Erst mal nur gerade oder gleich biegen?

Rund um die klassische Reitkunst

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JEF
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Erst mal nur gerade oder gleich biegen?

Beitrag von JEF »

Hallo Leute!

Nach der heutigen Test-Unterrichtstunde bei einem Westerntrainer bin ich etwas aus der Bahn geworfen worden. Mein Pferd ist jetz 3 alt und soll schön langsam ein Grundverständnis vom gerittenwerden bekommen.
Ins Gelände lasse ich mich schon etwas tragen, das macht er auch echt nett und ist ganz brav. Nun sind wir auf der Suche nach DEM Reitlehrer, der uns begleitet...

Meine Frage:

Trainer 1 (Westerntrainer) will, dass das Pferd erst mal geradeaus läuft und sich die Schulter zwischen den Zügeln verschieben lässt, die Hinterhand kommt dann automatisch mit, Stellung und Biegung interessieren erst mal überhaupt nicht.

Trainerin 2 (Branderup-Schülerin, Wappenträgerin) biegt und stellt das Pferd von vornherein, erst an der Hand, dann im Sattel, um die Hinterhand gleich unter den Schwerpunkt treten zu lassen.

WAS ist denn nun "richtig"? Oder besser? Oder sinnvoller? Bevor ich mich für einen der beiden entscheide hätte ich gern ein Paar Denkanstösse, bevor ich nen Weg einschlage, hinter dem ich dann nicht mehr stehen kann...

Danke Euch!
Liebe Grüße

Jasmin
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Ganz ehrlich: ich würde mich für den Lehrer entscheiden, der die größere Erfahrung im Anreiten und Ausbilden junger Pferde hat. Und zwar wirklich vom ersten Anreiten an. Jemand, der hier keine Erfahrung hat, sondern bisher nur mit älteren Pferden gearbeitet hat, kann Fehler begehen, die Dich unter Umständen jahrelang begleiten können! Mir wäre darüber hinaus wichtig zu sehen, wie die Lehrer generell mit Pferden arbeiten (und natürlich ganz speziell mit ganz jungen), da gibt es himmelweite Unterschiede. Ich kenne sehr viele Reitlehrer, die Pferde sehr schön, harmonisch, ruhig und schonend anreiten, leider aber auch welche, deren Stil mich überhaupt nicht überzeugt. Und natürlich ist mir auch wichtig, Pferde eines Lehrers in verschiedenen Ausbildungsstufen zu sehen.

Außerdem solltest Du Dich dringend entscheiden, in welchem Stil Du reiten möchtest (Deine beiden Alternativen sind schon etwas sehr unterschiedlich :wink:).
Viele Grüße
Sabine
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JEF
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Beitrag von JEF »

Ich hatte bei Trainerin 2 selber noch keine Stunde, hab ihr eben nur zugesehen und ging inhaltlich eigentlich total mit ihr konform.

Mein "Reitweisenproblem" ist eigentlich was ziemlich spezielles. Ich hab nen Paint, und eigentlich war ja auch Western angedacht, allerdings nicht das, was man in den meisten Ställen findet, sondern alkalifornisch, und da besteht kein großartiger Unterschied mehr zur "Klassik" was die Gymnastizierung betrifft. Das Pferd wird dabei auch mit hoher Aufrichtung geritten und nicht mit der Nase im Sand. Allerdings ist es nahezu ein Unding einen richtigen Trainer der das unterrichtet zu finden, deswegen greifen viele "von uns" auf Klassiker zurück. Und einhändig auf Kandare ist ja auch das Endziel von Branderup...

Prinzipipell sehe ich es auch wie du, und deswegen schau ich mir ja auch unterschiedliche Leute an, mich hat heute eben nur dieser himmelhohe Unterschied stutzig gemacht.
Liebe Grüße

Jasmin
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Rosana
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Beitrag von Rosana »

Heißt denn "Schulter zwischen den Zügeln verschieben" dass das Pferd dadurch ins Gleichgewicht gebracht wird, also z.B. versucht wird, das Gewicht von der Schulter wegzubringen, auf die das Pferd von Natur aus fällt und die Schulter unter Kontrolle zu bekommen?
Oder heißt es einfach nur, die Schulter in die Richtung zu verschieben, in die man reiten will? Im letzteren Fall würde ich von der Westerntrainerin abraten, denn das passt dann nicht zu der von dir angestrebten Reitweise. Ich bin mal auf einem auf diese Weise western geritten Pferd geritten und das "fiel" immer regelrecht über die Schulter in die Kurve, ganz fürchterliches Gefühl...
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Pferdialog.de
JEF
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Beitrag von JEF »

Ich sollte ihn mit Fahrradlenkermanie in die Richtung "schubsen" , in die ich will. Also mit Ziel, dass das Pferd sozusagen seiner Schulter nachläuft.
Liebe Grüße

Jasmin
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Wie lange ist Dein Pferd denn schon unter dem Sattel?
Viele Grüße
Sabine
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JEF
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Beitrag von JEF »

Ein paar Mal jetzt. Er kennt halt das Gewicht und lenken.
Liebe Grüße

Jasmin
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Mein Pferd ist jetz 3 alt

WAS ist denn nun "richtig"? Oder besser? Oder sinnvoller?
Ganz ehrlich? Warten bis es vier ist! Bis dahin vielleicht etwas Handarbeit, longieren, spazieren gehen.

Für mich wäre keine der beiden genannten Trainer eine Variante. Ich würde mir dir Arbeit mit anderen Schülern mal anschauen. Auch wenn die Infos kurz sind, wäre mir das bei einem jungen Pferd schon etwas viel "Manipulation".
Liebe Grüße, Sabine

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Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Ganz ehrlich, und ich hoffe, Du nimmst mir das nicht übel: ein paar Mal erst geritten? Und schon funktioniert die Lenkung? Im Leben nicht!
Du wirst froh sein, wenn es in der Bahn so gerade mal so um die Kurve kommt :wink:

Ganze Bahn, Ecken abflachen, Handwechsel durch die ganze Bahn - das sind Herausforderungen genug. Dabei schauen, dass das Pferd locker und ungezwungen geht und im Tempo nicht schwankt. Das ist Aufgabe genug für die nächsten Wochen. Jetzt schon an Stellung und Biegung zu denken ist völlig illusorisch. Das kommt später, wenn die Lenkung (und die Bremse) funktioniert, eine erste Anlehnung da ist (die Sache mit dem äußeren Zügel muss auch erst mal kapiert werden, und das dauert!) und das Pferd langsam seinen Takt findet.

Es ist ein Unterschied, ein Pferd anzureiten oder ein Pferd weiter auszubilden, das schon längere Zeit unter dem Sattel war. Damit muss ein Lehrer sich auskennen, der Dich unterstützen soll! Du kannst nach 1 Jahr noch immer den Lehrer wechseln, wenn Dir ein anderer Stil mehr behagt.

Und wenn Du unbedingt jetzt schon anfangen möchtest und nicht noch bis zum Herbst warten möchtest: bitte sei extrem vorsichtig. Dein Pferd ist noch sehr jung.
Viele Grüße
Sabine
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Hi :wink:

Wenn Trainer 2 C.W. ist, würde ich auf jeden Fall zuraten.
Da kann eigentlich nichts falsch laufen und ich denke sie wird das Pferd auch auf keinen Fall überfordern!
Würde aufgrund der Beschreibung auch auf jeden Fall eher meiner persönlichen Vorstellung entsprechen, denn das Pferd in eine Richtung "schubsen", damit er seiner Schulter nachläuft... er soll doch von dem Gewicht vorne wegkommen (mal ganz platt ausgedrückt), da bringt man ihm das doch lieber von Anfang an richtig bei, WIE er seine Balance finden kann.

Allerdings denke ich auch, daß man bei einem 3jährigen noch viel Zeit hat - vielleicht das ganze noch wenigstens bis zum Herbst schieben? Dann Grundlagenarbeit, nächsten Sommer nochmal Auszeit und dann auf ins "Arbeits"leben?
Es grüsst ottilie
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Jen
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Beitrag von Jen »

hi

ich muss mich den anderen anschliessen und würde das ganze sehr langsam angehen. alle Paints, die ich bisher kennengelernt habe, waren mit 3 wirklich totale babies und unfertig.

einfach so ab dieser Beschreibung der Trainer kann dir niemand einen guten Rat geben, denn in der Wahl seines Ausbilders spielt noch viel mehr mit. Ich denke, es wäre von vorteil, wenn du dir die Zeit nimmst, die in Frage kommenden Ausbilder ein bisschen begleitest und dich über ihre Reitweise eingehender informierst (es sind ja doch zwei komplett unterschiedliche Reitweisen und Philosophien) und dann auch schaust, mit welchem die Chemie besser ist. Ausbildung ist Vertrauenssache. Lieber vorher ein paar Monate mehr Zeit nehmen und ein bisschen Fahrerei investieren, als später enttäuscht mit einem verrittenen Pferd wieder von minus 100 anfangen.

Wenn die Ausbilderin der akademischen Reitweise gut ist und Erfahrung mitbringt, dann finde ich das grundsätzlich einen guten Weg, um anzufangen. Denn da wird am Anfang ausführlich am Boden gearbeitet und das Pferd immer in kleinen Schritten vorbereitet. Die Pferde sind oft sehr motiviert dabei und lernen mitzudenken und mitzuarbeiten. Die Gefahr aber ist, dass man bereits bewegliche Pferde auch fast überbeweglich machen kann und da das gerade-geradegerichtet (im gegensatz zum gebogen-geradegerichtet) manchmal etwas zu sehr ins Abseits und vergessen geht. Die Gefahr, beim zu frühen, zu starken biegen ist, dass die Pferde vorlastig bleiben und über die Schulter fallen (beim Paint durch sein Exterieur mit tiefem Halsansatz sowieso schon eine Tendenz dazu). Das bedingt ein wachsames und erfahrenes Auge der Ausbilderin.

Alles Gute bei eurem weiteren Weg
Liebe Grüesslis, Jen
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JEF
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Beitrag von JEF »

Danke für eure Kommentare.

Als erstes mal:
Ich gehöre nicht zu der Fraktion, die der Meinung ist, dass ein Pferd bis zum 4. Lebensjahr auf die Koppel gehört und bis dahin mehr oder weniger verwildern kann, und das werde ich auch mit meinem nicht machen. Überfordert ist er bestimmt nicht - und wenn ich andere in seinem Alter anschaue, ja, DA kann einem wirklich schlecht werden. Ich achte schon drauf, dass da nix passiert, so ganz unerfahren bin ich nun auch nicht :wink:

Meine grundsätzliche Frage war einfach nur, ob es sinnvoller ist, das Pferd erst mal nur geradeaus laufen zu lassen, oder ob man gleich mit biegen beginnen soll.

@ottilie

Nein, es ist nicht C.W., soweit ich weiß, ist sie auch nicht mehr wirklich aktive Ritterin sondern schmückt sich wohl nur noch mit dem Titel, unterrichtet aber mittlerweile in nem anderen Stil.

Der Zwerg steht sowieso im Offenstall, also Bewegung rund um die Uhr und ich hol ihn da vielleicht 2 Mal die Woche raus um etwas Bodenarbeit zu machen oder mal im Schritt ins Gelände zu gehen. Ich glaube, das packt er.

@Jen

Danke, so ungefähr war auch mein Gedanke. Das Pony ist wirklich sehr beweglich, und ich habe da durchaus Bedenken, dass er hyperbeweglich wird und sich dabei wie ne Schlange unterm Reiter windet. Aber das sind ja Bedenken, die man problemlos dann besprechen kann und die man eben immer im Auge haben sollte, wie du ja auch schon erwähnt hast.
Liebe Grüße

Jasmin
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Jen
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Beitrag von Jen »

JEF hat geschrieben: Meine grundsätzliche Frage war einfach nur, ob es sinnvoller ist, das Pferd erst mal nur geradeaus laufen zu lassen, oder ob man gleich mit biegen beginnen soll.
Das kann man doch so nicht pauschal beantworten! Ein seriöser Ausbilder wird das Pferd als Individuum anschauen, bei dem einen bisschen mehr, dem anderen bisschen weniger. Und es gilt immer situationsangepasst handeln zu können. Es gibt kein Schema x, was man so drüberstülpen kann. Es kommt halt immer drauf an... ;)
Liebe Grüesslis, Jen
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Beitrag von Bebe »

Also ich würde sagen besonders am Anfang nur Grade aus und schön locker in Dehnungshaltung. und dann nach und nach damit anfangen. Viele müssen sich ausbalancieren und den fällt es schwer, zu schnelle Wendung zu gehen.
Gradeaus mit lockerem Genick.
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Firli
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Beitrag von Firli »

Es gibt ja wirklich unterschiedliche Ansätze, wie mit der Arbeit begonnen wird.

Bei meinem Jungpferd ist mir die "Schule" nicht wichtig. Aber sehr wichtig ist mir, dass ich eine Reitlehrerin habe, die wirklich regelmässig Pferde von Null an anreitet - das ist wirklich etwas anderes, als bereits gerittene Pferde zu reiten, egal ob die Ausbildung gut oder schlecht war. Dann ist mir sehr wichtig, dass es eine ruhige, gelassene Person ist mit genügend Weitblick und Übersicht - mir fehlt die Erfahrung, um zu wissen, wo es sich um grundlegende Details handelt, und welche später immer noch gepflegt werden können. Dann hat mich natürlich interessiert, wie sie ihre Pferde reitet, und zwar solche mit sehr verschiedenem Ausbildungsstand. Und noch viel mehr interessiert hat mich, wie sich ihre Pferde anfühlen - kann ich mir vorstellen, dass mein Jungpferden ähnlich zu reiten sein wird (naja, klar, individuelle Unterschiede sind da gross, aber die Richtung zeigt's ja schon). Und ja, die Person sollte so nah sein und soviel Zeit haben, dass auch intensiverer Unterricht möglich ist.

So habe ich mich letztlich für eine klassisch deutsch orientierte Reitlehrerin entschieden, auch wenn mich damals die französische Schule oder die akademische Richtung mehr interessiert hat. Nach einem knappen Jahr bei ihr denke ich, dass die Entscheidung gut war, auch wenn ich mir andere Wege vorstellen könnte. Aber letztlich ist die Verpackung nicht so wichtig wie die Ausgestaltung des Unterrichts, das Zusammenspiel von Reitlehrer, Schülerin und Pferd und die Fähigkeit der Reitlehrerin, die richtigen Dinge zur richtigen Zeit zu tun, respektive dazu anzuleiten.
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