Junges Pferd ist sehr aengstlich, was tun?

Alles was ihr vom Boden aus mit Eurem Pferd machen könnt

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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Ich konnte an meinem Jungspund immer im Gesicht ablesen, wann er müde war. Das konnte bei gleicher Laufstrecke mal früher mal später sein. Ein "das ist zu viel" kann man immer nur mit dem Pferd entscheiden. Ich habe es immer gemerkt, wenn es für meinen genug war.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
Puppa99
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Beitrag von Puppa99 »

Ich weiß ja jetzt nicht, wie genau es bei Euch auf der Weide aussieht, aber hast Du schonmal daran gedacht, Dir eine Ecke mit so Steckzaunpfählen für Elektrozäune aus Plastik und Litze abzustecken? Dann könntest Du mit dem Pferd da reingehen und hättest Deine Ruhe vor den anderen Pferden und den Rindern.

Weiß natürlich nicht, ob Du das machen darfst. Natürlich solltest Du die Abtrennung auch hinterher wieder abbauen.

Dann kannst Du ja schauen, wie das Pferdchen so drauf ist: wenn er sehr munter und guckig ist, bleibst Du in dem abgetrennten Teilstück, und wenn er einen ruhigen Eindruck macht, gehst Du etwas spazieren, vorzugsweise mit einer ruhigen Begleitung. Es kann auch helfen, wenn einfach noch ein Mensch mitkommt, der DICH beruhigt. :wink:
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

nur so meine Sache:


Weide ist Weide, raus aus der Weide ist raus aus der Weide und verheisst spannende Dinge. Deshalb halte ich persönlich wenig von Arbeit auf der Weide.

Wie gesagt, wieviel und wie lange so ein junges Pferd sich konzentrieren kann, kann wirklich nur vor Ort entschieden werden.

Ob es zuviel ist, kannst nur Du sehen und fühlen, Mimi!

Aber, wie schon geschrieben, jetzt hat er noch alle Zeit, der Blick auf ein junges Pferd verändert sich mit seinem Alter, noch wird er völlig als "Kind" behandelt, was ja auch gut ist. Geht es gegen drei Jahre, dann verändert sich unsere Brille fast automatisch, sie filtert das angehende Reitpferd heraus. Entsprechend, fangen wir an, andere Erwartungen an so ein Pferd u stellen.

Jetzt ist eine gute Zeit für Kindergartenspiele, in einer kurzen Spanne von Spiel.

Mir erscheint das ganz gut so, und an Deine Angst vor der Angst musst Du herangehen. Mir hilft immer beruhigende Gespräche mit dem Pferd. So im Sinne von: Schau, das ist ein Trecker, der knattert hier lang. Und dort das Auto, Spinner, das der so schnell fährt, gelle, Pferd?

Also, Du beruhigst ihn nicht verbal sondern erklärst ihm die Welt.
Er wird es verstehen... :wink: und Du kannst Deine Angst auch beruhigen...


LG Ulrike
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Mimi
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Beitrag von Mimi »

Danke Ulrike, du sprichst mir aus dem Herzen!
Reiten: Das Zwiegespräch zweier Körper und zweier Seelen, das dahin zielt, den vollkommenen Einklang zwischen Ihnen herzustellen.
Rusty072009
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Beitrag von Rusty072009 »

Hallo Mimi,

ich habe die Erfahrung gemacht, dass für unsicher Pferde eins ganz besonders wichtig ist: eine klare, absolut sichere Führung die wenig Notwendigkeit lässt "eigene" Entscheidungen zu treffen.

In der Praxis heißt das, dass ich dem Pferd eine Position anweise welche es unter gar keinen Umständen verlassen darf. Das könnte zB direkt neben oder eine Armlänge hinter mir sein.
Zur Verlängerung meines Armes benutze ich eine Gerte. Sobald das Pferd die von mir angewiesene Position verlässt (zB zurück fällt oder vor drängelt) schicke ich es entschlossen auf die gewünschte Position zurück, völlig unabhängig dessen aus welchem Grund es die Position verlassen hat (zB erschrecken) oder wie es sich beim verlassen der Position aufführt (zB steigen, drohen).
Nie, wirklich nie, lasse ich dem Pferd (so lang es an meiner Hand ist) den Entscheidungsspielraum hinzugehen wo es möchte (weg zu drängeln, nach vorn zu schieben, gegen den Strick zu ziehen). Wenn ich führen will dann muss ich auch führen, und zwar nicht halbherzig- sondern selbstsicher und entschlossen. Natürlich nur so lang und weit wie das Pferd und ich diese u.U. anstrengende und hochkonzentrierte Arbeit durchhalten können, beim Jungpferd also u.U. nur wenige Minuten.
Wenn das "Position anweisen und zuverlässig beibehalten" sicher klappt kann man den Schwierigkeitsgrad erhöhen: angsterzeugende Geräusche oder Bewegungen von einer Hilfperson machen lassen, dem Pferd konsequent erklären dass weg drängeln (Flucht) absolut verboten ist, nach 1s still stehen loben (+ Futter) und Übung beenden.

Weiterhin würde ich dem Pferd "Kopf senken bei Druck des Halfters im Genick" erklären. Dies ist aus meiner Sicht eine sehr förderliche Übung um später in jeder Situation "entspanne deinen Hals" auslösen zu können. Ganz besonders in Angstsituationen kann diese einfache Übung zur sofortigen Entspannung der Lage beitragen. Im Zweifel: anhalten, Kopf senken, Leckerlie füttern. So gewöhne ich junge Pferde an vorbeifahrende Traktoren oder anderen Fahrzeuge.

Dazu ein kleiner Erfahrungsbericht, zufällig mit einer Trakehnerstute:
Ich arbeite die mittlerweile 18jährige Stute seit ca 2 Jahren ca 2x/Woche an der Hand bzw. vom Boden. Dieses Pferd hat es sein Leben lang in keiner Weise kennen gelernt "geführt" zu werden oder Grenzen gesetzt zu bekommen. Sie beißt beim putzen, schlägt beim Hufe kratzen und an der Hand sowieso grundsätzlich nach anderen Pferden, Spaziergänge führen zu "los-reiß-Versuchen", Wurmkuren, Blauspray oder Berührung durch TA nur schwer möglich. Sie ist vom Typ her sehr unsicher (gewesen), hat(te) quasi vor allem Angst, in der Halle konnte ich sie Anfangs nicht mal an die Bande führen und zu unüblicher Zeit sowieso gar nicht in der Halle arbeiten (extreme Nervosität, vor jedem Geräusch erschrocken, gegen den Menschen drängelnd etc.). Sie drängelte immer und überall nur weg, war stets in "hab Acht" Stellung und jederzeit kurz vorm flüchten. Mit oben genannter Methode wurde es stetig besser, heute merke ICH von all dem jedoch gar nichts mehr. In meiner Gegenwart ist sie stets entspannt, alle oben genannten Problem sind wie weg geblasen. Bei ihrer Besitzerin verhält sich die Stute jedoch wie eh und je, bei ihr gibt es keine Veränderung.
Dieser Fall macht mir sehr deutlich: die gewünschte "Sicherheit" liegt nur zu einem geringen Teil im Pferd, viel mehr liegt sie in einem selbst. Wie wünsche ich mir, dass sich das Pferd verhält? Zuerst muss ich ein inneres Bild davon haben, und dann muss ich es dem Pferd anweisen genau so zu tun. Nicht durch "beruhigende Worte", sondern durch klare Anweisungen.

Viele Grüße und viel Freude weiterhin mit deinem Pferdchen!
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Mimi
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Beitrag von Mimi »

Danke Rusty für den Tipp und deinem Erfahrungsbericht.
Wenn ich spazieren gehe, so darf er sich in einem bestimmten Bereich neben mir bewegen. Wenn er zu weit vor oder zu weit hinter mir ist, gibt es sofortige Ermahnung. Er weiß das auch schon. Wenn eine Situation kommt in der ich denke er könnte nervös werden, so verkürze ich den Strick. Ich denke das sollte ich lassen. Es einfach darauf ankommen lassen und ihn dann ermahnen. Kopf senken auf Druck übe ich schon und wird immer besser.
Ich werde mir eure Tipps zu Herzen nehmen und versuche diese umzusetzen. Ich halte Euch auf dem Laufenden :wink:
Reiten: Das Zwiegespräch zweier Körper und zweier Seelen, das dahin zielt, den vollkommenen Einklang zwischen Ihnen herzustellen.
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