Sperrriemen Pro und Contra

Rund um die klassische Reitkunst

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Spielnase
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Beitrag von Spielnase »

Marquisa warum tragen deine Pferde eigentlich immer einen Sperriemen? Irgenwie empfinde ich das gerade bei einem jungen Pferd als unpassend. Muss es nicht das Gebiss in Ruhe ausprobieren dürfen, bzw. die Wahl haben sich der (für seinen Geschmack zu stark gegebenen) Zügelhilfe entziehen zu können?

(Verstehe das bitte nicht als Provokation, ich bin einfach nur neugierig und grübel schon länger darüber nach, warum Sperriemen so oft eingestezt werden).
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Spielnase,nach unserer Auffassung trägt ein Sperriemen zur Lagestabillität des Gebisses auf den Laden bei.
Klar sollte man diesen nicht zuschnüren und eine Kautätigkeit zulassen.
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Spielnase
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Beitrag von Spielnase »

Aber trotzdem schränkt man das Maul damit immer in seinen Bewegungen ein. Eine Knebeltrense hilft dem Pferd ja auch, das Gebiss ruhiger im Maul zu tragen und hat noch den Vorteil, dass es z.B beim Abwenden auf der äußeren Seite leichten Druck ausübt und nicht nur "innen zieht".

Ebenso diese Gummiringe. Beides verhindert auch ein seitliches Durchrutschen des Gebisses. Ein Sperriemen kann das nicht verhindern.
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Da sind wir wieder bei den Glaubensbekenntnissen:
Es wird ebensoviele Ausbilder geben,die zum Beispiel Longieren mit Ausbindern empfehlen,wie solche,die keinerlei Hilfszügel verwenden.

Dahinter stehen individuelle Erfahrungen und Konzepte,teilweise sogar andere Zielvorstellungen.
Das Kauthema ist auch so ein heißes Eisen,was für den einen eine sehr gute Maultätigkeit,bedeutet für den anderen vielleicht Kampfkauen oder Sperren.Aber derlei Abwehrreaktionen sollte der Ausbilder im Hintern spüren.
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Spielnase
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Beitrag von Spielnase »

Hmmm, schade, dass du nicht genauer darauf eingehen magst.
Ich wollte auch wirklich keinen nächsten Kreuzzug starten! Mich interessieren nur die Pro-Sperriemen-Argumente. Bis jetzt sehe ich da einen Punkt auf der Pro-Seite und einen auf der Contra-Seite.
Bei Knebeltrense und Gummischeiben zähle ich auf der Pro-Seite 2 Argumente und keine auf der Contra-Seite.
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susiesonja
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Beitrag von susiesonja »

Spielnase hat geschrieben: Mich interessieren nur die Pro-Sperriemen-Argumente.
Ich denke zu diesem Thema wurde schon genug gesagt. Gib mal Sperriemen in die Suchfunktion ein. Da findest Du jede Menge Threads die das thematisieren. Da werden marquisa´s Meinungen nicht so revolutionär anders sein, als die dort aufgeführten Argumente. Das ist schon ein Themengebiet für sich und würde hier meiner Meinung nach doch zu sehr von all den schönen Jungpferden ablenken. :D
Solange ein Pferd lebt, bleibt es seinem Charakter treu. (unbekannt)
Tess
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Beitrag von Tess »

marquisa hat geschrieben:Spielnase,nach unserer Auffassung trägt ein Sperriemen zur Lagestabillität des Gebisses auf den Laden bei.
Wie funktioniert das/wie erklärt sich das?


Spielnase: meinst du jetzt nur den Sperrriemen oder das gesamte Reithalfter


Ich selber reite mit Reithalfter (ohne Sperrriemen, weil sich mir der Sinn vom Sperrriemen auch nicht so ganz erschliesst - ausser vielleicht dass ein eventuelles seitliches Verschieben des Kiefers eingeschränkt wird), weil ich damit im Ernstfall zum einen Blockaden im Kiefergelenk verhindern kann und es dem Pferd zum anderen schwerer mache, sich der Handeinwirkung zu entziehen - denn leider kann ich im Gelände nicht ausschliessen doch mal kräftiger einwirken zu müssen ...:oops: .
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Spielnase hat geschrieben:Hmmm, schade, dass du nicht genauer darauf eingehen magst.
Ich wollte auch wirklich keinen nächsten Kreuzzug starten! Mich interessieren nur die Pro-Sperriemen-Argumente. Bis jetzt sehe ich da einen Punkt auf der Pro-Seite und einen auf der Contra-Seite.
Bei Knebeltrense und Gummischeiben zähle ich auf der Pro-Seite 2 Argumente und keine auf der Contra-Seite.
Spielnase, marquisa ist doch auf dein Frage eingegangen. Nach ihrer Auffassung trägt der Sperriemen zur Stabilisierung des Gebisses im Maul bei. Was auch durchaus der Fall sein kann, denn das Gebiss wird durch diesen Riemen ganz leicht in den Maulwinkel nach oben geschobene und hemmt durch die Lage des Gebisses zwischen dem Riemen und dem Maulwinkel das Verrutschen des Gebisses, sowie das seitliche Durchrutschen.
Es ist Auffassungssache, welchen Effekt des Gebisses man vorzieht. Ich persönlich wähle lieber eine Knebeltrense/ Schenkeltrense. Und baue die Lederriemen ab, denn so lose wie ich sie möchte, hängen sie nur lästig am Maul herum- weshalb ich sie abnehme.
Sind die Nasenriemen korrekt = nicht zu eng !!! verpasst und ist die Kopfform des Pferdes geeignet, so hemmen sie aber weder die Kautätigkeit, noch die Atmung.
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Spielnase
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Beitrag von Spielnase »

Gerade beim Googlen gefunden. Ein Text von Michael Geitner zum Thema Sperriemen:
Ich höre oft die landläufigen "Argumente" für die Benutzung des Sperrriemens (Kinnriemen) wie "Mein Pferd streckt sonst die Zunge raus" oder "Das Pferd sträubt sich sonst gegen die Trense" [..] Die Fakten, die GEGEN den Einsatz des Sperrriemens sprechen, sind folgende, dazu kurz etwas zur Historie:
Der Erfinder des Englischen Kombinationshalfters hatte ursprünglich eine wirklich gute Idee. Die Schlaufe die vorne am Nasenband angebracht ist, wurde komplett anderes verwandt als heute. Es wurde der Riemen jeweils links und rechts durch das Gebiss, und zwar von innen nach außen, verschnallt. So konnte der Zug auf das Gebiss beschränkt werden und der Druck auf den Naserücken weiter gegeben werden.
Zudem fand der Sperrriemen Verwendung, die aus den Bedürfnissen des Militärs heraus entwickelt und angepasst wurden. Um bei Stürzen zu verhindern, dass sich die Pferde, durch weit geöffnete Mäuler, den Unterkiefer brachen, wurde ihnen der Unterkiefer mittels Sperrriemen zugeschnürt. Dadurch verringerten sich die Kieferbrüche der damaligen Pferde um 80%.
Wahrscheinlich seit den späten 70igern, kommt dem Sperrriemen nun eine sehr unglückliche, zweckentfremdete Aufgabe zu, nämlich dem Pferd das Leben schwer zu machen.
Was der Sperrriemen aber sehr deutlich einschränkt und zum Teil auch stark behindert, ist das Abschlucken des Speichels. Wenn nämlich sein Maul zugeschnürt wird, kann das Pferd nicht mehr durch das leichte Öffnen des Mauls den Druck des Trensengebisses auf den Gaumen abmildern. An der Stelle, an der das Trensengebiss gegen den Gaumen drückt, sitzen aber Nervenrezeptoren, die den Schluckreflex unterbinden und den Deckel des Kehlkopfes blockieren. Dadurch entsteht das Einspeicheln des Pferdes, was also in erster Linie ein Zeichen dafür ist, dass das Pferd seinen Speichel nicht abschluckt, aber noch lange kein Hinweis darauf, dass das Pferd korrekt "durch das Genick" geht.

Das kann jeder an sich selbst ausprobieren: Wenn man mit einem Löffel an den Gaumen drückt, dann kann man seinen Speichel nicht mehr abschlucken und es entsteht zudem ein Würgereiz. [...]

Neben vielen anderen Funktionen bildet der Speichel einen natürlichen Schutz der Magenschleimhäute des Pferdes. Wir wissen heute, dass etwa die Hälfte aller Pferde im Freizeitsport und sogar 80% der Pferde im Leistungs- und Hochleistungssport unter Magenproblemen leiden. Denn der Speichel erfüllt neben dem rein mechanischen Abtransport des bereits im Maul zerkauten Nahrungsbreis aus der Maulhöhle in den Magen noch eine Reihe weiterer ganz wichtiger Funktionen. Im Speichel befinden sich wichtige Mineralien, vor allem Natriumbikarbonat, das als chemischer "Puffer" eine Übersäuerung des Magens verhindert. Fehlt nun dieser Speichel als Säurepuffer, kommt es schnell zu einer Übersäuerung des Magens. Ist die Magenschleimhaut zum Beispiel durch Stress an manchen Stellen dünner als normalerweise, führt eine Übersäuerung des Mageninhaltes an diesen Stellen zu einem Magengeschwür, da die Magensäure - übrigens fast reine Salzsäure - an diesen Stellen die "Schutzhülle" der Magenwände einfach wegfrisst. Dieses Problem ist NICHT zu unterschätzen, da eine Erkrankung des Magens das Pferd sehr unrittig machen kann, weil es durch Anspannung der Muskulatur immer wieder versucht, den schmerzenden Magen ruhig zu stellen, damit die Magensäure nicht soviel herumschwappt. [...]

Der nächste Punkt gegen den Einsatz des Sperrriemens ist die eingeschränkte Freiheit des Kiefergelenks. Man hat festgestellt, dass, wenn das Kiefergelenk nicht richtig arbeitet bzw. festgeklemmt oder festgehalten wird, die Muskulatur des Kiefers Bewegungsstöße des Körpers, z.B. beim Laufen, nicht mehr abfedern kann. Wenn wir also einen Dauerlauf mit zusammengebissenen Zähnen laufen würde, dann würden wir uns derart die Wirbel der Wirbelsäule prellen, dass wir am Abend nicht mehr wüssten, wie wir uns überhaupt bewegen sollen. Die Pferde müssen das tagaus, tagein erleiden, und die Praxis des Sperrriemens kann Gelenkschäden bis hinunter zu den Fesselgelenken zur Folge haben. Man sagt daher: Das Kiefergelenk ist der erste Halswirbel. [...] Neben der Sicherstellung des Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule ist die Kieferfreiheit zudem ganz wichtig für die Speichelproduktion, die vor allem durch die Ohrspeicheldrüse gesteuert wird.
Durch den Einsatz des Sperrriemens und die dadurch mögliche verursachte beeinträchtigte Funktionsfähigkeit der Ausführungsgänge der Ohrspeicheldrüse kann es zu einer Rückstauung des Speichels kommen. Dem Pferd steht keine ausreichende Menge an Speichel zur Verfügung und der vorhandene Speichel kann nicht abgeschluckt werden.Und das gerade in der stressigsten Zeit, im Training.
Da brauchen die Pferde ihren Speichel nämlich am nötigsten. [...]
Zudem verläuft genau an dem Punkt, wo der Sperrriemen sitz, die Austrittsstelle (For. Mentale) eines empfindlichen Nervs, dem Nervus mentales, der für die Haut, Muskulatur, Schleimhaut der Unterlippe, sowie für das Kinn zuständig ist.
Um es auf den Punkt zu bringen, formuliere ich das Problem des Sperrriemens folgendermaßen: Ich würde mir wünschen, dass die verschwendete Energie, die die Pferde aufbringen (müssen), um sich gegen den Sperrriemen zu wehren, als freie zusätzliche Energie für das zur Verfügung steht, was die Pferde leisten können. Wenn man die für den Kampf gegen den Sperrriemen eingesetzte Konzentration im Training zusätzlich zur Verfügung hätte, um sie für das Lernverhalten des Pferdes einzusetzen, dann wäre jeder, der von dieser Energie und Konzentration Gebrauch macht, gleich um Klassen besser, als derjenige Standart, den man sich mühsam gegen den Sperrriemen erkämpft hat.
Donna
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Beitrag von Donna »

prima Fund.Aber ich kenne ganz viele Schlaumeier die dann den Sperriemen weglassen; um gut dazustehen,aber den Nasenriemen auf Anschlag zuknallen -Da kaut sich nix mehr.Der Nasenriemen bei dem TrakSpanier ist locker.Sehr fein! Gerne viel mehr davon auch Filme.
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Seht ihr,das ist genau das,was ich meinte:
Völlig polarisierender Bericht.
Ich für meinen Teil halte es für müßig,darauf einzugehen.Man kann sich die Welt immer so ausmalen,wie man es sehen möchte.Klar kann ich einen Sperrriemen auf Anschlag zuziehen und dazu noch eine Zange zu Hilfe nehmen.

S&P hingegen (von der ich weiß,dass sie keinen benutzt) versucht,den Einsatz zu tolerieren,oder unseren Gedankengang nachzuvollziehen.Genau dies macht den Unterschied.
Seht es doch einfach ganz pragmatisch: Sobald die Turnierreiter in das Klassement des Kandareneinsatzes kommen,trennt sich die Spreu vom Weizen,dann werden Ausbildungskrückstöcke offenkundig.Sperriemen adé.
Donna
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Beitrag von Donna »

ich schrieb vom Nasenriemen .Reitet doch mal ohne Nasen und Sperriemen,das geht genauso.Marquisa probiers mal aus,.Zu Hause.
Ansonsten Marquisa*ggg* fast alle knallen den Nasenriemen zu sobald Knarre drin Ist.Ganz vorne dabei der Herr Rath, von wegen Sperriemen ade.Das weisst du genau.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Moins,
das wäre eine tolle Argumentationskette von Herrn Geitner, wenn er nicht am Anfang des Textes den Puller-Riemen beschreiben würde, der komplett anders verläuft und verschnallt wird als der Sperriemen.
Zu Letzterem: Man muss aus einem so dünnen Lederriemchen auch keine Ideologie basteln :P Wenn der Sperrriemen locker verschnallt wird, kann das Pferd sein Maul genauso öffnen wie ohne. Was die Stabilisierung angeht haben S&P und Marquisa völlig recht. Und mein braunes Untier fand Knebeltrense immer ganz und gar gruselig, weshalb ich ihn eine Zeitlang mit Sperrriemen geritten habe. Was ihn übrigens nullkommanull daran hinderte, mit offenem Maul zu kauen, wie er das immer und bei jedem Reiter tut. Dass man mit jeder Zäumung Schindluder betreiben kann, ist dabei unstrittig. Ich habe auch schon mehr als genug Pferde gesehen, die ohne Nasenriemen geritten wurden und deren Reiter so instabil in der Hand waren, dass sie ihren Pferden damit keinen Gefallen taten.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
charona
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Beitrag von charona »

ich versteh' jetzt gerade nicht, warum jetzt wieder missioniert wird? :?Solange der Sperriemen/Nasenriemen nicht missbraucht wird, dann ist's doch o.k.?
Phanja

Beitrag von Phanja »

Das einzige, was ich nicht verstehe ist, was am Sperrriemen klassisch sein soll - oder gibts dahingehend historisch irgendwelche Hinweise, dass die klassischen Meister sowas empfehlen würden ...?
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