Wie geht ihr mit reiterlichen Fehlern um?

Rund um die klassische Reitkunst

Moderatoren: Julia, ninischi, Janina

Ulrike
User
Beiträge: 2573
Registriert: Di, 14. Jan 2014 13:38
Wohnort: bei Lüneburg

Wie geht ihr mit reiterlichen Fehlern um?

Beitrag von Ulrike »

Hallo,


Max 1404 hat einen wunderbaren Satz geschrieben:

"Klassisch ist, dass der Reiter sich selbstkritisch immer wieder hinterfragt und immer den Fehler zuerst bei sich sucht und immer daran arbeitet, sich selbst zu verbessern".



Wie selbstkritisch geht Ihr mit Euch um?

Wie findet Ihr Eure Fehler?

Wie schmerzhaft ist es für Euch?


Bei mir ist es so, das ich denke, ach, es geht doch ganz gut, dann stelle ich fest, das das überhaupt nicht der Fall ist, krieche unter eine Decke, nehme mir ein Reitbuch und leide ob meiner Unfähigkeit.

Wenn ich dann genug gelitten habe, dann verstehe ich wieder einen Teil besser und versuche, das mit meinem Pferd umzusetzen.

Dieses fiese "AB" ist gemein, aber das "AUF" ist das, was mich durchhalten lässt.


Meine Fehler kann ich anhand von Photos sehen, aber,meist sind die Photos nicht zu einem richtigen Moment aufgenommen :wink:

Fehler erkenne ich auch, wenn das Gefühl entsteht, das es meinem Stübchen mit mir nicht gut geht.

Auf alle Fälle werde ich nach einiger Zeit äusserst unzufrieden mit mir, dann geht es wieder vorwärts.



Was ich bisher gelernt habe?

ICH brauche ZEIT!!!!




LG Ulrike
Benutzeravatar
Chaosqueen
User
Beiträge: 43
Registriert: Fr, 08. Mär 2013 14:23
Wohnort: Berlin

Beitrag von Chaosqueen »

Hallo Ulrike,

ich finde, das ist eine sehr interessante Frage. Ich denke, dass es sehr wichtig ist, sich immer wieder selbst zu hinterfragen und offen zu sein für Kritik. Darum nehme ich persönlich auch so oft wie möglich Unterricht, mind. 1x in der Woche. Ich finde aber, dass bei aller Strenge zu sich selbst, die Freude und Gelassenheit nicht verloren gehen darf. Bevor ich bei meiner jetzigen Trainerin angefangen habe, war ich oft sehr verbissen. Und wer ungeduldig mit sich selbst und wütend auf die eigenen Fehler ist, überträgt das auch auf das Pferd und ich denke, dass das beiden den Spaß an der Zusammenarbeit nehmen kann.

Also: Fehler suchen - ja, Fehler korrigieren wollen - ja, aber nicht um jeden Preis und mit Geduld mit sich selbst! :)
C.Dingens
User
Beiträge: 284
Registriert: Mi, 15. Jan 2014 15:38
Wohnort: Auf dem Ponyhof

Beitrag von C.Dingens »

wie ich damit umgehe?
Ich suche mir einen RL der schonungslos aber sachlich an MIR arbeitet und mir nicht anweisungsorientiert erklärt wie ich den Gaul mal ordentlich durchstellen muss, damit der Hase, äh sorry das Pferd schon läuft.
:wink: :D

Ich stamme aus einer Reiterfamilie, bin aber leider absolut kein Talent. Darum habe ich mich theoretisch weiter gebildet. Ich hatte das Bedürfnis dieses Defizit irgendwie auszugleichen. Außerdem hatte ich immer das Gefühl, das das was ich da so lerne und reite irgendwie nicht richtig, nicht harmonisch war. Diese frustrierte vom Pferd steigen, das wollte ich nicht mehr.
Die Crux?! Je mehr ich wußte, desto mehr merkte ich, was ich alles nicht konnte. Es war zum haare raufen als mir deutlich wurde, das ich meine Pferde sogar "behindere", weil ich nicht so einwirken konnte wie ich eigentlich müsste.
In Teilen bin ich durch meine Theorie allerdings zum Reitvermeider geworden. Ich hatte immer das Optimum im Kopf und die selbst verschuldete Katastrophe unter dem Hintern.
Mittlerweile reite ich wieder, habe eine RL dem es gelingt meine Theorie für mich Fühlbar zu machen und dem es vor allem gelingt mir durch diverse AHA Erlebnisse den Druck zu nehmen, den ich mir im Kopf selber mache. :wink: :D
Ich würde über mich behaupten, das ich Kritik immer als Chance zur Verbesserung und als Gelegenheit etwas neues über mich und die Pferde zu lernen begreife.
Zuletzt geändert von C.Dingens am Fr, 24. Jan 2014 19:25, insgesamt 2-mal geändert.
Ulrike
User
Beiträge: 2573
Registriert: Di, 14. Jan 2014 13:38
Wohnort: bei Lüneburg

Beitrag von Ulrike »

Ja,


ich denke, ich sollte das präzisieren.


Vor kurzem habe ich von Heuschmann das Buch "In dubio pro equo" gelesen.

Da wurde mir mal wieder klar, was mir noch so alles fehlt an Fähigkeiten.

Mein RL lacht sich immer tot, wenn ich meinen "Absturz" habe, aber, es geht danach wieder aufwärts.

Plötzlich höre ich im Unterricht auch wieder Dinge, die ich schon lange gehört aber nicht ausreichend gewichtet habe.


Meist bin ich meinem Pferd dankbar, für IHRE Geduld mit mir.



LG Ulrike
Ulrike
User
Beiträge: 2573
Registriert: Di, 14. Jan 2014 13:38
Wohnort: bei Lüneburg

Beitrag von Ulrike »

In Teilen bin ich dadurch allerdings zum Reitvermeider geworden. Ich hatte immer das Optimum im Kopf und die selbst verschuldete Katastrophe unter dem Hintern.

Danke, C. Dingens

das ist ein Satz, den kann ich sehr gut nachvollziehen genauso ist es !



LG Ulrike
C.Dingens
User
Beiträge: 284
Registriert: Mi, 15. Jan 2014 15:38
Wohnort: Auf dem Ponyhof

Beitrag von C.Dingens »

Ulrike hat geschrieben:
In Teilen bin ich dadurch allerdings zum Reitvermeider geworden. Ich hatte immer das Optimum im Kopf und die selbst verschuldete Katastrophe unter dem Hintern.

Danke, C. Dingens

das ist ein Satz, den kann ich sehr gut nachvollziehen genauso ist es !



LG Ulrike
Weißt du was das schöne an unseren Pferden ist? Sie geben uns jeden Tag immer wieder die Gelegenheit es besser zu machen. Das ist toll und das entspannt mich mitlerweile. Sie kommen uns in unseren Reiterlichen Schwächen entgegen. Heute gestehe ich mir ein, das es mir in diesem Leben wohl nie gelingen wird an meinem persönlichen Optimum zu kratzen. Ich kann es aber jeden Tag wieder versuchen. Darauf kommt es an.
Benutzeravatar
Anna
User
Beiträge: 1236
Registriert: Sa, 24. Mai 2008 10:44
Wohnort: oldenburg

Beitrag von Anna »

Das Thema beschäftigt mich gerade sehr! Toll👏👏 Ich war vor kurzem schwanger und als ich nicht mehr reiten konnte, weil ich nicht mehr runter kam, hab ich gedacht "super! Dann liest du jetzt ganz viel und kannst das nachher alles anwenden." Tja, Pustekuchen. Ich hab alle Bücher von Herrn Hinrichs gelesen, bin 10 Wochen nach der Geburt wieder aufgestiegen und hab erstmal nur gedacht "ok, erstmal wieder reinfühlen." Ja, leider nichts da. Mein Kopf war so voll mit all den theoretischen Bildern wie es auszusehen hat, dass ich völlig verkrampft auf meinem Pfördi saß (GsD auch eine Vertreterin die mir verzeiht-bis zu einem gewissen Grade). Monatelang hab ich versucht meine inneren "perfekten" Bilder zu erreiten nur um zu merken, dass immer weniger klappte - die Katastrophe quasi auch unter meinem Hintern angelangt war. Vor meiner Schwangerschaft bin ich irgendwie einfach geritten- nicht immer bombig aber jedenfalls nicht verkrampft. Mittelweile habe ich meinen Kopf manchmal wieder einigermaßen unter Kontrolle und kann ihn ausschalten. Aber da ich auch sehr selbstkritisch bin, fällt mir das wirklich wirklich schwer. Kann euch total gut verstehen!
"Reiten ist das schönste Hobby - man lernt Verzicht und Demut" - Björn Zauss
Benutzeravatar
Cubano
User
Beiträge: 3727
Registriert: Di, 20. Mär 2007 19:34
Wohnort: Oldenburger Land

Beitrag von Cubano »

C.Dingens hat geschrieben: Ich suche mir einen RL der schonungslos aber sachlich an MIR arbeitet
So ist es – und ich hab den RL dann gleich mal geheiratet :P
Eigentlich bin ich viel weniger frustriert, seitdem ich weiß, dass fast alle Fehler, die mein Pferd macht, auf mich zurückgehen. Um genau zu sein, auf meine Baustellen im Sitz. Vielleicht muss man dafür aber auch ein paar Mal gefühlt haben, wie es funktioniert, dass ein Pferd mit totaler Leichtigkeit eine Übung ausführt, weil man wirklich korrekt gesessen und eingewirkt hat. Wenn man das einmal gehabt hat, arbeitet man eigentlich stillvergnügt weiter an seinen Baustellen. Allerdings würde man sich auch gern mit einer Papiertüte auf dem Kopf in die Ecke setzen, wenn man daran denkt, mit welchem Sitz und welcher Einwirkung man früher Lektionen wie Seitengänge und Co, geritten ist. :-)
Darüber hinaus habe ich mir systematisch angewöhnt, neben Kritikfähigkeit auch immer einen Blick dafür zu bewahren, was in einer Einheit gut war. Und wenn das nur eine wirklich saubere SL war - egal, es geht einfach darum, dass man sagt: An diesen und jenen Punkten muss ich noch arbeiten, dafür war dieser Moment richtig. Alles andere führt zu Frust und damit zu Verbissenheit. Und die ist auf dem Pferd wirklich völlig fehl am Platz. Mal davon abgesehen, dass ich Reiter, die mit zusammengebissenen Zähnen auf dem Pferd sitzen, hochgradig lächerlich finde.
Im Gegensatz zu vielen anderen lerne ich übrigens tatsächlich am meisten durch Reiten, sprich durch meinen Hintern. Lektüre ist zwar wichtig, um Zusammenhänge zu verstehen, aber die Theorie kommt bei mir klar hinter der Praxis. In der Theorie konnte ich nämlich hundert Mal lesen, wie wichtig es ist, in beiden Händen gleich viel Zügelgewicht zu haben. Das hat mein böses, rechtes Händchen nur leider gar nicht daran gehindert, immer eine Rückwärts-Tendenz zu haben. Das musste ich drölfmillionenmal üben. :wink:
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
Motte
User
Beiträge: 1481
Registriert: Do, 12. Jul 2007 15:26
Wohnort: Schnuckenland

Beitrag von Motte »

Cubano hat geschrieben:
C.Dingens hat geschrieben: Ich suche mir einen RL der schonungslos aber sachlich an MIR arbeitet
So ist es – und ich hab den RL dann gleich mal geheiratet :P
Eigentlich bin ich viel weniger frustriert, seitdem ich weiß, dass fast alle Fehler, die mein Pferd macht, auf mich zurückgehen. Um genau zu sein, auf meine Baustellen im Sitz. Vielleicht muss man dafür aber auch ein paar Mal gefühlt haben, wie es funktioniert, dass ein Pferd mit totaler Leichtigkeit eine Übung ausführt, weil man wirklich korrekt gesessen und eingewirkt hat. Wenn man das einmal gehabt hat, arbeitet man eigentlich stillvergnügt weiter an seinen Baustellen. Allerdings würde man sich auch gern mit einer Papiertüte auf dem Kopf in die Ecke setzen, wenn man daran denkt, mit welchem Sitz und welcher Einwirkung man früher Lektionen wie Seitengänge und Co, geritten ist. :-)
Darüber hinaus habe ich mir systematisch angewöhnt, neben Kritikfähigkeit auch immer einen Blick dafür zu bewahren, was in einer Einheit gut war. Und wenn das nur eine wirklich saubere SL war - egal, es geht einfach darum, dass man sagt: An diesen und jenen Punkten muss ich noch arbeiten, dafür war dieser Moment richtig. Alles andere führt zu Frust und damit zu Verbissenheit. Und die ist auf dem Pferd wirklich völlig fehl am Platz. Mal davon abgesehen, dass ich Reiter, die mit zusammengebissenen Zähnen auf dem Pferd sitzen, hochgradig lächerlich finde.
Im Gegensatz zu vielen anderen lerne ich übrigens tatsächlich am meisten durch Reiten, sprich durch meinen Hintern. Lektüre ist zwar wichtig, um Zusammenhänge zu verstehen, aber die Theorie kommt bei mir klar hinter der Praxis. In der Theorie konnte ich nämlich hundert Mal lesen, wie wichtig es ist, in beiden Händen gleich viel Zügelgewicht zu haben. Das hat mein böses, rechtes Händchen nur leider gar nicht daran gehindert, immer eine Rückwärts-Tendenz zu haben. Das musste ich drölfmillionenmal üben. :wink:
Also - bis auf das Heiraten geht mir das ganz genau so !
:wink:
Benutzeravatar
Sitara
User
Beiträge: 180
Registriert: Fr, 27. Dez 2013 15:40
Wohnort: Großkrotzenburg

Beitrag von Sitara »

Ich glaube, es ist wirklich wichtig, sich auf die kleinen dinge zu besinnen, die gut klappen. Sonst wird man ja bekloppt, denn das ganze soll ja schließlich spaß machen. Und nur wenn man da oben spaß hat, kann sich unten das pferd entspannen. Wenn ich mich zu verbissen in etwas verrenne, dann kann ich auch gleich aufhören, das merkt die da unten sofort. Dann hilft nur: einen gang zurückschrauben, eine runde leichttraben oder schritt, zügel lang, pause, runterkommen und neu ansetzen.

Da ich aus finanziellen gründen eine zwangspause mit reitstunden mache, habe ich mir die 'kassette' meiner RL ins ohr gelegt, was meinen sitz betrifft. Denn das hauptproblem bin ich, bzw. mein sitz. Wenn ich ordentlich sitze, läuft mein stütchen auch ordentlich.

Was literatur und theorie betrifft, naja, da bin ich nicht gerade belesen. Hatte immer mehr unterricht und mich sonst selbst 'eingefriemelt'. Meine RL erklärt im unterricht, was warum nicht funktioniert. Bzw. was ich tun muß und warum es dann besser funktioniert.

Wie gehe ich ansonsten mit kritik um? Ich kann es gar nicht sagen, da ich die korrekturen und erklärungen meiner RL nicht als 'kritik' empfinde. Kritik ist für mich nur dann schmerzhaft, wenn sie nicht konstruktiv ist. Ansonsten sind es für mich denkanstöße und 'friendly reminders'. Bzw. wenn ich zu bescheuert bin, meine zügelfäuste aufrecht zu tragen und man mir das mehrmals sagen muß, ei, dann bin ich froh über jedes mal, daß man mir das sagt.

Ansonsten muß ich aufpassen, daß ich mich vom forum nicht kirre machen lasse, weil ich mich ständig selbst hinterfrage und mich aufgrund meiner theoretischen defizite leicht verunsichern lasse. Aber den einen oder anderen tip habe ich mir durchaus aus dem forum geholt. So arbeite ich momentan sehr bewußt daran, mit den geringst möglichen schenkelhilfen auszukommen (zügelhilfen sowieso, aber beim schenkel, das war mir gar nicht so klar).
Max1404
User
Beiträge: 2259
Registriert: So, 13. Jun 2010 13:54
Wohnort: Hessen

Beitrag von Max1404 »

Eines meiner Pferde spiegelt und bestraft Reiterfehler sofort. Er verzeiht gar keine Fehler, im Gegenteil, er zeigt einem nicht nur die Fehler auf, sondern gibt oft genug noch eine saftige Quittung hinterher.
Da ich ihn als Fohlen gekauft und selbst angeritten und ausgebildet habe, denke ich, dass das einfach Teil seines Charakters ist, denn meine anderen Pferde sind (und waren) in dieser Beziehung völlig anders.

Er ist sehr stark, dabei aber hochsensibel, gleichzeitig schreckhaft, geräuschempfindlich und total verwöhnt, sehr ranghoch, und er fordert eine sorgsame Behandlung sehr deutlich ein. Er stellt vieles in Frage und erwartet Antworten von mir, er ist absolut kein Ja-Sager. Er sagt nur ja, wenn ich ihn überzeugt habe. Das ist sein gutes Recht, und ich habe mich darauf einzustellen, um ihm gerecht zu werden.

Wann immer etwas nicht funktioniert, versuche ich auf verschiedenstem Wege, durch verwandte oder vorbereitende Lektionen, das zu erreichen, was ich erreichen möchte. Ich kontrolliere dabei auch immer sehr intensiv meine Hilfengebung und meinen Sitz, denn manchmal sind es einfach winzige Veränderungen, die benötigt werden. Manchmal muss ich auch einfach abbrechen, etwas völlig anderes machen und es 5 Minuten später erneut versuchen. Oder eben am nächsten Tag, oder sogar erst in der nächsten Woche, weil ich spüre, dass es nicht der richtige Zeitpunkt ist und er noch nicht bereit dafür ist. Oft genug grüble ich tagelang oder nächtelang herum und lese Literatur, auf der Suche nach einem möglichen Lösungsweg.

Wann immer möglich (und ich alleine in der Halle oder auf dem Platz bin), versuche ich mich intensiv einzufühlen und reite mit ganz oder halb geschlossenen Augen, um mich nur auf das Fühlen zu konzentrieren.

Er hat mir unglaubliche Momente geschenkt, Sekunden und Minuten, in denen ich gedacht habe, dass dies die absolute Perfektion ist, dass selbst Schweben nicht schöner sein kann. Er hat mich sehr zum Nachdenken und Forschen gebracht, und er hat mich gezwungen Wege zu gehen, die ich vor ihm niemals hätte beschreiten wollen. Ich verdanke ihm sehr viel, weil er mich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück holt und mich dazu zwingt, mich zu verbessern. Das ist echt hart und auch oft frustrierend. Aber es lohnt sich! Ich versuche, nichts zu erwarten, wenn ich ihn reite, sondern manchmal nur das dankend anzunehmen, was er bereit ist, mir zu schenken. Natürlich müssen gewisse Grundlagen sitzen und "funktionieren", und das tun sie auch (bin ja schließlich kein Wendy-Träumer, sondern absoluter Realist :wink: ). Ich habe von ihm gelernt, dass ich manchmal eingefahrene Wege verlassen muss, weil sie nicht funktionieren. An unserer grundsätzlichen Richtung hat das jedoch nie etwas geändert. Er bewirkt, dass ich viel über mich selbst lerne, als Reiter und als Mensch. Er schenkt mir dafür tiefes Vertrauen und wundervolle Momente.

Die vermutlich größte Erkenntnis ist, dass sich auch "High-End-Zuchtprodukte" aus der deutschen Warmblutzucht nicht von alleine reiten, sondern manchmal einen sehr hohen Anspruch an ihre Reiter stellen können. :wink:

Ach, und jetzt noch was ganz pragmatisches: wenn ich den Motor hinten richtig anwerfe, ist fast nichts mehr ein reiterliches Problem, ganz besonders nicht die Anlehnung. (Deshalb verstehe ich auch gar nicht, warum manche hier eine Staatsaffaire daraus machen.) :wink: Sehr viele Anlehnungsprobleme haben ihren Ursprung schlicht und ergreifend hinten.

Ich habe keinen Spaß an Handarbeit, ich arbeite am liebsten aus dem Sattel heraus, denn hier habe ich die besten und zahlreichsten Möglichkeiten, auf das Pferd einzuwirken und unmittelbar zu fühlen, wie die Reaktion ist und es so optimal unterstützen zu können. Das gilt für meine erwachsenen Pferde, als sie noch Remonten waren, war das Programm selbstverständlich anders.
Viele Grüße
Sabine
Bild
Licornia
User
Beiträge: 43
Registriert: Sa, 26. Okt 2013 18:33
Wohnort: Bayern

Beitrag von Licornia »

Chaosqueen hat geschrieben: Darum nehme ich persönlich auch so oft wie möglich Unterricht, mind. 1x in der Woche. Ich finde aber, dass bei aller Strenge zu sich selbst, die Freude und Gelassenheit nicht verloren gehen darf. Bevor ich bei meiner jetzigen Trainerin angefangen habe, war ich oft sehr verbissen. Und wer ungeduldig mit sich selbst und wütend auf die eigenen Fehler ist, überträgt das auch auf das Pferd und ich denke, dass das beiden den Spaß an der Zusammenarbeit nehmen kann.
Also: Fehler suchen - ja, Fehler korrigieren wollen - ja, aber nicht um jeden Preis und mit Geduld mit sich selbst! :)
Stimmt absolut, so ist das auch bei mir!
Meine frühere RL war wirklich gut und sehr kritisch, aber das hat öfter dazu geführt, dass ich mich nur darauf konzentriert habe nur ja keine Fehler zu machen, und mich dann erst recht verspannt habe, und als Folge davon war das Pferd natürlich auch nicht mehr locker.
Die neue RL weist mich viel seltener auf Fehler hin, was mich anfangs schon irritiert hat. Aber sie sagt, das wichtigste ist, locker zu sein, und Spaß an der Sache zu haben, und das geht nicht, wenn sie zu oft korrigiert.
Trotzdem nehme ich 2x/Wo Unterricht, und es verändert sich einiges :D
geolina
User
Beiträge: 332
Registriert: Sa, 19. Okt 2013 08:38
Wohnort: Neuenmarkt

Beitrag von geolina »

hallo,

ich fand den einwand wichtig, dass man sich nicht nur auf seine fehler konzentrieren sollte, sondern auch auf das was gut lief.

das schaffe ich viel besser, seit ich viel deutlicher beim reiten gleich lobe, wenn was gut geklappt hat.

seitdem nerve ich glaube ich mitreiter mehr - ich bin ne echte quatschtüte geworden :lol: - ja, brav, toll, ABER die rückmeldung hilft mir über z.b. nen schlechten anfang, dass ich nicht in den sattel gekommen bin, anlehnungsprobleme - was auch immer wegzukommen. und mein pferd weiss nun auch viel besser, in welche richtung ich will *lach*.

und egal wie blöd mal was lief, ich nehm es locker: weil wenn es viel zu loben gab: warum in aller welt sollte ich mich dann ständig selbst zerfleischen?

also: selbstkritik ja - aber selbstzerfleischung - nö.

am besten geritten, bin ich im übrigen im 4. monat schwanger. alles lief so locker und flockig, auch verstärkungen. easy ohne ende, wohl weil ich nicht annahm, dass da irgendwas klappen müsste. der kopf war mal aus dem reiterlichen weg ;) und der hintern konnte entscheiden.

der anfang danach war die hölle. nichts lief und das kopfkino in punkto, was ich wohl alles falsch mache und wie ich dem pferd doch im weg stehe lief amok. ich habe mich selbst zerfleischt und gar nicht daran gedacht, dass irgendetwas anderes die probleme auslösen könnte, als ich - die ja viel zu schlechte, untalentierte, unnütze, das pferd verderbende person, die da drauf sitzt.

im endeffekt war es dann doch eine körperliche beeiträchtigung des pferdes, auf der ich zulange herumritt, weil ich mir ständig reiterfehler vorwarf und auch vorwerfen ließ - von meinem umfeld. das ist nun behoben, aber die reiterliche unbeschwertheit von meinem pferd ist ein stück weit weg. blöd, gerade als ich meine fand.

im endeffekt ist es wohl wie immer - ein zuviel schadet, sogar beim fehler bei sich suchen.

alex
irgendwann wird`s schon nach reiten aussehen - irgendwann ...
Benutzeravatar
Cubano
User
Beiträge: 3727
Registriert: Di, 20. Mär 2007 19:34
Wohnort: Oldenburger Land

Beitrag von Cubano »

Licornia hat geschrieben:
Stimmt absolut, so ist das auch bei mir!
Meine frühere RL war wirklich gut und sehr kritisch, aber das hat öfter dazu geführt, dass ich mich nur darauf konzentriert habe nur ja keine Fehler zu machen, und mich dann erst recht verspannt habe, und als Folge davon war das Pferd natürlich auch nicht mehr locker.
Das ist nämlich der Punkt. Und in dem hat mich unser Herr Schimmel sehr deutlich erzogen. Der wurde bei einem zu verbissenen Reiter nicht nur verspannt, der konnte sich bis zur Kopflosigkeit aufregen. Das war ein Pferd, was mir das Ohmmmm im Sattel sehr nahe gebracht hat. :P Mein 8-Jähriger dagegen quittiert Verspannungen, in dem er sich auf der Stelle „weigert“, den Rücken herzugeben und wie eine Salami auf Beinchen durch die Gegend steppt. Auch nicht schön.
Mal davon abgesehen, habe ich mir vor ein paar Jahren echt vorgenommen: Der Tag, an dem ich nicht mehr mit einem Lächeln vom Pferd steigen kann, wird definitiv der Tag, an dem ich die Reiterei an dne Nagel hänge.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
grisu
User
Beiträge: 747
Registriert: Di, 12. Jun 2007 12:02
Wohnort: S-H

Beitrag von grisu »

Heute lasse mich mindestens einmal wöchentlich im Unterricht überprüfen. Einmal im Jahr fahre ich in mein persönliches "bootcamp", in dem ein gnadenloser RL meinen Sitz auseinandernimmt, und zwar so, dass ich ihn im restlichen Jahr noch im Ohr und im Nacken habe ...

Grundsätzlich fand ich persönlich die Phase schwierig, in der ich begreifen musste, dass ich zwar fast jedes Pferd locker über den Rücken lösen kann, aber das nur ein winziges erstes Stück der Reiterei ist.
Ab hier weiter zu lernen war für mich schwierig, da ich für andere Leute geritten bin, die mich eben für dieses "Lockerreiten" gut bezahlt haben und gar kein Interesse daran hatten, dass ich mich reiterlich weiterentwickle. Auf dieser Stufe bin ich lange steckengeblieben und das war extrem frustrierend. Daher habe ich entschieden, größtenteils für mich zu reiten und meine Brötchen mit was anderem zu verdienen.

Heute arbeite ich daran, die Losgelassenheit mit in die Arbeit zu nehmen, dabei konsequent zu bleiben, immer wieder die Komfortzone zu verlassen und auch mal zuzulassen, dass es nicht superharmonisch schön und entspannt zugeht - das ist für mich sauschwer.

Vor allem die Entscheidung, wann es sich um einen notwendigen Prozess handelt, um die nächste Stufe zu erreichen, und wann ich in die falsche Richtung unterwegs bin, finde ich schwierig. Da bin ich immer froh über ein kritisches Umfeld.

Zweifel habe ich immer noch viele. Was es nicht leichter macht, ist die Frage, welche Zweifel aus meiner reiterlichen Unfähigkeit erwachsen, etwas korrekt umzusetzen, und wo es tatsächlich einer Grundsatz-Entscheidung zwischen zwei Herangehensweisen bedarf.

Aus diesem Grund ist der Austausch hier beispielsweise mit s&p für mich sehr interessant.
Antworten