hohe dressur - gesunderhaltung oder doch eher verschleiß

Rund um die klassische Reitkunst

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geolina
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hohe dressur - gesunderhaltung oder doch eher verschleiß

Beitrag von geolina »

hallo,

angeregt durch die diskussion beim "ritte die gefallen" thread stell ich hier mal die these auf, dass hohe dressur nicht für das pferd da ist. sie war schon immer dazu da, dass reiter zeigen können, was so möglich ist. das pferd musste das halt mitmachen und hat das auch durchaus gerne getan, weil es so ein kooperatives wesen ist und seinem reiter gefallen möchte.

wie seht ihr das, bin ich zu negativ, was kann z.b. eine passage dem pferd an gesunderhaltenden momenten bieten, die die mehrbelastung ausgleichen?

alex
irgendwann wird`s schon nach reiten aussehen - irgendwann ...
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Geolina, die Lektionen haben neben dem esthetischen Moment, ja auch eine gymnastizierende, trainierende Komponente.
Die Eigenschaften und Fertigkeiten, die in einer Lektion vom Pferde gefordert werden, werden ja auch geübt- fördern dieselben Eigenschaften/ Fertigkeiten auch.
In einer Passage also die Schwungkraft, die Schubkraft, die Spannfähigkeit und die Balance.
Wie bei jeder Form von Training ist "zu viel" immer " zu viel " und dann nicht mehr förderlich, sondern vielmehr verschleißend.

Und auch bei ausgewogenem, sorgsam ausgeführtem Training, kann dieses im Einzelfall für eine spezielles Pferd "zu viel" sein, was für ein anderes problemlos absolvierbar ist.
Dies zu erkennen und richtig zu beurteilen, ist die Schwierigkeit für den Ausbilder. Und ist ein Grund für die Entstehung der ethischen Grundsätze.
Jede Form von "Verführung" wie z.B. Ehrgeiz, Geltungssucht oder Eitelkeit, kann hinderlich bei der angemessenen Einschätzung sein und damit ist kein Ausbilder davor gefeit. Denn es sind alles doch nur Menschen.
Darum ist es so wichtig, sich immerwieder zu hinterfragen und sich immer wieder dem Urteil anderer Ausbider zu stellen, um zu überprüfen, ob man noch richtig liegt...

Die Pferde zeigen es einem, nur muß man auch sehen wollen und fühlen und manchmal steht man sich da ganz schön dick im Weg herum... :wink:
Phanja

Beitrag von Phanja »

Ich unterschreibe bei s&p und denke außerdem, dass genau das einen guten von einem weniger guten Ausbilder unterscheidet. Die Kunst ist nicht, alle möglichen Pferde in allen möglichen Lektionen vorzeigen zu können. Die Kunst ist doch, im richtigen Moment die richtige Lektion anzuwenden, um dem Pferd zu helfen. Ich sehe die Dressur tatsächlich eher als einen Werkzeugkasten, der es mir ermöglicht, jedes Pferd positiv zu entwickeln und damit zu einem "guten" Reitpferd zu machen.

Ein gutes Beispiel dafür ist mein polnisches Warmblut, dass ich jetzt seit April besitze. Er war wahnsinnig unausbalanciert und ist unter dem Reiter nur seinem Gleichgewicht nachgelaufen oder in Hirschhaltung dahingestakst. Noch dazu war er im Becken total verschoben und hatte / hat auch Probleme in der Halswirbelsäule. Außerdem war er emotional ständig auf 180 und seine Erwartungshaltung gegenüber Arbeit mit dem Menschen war, dass auf jeden Fall schlimme Dinge passieren - die meiste Zeit ein Nervenbündel. Ich habe ihn übernommen ohne Ansprüche und es war klar, dass ich ihn erstmal überhaupt nicht reiten werde.

Heute sind wir zum ersten Mal eine längere Strecke im Gelände getrabt. Locker, in Selbsthaltung, über den Rücken. Das wäre vor 4 Monaten noch undenkbar gewesen. Um dahin zu kommen, habe ich Arbeit an der Hand gemacht und bin mit ihm spazieren gegangen. Teilweise habe ich auch draußen an der Hand gymnastizierend gearbeitet. Erst jetzt, wo er im Schritt und Trab an der Hand SH und KH erlernt hat, Paraden durchlassen kann und an der Hand Ansätze zu halben Tritten zeigt, ist es überhaut möglich, länger drauf zu sitzen und sinnvoll zu arbeiten. Nach meiner Erfahrung hat erst die Arbeit an der Versammlung möglich gemacht, das Pferd reiterlich zu fördern.

Ich denke, so in der Art sollte die Dressur für jedes Pferd angewendet werden. Das Ziel kann in meinen Augen nicht sein, dass das Pferd piaffiert oder passagiert, weil das so schön ist. In meinen Augen ist das wichtigste, dass das Pferd geritten werden kann, ohne geistig oder körperlich Schaden zu nehmen. Und dafür ist aus meiner Sicht ein gewisses Maß an Versammlung notwendig.

Und dann möchte ich noch eins nicht auslassen. Wenn ich ein Pferd ausbilde, dann doch nicht, weil ich als Zielbild irgendeine höhere Lektion vor Augen habe. Ich bilde ein Pferd aus, weil es Freude macht, sich mit dem Pferd zu beschäftigen und weil es noch mehr Freude macht, wenn auch das Pferd gerne mitarbeitet und eine positive Entwicklung zeigt. Alle Pferde die ich über längere Zeit regelmäßig zu Gesicht bekommen habe, haben an Ausdruck und Stolz gewonnen je weiter sie gefördert wurden ohne falschen Ehrgeiz und in motivierender Art und Weise.
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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Ich bin voll bei Phanja und S&P.

Werkzeugkasten trifft es genau, allerdings kann eben nicht jeder sinnvolles Werkzeug auch sinnvoll einsetzen. *seufz*

Ausserdem finde ich es dramatisch wievielen Reitern gar nicht bewußt ist, WOZU sie Lektionen reiten und das sie eben nicht "der Schönheit" dienen sondern der Gesunderhaltung des Pferdes. Sobald ich mehr verlange als Geradeaus im Leichtrab, MUSS ich nunmal was machen und bei vielen Pferden (die Ottonormal so hat) - muss man sogar vorher arbeiten um überhaupt etwas "reiten" zu können, wie z. B. bei Phanjas Pferd.

Und nochmal der Bogen zu dem besagten Thema: Bloß weil z. B. der Schulhalt nicht in den FN-Richtlinen vorkommt heißt das nicht das es Puddeldressur ist - die Lektion wird wie jede andere gründlich vorbereitet und auschließlich durch gezielte Hilfengebung erreicht UND sie hat einen Zweck, auch wenn der anscheinend unglaublich schwer zu erkennen ist *hüstel* Die Richtlinen haben auch Abkauübungen hintern runter fallen lassen, trotz des sinnvollen Nutzens für das Pferd.

Kapriolen, Passagen, Piaffen usw. muss nicht jedes Pferd können, aber dennoch können manche davon "Türchen öffnen" - das sollte man wirklich von Fall zu Fall und individuell betrachten. Bloß weil man z. B. selbst kein SH reiten kann, muss es noch lange nicht heißen das es eine verteufelte Sache ist und jeder der es tut auch nur Murks macht 8) letztlich heißt das bloß, dass man es selbst nicht kann und daher vielleicht auch lieber sein lässt und vielleicht auch für nutzlos hält. Nicht mehr, nicht weniger. Für ein anderes Pferd, eine andere Situation und einen anderen Reiter/Ausbilder kann sich da ein ganz anderes Bild ergeben...
Es grüßt Nadine

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so schwer wie die freiheit, so leicht ist der zaum der sie hält... (frei nach and one - krieger)
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Licornia
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Beitrag von Licornia »

Ich würde gern mal soweit kommen, dass wir uns an der einen oder anderen Lektion der hohen Schule versuchen.....*träum*

Nicht allein wegen der Schönheit (obwohl in meinen Augen nichts dagegen spricht, wenn das Pferd durch die Gymnastik eine schöne Haltung und Ausstrahlung hat), aber vor allem wegen der angestrebten Lastenaufnahme durch die Hinterhand und Schonung des Rückens.

Ich denke, das ganze schadet doch nur dann, wenn man zu verbissen rangeht, und die Lektionen reiner Selbstzweck werden.
geolina
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Beitrag von geolina »

hallo,

ich rede nicht von pferden, die offensichtlich nicht für die hohe dressur geboren sind und deshalb überfordert werden würden - sprechen wir mal nur von tieren, die ein tolles exterieur und ein spitzen interieur haben. so ein träumchen und von reitern, die das auch noch bedienen können.

so, nun wird also trainiert, vorbereitet, gymnastiziert und gelernt - jahrelang, ohne hast. alles richtig gemacht. das pferd hat kraft, schwung, balance und ist ready.

und dennoch glaube ich mittlerweile, dass hohe dressur verschleißt. dass die lektionen der hohen dressur dem pferd nix bringen und DOCH dem reiter viel bedeuten.

wenn es ohne extreme verstärkung und versammlung geritten werden würde, keine ah und oh lektionen gehen müsste (und doch, darum geht es natürlich in der hohen dressur - man will zeigen, was die vorbereitung gebracht hat, ob nun in der show, auf dem turnier oder nur in der heimischen reithalle), könnte es meiner meinung nach ebenso gut trainiert werden, sie sind für das pferd völlig sinnfrei, oder eben nicht? das ist die frage.

also s&p, was kann ich mir der passage erreichen, was gymnastisch zählbar für das pferd ist, was ich ohne nicht erreichen könnte, was mit extremer versammlung, auch wenn es nur kurz ist und unter rücksicht auf das (natürlich gesunde, talentierte) pferd, was ich ohne nicht erreichen kann.

nebenbei, obwohl ich glaube, dass die hohe dressur verschleißt, werde ich, sollte mein pferd talentiert genug sein, ich es gut genug vorbereitet haben, selbst über das können verfügen, einen trainer an der hand haben, der mich führen kann, alle gesund sein, gerne an der hohen dressur arbeiten, nur eben in dem wissen, dass ich für mein pferd dann eine menge an ausgleich leisten muss, weil ich von ihm etwas verlange, das ihm weder gut tut, noch für es selbst irgendeinen wert hat.

und ja, ich würde hohe dressur reiten wollen, nur um meinem selbst zu schmeicheln. anscheinend bin ich ein selbstsüchtiger mensch, oder nur realist?

just my two cents.

nebenbei, weil das schulterherein angesprochen wurde und man erstaunt ist, dass einige nicht wissen wozu es da ist ;). weiss ich schon, nutze es auch und damit kann es keine hohe dressur sein *ggg*, ABER

schulterherein in der passage, mit maximaler versammlung - puh, dat ist ne andere kiste, daraus dann evtl. noch in die traversale und dann zulegen darin (man sehe sich einige küren/ shows an, durchaus im programm drin) ... warum macht man das? für das pferd? weil da ein gymnastischer wert darin liegen sollte? oder nur für den effekt und weil man es kann?

alex
irgendwann wird`s schon nach reiten aussehen - irgendwann ...
Yvonne

Beitrag von Yvonne »

Wenn ich meinen Alten beim Spielen mit seinem Kumpel auf dem Paddock beobachte, dann sehe ich da viele Elemente der Dressur, auch der "hohen Dressur". Die drehen Galopppirouetten, gehen rückwärts, steigen sich an, halten das (wie Levade), piaffieren und passagieren... Und das ganz ohne menschliches Zutun.

Insofern bin ich nach wie vor der Meinung, dass Dressur tatsächlich nur natürlich Bewegungen des Pferdes vollkommen machen will.

Meiner Meinung nach muss das auch keinen Verschleiss zur Folge haben, die Hengste in Wien und Jerez werden zum Teil sehr alt mit ihrer Arbeit.

Schaden richtet die Arbeit nur dann an, wenn man es übertreibt (zu viel zu früh bzw. zu viel) und wenn man nicht korrekt arbeitet. Nicht umsonst war früher die Remontezeit eines Pferdes deutlich länger als heutzutage. Und die Pferde wurden auch im Sport und bei der Arbeit deutlich älter.
saltandpepper

Re: hohe dressur - gesunderhaltung oder doch eher verschleiß

Beitrag von saltandpepper »

geolina hat geschrieben:hallo,

angeregt durch die diskussion beim "ritte die gefallen" thread stell ich hier mal die these auf, dass hohe dressur nicht für das pferd da ist. sie war schon immer dazu da, dass reiter zeigen können, was so möglich ist. das pferd musste das halt mitmachen und hat das auch durchaus gerne getan, weil es so ein kooperatives wesen ist und seinem reiter gefallen möchte.

wie seht ihr das, bin ich zu negativ, was kann z.b. eine passage dem pferd an gesunderhaltenden momenten bieten, die die mehrbelastung ausgleichen?

alex
Eben fiel mir noch ein :
ganz allgemein ist ja ein Pferd nicht dazu gedacht, daß ein Mensch auf seinem Rücken herumturnt. Somit kommt man bei einer Argumentation, ob man einem Pferd diese oder jene Übung zumuten darf, sehr schnell dahin, daß, so man es ganz genau nehmen möchte, man überhaupt nicht reiten und man auch
kein Pferd halten dürfte. Womit wir wohl dann recht schnell beim Aussterben der Spezies "Pferd" wären....
Der Egoismus das Menschen fängt in dem Moment an, in dem er dem Pferd einen Zaun hinbaut...
geolina
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Beitrag von geolina »

hallo,

nein, sie drehen keine galopppirouetten - nie nicht, die hupfen evtl. auf der hinterhand herum, aber pirouetten, wie sie die dressur will, das wirst du nicht sehen ;).

zudem tun sie das zum spass ja - aber mal ehrlich, wer hat noch nie einem pferd auf der koppel beim vollstop/ spiel zugeschaut und leise zu sich gesagt: autsch, tu dir bloß net weh. wenn das kein verschleiß ist, dann weiss ich nicht.

dass sie dabei spass haben und es freiwillig tun, logo, sollten pferde ja auch in der dressur haben, genauso haben aber auch kunstturner spass an ihrem sport.

wer würde da in abrede stellen, dass sie sich bei ihrem spass selbst zerstören, wenn es wirklich in ganz hohe regionen geht? klar am anfang ist die gymnastizierung da, man macht seinen körper stärker, wird schöner, gesünder, aber dann kippt das ganze und man verlangt dinge, die einfach too much sind. egal wie gut trainiert. man tut es dennoch.

und ich glaube so ist es auch mit der dressur. am anfang - alles tutti. und dann, dann ist die belastung einfach immens. und so von der natur aber ganz und gar nicht vorgesehen.

und für mich leite ich daher eine viel höhere motivation ab, bei der dressur vorsichtig zu sein. nicht zuviel zu fordern und bloß aufzuhören, wenn es am schönsten ist, um nicht zu zerstören, was man sich aufgebaut hat. reinschnuppern ja, aber mit ganz ganz viel vorsicht.

die sache mit dem alten pferden. naja, relativiert sich, wenn man sich die pferde von der grunsven ansieht. uralt, sch*** geritten. da kann man sich glaube ich sehr einig sein, dass da die dressur nicht für das pferd da war.

witzig finde ich, dass ich letztens die diskussion mit meiner ex-rl hatte. ihr einstieg. natürlich ist alles ab s totaler blödsinn für`s pferd. den schuh muss sich jeder reiter anziehen. fand ich schon spannend, erst deprimierend, und dann total faszinierend, dass ein reiter, der in den regionen unterwegs ist, das so sieht und für sich dann eben auch ableitet, dass es dem pferd viel ausgleich bieten muss und ganz klar auch ferien vom dressurreiten für`s pferd drin sein müssen.

alex
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geolina
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Re: hohe dressur - gesunderhaltung oder doch eher verschleiß

Beitrag von geolina »

saltandpepper hat geschrieben: Der Egoismus das Menschen fängt in dem Moment an, in dem er dem Pferd einen Zaun hinbaut...
das ist eher arterhaltung ;).

aber so schlimm würde ich es nicht sehen. doch, dressur tut am anfang alles das, was man ihr gutes unterstellt. ist eben ein ausgleich dafür, dass man in den sattel steigt.

wobei: wer hat das gesagt, weiss ich nimmer, aber ging so ähnlich: verdammt schwer am langen zügel im gelände ein pferd so kaputtzumachen wie mit der dressur.

alex
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Phanja

Beitrag von Phanja »

@geolina
Ich möchte an der Stelle eher die Frage in den Raum werfen, wie sich Verschleiß in dem Fall definiert?
Jeder Körper verschleißt in gewisser Weise - man nennt das altern. Wie schnell ein Körper altert hängt nicht ausschließlich davon ab, ob und welchen Sport er betreibt, sondern auch von Haltung, Ernährung, etc. (grade hinsichtlich der Pferdehaltung gibt es im Allgemeinen hohen Optimierungsbedarf). Verschleiß entsteht immer da, wo man dem Körper zuviel zumutet. Insofern würde ich sagen, dass z.B. nicht die Passage an sich das Pferd verschleißt, sondern das maßlose passagieren. Die Dosis macht das Gift ...

Und noch ein Gedanke dazu ist - jeder Körper altert und jeder Körper verschleißt und daher ist es doch prima, wenn man Übungen an der Hand hat, die die Geschmeidigkeit erhalten.
geolina
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Beitrag von geolina »

hallo,

nein ich meine natürlich nicht normale altergemäße abnutzung von gelenken, sondern durch die dressur verursachte übermäßige abnutzung.

und da dünkt mich wunder, dass man mit übermäßig verbrauchenden übungen/ übungsabläufen geschmeidigkeit erhalten will.

deswegen hohe dressur für nicht geschmeidige pferde?

alex
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Motte
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Beitrag von Motte »

Das ist eine sehr interessante Frage.

Ich bin sicher, ein Pferd, was sich ohne Reiter ganz normal und taktrein bewegt, kann ohne gymnastizierende Hilfe des Menschen alt werden.

Nebenbei bemerkt: das geht den meisten Zuchtstuten so.

Und sicherlich verschleisst kein Pferd davon, wenn man es "normal" reitet, ohne SH, Pi-Pa-Po zu perfektionieren.

Ansonsten müssten alle Pferde, die in der Gebrauchsreiterei eingesetzt werden, ja platt sein.
Ich habe noch nie gehört, dass ein Cowboy beispielsweise Piaffen und Passagen braucht, damit sein Pferd funktioniert......

Meine Stute wird jetzt 21 Jahre alt und ist topfit. Die ist aber - so rein vom Gebäude und auch vom Kopf her - kein großartiges Dressurpferd. Bestimmte Dinge fallen ihr einfach schwerer als einem Pferd, was beispielsweise ein optimal gewinkeltes Hinterbein hat.
Das bedeutet, dass ich da nur begrenzt dran arbeiten kann, um das Pferd nicht zu überlasten, zu verschleissen.
Ich bin mir sicher, hätte ich dieses Pferd nur auf dem Viereck geritten und an der Perfektionierung irgendwelcher Lektionen gearbeitet, die der "Gymnastizierung" dienen, wäre sie jetzt platt.

Die dressurmäßige "Gymnastizierung" dient nämlich - meiner Meinung nach - nicht primär dem Pferd, sondern dem Reiter, indem sie das Reiten einfacher macht. Es ist einfach leichter, auf einem gymnastizierten Pferd einen Zirkel, eine Volte oder sonstwas zu reiten, als auf einem Tier, was gerade wie eine Futterkiste durch die Ecken schiebt.
Also dient die dressurmäßige Gymnastizierung dem Handling unter dem Reiter. Nicht mehr und nicht weniger.
sab
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Beitrag von sab »

Motte, ich glaube auch, dass das dressurmässige Reiten eher dem einfacheren Handling des Reiters dient.

Zur Gebrauchsreiterei; ich habe in Kirgisien als auch bei Burjaten am Baikalsee geritten. Beides sind- vor allem die Kirgiesen - echte Reitervölker. Und das Pferd ein echtes Gebrauchspferd, halb wild und sehr robust. Aber alt werden die Pferde dort nicht, denn die Pferde werden irgendwann geschlachtet. Übrigens habe ich dort wirklich hervorragende Reiter gesehen, die in einem tollen Balancesitz auf ihren Pferden sassen.

Ich halte die ganze Dressurreiterei mittlerweile für fragwürdig. Ich bezweifele mittlerweile einfach, dass diese dauernden Imponierbewegungen auf einem Sandkasten naturgemäss sind. Hinzu kommt, dass viele Lektionen so eben nicht in der Natur vorkommen und wenn, dann auch sicherlich nicht in dieser Häufigkeit und Dichte. In meiner direkten Umgebung sehe ich sehr viele platte Reitpferde. Es scheint , als ob das hübsche, moderne Reitpferd immer weniger aushält. Das die Dressurreiterei dabei lebensverlängernd ist, kann ich überhaupt nicht beobachten . Eher ist das Gegenteil der Fall; die Pferde scheinen die Belastungen nur bis zu einem bestimmten Alter auszuhalten.

LG

Sabine
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Gutes Reiten dient meiner Meinung nach (unter anderem) dazu, das Pferd geschmeidig zu machen und die Muskulatur und Kondition zu stärken. Insofern kann bei einigen gesundheitlichen Problemen gutes Reiten durchaus dabei helfen, das Pferd gesunder zu machen. Gutes, vernünftiges und der Situation angepasstes Reiten kann auch in einem solchen Fall durchaus als Krankengymnastik verstanden werden.
Einfach ein weiterer Aspekt, den ich gerne in diese Diskussion einbringen möchte. :)
Viele Grüße
Sabine
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