oecone hat geschrieben:Mich persönlich hat das Wort 'Tierversuch' gereizt. Das ist ein hartes Wort für den Diskussionsbeitrag von Rapunzel, zumal sie sich dabei einfach an die offiziellen Fütterungsempfehlungen gehalten hat - und die sind nicht gewürfelt, sondern im
Respirationsversuch an lebenden Tieren ermittelt.
Ist der Link richtig? Ich finde da keine Aussage von 6-8 Kilo für jedes Pferd, dafür viel über den Versuchsaufbau einer Respierationsmessung(-sanlage) und das dann für Kühe, Schweine und Schafe.
In der Literatur gibt es unzählige Verweise auf die gänge Formel zur ungefähren Berechnung des Erhaltungsbedarfs für ein Pferd und die lautet, wie hier von eingen angeführt 1,5 Kilo Heu/100 Kilo Lebendmasse Pferd (siehe z.B. Bender)
Daraus ergibt sich für mich ganz eindeutig, dass 6-8 Kilo selbst dann nicht für jedes Pferd passen kann, selbst wenn man z.B. die Heuqualität, Jahreszeit, Größe des Pferdes, Arbeit, die benötigte Menge an Rohfaser/Mineralien etc. nicht berücksichtig.
@Finchen Bei Anwendung dieser Formel ergibt sich auch, warum sowohl 6-8 Kilo für das Pferd der TE genauso sinnlos sind, wie insgesamt 12 Kilo (6 Heu und 6 Stroh) für ein Pferd mit 450 Kilo Zielgewicht.
Natürlich macht für bestimmte Diagnosen eine Diät Sinn, aber am Anfang jeder Diät steht nunmal eine Diagnose, für die , wie mehrfach von sehr vielen erwähnt wurde, der Fachmann gefragt ist. Also TA und evtl. eine Futterberatung. Gefolgt von einer sinnvollen Umsetzung. In anderen Worten, die Umsetzung sollte so optimal wie möglich erfolgen und nicht nur die Symptome bekämpfen sondern auch die Ursachen ausschalten.
Zum restlichen Beitrag:
Ich habe keine Ahnung, was Du mir damit mitteilen möchtest, Finchen.
Natürlich gibt es Pferde, bei denen 8Kilo oder womöglich auch 6Kilo genau passend sind (siehe z.B. die Beiträge von tess) und natürlich gibt es viele Möglichkeiten, um das Futter so verträglich wie nur möglich zu rationieren.
Das ist doch keine Frage, oder? Natürlich ist eine Diät auch nicht grundsätzlich eine Katastrophe. Auch das habe ich nie behauptet. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass es Situationen geben kann, in denen vor allem eine nicht angepasste/radikale Diät Gefahren birgt oder sogar genau das Falsche sein kann. Das ist doch an sich auch nichts Neues oder Ungewöhnliches. Beschäftigt man sich mit dem Thema, wird man da von ganz alleine drauf gestoßen, das gerade für den Dauerfresser Pferd eine Diät eine gut durchdacht Angelegenheit sein muß, da einfach viel mehr als die reine Menge zu beachten ist. Man rechne sich alleine mal aus, was für einen Aufwand man betreiben muß, wenn man tatsächlich nur 6 Kilo Heu am Tag füttern darf. Damit hat man im allergünstigsten Fall gerade mal 6 Stunden Freßzeit abgedeckt. Also muß man Freßpausen einlegen und die wiederum sollten nicht länger als ca. 4 Stunden betragen. Nachts aufstehen dürfte wohl eher keine realistische Lösung sein und schon wird es arg "interessant" die 6 Kilo so gut wie möglich aufzuteilen. Was passiert, wenn die Karenzzeiten ausgedehnt werden müssen, das Pferd aber ohnehin Vorschädigungen in Magen-Darmbereich hat? Man geht mittlerweile davon aus, dass das bei gut 60% aller Pferde meist unerkannt der Fall ist. Ein betroffenes Pferd kann sich dazu nicht äußern, dass es Schmerzen hat. Solange, wie es nicht durch Koliken oder ähnliches deutlich auffällt, merkt man gar nicht, was da passiert und richtet so ungewollt nur noch mehr Schaden an und ganz nebenher ist das es eben fürs Pferd schmerzhaft, auch wenn wir es nicht bemerken.
Es gilt also auch wenn man das Beste möchte und das Pferd tatsächlich zu dick und damit die Diät auch notwendig ist, sollte man das im Hinterkopf haben/abchecken lassen. Bleibt ein eventueller Schaden im Magen-Darmbereich unerkannt, wird sich außerdem an der Ursache nichts ändern und das Pferd kann nicht wieder zurück in eine "normale" Haltung/Fütterung.
Das Problem mit so gut wie allen Diäten ist, das hier so gut wie immer zwei Dinge zusammen kommen wenn sie tatsächlich nötig werden. Das ist zum einen ein entgleister Stoffwechsel und zum anderen ungeeignetes Grundfutter/zu wenig Bewegung.
Die Lösung kann nicht darin bestehen eine dauerhafte Symptombekämpfung in Form einer andauernden Diät zu betreiben. Ziel muss es immer bleiben eine Haltung mit geeignetem Grundfutter und einem angepassten Bewegungsangebot zu finden so dass es nach der Diät wieder zu einem "normalen"/"geheilten" Zustand kommen kann. Auch wenn das zugegebenermaßen bei einigen Stoffwechselentgleisungen wie z.B. EMS sehr häufig nicht mehr möglich ist. Nur sollte das die Ausnahme und nicht die Regel sein.
Vielleicht liegt hierin ein wenig der Punkt, warum wir hier ins diskutieren kommen. Ich habe mich, wie schon erwähnt, gezwungenermaßen mit dem Thema Fütterung auseinandersetzen müssen und mußte zu der Einsicht gelangen, dass das Hauptproblem für uns Pferdebeistzer darin besteht, dass wir nur allzuoft gezwungen sind teures Geld für eine mangelhafte Leistung zu bezahlen, denn unsere Pferde werden in den alllermeisten Fällen mit ungeeignetem Futter versorgt. Obwohl wohl keiner von uns auf die Idee kommen würde Katzen mit Hundefutter zu ernähren, ist dieser Zustand für Pferde eher die Norm, denn Milchkuhleistungsheu ist einfach kein Pferdefutter! Die Pferde zahlen die Zeche mit ihrer Gesundheit und wir Menschen zahlen ebenfalls und das gleich mehrfach:
1. für eine mangelhafte Leistung (unpassende Grundfutterversorgung)
2. um die daraus entsehenden Probleme vom TA wieder halbwegs hinzubiegen und nicht zu letzt
3. mit unserer Sorge und der vielen Zeit, die wir aufbringen um wenigstens die übelsten Auswirkungen auszugleichen.
Dabei widerspricht diese gänge Praxis, wenn man es ganz genau betrachtet, eigentlich sogar dem Tierhaltungsgesetz
§2.1
Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
Dieser Zustand wird meiner Meinung so lange anhalten, wie wir Pferdebesitzer das so hinnehmen.
Die Konsequenz daraus ist für mich, dass ich bei einem Stallbetreiber, der sich nicht darum kümmert ein geeignetes Grundfutter (+Trinkwasser und Bewegungsmöglichkeit) zur Verfügung zu stellen, kein Kunde werde. Klingt hart und ist natürlich auch für mich nur mit kleinen Abstrichen realisierbar. Dennoch. Das muss für mich das Hauptkriterium für eine Pferdehaltung sein.
Alles andere ist nachrangig.
Ist ein SB dauerhaft nicht in der Lage/nicht bereit ein geeignetes Grundfutter bereitzustellen, hat er seinen Beruf verfehlt.
Für mich persönlich müßte daher schon sehr viel passieren, dass ich mich auf eine dauerhafte portionierte Fütterung, wie von Dir beschrieben, aus engmaschigen Netzen und zusätzlich mit einer (wie auch immer definiteren) "angemessenen Menge" Stroh einlassen würde. Für mich ist das ein Zeichen für komplett ungeeignetes Grundfutter für das man sämtlche Register ziehen muss um das noch verfüttern zu können.
Ja, ich weiß. Ich kriege jetzt dafür wieder Ärger.
Es wird auch nicht helfen, wenn ich versichere, dass ich das nicht als persönlichen Angriff meine. Vielleicht handelt es sich in diesem Fall ja auch um eine Gruppe von Pferden, die man so Füttern muß um noch schlimmeres zu verhindern. Oder es ist in einer bestimmten Ecke Deutschlands noch die beste Fütterung, die man dort ergattern kann. Das ist ja möglich.
Es ist einfach nur meine persönliche Grundeinstellung zum Thema Fütterung und ich finde keine Möglichkeit, wie ich das so formulieren kann, dass ich damit keinem auf den Schlips trete.
Ich kann nur versichern, dass auch ich, trotz meiner deutlichen Worte/festen Einstellung mit Kompromissen leben muss. Ich lebe schließlich auch nicht im Schlaraffenland der Pferdehaltung und ich bin für mein Pferd auch noch auf Vollpension angewiesen. Ich glaube aber fest daran, dass wir Pferdebesitzer nur dann für die Pferde etwas ändern können, wenn wir uns weigern Geld für etwas zu bezahlen, das einfach nicht das ist, was wir wollen. Kleine Kompromisse sind OK und auch das diese für jeden etwas anders ausfallen, aber grundsätzlich sollten wir uns kein X für ein U verkaufen lassen.
Kein Hundefutter für Katzen - und kein Kuhfutter für Pferde!
Es gilt allerdins auch: Ich selber bin dafür verantworltich ob die von mir gewählte Haltung für mein Pferd geeignet ist. Wird es zu dick oder zu dünn, muß ich die Konsequenzen ziehen. Auch dann, wenn ich den Stall verlassen muß obwohl da vielleicht all meine Frerunde auch da stehen und/oder die Trainingsmöglichkeiten perfekt sind.
Zuletzt: Sorry, es ist mal wieder ein Roman geworden
Da Thema ist einfach zu groß und vielfältig, dass ich trotz des Romans das Gefühl habe nur gerade mal an der Oberfläche gekratzt und zu vieles nicht mal erwähnt zu haben.
Würde ich ausführlicher, würde es ein mehrteiliger Roman werden und wenn ich es kurz und flappsig umschreibe, ärgert sich jemand über meine Formulierungen wie z.B. "Tierversuch".
Ich meine das nicht böse. "Tierversuch" ist einfach für mich der passendste Begriff/die passendste Beschreibung für dieses Vorgehen, wenn ohne Diagnose eine nicht angepasste Diät empfohlen wird. Mir fällt dazu keine andere Umschreibung ein, wenn man mittels Versuch und Irrtum vorgeht.
Je mehr/länger ich mich mit diesem Thema beschäftige, desto vorsichtiger werde ich mit konkreten Empfehlungen und versuche mich so allgemeingültig wie möglich zu halten. Es gibt einfach zu vieles, was man dabei übersehen könnte oder nicht bedacht hat.