Reitlehrer - auf welche Qualifikation legt ihr Wert?

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Juniperus
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Reitlehrer - auf welche Qualifikation legt ihr Wert?

Beitrag von Juniperus »

Es interessiert mich mal so ganz allgemein, worauf ihr bei der RL-Auswahl achtet und zwar insbesondere im Vorfeld. (ich schreib immer "der RL" gemeint sind natürlich Männlein und Weiblein ;-) )

Klar, in der ersten Reitstunde stellt man dann fest, ob die Chemie stimmt und ob der Unterricht zu einem passt, aber was habt ihr vorher abgecheckt?

Wieviel und welche Erfahrung sollte ein RL haben? Nachweisliche mehrere Pferde ausgebildet haben und wenn ja, bis wohin? Sollte er auf dem Turnier erfolgreiche oder anderweitig nachweisbar erfolgreiche Schüler haben?
Reitabzeichen oder Trainerscheine?
Viele Kurse besucht haben, Zusatzqualifikationen? Sollte der RL selbst viele oder eher bekannte RL gehabt haben...
Muss der RL selbst erfolgreich (vielleicht auch auf dem Turnier) sein bzw. Pferde weit ausgebildet haben?
usw.usw...

Worauf achtet ihr? Was ist euch wichtig? Was ist ein No Go?


Es gibt ja mittlerweile RL wie Sand am Meer - gute wie schlechte.

Reichen für weniger ambitionierte Schüler auch weniger qualifizierte RL (deswegen aber nicht schlecht, nur halt z.B. nie über L hinausgekommen) oder fehlt dem RL dann der Blick "fürs große Ganze?"
Also muss der RL selbst wirklich weit gekommen sein, um überhaupt unterrichten zu können (und mag er dann noch eher wenig ambitionierte Schüler unterrichten - aber das wäre ne andere Frage *gg*)
horsman
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Beitrag von horsman »

reiterliche Vita bzgl. seiner Lehrer
wie laufen seine eigenen Pferde (vor allem die Qualitätarmen)
ist seine Arbeit über längeren Zeitraum effektiv und gewaltfrei
Art der Vermittlung des Unterrichts
First a relaxed mind, then a relaxed horse.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Ich schaue mir vorher grundsätzlich an, wie derjenige unterrichtet. Dann wäge ich ab - was vermittelt er, was mich interessiert und wie weit deckt sich seine Zielvorstellung mit meiner.
Manchmal ist es simple Technik, manchmal auch die gelebte Philosophie, die mich reizt. Im günstigsten Fall beides.
Chemie und Sympathie sind mich recht nachrangig wichtig. Mir ist unsympathische Kompetenz tausendmal lieber, als sympathische Inkompetenz :lol:

Wenn ich keinen roten Faden, kein erkennbar systematisches Vorgehen erkennen kann, ist das für mich ein Disqualifikationsmerkmal.

Absolutes no-Go ist für mich sinnfreies Aneinanderreihen von Lektionenreiterei um der Lektionen willen und starre Muster, die über unterschiedliche Reiter-Pferd Konstellationen gestülpt werden.

Ebenso Grobheit und abwertende Bemerkungen über das Pferd- egal, welche Qualität es hat.
Auch die Sichtweise, dass Reiten ein Kampfsport sei, bei dem es darum geht, den Gegener "Pferd" möglichst geschickt zu übertölpeln, zu zwingen , gefügig zu machen und zu bekämpfen, machen einen Lehrer für mich indiskutabel.
Und natürlich muss der Lehrer sehen und wissen, womit und was er lehrt.

Darüber hinaus stößt mich ein Sekten-ähnliches Umfeld massiv ab.
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Hallo,


für mich muss der RL den Anfang und das Ende im Blick haben, in der Ausbildung.

ER muss reiterliche Fehler von Grenzen des Pferdes unterscheiden können, MICH lehren und absolut mein Pferd akzeptieren, in seinen Möglichkeiten und Persönlichkeit.


Seit nahezu 20 Jahren habe ich so ein Goldstück.
Da ich immer noch viel dazu lerne, habe ich noch keine Notwendigkeit eines Wechsels gesehen.


LG Ulrike
loisachqueen
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Beitrag von loisachqueen »

Ich schaue mir bei der Reitlehrerwahl seinen Werdegang an. Welche rote Linie zieht sich durch sein reiterliches Schaffen? Wo hat er gelernt? Bei welchen Lehrmeister war und ist er noch? Da möchte ich nicht zu viele gleichzeitig sehen. Zu viele Köche verderben den Brei. Ich finde, der RL sollte da nicht zu flatterig sein. Allerdings soll er auch offen für andere Lehren sein und nicht nur in eine Richtung stur unterwegs sein.

Er soll seine Taten im Unterricht und auch im Beritt, erklären und belegen können. Ein "weil das halt so ist" möchte ich da nicht hören. Ich möchte bei Fragen gut argumentierte Gründe genannt bekommen.

Auf was ich auch Wert lege ist eine Berufsausbildung in die Richtung, sei es eine Bereiterlehre oder eine Amateurausbildung. So ist mir bei Unterricht irgendwie wohler.

Zusätzlich muss der Lehrer streng sein, von nur Loben werde ich nicht besser. Das krasse Gegenteil möchte ich auch nicht, ich möchte Feedback, wenn etwas gut ist.

Ich würde mir bei einem neuen RL Unterricht von unterschiedlichen Schüler anschauen. Macht er immer das selbe oder geht er individuell auf die Schüler UND Pferde ein.

Wie sieht seine Figur im Sattel aus? Einmal bei seinen eigenen Pferden zum zweiten bei Berittpferden.

Passt die Chemie RL und Pferd?

Zum Glück muss ich mir aktuell die Fragen nicht stellen. Ich habe seit mehreren Jahren einen tollen RL, der gleichzeitig auch meine eine RB in Beritt hat. Was wünscht man sich da mehr .....
Juniperus
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Beitrag von Juniperus »

Wie sieht es dann mit recht jungen RL aus? So zwischen 25 und 30?

Allein vom Alter können die meisten da noch nicht sehr viele Pferde ausgebildet haben z.B. Und wie wichtig ist Erfahrung für einen RL?
Erfahrung in der Ausbildung von Pferden und Erfahrung beim Unterrichten?

Wobei junge RL sicher die Schwierigkeit haben, dass wenn sie nicht unterrichten, sie auch keine Erfahrungen sammeln können.
Yvonne

Beitrag von Yvonne »

Dasist ein interessantes Thema.

Ich schaue mir gerne vorher den Unterricht an als Zuschauer. Gerne auch mal den RL beim Reiten. Reitet er selber das was er im Unterricht vom Reitschüler fordert? Ist er immer fair zum Pferd? Kann er Pferd und Reiter einschätzen und sie da abholen wo sie stehen? Kann der Reitschüler mit den Anweisungen des RL auch alleine weiterarbeiten bis zur nächsten Einheit?

Eine bestimmte Qualifikation ist mir erstmal gar nicht so wichtig, es kommt mir vor allem darauf an, wie unterrichtet wird, wie die Reitweise ist und was vermittelt wird.

Wenn dazu noch eine fundierte Ausbildung und vielleicht eigene Erfolge kommen, umso besser. Aber ich kenne auch genügend Leute, die sehr gut unterrichten, ohne einen Trainerschein zu haben.

Als ich z.B. das erste Mal bei Michael Rohrmann geritten bin, kannte ich nur seine Vita aus dem Internet. Da hat mich dann aber die Ausbildung zum Bewegungstrainer EM gereizt es auszuprobieren.
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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

Ich hoffe, daß ich erst mal nicht mehr suchen muss, aber die Suche war grauslich. Turniererfolge sagten tatsächlich nicht viel aus - mit erfolgreichen Turnierreitern hatte ich die schlimmsten Erfahrungen gemacht. Es ging nach dem Motto schnell, schnell.

Einmal hatte ich einen erfolgreichen Bereiter - Mann, groß, kräftig - der konnte schlicht nicht begreifen, daß ich nicht über seine Kraft verfüge. Die Pferde waren nach der Reitstunde immer fix und alle - und ich auch.

Und noch schrecklicher war der "Guru", der angeblich mit den Pferden sprechen konnte....

Mir ist jetzt wichtig, daß der Reitlehrer mich dort abholt, wo ich stehe, einfühlsam auf das individuelle Pferd eingeht, viel lobt aber mir auch mal die Meinung sagt. Und starres Arbeiten nach immer dem gleichen System lehne ich auch ab. Wenn meinem Anglo mal wieder nach Blödsinn ist, dann gibt es komplett anderes Programm als wenn er gelassen in die Bahn kommt.

Mir ist der Lebenslauf schon wichtig - Turniererfolge jedoch weniger. Und ich möchte die Pferde sehen, die die Person reitet. Und die Linie sollte stimmen.

Aber es scheint ja, ich habe gefunden, was ich gesucht habe :D
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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

Ach und noch etwas: was ich überhaupt nicht leiden kann ist, wenn der RL meint, sich in mein Privatleben einmischen zu müssen. Hatte ich auch schon mal.

Oder jemanden, der meine Pferde allgemein kritisiert. Er darf meine Reitweise und die Rittigkeit meiner Pferde kritisieren, aber wenn der Spruch kommt: "Verkauf den Gaul und kauf Dir was vernünftiges", dann ist bei mir der Ofen aus.
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

ich glaube, solche auswahlkriterien sind höchst individuell.

meine schauen so aus:

* grundsätzlich brauche ich keine belehrungen über umgang mit dem pferd und schon gar keine dominanzvorträge
* es muss möglich sein, dass ich für mein pferd entscheide, ohne diskussion (z:b. wann es reicht fürs pferd)
* gebisslos sollte möglich sein
*rücksicht auf pferd steht im vordergrund
*gute didaktische fähigkeiten, ideen, guter aufbau des unterrichtes, gutes verständnis für biomechanik
* die reiterlichen fähigkeiten sollten gut sein. fundiert, ruhig, und pro Pferd
* Erfolge sind mir egal.
* Der Unterricht sollte so aufgebaut sein, dass mein pferd kleine Fortschritte machen kann und ich auch (hab ein Jungpferd)
* Das Pferd sollte Spaß haben dürfen.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

gimlichen, die Jobbeschreibung klingt irgendwie eher nach einer Art bezahltem Freizeitspaßbegleiter als nach einem Reitlehrer.

Ich schaue mir zuallererst an, wie die eigenen Pferde des Betreffenden gehen, wie er mit ihnen arbeitet und wie die seiner Schüler wirken, die schon länger bei ihm reiten. Dann natürlich die Qualität des Unterrichts selbst: Roter Faden, Erfahrung, individuelle Ideen und Zugangsweisen, reelles Ergebnis. Idealerweise sollte derjenige auch mal mein Pferd reiten.

Auf gar keinen Fall würde ich bei jemandem reiten, der nach Schema F arbeitet und/oder für mich wichtige Ausbildungsschritte überspringt, um irgendwelche lektionenmäßigen Ergebnisse zu sehen. Das würde für mich einen nachhaltigen Vertrauensverlust bedeuten, und ich muss dem Rl vertrauen können, dass er weiß, was jetzt dran ist und warum und wo das im nächsten und übernächsten Schritt hinführen soll.Ein Pferd anpiaffieren, weil der Reiter das schick findet zB., obwohl weder Pferd noch Reiter irgendwie dafür bereit sind, wie ich es schon mehrmals in Kursen miterlebt habe, wäre für mich ein No-go.

Allerdings finde ich es auch wichtig, immer mal bei jemand anderem Unterricht zu nehmen. Jeder Mensch hat seine Schwerpunkte, seine Stärken und Schwächen, nicht jeder findet für ein individuelles Paar die genau richtige Ansprache und wenn man zu lange immer bei derselben Person reitet, verschwimmt bei beiden die Objektivität und es fällt evtl. nicht mehr auf, wenn sich was in eine verkehrte Richtung entwickelt.
loisachqueen
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Beitrag von loisachqueen »

Unterricht bei dem ich jedes Mal komplett fertig vom Pferd steige finde ich seltsam. Ich lege beim Reiten sehr wert auf Kopfarbeit und nicht dass ich danach Sportlich aktiv war. Zum Sport machen setze ich mich auf's Radl oder so, aber sicher nicht auf's Pferd. Und so brauche da dann auch nicht all meine Kräfte. Mein RL sieht das übrigens ähnlich.
Bei ihm zerfließen übrigens im Unterricht auch keine Pferd. Ein bisschen Schwitzen am Hals schon einmal, aber auf keinen Fall klatschnass.

Erschöpfung beim Reiter und bei Pferd allerhöchtens, wenn viel Kopfarbeit angesagt war ....
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

@rapunzel: ja, so sind meine kriterien. heisst nicht, dass ich nicht höchst ernsthaft lernen will. :-)
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

:wink:
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Rapunzel hat geschrieben:gimlichen, die Jobbeschreibung klingt irgendwie eher nach einer Art bezahltem Freizeitspaßbegleiter als nach einem Reitlehrer.
:lol: :lol: :lol: genau diesen Gedanken hatte ich auch beim Lesen und "Yes-but-women" :lol: :lol: :lol:
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