Leicht in der Hand - aber wie?

Rund um die klassische Reitkunst

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Lulu
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Beitrag von Lulu »

@ Pepe und moreno: Schön geschrieben, danke!

Ich arbeite auch täglich daran, insbesondere bei unseren und meinem Dienstpferd(en)! Denn diese sind nicht wirklich leicht in der Hand!

Bei meinem bin ich schon auf einem ganz guten Weg, der erforderte aber vor allem viel Ruhe und Geduld, denn was jahrelang (!) an ihm verm.... wurde, konnte ich nicht von heute auf morgen umstellen! Nach nun fast 1,5 Jahren zeigt sich der Erfolg einer konsequenten und kontinuierlichen Arbeit. Es ist mit Sicherheit noch nicht perfekt, aber "Lutz" ist mit seinen 18 Jahren ein ausgebufftes Schlitzohr, bei dem auch vieles verkehrt gelaufen ist. Und ich habe täglich 4-5 Stunden Zeit mit ihm zu arbeiten, so lange sind wir gemeinsam auf Streife unterwegs!

Also Geduld beweisen und seinen Plan konsequent durchziehen!

Lulu
LG Lulu

Achtung, in Deckung Monstergetier mit Struwelkopf in Sicht!

Da gibt´s Bilder!
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Ich unterstütze gern, was pepe und moreno schreiben!

Trotzdem stellt sich (mir???) die Frage: Wie mach ich das mit einem Pferd, welches sich hartnäckig weigert??? Ich stell die (eine) Hand hin, warte ab, jedes noch so klitzekleine bisschen wird belohnt, immer wieder und immer wieder und immer wieder... Natürlich dauert das (vor allem, wenn das Pferd vorher AUF die Hand geritten wurde), aber was macht Ihr, wenn das Pferd sich von sich aus und ohne jede gesundheitliche Einschränkung beim Reiten an der Hand immer wieder mal verweigert... dabei noch Tempo macht... oder dabei versucht, hinzugehen, wo es soll... und das, obwohl es von unten gut gearbeitet ist (also Dominanztechnisch) und einfach schnellstens gemerkt hat, wenn die drauf sitzt, hat sie gar nicht mehr soooo viel Einfluß...

Manchmal bin ich da echt überfordert... Geht Euch das auch so??? Kennen auch Sie das, moreno, mit ihrer doch viel längeren Erfahrung???
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pepe
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Beitrag von pepe »

*raeusper* Dominanz von "unten" hat nichts mit Dominanz von"oben" zu tun. Umgekehrt siehst du es jeden Tag: diese ganzen Pferde die unerzogen sind beim Fuehren, dich anrempeln, die Ohren anlegen...aber unterm Sattel rittig und leidensbereit...(ich denke hier an bestimmte Pferde und Reiter...). Wenn dich das jemand fragen wuerde, wie wuerdest du ihm antworten? Sei konsequent in deiner Reiterei, emotionslos in der Strafe und lobe viel. Oder?
Und dann noch was: veraendere die Position der Hand. Fuehr doch mal RICHTIG breit...oder RICHTIG hoch...raus aus der Schablone. Nur sei dir dessen bewusst das reine "Hand"-Arbeit gefaehrlich ist, das Pferd von vorn nach hinten geritten wird und das das Loslassen viiiel schwieriger wird weil du dich ans rumwerkeln gewoehnen kannst. Mach es, aber so das du es nicht willst (Hmmm, macht das gerade Sinn?). :roll:
"Reiten Sie Ihr Pferd teuer!" -Richard Hinrichs
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pepe
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Beitrag von pepe »

Mir faellt da gerade noch was ein: Der Prinzi Auersperg (gelle, moreno?) hat immer gesagt man soll mit der Hand schmusen. Das wuerde ich noch weiter fuehren: die Zuegelhand ist im dauernden Dialog mit dem Maul. Das gemeinsame Schweigen erreicht man erst nach manchmal Jahren. Das ist dieses Gefuehl welches moreno beschreibt, auf einmal ist alles selbstverstaendlich, man braucht keine "Worte" um sich zu verstehen, die stille, ruhige und feine Hand ist ganz leise..unhoerbar fast. Und diese Masse Pferd fuehlt sich an wie elektrisiert unterm Reiter. Dann kommt Dankbarkeit auf *seufz*. Sehr schoene Momente die suechtig machen.
Also: anfaenglich ruhig laut werden mit der Hand: "Hoer mir zu! Sprich mit mir!" Das Kauen, also das Loesen des Unterkiefers steht vor dem Genick, das Genick vor dem Hals, der Hals vor dem schwingenden Ruecken und der aktiven Hinterhand. Von vorn nach hinten, ich weiss, ich weiss, aber machbar...Und immer wieder NACHGEBEN!!!
"Reiten Sie Ihr Pferd teuer!" -Richard Hinrichs
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Danke, pepe, das ist ja alles richtig und wenn ich denn so ein Pferd habe, bzw. reiten muss (was zum Glück schon selten genug ist...), gelte ich in den entsprechenden Ställen auch meist schon als abenteuerlich, weil ich mich nicht der "Händenorm" anpasse:
weil ich nicht nur will
- dass der Kopf da ist, wo er hingehört,
- die Hände unterschiedlich halte und versuche,dies an der Tagesform festzumachen und dem Pferd so die besten Möglichkeiten zu geben, zum Nachgeben zu kommen (und ich dann auch)
- weil ich immer wieder Zügel lang gehen lasse etc.

Ich verstehe sehr gut, was Du meinst (und auch das Andersrum ging mir durch den Kopf..), aber was, wenn ein Pferd im Kopf so dicht macht oder ist, wie es ja auch die Eingangsfrage ist, dass Du einfach nicht zum Nachgeben kommst... von sich aus unnachgiebig... und es hat gemerkt, mit nem Ruck krieg ich den Zügel, soviel Kraft hat die da oben gar nicht...
Es sind ja die wenigsten Pferde und die allermeisten arbeite ich von unten solange, bis das Maul nachgiebig wird, DAMIT es von oben für alle leichter wird...
Ich hatte mal eine Stute (Riesenwarmblut) zu reiten: schon beim Longieren: hattest Du sie fest in Anlehnung (mit der Longe), nahm sie den Kopf runter und hielt ihn da, stellte ihn nach links oder rechts wie gefragt. Mehr nicht, zog nicht, kaute einigermaßen, ging vorwärts, schnaubte ab. Warst Du fertig, war sie eben fertig... Nicht uninteressiert, aber ...
Beim Anreiten erst Lenken geübt, ging gut, dann Tempo eingestellt, ging auch gut, dann beides zusammen: ging auch, dann Kontakt zum Maul aufgenommen, um Halsgymnastik zu beginnen, vorbei... als wenn sie NIE was davon gehört hätte und sie empfand es als unglaublich... SOFORT dagegen, entweder konntest Du nur noch Lenken oder nur noch Tempo einstellen oder stehen und Abkauübungen machen,irgendwas in Kombination oder gar zurück zur Anfangsgrundlage... No Go...
Manchmal glaub ich, das ist reingezüchtet...
Ich glaube, das ist mir so hängengeblieben, dass ich fuchsfarbene WB-Stuten von vornherein ablehne...

Nun ja, wahrscheinlich ist es wirklich so, dass man diese Pferde einfach intensiver und konsequenter arbeiten muss als andere und sich nicht den kleinsten Fehler in der Nachgiebigkeit erlauben darf.

Danke, Stephanie
moreno
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Beitrag von moreno »

JJa pepe, das war Prinzi.

Aber er wollte auch, daß die Hand da ist, wenn das Pferd sie sucht, der von ihnen erwähnte Dialog.

Stephanie, wenn ein Pferd sich so gegen die Hand wehrt, ist es für meine Begriffe überhaupt nicht sinnvoll überhaupt loszureiten. Wenn das Pferd schon im Halten die Hand nicht annimmt, Bewegung hilft da nur auf dem Papier (Pferd mächtig von hinten in die Hand treiben). Wer's mag.

Übertragen auf Menschen: Wie soll ich mit einem Schüler eine Problem erklären, wenn er sich beide Ohren zuhält und mir nicht zuhören will?

Man hat dann 2 Möglichkeiten:

1. Schreien und eine Ohrfeige, daß dem Angesprochenen die Ohren wegfliegen oder

2. versuchen Neugierde zu wecken und dann das Thema so spannend zu gestalten, daß die Aufmerksamkeit sich aus der Thematik entwickelt.

Meine Pferde waren für 2. recht leicht zugänglich und mir ist die Methode sympathischer, weil ich mich dabei nicht anstrengen muß. was ja nun Geschmacksache ist.

Wenig überzeugend sind die Argumente über Bodenarbeit große Fortschritte zu erlangen. Sobald der Reiter aufsitzt, wird das Gleichgewicht des Systems so enorm gestört, daß das Reittier mit allem vorher an der Hand gelernten nicht mehr viel anfangen kann. Bodenarbeit ist prima, jedoch kein Allheilmittel.

"Reiten ist Gleichgewicht", das sagte der böse Baucher und er hatter recht. In der Ausbildungsskala kommt der Begriff nicht einmal vor.

Schöne Grüße,

Dörr
Reiten sie ihr Pferd glücklich. (N. Oliveira)
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Thesi
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Beitrag von Thesi »

Danke für die vielen Tips!
Ich finde das unglaublich schwierig :(
Die Stute war wirklich total schlecht geritten als ich sie gekauft habe und jetzt ist es eben so, dass sie oft ganz fein ist und super reagiert und ich kaum die Hand benutzen muss ... toll :D
Aber wenn ich dann aus irgendwelchen Gründen doch die Hand benutzen muss ist es immer wie ein "Spiel mit dem Feuer". Mal reagiert sie super und mal drückt sie einfach dagegen. Es ist aber nicht so, dass sie dann richtig heftig drückt und mir die Zügel aus der Hand zieht, sondern, wie hier jemand so schön geschrieben hat: sie hat dann ein "unkommunikatives Maul", also hält einfach gegen :(
Ich hab die letzten Tage jetzt einiges ausprobiert was hier auch vorgeschlagen wurde, bin aber nicht so zufrieden damit.
Denke da muss echt mal ein RL draufschauen. Das nächste Mal sehe ich aber leider erst Ende März einen RL...
Viele Grüße,
Therese
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Beitrag von Guppy »

zu wem fährst du denn?? :D
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Moreno, Sie haben recht, auch Handarbeit heilt nicht alles, aber wenn ich damit wenigstens schon mal ein Ohr gewinne, kann ich mir den Watschen sparen...

Mir ist auch die 2. Kategorie lieber...klar, aber was ist, wenn jemand in der 1. Reihe sitzen will und 2. Klasse ablehnt... arrogantes Pack aus der Warmblutküche...

Da ist so ein dickfellig-stures Pony doch deutlich angenehmer!!!
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Thesi
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Beitrag von Thesi »

@ Guppy
zu Andrea Jänisch :wink:
Viele Grüße,
Therese
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Francois
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Beitrag von Francois »

Stephanie, wenn ein Pferd sich so gegen die Hand wehrt, ist es für meine Begriffe überhaupt nicht sinnvoll überhaupt loszureiten. Wenn das Pferd schon im Halten die Hand nicht annimmt, Bewegung hilft da nur auf dem Papier (Pferd mächtig von hinten in die Hand treiben). Wer's mag.

Nicht nur Baucher sieht die vollkommene Nachgiebigkeit des Unterkiefers als einen der Meilensteine zur Légèretè. Jede feinere Reitlehre hat dieses Ziel fest integriert. Steinbrecht, de la Broue , Guérinière usw sind sich einig im Wunsch nach dem nachgiebigen Pferdemaul. Verankert ist dies sogar in Artikel 401 der FEI. Nur die Mittel zur Erreichung des Ziels sind etwas unterschiedlich. Bei den alten Meistern findet sich tatsächlich mehr als die von Ihnen immer wieder zitierte Alternative „Hinten treiben, vorne Halten“. Und das so etwas nicht nur auf dem Papier funktioniert, davon kann man sich jederzeit bei Institutionen, die sich der Pflege alter Reitlehren widmen, überzeugen, beispielsweise bei einem kleinen Ausflug an die Spanische Reitschule in Wien. Wer’s sehen will…

Viele Grüße

Francois :wink:
C'est dans la légèreté que repose l'équitation savante.
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Beitrag von knowi »

Thesi, kommst Du nach Freiburg zum Kurs?!
Jedes Werden in der Natur, im Menschen, in der Liebe muss abwarten, geduldig sein, bis seine Zeit zum Blühen kommt.
Dietrich Bonhoeffer
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Thesi
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Beitrag von Thesi »

@ Knowi
nein, ich mache ein Praktikum bei Andrea :mrgreen:
Viele Grüße,
Therese
knowi
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Beitrag von knowi »

Wow!!! :D Na dann mal viel Spaß! :D
Jedes Werden in der Natur, im Menschen, in der Liebe muss abwarten, geduldig sein, bis seine Zeit zum Blühen kommt.
Dietrich Bonhoeffer
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Beitrag von Thesi »

Danke! Ich freue mich schon tierisch! :lol:
Viele Grüße,
Therese
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