Anlehnung gebisslos ?

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skywalker

Anlehnung gebisslos ?

Beitrag von skywalker »

Ok, ich versuch die Beiträge hier herein zu kopieren. Finde es interessant...
skywalker hat geschrieben:Anlehnung ohne Gebiss wäre u.U. einen eigenen Threead wert (bin nicht sicher, ob wir sowas nicht schonmal hatten).

ich weiß, dass grundsätzlich verneint wird, dass es geht, bzw. dass man es nicht tun soll. Die Argumente dafür weiß ich aber schon nicht mehr. Bei manchen Zäumungen ist es klar, dass es kaum gehen kann, aber grade beim Glücksrad wüsste ich nicht, warum ich nicht mit leichter Anlehnung reiten könnte - allerdings empfiehlt ja sogar die Erfinderin, es eben nicht mit steter Anlehnung zu gebrauchen. Warum erschließt sich mir nicht ganz, daher probier ichs eben jetzt mal einfach (besitze das Ding erst seit 2 Wochen, und da mein Pferd keine Anlehnung kennt, kann also noch nicht viel sagen). Schärfer als Metallstück auf Knochen (Lade) oder Maulwinkel kann ja wohl der weiche Lederriemen auf nasenrücken auch nicht sein - wobei ich es auch ohne jegliche Hebelwirkung verwende vorerst - das geht ja.

Was natürlich gebisslos niemals geht ist ein Abkauen (und Unterkiefer-Lockern) auszulösen - obwohl ... theoretisch müsste man sogar das auch ankonditionieren können.
horsmän hat geschrieben:@rapunzel
ok. Halten wir also fest:
Wenn kein Gebiss im Maul ist, kann man logischerweise auch nicht ein Pferd an das Gebiss heran reiten / heran treten lassen. Wenn, wie Du sagst, man dennoch nach den üblichen Methoden weiter ausbilden kann, ist ergo das "Herantreten ans Gebiss" also gar nicht erforderlich. Dann frag ich mich, warum hier ständig drauf rum geritten wird, ein Pferd müsse ja erst mal richtig "ans Gebiss heran treten" damit man weiter i.S. der Ausbildungsskala forfahren könne. Irgend etwas passt doch da jetzt nicht zusammen in dieser "Logig".
Rapunzel hat geschrieben:Logik, bitte.

Kann es wirklich wahr sein, dass du so wenig aus deinen Denkstrukturen rauskannst? Das Pferd kann an eine gebisslos Zäumung auch herantreten. Das ist auch eine Anlehnung, wenn auch nicht exakt dieselbe wie mit Gebiss. Als Notlösung, Übergangsmaßnahme oder sonstwas kann man das durchaus mal machen.
horsmän hat geschrieben:also wer hier aus seinen Denkstrukturen heraus fällt, lass ich mal dahin gestellt. Ich halte dann mal fest, dass es deiner Meinung also auch eine Form von Anlehnung (du nennst es Notlösung/Übergangsmassnahme) geben kann, ohne dass das Pferd ans Gebiss tritt und ohne dass es sich da abstösst.

Sehr interessant, weil damit ja auch das Argument entfällt, dass die Legerete nicht klappen könnte, weil ja das Pferd nicht ans Gebiss heran tritt.
Und freundlich bleiben bitte. ;-)

Also nochmal: Ich kenne die generelle Aussage (eigentlich quer durch alle Lager): Ohne Gebiss ist keine Anlehnung möglich.
Ich selbst verstehe nicht wirklich, wo nun der Unterschied ist ob ein Pferd sich an ein Gebiss anlehnt oder an einen Nasenriemen.

Anatomische Erklärungen?
horsman
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Beitrag von horsman »

Ich schreib dann mal, dass man durchaus auch ein Pferd ohne Gebiss reiten kann, in dem Sinne, dass man überall dahin lenken kann wohin man möchte und in jede Gangart bekommen kann die man möchte und auch wieder zurück kommt zum Schritt und anhalten wie man möchte. Und auch muss ein so gerittenes Pferd nicht zwangsweise Schaden nehmen.

Insofern gibt es sicherlich auch ein brauchbares Reiten ohne Gebiss.

Inweiweit jetzt aber Reiten in Versammlung völlig ohne Gebiss erarbeitet werden kann ... eine durchaus interessante Frage, die sich mir pers. aber noch nicht gestellt hat. Generell würd ich sagen, ja auch das wird gehen. Dazu fehlt mir aber jedwede Erfahrung.
Zuletzt geändert von horsman am Do, 11. Aug 2011 12:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

@Skywalker. Der Unterschied liegt für mich schlicht darin, dass sich ein Pferd vom Gebiss abstoßen kann, von einem Nasenriemen nicht. Und nur dann, wenn es sich abstoßen kann, wird die Anlehnung auch so, wie man sich das wünscht. Deshalb wäre auch für mich gebissloses Reiten bei einer dressurmäßigen Ausbildung allerhöchstens eine Übergangslösung und keine, die mir persönlich zusagen würde.
Dazu kommt: Man sollte die Starrheit der Verbindung Nasenbein-Nasenriemen echt nicht unterschätzen. Ich stelle es mir schon extrem schwer vor, gebisslos ein korrektes Nachgeben zu erreichen…
@Horsmän: ich finde es jetzt aber schon hoch spannend, dass Du schreibst, dass die Pferde in der Legerete NICHT an die Hand herantreten. Bis dahin dachte ich immer, sie würden das durchaus tun :wink:
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Beitrag von horsman »

[quote="Cubano @Horsmän: ich finde es jetzt aber schon hoch spannend, dass Du schreibst, dass die Pferde in der Legerete NICHT an die Hand herantreten. Bis dahin dachte ich immer, sie würden das durchaus tun :wink:[/quote]

In meinem Verständnis davon tun sie das ja auch. Nur von den Gegner kam ja immer dieses Totschlagargument sie würden es nicht tun, und deshalb gäb es kein "korrektes" Reiten.
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Jolly
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Beitrag von Jolly »

wahrscheinlich eine sehr laienhafte Erklärung, aber ich stelle sie mal zur Diskussion:
Das Gebiss trägt das Pferd auf Zunge und Lade, einen lockeren Unterkiefer vorausgesetzt, kommuniziert die Reiterhand also mit dem Unterkiefer und somit über die damit verbundenen Muskelketten.
Eine gebisslose Zäumung wirkt auf den Nasenrücken, d.h. die Kommunikation erfolgt hierüber. Gibt das Pferd nach, dann muss es dies im Genick tun, nicht im Kiefer, was eine deutlich andere Wirkung hat.
Ein Pferd, dass am Gebiss geschult ist, zeigt häufig auch mit gebissloser Zäumung die richtige Reaktion, aber eine Schulung nur über den Nasenrücken halte ich für deutlich schwieriger, als über ein Gebiss ...
skywalker

Beitrag von skywalker »

Cubano hat geschrieben:@Skywalker. Der Unterschied liegt für mich schlicht darin, dass sich ein Pferd vom Gebiss abstoßen kann, von einem Nasenriemen nicht. Und nur dann, wenn es sich abstoßen kann, wird die Anlehnung auch so, wie man sich das wünscht. Deshalb wäre auch für mich gebissloses Reiten bei einer dressurmäßigen Ausbildung allerhöchstens eine Übergangslösung und keine, die mir persönlich zusagen würde.
Dazu kommt: Man sollte die Starrheit der Verbindung Nasenbein-Nasenriemen echt nicht unterschätzen. Ich stelle es mir schon extrem schwer vor, gebisslos ein korrektes Nachgeben zu erreichen…
Ok.. also ich halte fest:
1. Unterschied: Abstoßen.
So, hier kann ich gleich mal (wenn ich schon dabei bin mich generell in allen Threads als nichtwissend zu blamieren ;-) beichten, dass ich mir unter "abstoßen" nichts richtiges vorstellen kann. Was genau passiert anatomisch?

Was meinst du mit Starrheit? Dass der Nasenriemen quasi "nie weggeht", also daadurch, dass er festgeschnallt ist, auch bei Nachgeben der Hand noch immer Druck ausübt? Meinst du korrektes Nachgeben durch die Hand oder Nachgeben durchs Pferd?
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Beitrag von Jolly »

ich habe das Bild vor Augen, dass sich das Pferdegenick nach vorne über die Maulspalte schiebt... zumindest beim "ans Gebiss heran dehnen"
ist damit das gleiche gemeint, wie am Gebiss abstossen :kopfkratz:
horsman
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Beitrag von horsman »

Jolly hat geschrieben:wahrscheinlich eine sehr laienhafte Erklärung, aber ich stelle sie mal zur Diskussion:
Das Gebiss trägt das Pferd auf Zunge und Lade, einen lockeren Unterkiefer vorausgesetzt, kommuniziert die Reiterhand also mit dem Unterkiefer und somit über die damit verbundenen Muskelketten.
Eine gebisslose Zäumung wirkt auf den Nasenrücken, d.h. die Kommunikation erfolgt hierüber. Gibt das Pferd nach, dann muss es dies im Genick tun, nicht im Kiefer, was eine deutlich andere Wirkung hat.
Ein Pferd, dass am Gebiss geschult ist, zeigt häufig auch mit gebissloser Zäumung die richtige Reaktion, aber eine Schulung nur über den Nasenrücken halte ich für deutlich schwieriger, als über ein Gebiss ...
Jo, ganz genau so denke ich auch.
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skywalker

Beitrag von skywalker »

Ok. Unterschied No. 2:
Unterkiefer.

Aber was genau will man vom Unterkiefer: Dass es locker ist (durch Kauen)? Und sich dadurch die damit zusammenhängenden Muskeln lockern (welche?). Aber ein lockeres Unterkiefer wird ja wohl auch ohen GEbiss im Maul möglich sein, oder nicht? (Ist nur ne Frage, ich weiß es nicht).
horsman
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Beitrag von horsman »

[quote="skywalker
Ok.. also ich halte fest:
1. Unterschied: Abstoßen.
So, hier kann ich gleich mal (wenn ich schon dabei bin mich generell in allen Threads als nichtwissend zu blamieren ;-) beichten, dass ich mir unter "abstoßen" nichts richtiges vorstellen kann. Was genau passiert anatomisch?

[/quote]

Damit blamierst Du Dich sicher nicht, denn dieser Punkt ist ja derzeit heiß umstritten, weil mE nach genau dies derzeit oftmals falsch verstanden wird.

ME bedeutet "Abstossen Gebiss", dass das Pferd vom Gebiss (wieder) loskommt (hierzu gibt es übrigens auch eine Fundstelle im Steinbrecht, woraus dieser Begriffszusammehang abzuleiten ist). Dies passiert mE genau dann, wenn es im U-Kiefer nachgibt und somit der Gebissdruck, der zuvor da war, für den Moment (annähernd) zu Null wird. "Herantreten" mEm besser "herandehnen" und wieder loskommen (duch Abstossen = nachgeben im U-Kiefer) ist dann im besten Fall, ein sich ständig wiederholender kleiner Prozess => ein aktives weiches lebendiges Maul.

(Übrigens sehe nicht bloss Ich "Spinner" das so. Ich hätte da einen sehr interessanten Text von Miguel Tavora (Australischer GP-Ausbilder), find aber den link dazu nicht mehr im www)

Ein loslassen im U-Kiefer (schau mal wo das U-Kiefer-gelenk sitzt) bringt ziemlich direkt auch ein loslassen im Genick mit sich, wodurch das Pferd überhaupt erst in Beizäumung und Durchlässigkeit gebracht werden kann.
Dann gäb es da noch den (hier umstrittenen aber möglicherweise doch existieren Zusammenhang) zw. U-Kiefer-Nachgiebigkeit und Abkippen des Beckens, so wie die baucheristen ihn sehen (und nutzen). Aber bitte: bekanntermasse ist das umstritten.
Zuletzt geändert von horsman am Do, 11. Aug 2011 13:08, insgesamt 3-mal geändert.
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Beitrag von Jolly »

beiß mal die Zähne aufeinander, dann merkst Du, dass das auch einen Einfluss auf die Muskulatur an deinem Hals hat. Leg dann mal eine Fingerspitze auf deinen Nasenrücken und versuch mal durch schütteln die zusammengebissenen Zähne zu lockern ... das ist deutlich schwieriger, als wenn Du die Fingerspitze ans Kinn oder auf die Zunge legst.
Dann versuch auch mal, mit zusammengebissenen Zähnen deine Hände und Arme locker zu bewegen ... funktioniert auch nicht so gut, wie mit locker gelassenem Kiefer ... daher ist der nachgiebige Unterkiefer nicht nur beim Pferd total wichtig :wink:
Daher auch mein Hinweis, dass ein "Zähne zusammen beißen" durchaus auch schon deutliche Auswirkungen auf den Kopf-Arm-Muskel, also den Unterhals hat.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Das erklärt doch mehr als tausend Worte:

http://www.youtube.com/watch?v=A5XUq56P_I0


Das ist ein klassisch-FN ausgebildetes Pferd, das auch gebisslos "funktioniert" (aber eben "nur mal so") und das definitiv in Anlehnung geritten wird (und übrigens auch kaut).
horsman
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Beitrag von horsman »

@Rapunzel
vermutlich ist das das Uta Gräf-Video, was sehr schön ist. Aber dies Pferd ist nicht niemals mit Gebiss ausgebildet worden, sondern umgekehrt, erst mit Gebiss ausgebildet und nun hier (einmal?) gebisslos geritten. Das wäre eine andere Lage der Dinge.
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Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Nein, wieso? Ich denke, es ging um die Frage, ob ein Pferd gebisslos in Anlehnung gehen kann. Ja, das kann es. Wie es ausgebildet wird/wurde, ist eine andere Frage.
Gast

Beitrag von Gast »

Bevor da was durcheinander kommt ..

Es ist, was Anlehnung, Durchlässigkeit und "Abstossen" angeht, völlig unerheblich, ob ich das Pferd mit Gebissstück oder ohne reite, denn:
horsmän hat geschrieben:Wenn kein Gebiss im Maul ist, kann man logischerweise auch nicht ein Pferd an das Gebiss heran reiten / heran treten lassen. Wenn, wie Du sagst, man dennoch nach den üblichen Methoden weiter ausbilden kann, ist ergo das "Herantreten ans Gebiss" also gar nicht erforderlich. Dann frag ich mich, warum hier ständig drauf rum geritten wird, ein Pferd müsse ja erst mal richtig "ans Gebiss heran treten" damit man weiter i.S. der Ausbildungsskala forfahren könne. Irgend etwas passt doch da jetzt nicht zusammen in dieser "Logig".
.. das Pferd stösst sich ja nicht am Gebissstück ab, sondern an der Hand, genauer, der einwirkenden Kombination aus Sitz und Hand. Über den Sitz (resp. die treibende Einwirkung im Allgemeinen) wird das Pferd zum aktiven Vortreten und somit an die Hand gebracht. So diese denn da ist. Die Hand fängt das auf - "behält" die Energie quasi im Pferd - und leitet es wieder zur HH.
Warum das gebisslos nicht funktionieren soll? Keiner weiß es :)

Und ja, es IST so einfach :)


Edit: Völlig vergessen .. für die Statistiker: 2 Pferde von roh nach L-fertig. Und ich meine RICHTIG L-fertig :) - Gebisslos. Der eine hatte nur die Hälfte der Frontzähne und einen deformierten Unterkiefer und dem anderen fehlte ab dem 2. Lebensjahr ein Stück der Zunge.
Zuletzt geändert von Gast am Do, 11. Aug 2011 13:23, insgesamt 1-mal geändert.
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