So langsam geht es los - wir wollen ihn irgendwann reiten.

Alles was ihr vom Boden aus mit Eurem Pferd machen könnt

Moderatoren: Julia, emproada

FNB
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Beitrag von FNB »

Huhu! Definition Langeweile: schon als Jungpferd merkte ich bei meinem, dass er sich eigene Dinge einfallen liess und unleidlich wurde, wenn er Langeweile hatte und das ist bis heute so! Immer kam er ganzjährig mit Kumpels auf die Weide, genügend Futter vorhanden und dennoch: wenn er von mir "im Kopf" nicht beschäftigt wird, wird er doof. Man merkt das beim Aufhalftern, beim Führen, beim Putzen, beim Ausbrechen aus Weiden etc (und nicht nur ich merke das, auch unsere SB empfängt mich mit den Worten: beschäftige ihn mal! Wenn ich ihn nur (!) auf die Weide lasse ein paar Tage und nicht mit ihm "arbeite"). :roll:

Die Arbeit definiert sich übrigens bei ihm überhaupt nicht über Art und Weise (also ob Ausritt, Longieren, Zirkus, Handarbeit, Dressur etc) sondern ausschließlich (!) dass etwas mit ihm gemacht wird und er Anerkennung und Lob bekommt (nicht, dass ich extra schon 2 RB hätte, damit er jeden Tag beschäftigt wird :oops: ).

LG
Sheitana
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Beitrag von Sheitana »

Ich denke, dass es Pferde gibt, die ein "Workaholic"-Gen haben bzw. bei denen es besonders ausgeprägt ist.
Wir haben so ein Pferd zuhause stehen. Schon mit nicht mal 2 Jahren fing sie an Zäune auseinander zu bauen, wenn sie ihrer Meinung nach nicht genug Beschäftigung bekam. Trotz 24h Weide/OS ganzjährig und durchaus auch mit Spielpartner.

Allerdings glaube ich, dass das weitaus weniger Pferde sind, als Mensch meint. Natürlich freuen sich viele Pferde, wenn man sich mit ihnen beschäftigt. Auch als Jungpferde. Ich denke aber nicht, dass ihnen langweilig ist, wenn wir es nicht tun und ich sehe es auch nicht als Freibrief dazu mit ihnen zu arbeiten weil ihnen "ja ach so langweilig ist und sie sich mit den Menschen beschäftigen wollen".
Denn ich würde es nicht als "ich will arbeiten" interpretieren, wenn ein Jungpferd auf der Weide zu mir kommt und meine Aufmerksamkeit fordert. Merkt man vor Allem daran, dass es ihnen meist reicht mal gekuschelt zu werden. Ich käme nicht auf die Idee deswegen mir das Pferd zu schnappen und schon "Arbeit" von ihm zu verlangen.
Denn mal ehrlich, ist es nicht natürlich, dass Jungpferde den Menschen toll finden, wenn er auf die Weide kommt? Er ist sonst nicht da, also ist das spannend und wenn er dann noch Leckerlie dabei hat wird er natürlich *bedrängt*. Aber mit Sicherheit nicht mit der Absicht "ich will Arbeiten".

Ich muss aber auch zugeben, ich bin da sehr kritisch und engstirnig.
Viel Platz, eine anständige Herde mit Spielkumpel und erwachsenen Tieren und 24h gutes Futter sind für mich Grundvoraussetzung für eine Jungpferdeaufzucht.
Ist das nicht gegeben sollte man sich überlegen, ob es nicht besser ist das Tier zur Aufzucht weg zu geben oder sich ein älteres Pferd anzuschaffen.
Seid mir nicht böse, aber ich denke einfach in der Jungpferdeaufzucht soll und darf es keine Kompromisse geben.
Ich bin da aber auch sicherlich geprägt davon, dass ich 2 Pferde zuhause habe, bei denen nicht viel Wert auf o.g. Dinge gelegt wurde.
Das eine Pferd ist jetzt nach vielen Jahren endlich gesund und fit, das Andere wird vermutlich sein Leben lang die Folgen tragen müssen.

Wenn es dann soweit ist mit den Pferden anzufangen würde ich den Schwerpunkt auf Bodenarbeit und Handpferdeausritte legen. Das Longieren würde ich der Gelenke wegen erst später anfangen.
Dann lieber notfalls etwas früher rauf und raus ins Gelände, geradeaus mit genügend Pausen wo Mensch zu Fuß geht.
LG
Sheitana
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Sascha
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Beitrag von Sascha »

Ich habe auf jeden Fall bisher mitgenommen, dass ich wirklich aufpassen sollte, dass ich die Gelenke auf der Kreislinie nicht strapaziere. Das reflektiert sich bei der Arbeit nun so, dass ich wirklich nur sehr kurz traben lasse und schon nach einer minimalen Erkenntnis des Pferdes die Übung beende.
Ich finde sowieso, dass der Übergang von der Bodenarbeit zum Longieren fließend ist. Eigentlich mache ich da nicht einmal wirklich einen Unterschied?
Schrecktraining habe ich, ehrlich gesagt, noch nie mit einem meiner Pferde gemacht, die sehen sowas in der Regel nur auf Sommerfesten, Rallyes oder anderen Spaßveranstaltungen. Ansonsten haben die genug "Schrecktraining" im Alltag. Das hängt aber sicher auch sehr von der Haltung und dem sonstigen Umgang ab, wie viel extra Schrecktraining da nötig ist. Ich sag immer, ich kann dem Pferd sowieso nicht alles zeigen, ich kann ihm nur zeigen, dass es vor nichts Angst haben braucht, wenn ich da bin. Das ist da so meine Philosophie.

Langeweile, hm, ich denke, es ist auch ein wenig eine Frage der Gewohnheit und wie sehr man sie in diese Richtung prägt. Grundsätzlich tun Pferde ja häufiger nichts und ich habe immer auch ein wenig die Weisheit im Hinterkopf, dass man Langeweile auch aushalten lernen muss. Das gilt für Kinder und auch für Hunde. Ich denke, es gilt auch für Pferde.
24 Std. Heu haben unsere auch nicht. Dann müsste ich meinen Tinker auch aus der Herde nehmen, der ist aber Big Boss und Erzieher Nr. 1 für die Jungs, wäre sicherlich also auch nicht sinnvoll. Die bekommen 4x am Tag Heu und wirken damit nicht unglücklich oder gelangweilt.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

@Sascha:
die Zusammenfassung finde ich sehr schlüssig und sehe das sehr ähnlich, speziell den Bezug zum "Fördern von Leistungsforderung" (bei Hunden kann ich da ein gruseliges Lied von singen, triebüberdrehte Objektsüchtige gibt es zuhaus, weil die ja so arbeitswillig sind :roll: )!


Was mir noch eingefallen ist zum Thema Belastung oder nicht wenn Pferde nicht ganz ausgewachsen sind:
ich habe aktuell ein paar Mal mit einer Traberstute gearbeitet, die in einem Rennstall steht. Grundtenor dort: die müssen laufen, die müssen Geld einlaufen, sonst laufen sie bald woanders. Aber selbst die gar nicht zimperlichen Trainer/Fahrer schauen ganz genau hin, wenn die ja allesamt aus unserer Sicht viel zu früh gearbeiteten Pferde auch nur einen Hauch Bewegungsveränderung zeigen oder nur vom Kopf her nicht "ziehen". Dann wird rigoros nur ruhig gefahren oder auch mal ausgesetzt mit dem Satz "erst wachsen lassen, dann weiter". Sie wollen ja möglichst viel "Nutzen" aus den Pferden ziehen, nehmen aber auch wochenlange Pausen mit natürlich Trainingsrückschritten bereitwillig in Kauf.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Neben der ganzen Schonung darf man aber auch nicht vergessen, dass sich Knochen, Sehnen etc. nur unter Belastung aufbauen und stärken. Zuwenig tun kann also genauso schädlich sein! Und zwar für den Rest des Lebens, weil das verpasste in jungen Jahren nicht mehr aufgeholt werden kann. Unsere begrenzten, oft flachen Weiden bieten hier nicht unbedingt genug Anreize. Deshalb ist Ausreiten oder als Handpferd ins Gelände auch so wichtig.
Liebe Grüesslis, Jen
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Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
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