wie manche denken. Solange Du autenthisch fürs Pferd bist kannst Du vieles machen. Vorausgesetzt, er ist kein Killer. Es gibt Pferde, die greifen nur noch an wenn sie die Gelegenheit haben. Es sind aber nur wenige die wirklich so sind. Zu den meisten kann man eine Beziehung aufbauen.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

sab hat geschrieben: Auf keinen Fall solltest Du Dich mit so einem Pferd in einen Round-Pen stellen und a la Monty Dominanztraining machen; wenn das Pferd wirklich angreift, kann es dann sehr schwierig für Dich werden.
Nein, das wäre auch das Falscheste, was man tun könnte. Nicht zuletzt deshalb, weil alle Join-ups mit Hengsten schlicht nicht funktionieren. Grundprinzip ist ja, einfach ausgedrückt, den natürlichen Trieb des Pferdes nach Herdenanschluss für sich zu nutzen. Hengste leben aber normalerweise nicht IN, sondern BEI der Herde – das macht eine solche Arbeit schwierig bis unmöglich.
Zu Deiner konkreten Frage: Sehe ich auch so wie sab. Schau Dir erst mal an, wie sich der Hengst aufführt, wenn er außerhalb seines Knastes ist. Ich selbst habe vor sieben Jahren einen Hengst in Spanien aus ähnlicher Isolationshaft geholt. Der war anfänglich totenbrav, eine schwierige Phase hatten wir erst, nachdem er mental und körperlich wieder fit war.
Was Nakim sagt, unterschreibe ich zusätzlich: Es ist extrem wichtig, rauszufinden, ob Du einen Draht zu dem Pferd hast, oder ob Dein Mitleid eher "unpersönlicher" Natur ist – also spielt in solchen Fällen das Bauchgefühl eine, wenn nicht sogar DIE entscheidende Rolle. Pferde merken sehr schnell, ob jemand authentisch ist, oder nicht.
Darüber hinaus solltest Du Dir eine Frage ehrlich beantworten: Verfügst Du über natürliche Autorität? In meinen Augen ist das extrem wichtig im Umgang mit Hengsten generell, in Deinem speziellen Fall könnte das sogar lebenswichtig sein. Mit natürlicher Autorität meine ich, dass Du es eben NICHT nötig hast, zu Tricks und Kniffen, Gurus und Kursen zu greifen, um Deine Pferde erziehen und händeln zu können. Und: Dass Du es auch nicht nötig hast, Dich mit Gewalt durchsetzen zu müssen.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
kala12
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Beitrag von kala12 »

Was würdest du mit ihm machen wollen, unter der Voraussetzung, daß das Verhalten normal wäre?

Reiten ist ja aufgrund der Arthrose möglicherweise nur eingeschränkt oder gar nicht möglich.

Wäre er prinzipiell für die Zucht geeignet? (Abstammung, Exterieur...Interieur ist möglicherweise aufgrund der Vorgeschichte nur begrenzt einzuschätzen).

Falls er weder reitbar, noch als Zuchthengst einzusetzen ist, ist es relativ egal, wie >brav< er ist, da man den Umgang ja einschränken kann und es lediglich darum geht, ihm noch eine schöne Zeit zu machen. Natürlich erleichtert es auch dabei die Sache, wenn er sich einfach (vom Tierarzt, Pfleger) behandeln läßt.

In diesem Fall würde ich mich auch darauf beschränken festzustellen, ob er den Eindruck macht, noch Spaß am Leben zu haben (unter den veränderten Bedingungen - hängt wohl stark davon ab, wie es mit seiner Gesundheit tatsächlich bestellt ist).
Ach ja, und überlegen, ob es mir die Sache/das Geld wert ist, >nur< um ihm einen schönen Lebensabend zu machen.

Bezüglich Transport: Da würde ich so vorgehen, wie man mit anderen Tierarten vorgeht, die sich nicht führen lassen (tw. Rinder, Wildtiere): nicht führen, sondern in den Hänger laufen lassen bzw. treiben, ev. sedieren (notfalls mit Blasrohr). Im Prinzip hat das Pferd ja nichts mehr zu verlieren (falls er so ausrastet, daß er sich die Haxen bricht).

Falls er noch >verwendbar< (Zucht, Reiten) ist, kann wohl niemand vorhersagen, wie er sich in normaler Umgebung verhält. Kann man ja eine zeitlang über den Zaun beobachten/Kontakt aufnehmen und dann entscheiden, wie es weiter geht bzw. ob man ihn doch ins Jenseits schickt.
Möglicherweise löst sich die Aggression bei einigermaßen artgerechter Haltung so ziemlich komplett auf (möglicherweise auch nicht).

Viele Grüße

Carola
le_bai
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Beitrag von le_bai »

eine bekannte von mir hat sich einem sehr ähnlichem fall gewidmet - der herr war auch schon an die 20.

heute lebt er immer noch bei ihr - ein schöneres und edleres pferd habe ich nie gesehen.
die schlechte behandlung und verwahrlosung hat spuren hinterlassen. seine wahre qualität hat er neben den wenigen fohlen, die er geschenkt" hat, auch mit seinem wunderbaren edlen chrarakter bewiesen. heute ist er zumindest für frauen umgänglich und rührt mich mit seinem wesen immer wieder.

er wurde übrigens lange in einem nahezu zugemauerten stall zusammengebunden mit einem anderen hengst gehalten und hatte zum zeitpunkt der entdeckung durch meine bekannte einen tief eingewachsenen halsriemen, den sie dann mit wattejacke begleidet und rundum geschützt/gepolstert erst einmal entfernt hat.
sie hat den hänger direkt an den "stalleingang" gefahren und hat den tobenden hengst direkt dort hinein gelotst.

heute schüttelt sie den kopf darüber - aber dieses pferd steht ihr nahe wie sonst keins.

du musst es selbst wissen - du hast viel zu verlieren - und man sollte jederzeit offen sein für ein ende. aber wer weiß schon, was in dem pfed steckt - auch charakterlich??
der hengst meiner bekannten lebt mittlerweile 26 jährig immer noch bei ihr - und wird geliebt :D
es war wahrer mut - aber hat sich mehr als gelohnt!
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