Kurs mit J.P. Giacomini

Allgemeines rund ums Pferd

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-Tanja-
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Beitrag von -Tanja- »

saltandpepper hat geschrieben:Vielleicht habe ich auch einfach keinen zum Schauen "guten Tag" erwischt.....
So soll es mir und 95 % der anderen vom Sommer-Kurs ja offensichtlich auch gegangen sein. :wink: :lol:
lg, Tanja

Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
Aus: "Vollendete Reitkunst", Dr. Udo Bürger, 1959
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Rapunzel hat geschrieben:Tja, wie wahr!!! (Also das mit Neckermann)

Finchen: Was genau möchtest du erklärt haben, den Effet D`Ensemble? Das ist einfach eine Mischung aus "Ausnutzung eines muskulären Reflexes" und Konditionierung. Und: Ja genau - Kopf hoch, Rücken weg, Kontrollübernahme und unansprechbarer Abgang, vorzugsweise seitlich über die linke Schulter.
Ja, das meinte ich. Verstehe, nicht so leicht zu erklären... :)
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Ja, schade, ich habe einige Minuten Videomaterial von der umstrittenen Einheit, sowohl vorher als auch mit JP als auch hinterher, aber das kann und werde ich natürlich nicht zeigen, obwohl es sicher sehr interessant wäre. Andererseits bringt es vermutlich auch eh niemanden weiter, darüber zu diskutieren, ob das nun ganz furchtbar oder tolerierbar war. Bei mir hat leider niemand gefilmt, aber da war auch sowieso nix Spektakuläres zu sehen. Nur langweilige Sitzkorrekturen und so.

Fakt ist, dass JP immer wieder die Zuschauer einbezogen und ermuntert hat, Fragen zu stellen und zu meckern, wann immer ihnen etwas missfällt oder unklar ist, und diese auch gern und ausführlich beantwortet hat. Zu dieser Einheit hat aber niemand eine Frage gestellt.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Rapunzel hat geschrieben:Ja, schade, ich habe einige Minuten Videomaterial von der umstrittenen Einheit, sowohl vorher als auch mit JP als auch hinterher, aber das kann und werde ich natürlich nicht zeigen, obwohl es sicher sehr interessant wäre. Andererseits bringt es vermutlich auch eh niemanden weiter, darüber zu diskutieren, ob das nun ganz furchtbar oder tolerierbar war. Bei mir hat leider niemand gefilmt, aber da war auch sowieso nix Spektakuläres zu sehen. Nur langweilige Sitzkorrekturen und so.

Fakt ist, dass JP immer wieder die Zuschauer einbezogen und ermuntert hat, Fragen zu stellen und zu meckern, wann immer ihnen etwas missfällt oder unklar ist, und diese auch gern und ausführlich beantwortet hat. Zu dieser Einheit hat aber niemand eine Frage gestellt.
Es war für mich nicht EINE "umstrittene Einheit", Rapunzel, es war der Grundtenor und das daraus resultierende Vorgehen.

Es geht auch nicht um "Meckern", sondern um eine Haltung zum Pferd, die man hat oder nicht hat.
Nichts worüber man mit einem versierten Ausbilder wie diesem "diskutiert" .

Er weiß, was er tut, er steht dazu und das ist für ihn so in Ordnung. Es ist seine Entscheidung und sein Selbstverständnis.
Was willst du da "diskutieren" oder " hinterfragen"? Es war ja alles absolut klar, die Intention ersichtlich, die Begründung nachvollziehbar, für mich kamen keine Fragen auf . Es war klar.

Darüber hinaus hätte ich es als unhöflich empfunden, Fragen,- so sie aufgekommen wären- und Diskussionen während des Unterrichtes zu stellen/ anzustoßen. Es wurde ohnehin genug mit dem Publikum gesprochen.
Ganz ehrlich ? Wäre ich geritten, wäre mir das so, sehr zuwider gelaufen und ich hätte auch nicht innerhalb der Einheit ständig irgendwo im Stehen minutenlang auf einem schwitzenden Pferd stehen wollen und warten, ob vielleicht noch ein Zuschauer was fragt und ausführlich Antworten bekommt.
Noch hätte ich Runde um Runde der Anweisung folgend galoppieren wollen, weil, die Aufmerksamkeit zu den Zuschauern oder anderen unbeteiligten Mitreitern wechselte und daher der Schüler aus dem Focus geriet.
Die zahlenden Schüler sollten im Unterricht nach meiner Auffassung im Vordergrund stehen und keine Diskussionen über Ausführungen, von denen der Anweisende/Ausführende sichtlich überzeugt ist und diese auch schlüssig begründen kann.

Es ist eine Entscheidung, ob dem folgen möchte oder nicht.
Wie gesagt, für mich wäre das so keine Option.
Zuletzt geändert von saltandpepper am Mo, 24. Okt 2016 10:45, insgesamt 1-mal geändert.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Das ist ja auch dein gutes Recht.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Rapunzel hat geschrieben:Das ist ja auch dein gutes Recht.
ja, das weiß ich. :wink: Ich bin auch sehr dankbar dafür, dass ich zuschauen durfte, aber ich fand es eben einfach nicht gut.
Du hattest ja explizit nach Eindrücken gefragt...
Woodstock

Beitrag von Woodstock »

Ich habe lange gezögert, ob ich den Kurs in Hamburg kommentieren soll oder nicht...

Die Kurzzusammenfassung: Ich habe dort nichts gesehen, das ich nicht in anderen Kursen dutzendfach schon gesehen hätte. Nur selten sah ich solche Erfolge in so kurzer Zeit.

Beim Lesen der Beiträge hier kam mir ein Gedanke: warum reitet man einen Lehrgang? Was erwarte ich mir davon, wenn ich bereit bin so viel Geld (im relativen Vergleich zu normalen Reitstunden) auszugeben? Natürlich erwartet man sich eine deutliche Verbesserung von bislang nicht gelösten individuellen Problemen bzw. der Grundrittigkeit. Gerne nimmt man auch neue Denk- und Trainingsansätze mit. Den Unterschied macht ist die Intensität mit der man daran arbeitet – und ich habe JP als „sehr intensiv“ wahrgenommen. Das ist wahrlich nicht jedermanns Geschmack.

In Hamburg hat er von Anfang an klar gestellt, dass er an diesem einen Tag einen Einblick in seine gesamte Arbeit gibt und daher gewisse Themen nur bei Pferd x demonstriert, auch wenn diese bei Pferd y ebenfalls zutreffen würden. Es ging ihm darum ein Gesamtkonzept zu vermitteln – nicht zwingend nur um individuell wahrgenommene Einzelproblemlösung. JP habe ich als einen Ausbilder kennen gelernt, der einen Reiter aus der eigenen Komfortzone erstmal rauswirft und diese auch noch komplett in Frage stellt. Kritik ist nie angenehm, aber wenn sein scharfes Auge & seine spitze Zunge zum Einsatz kommen - da wackeln schon mal Grundsätze der bisherigen Reitphilosophie. Er hat eine absolut polarisierende Persönlichkeit, sehr dominant und provozierend. Dabei auch sehr warmherzig und humorvoll. Ein echtes Unikat.

Die einzelnen Pferde und deren Reiter hatte er binnen weniger Minuten messerscharf analysiert und verständlich dem Publikum erklärt, an welchen Punkten er nun ansetzt. Noch nie habe ich einen Lehrgang erlebt, bei dem Publikum, Reiter und Ausbilder in solcher Interaktion standen. Man hatte das Gefühl „mit dabei“ zu sein und nicht nur von außen zuzuschauen. Hoch interessant war seine Thesen rund um das Vorderbein und dessen Widerstände. Bei den zwei Pferden, an denen er es demonstrierte, konnte man eine deutliche Verbesserung sehen, nach dem er diese „getapped“ hatte. Beide Pferde zeigten eine schöne Piaffe. Dabei waren die Grundproblematiken beider Schimmel völlig konträr: Lescues Schimmel kam vor dem Lehrgang nicht schnell genug mit den Vorderbeinen mit, während der andere Schimmel zuvor hektisch die Beine schmiss und seine Piaffe eher an „Angst auf der Stelle“ erinnerte. Das war einfach beeindruckend.

Seine Ausführungen zum Sitz waren ebenfalls einleuchtend von ihm erklärt. Ich fand es bewundernswert, dass er sich bei fast jedem Pferd in den Sattel schwang und demonstrierte was er erklären wollte. Wie schon angemerkt, ist er nicht mehr der Gelenkigste. Aber wenn ritt, liefen die Pferde einfach gut. Ich fand es beachtlich, wie er die unterschiedlichsten Pferdetypen einfach mit wenigen Minuten im Sattel über den Rücken gehen lassen konnte. Auch die Halslänge zentimetergenau vorgeben konnte. Den Reitern, die seine Anweisungen nicht sofort umsetzen konnten, half er mit vielerlei Beispielen und Demonstrationen. Das fand auch nicht jeder Reiter akzeptabel, denn ein Pferd kurzfristig zu überstellen ist nicht bei jedem ein probates Mittel. Die Pferde gingen für mich als Außenstehende objektiv „besser“ als vorher. Und das konstant. Da gab es kein Anlehnungsgefummel mehr, wie man es dauernd in deutschen Reithallen sieht.

Auch dass sein Ansatz „mit Pferden im Imperativ sprechen“ nicht zwingend kompatibel mit unserer Grundeinstellung das Pferd als Lebenspartner ist. Es gab viele Momente, wo ich dachte: „ein bisschen weniger ruppig hätte es jetzt auch getan“. Da ist er aber wahrlich nicht der einzige Ausbilder, bei dem ich mir das denke. Keins der Pferde hatte aber Angst vor ihm, nur Respekt. Wie Lescue schon sagte: ihr Schimmel war sehr angetan von diesem Boss-Typen in der Hallenmitte. Am interessantesten fand ich, dass dieses Pferd sich morgens in seiner Gastbox total aufgeführt hatte. Nachmittags nach der ersten Lehrgangseinheit war er total entspannt in der selben Box. Nix mehr mit randalieren …

Ich bleibe dabei: jeder muss selbst für sich entscheiden, was er von einem Lehrgang erwartet und was er dafür bereit ist in Kauf zu nehmen. Bei ihm prallen schon mal Welten aufeinander: deutsche Grundmentalität (ergebnisorientiert, gradlinig, erst-mal-nein-sagen) auf portugiesisch/amerikanische Attribute (entspannte Lockerheit, Entertainment & Anektdötchen, alles-nicht-so-tragisch). Das viele sich an seiner Persönlichkeit gestört haben, kann ich gut verstehen. Ebenso wäre es utopisch zu erwarten, eine echte Diskussion mit ihm zu führen können. Das Machtgefälle war schon deutlich und er ging auf Kommentare sehr selektiv ein. Ich habe zum Beispiel einen unvorsichtigen Kommentar bzgl. Lerntheorie gemacht, den er meines Erachtens bewusst missverstanden hat. Aber er wollte so dringend seine Thesen zur Rollkur loswerden ;-) Ich seh‘ das mit Humor. Hab auch mehr über Lusitano-Anpaarungen (niemals Altea mit Veiga!) gelernt, als ich je darüber wissen wollte. Wer weiss man man es braucht?

Die größte Stärke ist bei fast allen Menschen nur eine Gratwanderung von der größten Schwäche entfernt: und bei ihm ist es sein Beobachtungs- & Kommunikationstalent: manchmal öffnet er einem die Augen und man staunt Bauklötze, weil plötzlich Knoten im Kopf platzen. Und dann gleitet er in Dinge ab, die man besser auch in einer Pause diskutieren könnte. Aber das ist der Preis, den man zahlt. Neben dem Geld ;-)


Zur mir: Schreibtischtäter. Werde beruflich für kritisches Analysieren bezahlt. Privat habe ich ein Faible für deutsche Warmblüter im Schlachtschiffformat. Bekennende FN-Allrounderin: Dressur, Springen, Vielseitigkeit.
Die Organisatorin & deren Pferde kenne ich schon länger privat. Die Freundin der Organisatorin habe ich schon in einem anderen Kurs reiten sehen. Ebenso eine andere Mitreiterin.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Vielen Dank für diese sehr ausführliche, kritische aber wie ich finde sehr faire Betrachtung und Schilderung der Details zum Lehrgang, aber vor allem auch zur Art der Vermittlung durch JP G!

"Typisch deutsch" würde ich gewiss auch manchen Punkt "gewöhnungsbedürftig" finden, aber deshalb ablehnen innerlich ist so schade, man verpasst die Gelegenheit es mal mit anderer Gelassenheit zu sehen. Sehr nachvollziehbar geschrieben - eine mir grade sehr willkommene Sichtweise! :)

Noch ein Gedanke zu "vielleicht etwas ruppiger als nötig": ich empfinde oft die Umgehensweise mit Pferden als zu "bedächtig", erlebe es dann, dass diese Pferde einen auch stärkeren Rüffel dann sehr gut annehmen und eine andere (ich glaube fairere) Klarheit haben. Für Pferde bedeutet es wenn es verständlich angebracht wird eine deutliche Positionierung = Verlässlichkeit , mit der sie dann gut umgehen können. Oft (möchte nicht behaupten immer) zieht es sie dann merklich zu solchen Personen.
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
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Tossi
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Beitrag von Tossi »

@Finchen
Vollkommen richtig! Das entspricht auch dem innerartlichen Verhalten: Pferde reagieren prompt und mit absolut klarer Ansage, das gibt Sicherheit für alle Beteiligten.
Die Schönheit der Dinge lebt in der Seele dessen, der sie betrachtet. (David Hume)
Lilith79
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Beitrag von Lilith79 »

Was unterscheidet dem sein Reizstromgerät dann von anderen Reizstromgeräten, die im Pferdebereich in Deutschland eingesetzt werden? (meine RL mit Pferdephysio-Ausbildung hat auch eins).
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Das hat mit einem Reizstromgerät überhaupt nichts zu tun, esge hat das nur so bezeichnet.

Das Ding sendet in bestimmten Abständen (je nach Intention) eine Folgeo von Vibrationen, vom Gefühl her ähnlich wie ein vibrierendes Handy. Was da ganz genau passiert, weiß ich nicht, habe mich nicht damit beschäftigt. Es scheint aber die entspannende Wirkung des Endotappings aufzugreifen. JP experimentiert damit gerade an einigen Koppern herum und hat ziemlich beeindruckende Erfolge.
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