Panik vor Eseln

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summer
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Panik vor Eseln

Beitrag von summer »

Hallo!

Eine Freundin von mir hat ein großes Problem:
Sie steht seit 1 Woche in einem Stall, der auch ein paar Esel hat.
Um in die Reithalle zu kommen, muss sie einen kurzen Weg gehen, der an der Eselkoppel vorbeiführt - dieser ist leider zu eng, um einen großen Bogen zu gehen.

Ihre Stute reagiert total panisch auf die Esel - sie zittert, zuckt bei jedem Geräusch, ist nicht ablenkbar (auch nicht mit Essbarem) und sie kann nur mit Hilfe von 1-2 Leuten diesen Weg mit ihr gehen (letztens wurde sie von ihr gegen den Zaun gedrückt, weil sich das Pferd so gebärdert hat.

Sie hat schon versucht, sie in ein Paddock neben die Esel zu stellen - dort ist sie zitternd in einer Ecke gestanden.

Kennt ihr solche Fälle?

Fallen euch irgendwelche Gewöhnungspraktiken/Übungen ein?

Unter der Woche ist es nun schon so finster - um etwas mit dem Pferd arbeiten zu können (und die muss gearbeitet werden, sonst wird sie sehr unausgeglichen) - muss sie in die Halle gehen...


Danke Euch!

Lg, summer
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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

Du kannst wohl nur hoffen, daß die Zeit hilft. Eine Bekannte von mir hat ihr Pferd nie an Esel gewöhnen können - und der war sonst die Ruhe persönlich. Bei Eseln drehte er ab.
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Gawan
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Beitrag von Gawan »

Auf meinem Wanderritt im September verbrachte Gawan zwei Nächte in einer Paddockbox neben einem Offenstall mit drei neugierigen Eselinnen. Am ersten Abend traute er sich kaum aus der Box, solange die Eselinnen in Sichtweite waren, als er ihnen am folgenden Tag auf dem Reitplatz begegnete, hätte er am liebsten Reissaus genommen, doch am Morgen nach der zweiten Nacht sah ich ihn mit den Eselinnen "näseln", offenbar fand er die drei grauen Grazien unterdessen doch ganz nett, trotz ihrer langen Ohren ...

Ist wohl eine individuelle Angelegenheit, wann und ob überhaupt sich ein Pferd an Esel gewöhnt. Den "Alien-Effekt" habe ich auch schon erlebt, als bei uns im Stall ein Lama auftauchte, das regte die Pferde auf wie ich es sonst nie erlebt hatte. Gawan erschreckte sich allerdings auch schon vor ein paar Tinkern, die betrachtete er wohl als Pferde, die sich als Kühe verkleidet hatten (oder umgekehrt?).
"Der Reitlehrer sei unser eigenes Pferd" SGS
(und der Schüler zeige Geduld, Demut und Hingabe)
Draussen bin ich 4:0 unterwegs, in der Halle 3:1, manchmal 1:3.
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Melli
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Beitrag von Melli »

Eine Woche ist ja keine Zeit - auch ohne Esel ist für viele wenn nicht die allermeisten Pferde ein Stallwechsel erstmal riesengroßer Stress.

Ich würde mich zunächstmal nicht in die Situation bringen, dass das Pferd solche Angst bekommt, dass ich die Situation nicht sicher händeln kann und die Gefahr besteht, dass das Pferd sich losreißt o.ä.

Besser die Situation aus einer Entfernung "bearbeiten", in der das Pferd geistig schon mit den Eseln arbeitet, aber noch kontrollierbar ist. Oft ist es nur ein Meter, der den Unterschied macht zwischen "geht noch" und "geht GAR nicht mehr!!"
Ein bisschen Bodenarbeit geht auch an der Hand auf einem Weg. Gezielt Entspannung herbeiführen, aufhören. Ggf. ist ein Trainer vor Ort dafür hilfreich.

An der Grenze arbeiten, aber nicht über die Grenze gehen - und damit die Grenzen allmählich verschieben. Wenn ich in einem Bereich arbeite, in dem das Pferd sich "ein bisschen unsicher" fühlt, und dort regelmäßig entspannng herbeiführe, dann wächst sein Vertrauen und ich kann Schritt für Schritt weiter gehen.
Gehe ich über die Grenze (was ich sicher tue, wenn ich einen oder gar mehrere Helfer brauche), dann wird der Komfortbereich des Pferdes mit etwas Pech immer kleiner. "Beziehungspunkte" sammele ich meinem Pferd gegenüber damit auch nicht.

Dazu ist das Prinzip "follow the fear" hilfreich. Dafür müsste man einen freundlichen Helfer bitten, einen Esel in sicherer Entfernung vom Pferd wegzuführen (und nicht umzudrehen) und man folgt ihm.
Diese Entfernung gibt das Pferd vor - das kann ein Meter sein oder 100m.
Anfangs lobt/bestätigt man jeden Funken Interesse am Esel und jedes kleinste Zeichen von Entspannung. Ein Blick, ein gespitztes Ohr, ein tiefes Seufzen, kauen, lecken, 1cm Hals senken.

Die Idee ist, den Esel "zu fangen", also irgendwann hinterherzutraben, bis man da ist.
Diese komplette Umkehr vom Fluchtgedanken hilft normalerweise sehr schnell.

Wenn das schon gut klappt, kann man das Spiel ausbauen, gemeinsam in die Halle/auf den Reitplatz gehen (das Pferd also auf gebührenden Abstand bereits händelbar ist) und z.B. mit dem Eselführer absprechen, dass immer, wenn das Pferd sich dem Esel zuwendet, der Esel vom Pferd weggeht.

Da gibt es viele Möglichkeiten und die nachhaltigste (und fürs gemeinsame Leben wertvollsten) sehe ich darin, über Neugierde zu arbeiten und das Pferd darüber mutig zu machen.
Ein Funken Neugierde steckt in fast jedem Pferd, man muss ihn nur finden und kanalisieren.

Ja, es gibt Pferde, die sich nie an Esel gewöhnen. Es gibt auch Pferde, die sich niemals reiten lassen. Mit einer vernünftigen Herangehensweise ist das aber recht unwahrscheinlich.
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Menowin
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Beitrag von Menowin »

Interessant, dass das Pferd auf den Esel so sehr reagiert. Hatten die beiden bis jetzt nur schlechte Erfahrungen miteinander gemacht? Vielleicht kann ein Tierpsychologe weiterhelfen? Zunächst müssen sich die beiden aneinander gewöhnen, denke ich. Haben bei schon einmal auf einer Koppel zusammen gestanden und Zeit gehabt, sich ausgiebig zu beschnuppern?
Ich renn nicht planlos durch die Gegend. Ich tu planvoll gar nichts.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Sehr viele Pferde reagieren absolut panisch auf Esel- das ist in keiner Weise ungewöhnlich. Man muss schauen, ob eine Gewöhnung erfolgen kann. Mit dem betroffenen Haflinger eine Bekannten, wurde es 3 Jahre lang auf jede erdenkliche Art vergebens versucht, die Aversion des Haflingers war stärker.
Mit Geduld und Ruhe, sollte dies aber die Ausnahme sein. Nur: nicht alles auf einmal- eine Stallgewöhnung braucht seine Zeit und eine Eselgewöhnung auch... :wink:
Belfigor
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Beitrag von Belfigor »

Hab mir jetzt nicht alles durchgelesen, aber, da wir ein ähnliches Problem am Stall haben (neue Eselgruppe in Sichtnähe zum Stall, daher auch gelegentliche Kontakte außerhalb)... möchte ich den Rat meiner Trainerin weitergeben, mit dem ich sehr erfolgreich "unterwegs" war: wenn ein Pferd panisch auf Esel (oder sonst) reagiert: einfach mit Pferd (z.B. am Führstrick) stehenbleiben und "Zeitunglesen"... heißt: Mensch bleibt völlig ruhig und ohne Anteilnahme... so als würde man in Ruhe und völlig auf sich konzentriert eben auf etwas bezogen zu sein.... letztlich ist so ein "Problem" ja nichts anderes, als dass das Pferd eigenmächtig entscheidet, weil es sich nicht an seinen Menschen orientiert (der ja i.d.R. keine Angst vor Eseln haben dürfte)... Das Pferd sollte also im Idealfall lernen, dass es keine Panik/Angst zu haben braucht, wenn Mensch völlig ruhig bleibt... Also, back to the roots: Bindung zu Pferd herstellen... beim "Ranghohen" (Mensch ) braucht nicht hinterfragt zu werden, ob Fluchtverhalten angebracht ist... Ansonsten (in Herde, ohne Mensch), wird es über die Zeit (auf Koppel) bestimmt zur Gewohnheit werden, dass Esel in Sichtnähe stehen...
"Die Wahrheit kann man nicht verbrennen, denn sie ist das Feuer."
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