Unterschiede: klassisch - englisch?

Rund um die klassische Reitkunst

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Celine
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Re: Häh??? was ist denn überhaupt Englisch - Reiten ???

Beitrag von Celine »

Steffen hat geschrieben:
Herr Hinrichs oder Herr Branderup oder Her Karl, wobei jeder dieser Herren eine eigene Lehre mit Anspruch auf die Einzig wahre Weisheit verkündet und außer sich selbst höchsten noch die "alten Meister" gelten läßt, keinesfalls aber die "Konkurrenz"?
Ist das so? Hat Herr Hinrichs das so gesagt? Ich habe von ihm eigentlich den Eindruck, dass er sehr selbstkritisch ist. Und andere "Methoden" durchaus zulässt: Nicht aus allem eine Frage der Weltanschauung machen, sondern selbst entscheiden, was gerade angebracht ist - das sind sinngemäß seine Worte.
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Celine
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Re: Häh??? was ist denn überhaupt Englisch - Reiten ???

Beitrag von Celine »

Steffen hat geschrieben:
Bei Herrn Hinrichs läßt sich - abgesehen von den Kostümen - mittlerweile überhaupt kein Unterschied mehr zur Lehre der FN erkennen
Das kann ich nicht nachvollziehen. Handarbeit und Zirkuslektionen in den Richtlinien? Barockes Schulterherein und barocke Volten? Schulen über der Erde?

Dann hast du aber andere Richtlinien als ich.

Seit ich die Hinrichs-Ex-Praktikantin als RL habe, reite ich komplett anders als bei meiner S-Dressur-Ex-RL, woran liegt das denn, wenn es alles das Gleiche ist? (Die Frage ist jetzt nicht polemisch gemeint, sondern das ist tatsächlich ein Rätsel, wofür ich noch keine Lösung habe.)
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Larry
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Beitrag von Larry »

Na ja, Unterschiede sehe ich schon.
An Steffen:
In wie vielen Sportställen siehst Du denn, dass ein Pferd schwierige Lektionen an der Hand erlernen darf, bevor es das Pferd mit dem Reitergewicht erst erlernen muss?

In vievielen Bereichen wird mal eben das Pferd für die Materialprüfung schnell zusamengeknallt?

Wenn Doppellonge seit 2Jahren nicht so in Mode wäre, würde man auch da sich die Finger nach einem guten Trainer höchstwahrscheinlich sonst immer noch wund telefonieren!

Ich sehe allein im Angebot der dort angesiedelten Trainer-zumindest derer, die der Allgemeinheit(wie eben auch ich) zugänglich sind-gewaltige Unterschiede! Weißt Du was es heißt 2Jahre lang nach einem Trainer zu suchen, der nicht nur reiten kann, sondern auch an der Hand oder Longe ausbilden kann. Und zwar mit Plan? Glaube mir ,ich habe um Berlin herum verdammt lange nach so jemanden Ausschau halten müssen!! Mit bitteren Ergebnissen!
FN orientierte Bereiter gibt es dafür wie Sand am Meer!
Aber leider oft mit ihre festen Konzepten, von denen sie auch bei einem Kaltblut nicht einen Millimeter abrücken-wenigstens mal überdenken. Alle drei Grundgangarten:Schritt,Trab, Galopp DANN Seitengänge..(Natürlich gibt es da Ausnahmen, aber mit denen hatte ich leider persönlich nie das Vergnügen)
Die Ausbildungsskala der FN ist absolut 100%ig-nur nicht jeder kann oder will sie verstehen und umsetzen. Einiges könnte man sicher verständlicher umformolieren.
PS:Sicher kann man zu Kursen usw fahren. Aber mit Familie und Kindern sind lange Kurse und welche die noch weit weg sind, einfach weniger oder gar nicht drin.
Und dann merkt man schon, wie breit was und wo gefächert ist. Kann jetzt nur von Deutschland reden.
Arbeit ist die einzige Entschuldigung für den Erfolg
Helmar Nahr (*1931)
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dshengis
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Re: Häh??? was ist denn überhaupt Englisch - Reiten ???

Beitrag von dshengis »

Steffen hat geschrieben: Die FN soll dann wohl englisch sein - warum auch immer - und wer ist dann bitte schön klassisch?
Also bevor es weitergeht, bitte mal Aufklärung: Was ist Englisch und was ist Klassisch???
Allerdings, man kann vereinfacht sagen, die FN vertritt die englische Reitweise.

Wenn man das etwas gründlicher betrachen möchte, muss man sich zuerst vergegenwärtigen, dass bis in die Mitte des 20.Jh. die Reiterei maßgeblich vom Militär beeinflusst wurde. Daher kann man die Geschichte der Reitkunst kaum ohne einen Blick in die Militärgeschichte verstehen.
Und die war seit dem Ende des Mittelalters von der wachsenden Rolle der Schußwaffen, v.a. der Schützenwaffen, gekennzeichnet. Im Zuge der technischen Weiterentwicklung dieser Waffen wurden diese immer kleiner und leichter und vor allem auch leistungsfähiger und zahlreicher.
Irgendwann in der 2. Hälfte des 17. Jh. war der Punkt erreicht, wo die Durchschlagskraft die Harnische der berittenen Einheiten überflüssig machte. Die schwere Kavallerie, bis dahin Rückgrat fast aller militärischen Handlungen, wurde fast schlagartig überflüssig. Notgedrungen änderte sich die Kampfweise der Kavallerie: Der schnelle, imGalopp vorgetragene Angriff mit Säbel oder Lanze wurde zur bevorzugten Methode. Der Kampf Mann gegen Mann zu Pferde oder von Reitern gegen Fußkämpfern, wie er bislang üblich war, wurde ersetzt durch eine rollende Angriffslawine schneller Reiter. Manöver, wie sie bis dato nötig waren und in der Hohen Schule bis heute überlebt haben, waren künftig überflüssig (z.B. die verschiedenen Schulsprünge, Pesade usw.). Auch die Versammlungsfähigkeit war darum nicht länger vonnöten. Statt dessen hielt um 1800 ein neuer Pferdetypus Einzug: mit langem Rücken, von zarterer Gestalt, für lange Distanzen und schnellen Galopp geeignet. Dieser Pferdetyp wurde maßgeblich von den Engländern beeinflusst - seit dem 19.Jh. wurde das Englische Vollblut in nahezu alle Rassen eingekreuzt.
Diese Umstellung auf einen anderen Pferdetyp mit anderen Eigenschaften als bei den bisher vorherschenden iberisch geprägten Typen erforderte eine veränderte Reitweise, z.B. konnte der Trab bei diesen schwungvolleren Pferden nur noch schwer ausgesessen werden, weswegen das Leichttraben "erfunden" wurde. Auch die Hankenbeugung fällt diesen Pferden auf Grund des längeren Rückens schwerer, was wiederum Auswirkungen auf die Versammlungsfähigkeit haben musste (die aber eh nicht mehr benötigt wurde)
Die bislang gelehrte Reitkunst wurde im Laufe des 19.Jh. "vergessen", an den Rand gedrängt, und überlebte nur an wenigen Orten, z.B. an der Spanischen Hofreitschule in Wien. Im strengen Sinne wäre nur dieses Reiten als "Klassisch" zu bezeichnen.

Im 19.Jh. versuchte sich eine Reihe Reformer an dem neuen Pferdetyp des Voll- und Warmbluts, so Francois Baucher und letzten Endes auch Gustav Steinbrecht. Für die Reiterei in Deutschland blieb noch für einige Jahrzehnte das Militär maßgeblich und das vereinheitlichte die Ausbildung der Rekruten in der Kavallerie im Jahre 1912 mit der berühmten Heeresdienstvorschrift (Reitvorschrift) von 1912. Ein Ziel dabei war, die Ausbildung der Rekruten zu verkürzen! Nach dem zweiten Weltkrieg entstanden u.a. daraus die Richtlinien der FN. Aber wie die HDV 12 waren die auch geprägt durch im strengen Sinne "nicht-klasische" Grundsätze, es war eben im Grundsatz eine Kampagnereiterei, die um einige klassische Elemente erweitert wurde.
Eigentlich werden da ein paar Dinge vereinigt, die (m.E.) nicht so recht zusammenpassen: ein für schnelles Reiten geeigntes Pferd mit relativ geringer Versammlungsfähigkeit trifft auf eine Reitlehre, die aus Elementen der Kampagnereiterei und der klassischen Reitkunst (für die es wenig geeignet ist) zusammengefügt wurde.

LG A.
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chica
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Re: Häh??? was ist denn überhaupt Englisch - Reiten ???

Beitrag von chica »

Steffen hat geschrieben: Herr Hinrichs oder Herr Branderup oder Her Karl, wobei jeder dieser Herren eine eigene Lehre mit Anspruch auf die Einzig wahre Weisheit verkündet und außer sich selbst höchsten noch die "alten Meister" gelten läßt, keinesfalls aber die "Konkurrenz"?

Bei Herrn Hinrichs läßt sich - abgesehen von den Kostümen - mittlerweile überhaupt kein Unterschied mehr zur Lehre der FN erkennen (was mich auch nicht überrascht, sondern eher darauf hinweist, dass er in der Tat klassische Dressur betreibt). Er arbeitet ja wohl auch bereits eng mit Frau Kemmer zusammen (interessante Mischung :? )
Ich hatte Dich eigentlich für einen differenzierteren Beobachter gehalten! Jetzt bin ich sauer. Sowohl Branderup als auch Hinrichs arbeiten gerne! mit Kollegen zusammen und sind weitaus aufgeschlossener, als Du Dich hier gibst - das würde mir zu denken geben...

Die Zusammenarbeit mit Fr. Kemmer hat sich wohl wieder erledigt, weil Fr. Kemmer doch lieber "wie ein Profi" reitet (so kam sie jedenfalls mit einem gerollkurten Pferd das letzte Mal, als ich sie sah, auf den Abreiteplatz - und diese Methode dürfen schließlich nur Profis anwenden :roll: ).

Der Unterschied zwischen Hr. Hinrichs und dem typischen FN-Reitlehrer ist verdammt guter Unterricht, der - je nach Ehrgeiz und Können des Reiters - durchaus auch turnierorientiert sein kann. Würde Hr. Hinrichs die FN ablehnen, hätte er keinen Anschlussverband gegründet...

Wenn Du solche Leute persönlich nicht leiden kannst, dann lass bitte Tiefschläge. Wir können es uns als Klassikforum nicht leisten, auch nur einen dieser namhaften Ausbilder durch den Dreck zu ziehen! Und darauf läuft diese Diskussion hinaus.

Ich bitte alle Beteiligten weiterhin um halbwegs objektive und möglichst wertfreie Beiträge. Danke!
LG Ines
................................................
"Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart."
(Noël Pierce Coward)
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lalala

Re: Häh??? was ist denn überhaupt Englisch - Reiten ???

Beitrag von lalala »

chica hat geschrieben:
Ich bitte alle Beteiligten weiterhin um halbwegs objektive und möglichst wertfreie Beiträge. Danke!
Ich denke, das sollte aber für alle gelten, oder ? Überdenke einfach mal deinen letzten, sicherlich sehr impulsiv geschriebenen, Eintrag :wink: Mit Vermutungen über die Zusammenarbeit von Hinrichs (der übrigens auch noch mit anderen sogenannten Top-Reitern zusammenarbeitet) und Kemmer wäre ich sehr vorsichtig, ebenso mit Rollkur-Unterstellungen und Verallgemeinerungen über den allgemeinen FN-RL (was immer du auch darunter verstehst)...

Ich denke nicht, dass Steffen irgendjemanden durch den Dreck ziehen wollte...
Tornano
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Beitrag von Tornano »

Ich bleib weiterhin dabei, die FN/FEI muss sich nicht nur daran messen lassen, was in ihren Richtlinien steht (was ja durchaus in Teilen der Realität nicht standhält), sondern auch an denen, die ihre Richter zu Turniersiegern, anerkannten Ausbildern etc. machen. Und bei letzterem geht leider nahezu alles schief.
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angenita
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Beitrag von angenita »

So, jetzt moechte ich auch meinen Senf dazu geben. Zuerst angemerkt - das hier ist nur meine Meinung, mein Eindruck, nachdem ich im letzten Jahr (oder vielleicht auch etwas laenger - die Zeit vergeht!) die klassische Dressur fuer uns entdeckt habe. Auch habe ich nie einen Kurs bei RH oder PK oder BB oder oder oder.... gemacht - die kommen ja nie nach Neuseeland - leider! Also sind meine Eindruecke zum grossen Teil vom Lesen, in Buechern, aufm Internet, zuschauen von Videos von verschiedenen Reitern (WEG in Aachen zB) und dann auch videos von den 'klassikern'. Ich stimme zu, es ist nicht einfach schwarz/weiss - klassisch = gut reiten, FEI = schlecht reiten. So leicht isses nicht, und es kommt wohl immer auf die Individuelle Person drauf an. Aber so sehe ich die Unterschiede:

Bei der FEI Reiterei geht es vorrangig um Turniersiege, um den Erfolg im Wettbewerb. Es kommt auf das Ziel drauf an, auf die 2-3 Minuten im Dressurviereck bei der Pruefung. Wie man dort angelangt ist, das wird nicht geprueft, auch nicht ueberprueft... nicht so wichtig. Solange das Endresultat zufriedenstellend ist, und gut von den Richtern benotet wird.

Bei der Klassischen Reiterei geht es ums Detail, um die Trainingsmethode, darum, dass es jeden Tag richtig und korrekt trainiert wird, nicht nur bei der Pruefung stimmt. Auch dreht es sich hier viel weniger um Pruefungen - es wird viel mehr (bei mir jedenfalls) selbstkritischer gearbeitet, die Fehler zuerst bei mir gesucht, und auf Details, auf Feinheiten, auf die kleinen perfekten Momente wird geachtet.

Bei der FEI geht es um Punkte, und Pokale.

Bei der Klassik geht es um's Pferd.

Wie auch schon von anderen erwaehnt wurde, bei der FEI scheint es schablonen-maessig zuzugehn, es gibt nur einen Weg, egal ob's diesem Pferd jetzt passt oder nicht. Beim klassisch-reiten gibt es viele Wege, und viele Methoden.
Aber das wichtigste, fuer mich, ist der Druck und der Zwang, der beim FEI da ist, und beim Klassikreiten nicht. Ich muss keinem was beweisen. Die Dressur ist fuer mein Pferd und mich da. Wenn Druck besteht, dann hoechstens mir gegenueber - wie kann ich meinem Pferd gerechter sein? Wie kann ich es besser foerdern und unterstuetzen? Ist es dem gewachsen, was ich verlange? Wenn nicht - dann lass ichs, denn ich muss ja keine Pruefung reiten, wo diese Lektion verlangt ist.

Wir arbeiten so, wie es fuer's Pferd stimmt.

Das ist mein Eindruck von den Unterschieden, so ein Bisschen zusammengefasst. So habe ich es entdeckt und so erlebe ich es. Deswegen passt es fuer mich.

LG Angenita
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Larry
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Beitrag von Larry »

Hallo,
ich denke zu überlegen WARUM oder WARUM NICHT R.H. mit Frau Kemmer zusammen arbeitet, können wir hier im Forum sowieso nicht ohne persönl. Wertung klären. das sind eher Vermutungen... :wink:

Ich denke, die englische Reitweise bedeutet nicht "viel mehr" (AUS DAMALIGER SICHT!), als eine modernere -flottere Reitweise. War es doch üblich Neues zu Hofe zu bringen!
Es gab in einige Ländern bereits die Arbeitsreitweisen und eben auch die höfische Reitweise(die wir gern als klassisch)bezeichnen und dann eben auch die "Neue" .

War auf dem Hof für die Spiele und Unterhaltung und auf dem Hof ein langsames und vielfältiges Reiten auf einer Linie erwünscht(mit möglichst einem MAXIMUM an Zeit!!!)und in der Schlacht ein brillierendes Pferd mit gekonnten(vielleicht sogar lebensrettenden )Sprüngen erwünscht, brachte es damals die "modene Zeit mit sich, "Strecke" zu machen. Rasant zu reiten, schnelle Jagden zu reiten.Zu dem Zeitpunkt war ja auch die Mode der Kleidung entsprechend wieder leichter und wohl etwas bequemer(vermute ich zumindest!).

Eben anders zu sein, war damals sicher schon in. Sowie politisch sich Dinge änderten -änderten sich eben auch die Ansprüche an die Reiterei und auch an die Pferde UND DEREN EINSATZ selber.

Beispiel: Schecken! Waren sie zu Sissis Zeiten erwünscht-gab es Zeiten, da hatte nur das gemeine Volk Schecken.. so ist das mit dem, was IN ist. Sind wir doch froh, HEUTE zu leben, da können wir wenigstens vergleichen und uns aussuchen, was wir machen möchten. :D
Manche Begriffe gehen eben nicht mit der Zeit, so dass es irgendwann schwierig wird-sie dann in der Gegenwart zu definieren!!
Ich sehe sie, eher(von meinem o.g. Beitrag mal abgesehen) in der Ausbildung und dem (möglichen)Einsatz der Pferde.
So, nun stürzt Euch auf mich :lol: :wink:
Arbeit ist die einzige Entschuldigung für den Erfolg
Helmar Nahr (*1931)
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Medora
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Beitrag von Medora »

angenita hat geschrieben: Bei der FEI geht es um Punkte, und Pokale.
Bei der Klassik geht es um's Pferd.
Das finde ich einen interessanten Gedankengang!

In der Praxis glaube ich zwar, dass es nicht durchgehend so stimmt (bei der Klassik geht es meiner Beobachtung inzwischen vielen leider vor allem um's Piaffieren oder um eine Show in Rüschenkleidern etc. - auch die Klassik kann man also durchaus missbrauchen) - aber den Grundansatz für die Unterscheidung finde ich sehr brauchbar.

Auch ich sehe als Hauptursache für viele Perversionen im Umgang mit Pferden das Geiern auf Schleifen, Pokale und Erfolge (Deshalb fände ich z.B. auch, dass mindestens ein Richter auf den Abreitplätzen anwesend sein müsste und sich Notizen machen sollte, die bei der Gesamtbewertung einfließen. Damit könnte man vielleicht einen Teil des Missbrauchs reduzieren.) Aber man kann krankhaften Ehrgeiz auch ohne "offzielle" Turniere entwickeln, was man gerade am "Klassik-Boom" ganz gut beobachten kann. Und dann ist auch wieder nichts mit "fürs Pferd"...

Medora
Zuletzt geändert von Medora am Sa, 10. Mär 2007 17:32, insgesamt 1-mal geändert.
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dshengis
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Re: Häh??? was ist denn überhaupt Englisch - Reiten ???

Beitrag von dshengis »

lalala hat geschrieben: Mit Vermutungen über die Zusammenarbeit von Hinrichs und Kemmer wäre ich sehr vorsichtig, ebenso mit Rollkur-Unterstellungen
Was Frau Kemmer auf dem Abreiteplatz in Hannover angeht, wissen wir, was wir gesehen haben :(

@Larry: Kaiser Franz Josef ritt (im Alter) sogar eine Haflingerstute, alles andere als ein "edles Ross" (womit ich bei den Haflingerfreunden hoffentlich keine Empörung auslöse). Moden wechseln, das ist wohl wahr...
Im Übrigen könnte ich mich ja immer kringeln, wenn ich höre oder lese, wer mitttlerweile alles als Klassiker gilt - bloß weil er vor 20 Jahren eine Goldmedaille gewonnen hat, ist er (für mich) noch lange kein "Alter Meister". Oliveira war sicherlich einer, vielleicht könnte man auch Löhrke so nennen, Podhajsky mit Sicherheit, aber die sind eben auch alle schon tot. Da habe ich wohl andere Ansprüche als ein gewisser Verband.
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greta j.
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Beitrag von greta j. »

Medora hat geschrieben:
angenita hat geschrieben: Bei der FEI geht es um Punkte, und Pokale.
Bei der Klassik geht es um's Pferd.
Das finde ich einen interessanten Gedankengang!

In der Praxis glaube ich zwar, dass es nicht durchgehend so stimmt (bei der Klassik geht es meiner Beobachtung inzwischen vielen leider vor allem um's Piaffieren oder um eine Show in Rüschenkleidern etc. - auch die Klassik kann man also durchaus missbrauchen) - aber den Grundansatz für die Unterscheidung finde ich sehr brauchbar.
aber was ist mit den (freizeit-)reitern, die "englisch" reiten, da sie von einem "FN"-reitlehrer unterrichtet werden, aber noch nie auf einem turnier waren und auch überhaupt keine ambitionen haben, irgendwann mal auf einem zu starten!? die einfach nur gut reiten lernen wollen und ihr pferd gut ausbilden und gymnastizieren wollen. glaubt ihr, die lieben ihr pferd weniger als die, die "klassisch" reiten? wollen die nicht, dass ihr pferd motiviert mitarbeitet und gesund und munter uralt wird? geht's denen nicht um's pferd? um was denn dann!? :shock:

ein unterschied, der mir heute bei krämer gekommen ist, als ich mal wieder tausend bücher durchgeblättert hab: in den "englisch-reiter / FN-büchern" hab ich noch kein bild gesehen, auf dem jemand das pferd am kappzaum longiert, immer nur auf trense. was nicht heißen soll, dass es solche bilder in büchern nicht doch gibt. und es soll schon gar nicht heißen, dass alle englisch-reiter ihr pferd auf trense longieren!

edit bzw. nachtrag zu lalala's beitrag:
schön geschrieben.

nochmal edit:
ich glaube, wir sollten aufpassen, dass wir bei der diskussion nicht immer wieder die FN-profi-reiter (damit mein ich genau die, die damit ihr geld verdienen) mit den "freizeit"-klassikreitern vergleichen.
"Reiten Sie Ihr Pferd glücklich." - Nuño Oliveira
muppet
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Beitrag von muppet »

Woher kommt mein Eindruck, dass hier Umsetzung und Theorie in einen Topf geworfen werden? :oops:
Ich nenne es mal gemäß meinem anderen Beitrag weiterhin FN-Reitweise, und hoffe mich damit trotzdem verständlich machen zu können, also diese FN-Reitweise beschreibt ein anderes Reiten, als es die Vielzahl der "FN"-Reiter betreibt.
Das heißt, daß viele der hier beschriebenen unschönen Bilder und Auswüchse natürlich zu sehen sind, das ist keine Frage, aber das meiste davon ist nicht das, was die FN in ihrer Reitlehre beschreibt.
Nochmal von mir, Seitengänge z.B. gehören da genau so zur Gymnastizierung wie bei den Klassikreitern, nur gehört vor die Seitengänge eben eine gewisse Grundlagenkommunikation zwischen Pferd und Reiter, auch bei den Klassikreitern.
Das viele nie vom Schritt-Trab-Galopp / Ganze Bahn und Zirkel wegkommen, das hat nichts mit der Reitlehre an sich zu tun, sondern ist ein ganz eigenes Phänomen. Und was beim Beobachter unter FN-Reiter läuft, gemessen an der Ausrüstung des Pferdes, muß noch lange nicht jemand sein, der guten Unttericht, wenn überhaupt, genossen hat, über ein Basiswissen verfügt oder sich sonstwie weiterbildet.
Es gibt nur einfach viel viel mehr dieser Reiter als "Klassikreiter".
Aber genauso gibt es auch die Klassikreiter, die auf einer Show einen gerittenen Babyfriesen vorstellen, der Spanischen Schritt mit weggedrücktem Rücken zeigt. Versteht ihr was ich meine?

Man muß doch gleiches mit gleichem Vergleichen, also die Lehren, die Theorie, die Reiter, Show-/Turnierauswüchse, die Basis oder so. :oops:

Genau wie die hier vorgestellte (handvoll) Ausbilder der klassischen Reitkunst, gibt es auch sehr gute "FN"-Ausbilder. Der Sumpf ist aber größer, weil die Anzahl größer ist. Das Sümpfchen gibt es aber auch in der Klassik. Genau wie es den Turniersport gibt , gibt es merwürdige Show-Auswüchse in der Klassischen Reitkunst, die Kreise sind einfach nur noch kleiner.

Deswegen bleibe ich bei meiner Unterscheidung vom guten und schlechten Reiten.

P.S.: Der Kappzaum findet übrigens bereist in den Richtlinien im Band I Erwähnung, so viel dazu. :wink:
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Larry
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Beitrag von Larry »

Dschengis schrieb:
wenn ich höre oder lese, wer mitttlerweile alles als Klassiker gilt - bloß weil er vor 20 Jahren eine Goldmedaille gewonnen hat, ist er (für mich) noch lange kein "Alter Meister".
Interessant!! So habe ich den Begriff KLASSIKER noch nicht betrachtet.

Stimmt. Gerade im Bereich "Reiter", Ausbilder usw ist er auch zu finden.
zB. Herr Balkenhol. Der Name fällt mir gerade spontan ein-aber bitte ohne Wertung sehen!
Das bringt dann das Chaos stetig voran :lol:
Dann würde ja für die Hälfter der Pferdefreunde nicht die Art der Reiterei und Ausbildung und den Umgang mit dem Pferd diesen Begriff ausmachen- sondern die Dauer, wie lange jemand geritten ist und was er evtl in dieser Zeit erreicht hat (Erfolge-Schleifen-Abzeichen-etc.)...
Hm...na ja, wir haben Hoffnung! Nur das Genie berherrscht das Chaos! :wink:
Werden wir halt alle welche!
Bleibt nur zu hoffen, nicht jeder, der in SEINER EIGENEN Zeitepoche etwas Neues erfunden hat, wird zum Klassiker :wink:
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dshengis
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Beitrag von dshengis »

Larry hat geschrieben: Interessant!! So habe ich den Begriff KLASSIKER noch nicht betrachtet.
Naja, wir mögen uns beim Reiten zwar an der Klasssichen Reitkunst orientieren, aber Klassiker sind wir wohl eher nicht ;)
Und R.H, B.B., P.K. usw. würde ich wenn schon als Neo-Klassiker bezeichnen...

Was die Moden angeht, fiel mir noch ein, dass es gewiss kein Zufall ist, dass die als "englisch" bezeichnete Reitweise in England entstand. Es war in der Mitte des 18.Jh. in England einfach in, "natürlich" zu sein. Sieht man auch sehr schön an den Landschaftsgärten/parks, die um diese Zeit die kunstvoll arrangierten Barockgärten ablösten. Naheliegend, dass man auch die barocke Reiterei ablehnte und sich der "einfachen" Reiterei im Gelände zuwandte. War halt der Zeitgeist. Eine Entwicklung, die sich letzten Endes auch in der Militärreiterei wiederfand und bewährte.

In Deutschland kam das Ganze (wie auf dem übrigen Kontinent) natürlich erst 50 Jahre später an ;) - die schönsten deutschen Landschaftsparks entstanden erst um 1840 in Muskau und Branitz, nach englischem Vorbild, geschaffen von Fürst Pückler (der mit dem Eis), einer ganz interessanten Figur, die u.a. in einer vierspännigen, von weißen Hirschen gezogehen Kutsche in Berlin umherfuhr.
Kein Wunder also, dass Steinbrecht noch um 1880 über die "natürliche" Reitweise der Engländer schimpft. Wir waren einfach nicht die schnellsten :P
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