Hufbeschlag - ein Fall für den Tierschutz?

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Phanja

Hufbeschlag - ein Fall für den Tierschutz?

Beitrag von Phanja »

Weil das Thema in einem anderen Thread aufkam und ich gerade zufällig über diesen Artikel gestolpert bin, wage ich mal eine separate Diskussion:
http://www.feinehilfen.com/hufbeschlag- ... ierschutz/

Der Artikel ist stellenweise schon recht überzogen (finde ich persönlich), spiegelt aber ganz gut die heutige Welt der Pferdebesitzer, Hufe und Schmiede wider.
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Abeja
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Beitrag von Abeja »

Ich muss gestehen, ich sehe das auch pragmatisch. Mein eigenes Pferd geht barhuf - zum Glück ohne Probleme auf allen Böden; aber sollte er eines Tages nicht mehr klarkommen, bekommt er Hufschuhe für alle vier Hufe angezogen, und wenn das auch nicht reichen sollte, wird er wieder mit Eisen beschlagen und fertig. Ist bei diesem Pferd aber extrem unwahrscheinlich.

Die Haltungsbedingungen, so, wie es auch in dem Artikel angesprochen wird, sind wirklich ein großes Problem. Das sehe ich bei uns im Moment auch. Mein Pferd steht im Offenstall auf Beton-Rasengitterplatten, die mit Splitt verfüllt sind. Das klappte anfangs sehr gut, und klar, bei diesem Bodenbelag kam er auch draußen auf Schotter prima zurecht, wenn er nicht zu grob und scharkantig war, und damit meine ich Trab, Tölt und auch Galopp. Die Pferde hatten eine Strohmatratze und eben den Beton-Splittbelag. Innerhalb von dreieinhalb Jahren verdreifachte sich die Menge der Pferde im gleichen Auslauf (Isländer-Stopf-Haltung). Das hat zur Folge, dass die Pferde dauerhaft im eigenen Kot stehen, auch wenn 2x täglich gemistet wird, es sind einfach zu viele. Und man merkt deutlich, wie das den Hufen zusetzt. Verstärkt Gammelstellen am Strahl, "angefressene" weiße Linie und Horntaschen, die sich bilden, die letztes Jahr kein Thema waren, nur vorher unter anderer Hufbehandlung. Trotzdem sind meine Möglichkeiten, z.B. deswegen den Stall zu wechseln, begrenzt, zumal es woanders nicht unbedingt besser sein muss.

Das Pferd, um das es in dem anderen Thread ging, musste mit äußerster Vorsicht (3 Monate führen!) umgestellt werden und ging in drei Jahren nie problemlos über alle Böden. Also da hätte ich sowieso schon lange aufgegeben und wieder beschlagen, einfach, weil ich keine Lust auf so ein Gedöns hätte. Und noch dazu ist es ja schmerzhaft, wenn ein Pferd nicht richtig laufen kann. Man rechnet etwa ein Jahr für die Umstellung. Aber drei Jahre?? Ich habe mir ein Pferd gekauft, um es zu benutzen, so wie letztendlich fast jeder, der sich ein Pferd kauft. Und zwar egal, ob ich es reite oder nur spazierenführe, egal, ob ich mehr oder weniger gut für das Tier sorge. Und das beinhaltet das Auflegen eines Sattels, das Anziehen eines Gebisses und unter Umständen ein Hufbeschlag. Und ich nehme inKauf, dass ich dem Tier schlimmstenfalls Schmerzen zufüge und schade, alleine deshalb, weil ich keine gute Reiterin bin.

Und auch wenn man den Beschlag erfunden hat, als man noch glaubte, die Erde sei eine Scheibe - warum hat man das wohl getan? Genau! Weil die Tiere wohl fühlig gingen und die Hufe den Anforderungen, die an sie als Nutztier gestellt wurden, nicht gewachsen waren.
Liebe Grüße Birgit
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Habe den Artikel auch gelesen, wie auch schon den der Autorin über Reiten als Tierquälerei. Wie immer fehlt mir hier die realistische Betrachtung aller Komponenten: Es reicht einfach nicht aus, zu sagen Hufbeschlag sei Tierquälerei und läge an den Haltungsbedingungen. Dummerweise lassen sich diese in den meisten Fällen nämlich nicht verändern, z.B. die Koppelsituation. Und genau deshalb muss die Frage Beschlag oder nicht an das Pferd und dessen persönliche Gegebenheiten/Voraussetzungen angepasst werden.
Ganz generelle Anmerkung: Mit Sicherheit meint es die Autorin mit ihren Artikeln nur gut. Leider sind diese voller Ideologien und einseitig gesammelten Fakten. Ist so gar nicht meine Welt.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
Phanja

Beitrag von Phanja »

@abeja
Ich geb dir da voll und ganz recht, dass die Haltungsbedingungen eben schwierig zu optimieren sind bezüglich der Hufe und die wenigsten Menschen die Möglichkeit haben, das Pferd so unterzubringen, dass es problemlos mit viel Bewegung auf Schotter zurecht kommt.
Es verlangen aber viele auch nicht danach. Box mit Paddock und Weidegang ist eine sehr akzeptierte Haltungsform und solange es nur wenige Stimmen gibt, die dazu eine Änderung fordern, wird sich daran halt auch nichts ändern. Man schaue nur mal in die Gesichter der Leute, wenn man erzählt, das man den eigenen Auslauf mit Schotter befestigt :shock:

Andererseits muss ich sagen, dass grade heutzutage sehr viel Geld und Aufwand in die Gesunderhaltung der Pferde gesteckt wird (Ostheopath, Sattel, Unterricht). Das finde ich einerseits gut, andererseits fehlt mir schon manchmal die Erkenntnis, dass ein Hufbeschlag eben nichts Neutrales, sondern etwas Schädigendes ist.
Oftmals wird dabei ja schon mit zweierlei Maß gemessen. Wie du sagst - die wenigsten reiten perfekt und werden das Pferd auch dadurch in gewisser Weise schädigen. Trotzdem geht ja durchaus ein Aufschrei durch die Reihen, wenn jemand z.B. nur durchs Gelände tingelt ohne gezielte Gymnastizierung des Pferdes. Der Hufbeschlag wird hingegen häufig als "neutral" bewertet.
Und das ist etwas, was mich persönlich z.B. stört. Grade in Hinsicht auf die Reitweise / Gymnastizierung stellt die Allgemeinheit hohe Anforderungen an den heutigen Freizeitreiter. Das Thema Beschlag wird aber von vielen durchaus als sehr neutral empfunden.

@Cubano
Ich empfand den Artikel auch als sehr überzogen dargestellt. Dennoch sehe ich persönlich schon den Bedarf, das Thema immer wieder kritisch zu hinterfragen, um letzten Endes vielleicht doch über die Änderung von Kleinigkeiten zum Ziel zu kommen, weniger Pferde beschlagen zu müssen.
Ich bin nicht der Ansicht, dass auf gar keinen Fall ein Pferd beschlagen sein darf. Aber man sollte sich der negativen Auswirkungen bewusst sein. Und in der Praxis sehe ich immer noch mehr als genügend Fälle, in denen durchaus Optimierungspotenzial vorhanden wäre. Ohne riesen Geldaufwand oder Stallwechsel.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

@Phanja:
volle Zustimmung! :)

@Abeja:
wenn eine Umstellung auf barhuf zu Beginn so massiv lange dauert, dann ist das AUCH ein Zeichen für wirklich sehr "ungute" Hufbearbeitung vorher bzw die Nachteile von Eisen. Je nach Dauer und schwere der Schädigung, Bodenverhältnissen, Veranlagung und auch "Befinden" haben Pferde mit teils identischer Ausgangslage daher unterschiedliche Zeit nötig.
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
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Beitrag von Motte »

Ich seh das Problem auch eher pragmatisch. Meine Pferde sind derzeit nur vorne beschlagen. Wenn ich aber wieder mehr ins Gelände gehe, kommen - zumindest bei der Stute- hinten auch wieder Eisen drauf.
Wir haben hier nämlich einen extrem raspelnden Sandboden, und wenn man täglich 2 Stunden draußen ist, halten das die Hufe ohne Eisen einfach nicht aus.
Generell hätte ich kein Problem, ohne Eisen unterwegs zu sein (alleine aus Kostengründen :wink: ), aber das geht hier dauerhaft halt nicht.
xelape

Beitrag von xelape »

Also wir haben auch Schotter auf allen Ausreitwegen - insofern ist Pferd voll beschlagen.
Die Stallleute die bei uns nicht beschlagen reiten entweder sehr wenig und selten aus und die Pferde autschen alle auf besagten Böden.

Da finde ich "nur" Halle reiten noch doofer für die Pferde als Vollbeschlag...
Riff

Beitrag von Riff »

ironie an:

ja, aber motte, stellt sich dann nicht die farge: solltest du überhaupt 2 stunden mit dem pferd raus? wenn es doch die hufe nicht aushalten? ist das pferdegerecht???

ironie aus.

oh mann! der böse beschlag. seufz. die schmerzen der beschlagspferde... was ist mit den schmerzen der zwangsweise ohne eisen pferde, deren besitzer unbedingt barhufer wollen? ich habe nämlich so einen. die vorbesitzerin wollte (trotz warnung der verkäuferin) das pferd unbedingt barhuf gehen lassen. weil pferdegerechter- uuund, jeeeedes pferd kann barhuf laufen (brech). die top hufpflegerin hat das unterstützt. ergebnis: pferd war 1 jahr platt, mit schmerzen auf der koppel rumgestanden, konnte kaum laufen und sollte dann zum schlachter. lieber tot, als mit eisen??

er ging an die verkäuferin zurück, eisen drauf, pferd lief. und läuft seitdem einwandfrei.

was ist da nun die tierquälerei? das über eine jahr mit schmerzen oder der beschlag auf dauer, dafür aber schmerzfrei? zudem mein schmied nur kalt beschlägt, was ja immerhin etwas huffreundlicher ist.
horido
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Beitrag von horido »

Wenn wir ernsthaft diskutieren sollen, wäre auch ein ernsthafter Artikel notwendig von Jemandem, den man ernst nehmen kann. Ich wüßte nicht, wo ein Pferd Schmerzen durch den Beschlag haben soll.

Ganz im Gegenteil: Unser Wallach liebt den Schmied. Er läßt sich total gerne an den Hufen rumfummeln und ist richtig tiefenentspannt. Dieser Gesichtsausdruck ist einfach göttlich.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Riff hat geschrieben:- uuund, jeeeedes pferd kann barhuf laufen (brech). .
War der Ironiemodus nicht oben vorher schon ausgeschaltet? 8)

So ein fachlich fundierter Kommentar trägt ungemein dazu bei, dass es nur "Scheiß-Beschlag" oder "Idioten-Barhuf" gibt.

JEDES Pferd kann barhuf ist gewiß so falsch wie absolut. Aber falsch ist definitiv die weitverbreitete Einschätzung, dass ein nicht kleiner Teil der Pferde gar nicht barhuf gehen kann. Der Prozentsatz dürfte weit geringer sein, als manchem bewußt ist.

Aber was erwarten denn viele:
Pferd steht 12 Stunden in der Box = zu wenig Bewegung
Box = weicher Untergrund
Weide = weicher Untergrund
Halle und Platz = weicher Untergrund

Eisen runter - und dann oooh, das Pferd kann nicht barhuf, weil es auf Pflasterfläche autscht. Ach.

Gesunde und vernünftige Barhufhaltung bedeutet eben ausreichend Bewegung und angepaßte Böden in der Haltung. Und wer will die seinem Pferd bieten? Damit fängt es aber schon bei sehr vielen Pferden an - nur wenige können mit eingeschränkten Möglichkeiten tatsächlich völlig easy barhuf laufen.

Aber all das ist meiner Meinung nach im Fall der Fälle kein Grund einen Eisenbeschlag zu wählen, dafür gibt es jetzt schon zu taugliche Alternativen, die den Weg hin zu barhuf unterstützen können ohne die bekannten Nachteile zu bringen.
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

:lol: :lol: :lol:
Leute, ich oute mich als Tierquäler!
Nur eines meiner drei Pferde läuft barfuß. Die anderen beiden sind vorne beschlagen, eines der armen beschlagenen Pferde ist erst 30.
Sie leben in einem viel zu großen Aktivstall mit computergesteuerten individuell einstellbaren Futterautomaten, die viel zu oft viel zu kleine Portionen Futter auswerfen und vermissen die persönliche Ansprache durch die Pfleger, die die Boxenpferde im anderen Stalltrakt 3x täglich bei der Fütterung genießen. Und mehrmaliges Misten pro Tag ist ja sicherlich auch unzumutbar für die armen Tiere.
Die drei ertragen meine schlechte Pflege und die miserablen Haltungsbedingungen und vor allem den tierquälerischen Beschlag schon seit vielen Jahren mit großer Fassung und sind sehr tapfer.
:lol: :lol: :lol: :P :P :P
Viele Grüße
Sabine
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Phanja

Beitrag von Phanja »

Motte, das ist ja alles schön und gut, aber stört es dich gar nicht, dass erwiesen ist, dass sich ein Beschlag negativ auswirkt? Es gibt ja auch viele schlecht gerittene Pferde, die alt und zufrieden sind. Befürwortest du deshalb dann mangelnde Gymnastizierung?
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

eigentlich sind wir uns ja einig: barhuf ist super, wenns nicht geht, dann schuhe, dann eisen.

uneinig sind wir uns nur über die wertung der eisen - eine gute möglichkeit oder furchtbare zumutung? frau vogt kann sogar ich leider nicht ernstnehmen...
ich bewege mich bisweilen in einer welt, in der eisen für arbeitspferde ein segen sind, auch wenn es nur via unterstützung eines vereins ist: equiwent (www. equiwent.eu) .ein kleiner perspektivenwechsel.

am ende gehts immer drum, dass ein pferd schmerzarm oder - frei laufen kann.

ich nehme lieber die belastung durch eisen in kauf, als eine quälerei durch umstellung - aber NUR, wenn ich ein pferd betrachte, bei dem es eine quälerei ist, das sind nicht so viele.
ich sehen viele barhuf-prediger, die gerne schmerzen in kauf nehmen (per pn auch immer gerne namen) und da kriege ich die krise, das ist nicht notwendig, auch eine umstellung kann man erleichtern. da kommt meine emotion in dem thema her - wenn ich da monatelang zusehen (und hören!! pferde können ja auch stöhnen), dann bewegt mich das. die leisen , schleichenden probleme durch die eisen sehe ich natürlich auch.
das barhuf-prdigen nervt, weil den wenigen leuten, deren pferde das eben nicht vergönnt ist, komischer druck gemacht wird. barhufprediger nehem ich deshalb meist von vornherein nicht ernst
horido
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Beitrag von horido »

Finchen,

seltsamerweise sind es gerade nicht die Boxenpferde, die außer ihrer Box nur Halle sehen, die nicht ohne Beschlag zurecht kommen, sondern die wie Motte (sorry, war nicht Motte sondern Max) so schön geschildert hat armen Aktivstallpferde.

Meine Pferde sind ja auch so gequälte Exemplare. Nach Umstellung von Offenstall auf Aktivstall musste ich unsere Stute, die im normalen Offenstall gut mit Teilbeschlag zurecht kam, komplett beschlagen lassen. Der Abrieb durch das vermehrte Laufen war einfach zu groß. Das ist übrigens nicht das einzige Pferd in dem Stall dem es so geht.

Phanja,

wo ist es erwiesen, dass sich Beschlag negativ auswirkt? Bitte beleg das mal mit einer medizinischen Studie. Das das jemand im Internet behauptet ist keine Beleg dafür.
Motte
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Beitrag von Motte »

Phanja -

meine Stute ist jetzt 20 Jahre alt. Und läuft seit 17 Jahren mit mindestens 2 Eisen durch die Weltgeschichte. Ich kann dir gerne Bilder der Beine einstellen - die hat trockenere, bessere Beine als manch 5jähriger.
Ich wüsste jetzt nicht, wo sich der Beschlag bei diesem Pferd jetzt negativ ausgewirkt haben sollte.
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