Versammlung und Schwingen

Rund um die klassische Reitkunst

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Donna
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Beitrag von Donna »

Wenn Schwung eine Schwebephase beinhalten muss per Def.siehe wiki.Dann hat die Piaffe diesen per Def nicht.
Aber die Piaffe sollte mit lockeren Gelenken ausgefuehrt werden.Nehmt das piaffiernde Pferd auf den Asphalt.HIER hoert ihr kein Klirren oder Stampfen ,da es federt.Stampft es laut ,ist das Pferd fest.Es gibt einen Film ,der genau das demonstriert.
Vorwaerts sollte die Piaffe sein ,minimal vorwaerts NICHT auf der Stelle,nicht rueckwaerts !
Also vorwaerts und energisch und locker bzw Losgelassen ist gegeben....damit darf man gemeinhin umgangssprachlich von Schwung sprechen...auch in der Piaffe....auch wenn es laut Def .keinen Schwung in der Piaffe geben kann,da diese ja keine Schwebephase hat.
Das Pferd darf sich eben nicht in Wirbeln zusammenschieben und damit verspannt und fest werden.Es muss gelaengt bleiben.Das ist die grosse Herausforderung des klass.Reitens.Das Zusammengeschobene Aussehen das Verkuerzen entsteht durch die Erhabenheit der Vorhand und der abgesenkten weit unterschobenen Hinterhand .
Zuletzt geändert von Donna am Di, 29. Nov 2016 14:29, insgesamt 2-mal geändert.
Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Gute Beschreibung, Klassikfjord!
grisu
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Beitrag von grisu »

Eine schöne Definition aus Sicht der Biomechanik gibt Stefan Stammer:
"Die Versammlung ... bringt - funktional gesehen - die verstärkte Umlenkung der Bewegungsenergie der Hinterhand in Richtung Tragkraft. Die Schwungentwicklung wird weiter ausgebaut, allerdings durch die Änderung des Beckenwinkels verstärkt in die Bewegungsrichtung Lastaufnahme gelenkt."
(Stefan Stammer, Das Pferd in positiver Spannung, Warendorf 2015, S. 105)
Donna
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Beitrag von Donna »

Ja genau danke! ABER wo bleibt nun eure vielbeschworene Amplitute?
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Es heißt immer noch Amplitude. Und die ist wie gesagt in der Versammlung kein Thema.
Donna
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Beitrag von Donna »

Wir drehen uns im Kreis.

ich kanns nicht schreiben....du nicht definieren....gg
lassen wir das.Es wurde ja weitreichend inzw alles geklaert!
Zuletzt geändert von Donna am Di, 29. Nov 2016 14:43, insgesamt 1-mal geändert.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Immerhin.
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ninischi
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Beitrag von ninischi »

Ich versuche mal eine anschauliche Erklärung, denn:
So abstrakt ist es mit der Amplitude gar nicht. Stell dir vor, du hältst die beiden Enden eines Gummibandes in den Händen und bringst das Band mittels gleichmäßiger Bewegungen der Hände zum Auf- und Abschwingen.
Der Abstand zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Punkt, den das Band erreicht, wird als Amplitude bezeichnet.

Das Band lässt sich nun problemlos als Modell für das Auf- und Abschwingen des Pferderückens betrachten und damit ist es gar nicht so abwegig, beim Schwingen des Rückens von einer mehr oder weniger großen Amplitude zu sprechen. Oder?

Rapunzel - habe ich es so beschrieben, wie du es gemeint hast?
"Reiten ist die Suche nach Schönheit, Geradlinigkeit und Wahrheit."
Nuno Oliveira
Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Langsam nähern wir uns der Sache.
Die Amplitude verhält sich umgekehrt zur Frequenz.
Bei Aufwendung derselben Bewegungsenergie ist entweder die Frequenz (also die Anzahl der Schwingungen pro Zeiteinheit) niedrig bei großer Amplitude oder die Frequenz hoch (also schnell) bei geringer Amplitude.

Das sehen wir schön bei einer Feder, die kurze, schnelle Vibrationen in große, aber langsame Schwingungen umwandelt.

Passt!
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Genau, danke, Ninischi.
Donna
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Beitrag von Donna »

Vielen lieben Danke Nischi ,fuer deine Erklaerung! Auch dir Kiruna !Ich habe dazu noch eine Frage,die muss ich aber ausfuehrlich darstellen,weil sie sich auf die graphische Darstellung der Amplitudebezieht.Das mach ich wenn ich mehr Zeit dafuer habe ,solange beweg ich das Thema in meinem Kopf ein wenig hin und her.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Bin seit einiger Zeit erst wieder hier (ja, der Seitenhieb hatte mich echt verärgert) - und freue mich über diese drei Seiten hier gerade sehr.

Auch wenn ich auf Unverständnis wegen meiner Kritik am MS Video gestoßen bin, ist daraus letztlich der Beginn dieser Diskussion geworden. Das ist es wert. Meine Meinung.

Es wurden inzwischen mehrere Erklärungen von mehreren Usern geschrieben, weshalb mir einiges nicht gefällt daran. Und eigentlich sind alle der gleichen Meinung bzgl. Versammlung und Takt.

Zum Schwung und Schwingen. Ist mein Bild das ich dazu habe falsch? Ich denke Schwung ist nicht nur Schwingen des Rückens (hier ja auch erwähnt schon), und je höher die Versammlung desto mehr kommen die anderen Faktoren zum Tragen (oh je, auch doppeldeutig hier grade), und der Bestandteil Schwingen des Rückens wird geringer.... !?

Rein muskulär-mechanisch bin ich nicht fit genug... daher nur die Vorstellung, dass die Bewegung oder eben nicht Bewegung des Beckens da auch entscheidend ist. Ich denke bei nicht mitfederndem Becken kann der Rücken auch nur deutlich weniger schwingen?! :?
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hilahola
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Beitrag von hilahola »

Ich habe ehrlich gesagt das ganze „Schwingen im Rücken“ das „Untertreten der Hinterbeine“ usw. nie wirklich verstanden, also nicht verstanden, was damit gemeint ist.

Vor ca. zwei Monaten war ich bei uns in den Alpen alleine ein wenig wandern. Nachdem ich zuvor irgendwelches Pferdezeugs gelesen hatte über die Seitengänge und ich beim Lesen im Hirn irgendwie einen argen Knoten produzierte, habe ich mich (nachdem weit und breit keine anderen Leute zu sehen waren) mal selbst in die ganzen Seitengänge (jedoch aufrecht und nicht auf den Knien) begeben, immer nur für ein paar Schritte zum Beobachten, was da eigentlich genau passiert in meinem Körper, welches Bein mehr Gewicht trägt usw und habe dabei erkannt, dass es hier fast unendlich viele Möglichkeiten gibt ein „simples“ Schulterherein nachzustellen - das war echt faszinierend. Als ich dann oben angekommen bin und die Forststraße bergabgehen wollte, entwickelte sich bei jedem Tritt, so ein Federn, nicht nur in den Beinen, sondern auch im Rumpf und ich hatte das Gefühl, dass meine linke und rechte Körperhälfte jeweils genau gerade/senkrecht über den jeweiligen Beinen ausgerichtet sind. Und dieses Federn der Beine hat sich auch über die Wirbelsäule, über die Rückenmuskulatur übertragen (ähnlich wie Trampolin-Springen, allerdings viel weicher und harmonischer) und ich habe mich so unglaublich „kräftig“ gefühlt aus dem Inneren des Körpers heraus . Es war so wie wenn die „Energie“ sich von den Beinen die ganze Wirbelsäule entlang nach oben zum Kopf in einer geraden Linie bewegt. Meine Schrittlänge war dabei relativ kurz und die Frequenz eher schnell, aber doch hatte ich das Gefühl, dass jeder Körperteil ausreichend Zeit hat, seine Aufgabe zu erfüllen. Ich hab dann versucht, die Trittlänge ein wenig zu verlängern und bin mir vorgekommen wie eine Rakete mit soviel Zug und Schub nach vorne, aber völlig kontrolliert und ich habe auch jederzeit wieder zu den kurzen Tritten zurückkehren können. Ich hätte gefühlt ewig so „gehen“ können mit diesen Rumspielerein, dann mal die Frequenz erniedrigen usw. Als ich da dann versuchsweise mal eine Hand auf meinen Rücken in Höhe Brustkorb legte, war da äußerlich sehr wenig, sehr ruhige fließende Bewegung in der Hand spürbar. Innerlich hat es sich für mich angefühlt, als ob die Wirbelsäule senkrecht bleibt, allerdings ihre Länge sanft verändert, also wie eine Ziehharmonika sich auseinanderzieht und wieder zusammen.

Wenn ich mich allerdings jetzt ohne weitere Vorbereitung vor den Computer stelle und versuche das zu reproduzieren aus dem Stand, ist es einfach nur abwechselndes Herumhoppeln auf je einem Bein immer mit der Tendenz nach vorne zu fallen, wobei die Kraft hauptsächlich aus den Beinen kommt und der Oberkörper abwechselnd hin und her schaukelt und mein Oberkörper nicht über dem rechten Bein ausbalancieren kann, weil ich rechts in der Hüfte einknicke. Ich kann dann meinen Oberkörper mehr anspannen, dann kostet es mich sehr viel Kraft in den Beinen und im Oberkörper und das oben beschriebene Gefühl des Längens und Verkürzens der gesamten Wirbelsäule und das federnde Gefühl in den Beinen bekomme ich nicht zustande.

Durch diesen sehr erkenntnisreichen Selbstversuch habe ich sehr viel über das Reiten gelernt und auch in den Momenten, in denen mein Pferd wirklich gerade und schwungvoll geht, fühlt es sich so ähnlich an, wie in meinem obigem Selbstversuch, dass die beiden Körperhälften von Pferd und Reiter praktisch jeweils getrennt und in gerader Ausrichtung übereinander gestapelt sind und die Wirbelsäule die Mittellinie darstellt und man die Hinterbeine wirklich in gerader Linie IN den Gesäßknochen spüren kann, ohne dass diese nach vorne gestoßen werden.

Wenn man mal rein theoretisch davon ausgeht, dass die ganzen Reiterei, die ganzen „Anweisungen“ wie es sein SOLLTE im IDALFALL, nicht unbedingt technisch zu verstehen sind, sondern GEFÜHLE zu beschreiben versuchen, dann würde ich schon sagen, dass der Rücken in der Versammlung „schwingt“ aber nicht so sehr äußerlich sichtbar, sondern mehr als „innerliches“ abwechselndes Längen und Verkürzen der gesamten Wirbelsäule inklusive Hinterbeine und Vorderbeine, was sich dann aber für den Reiter schon so irgendwie harmonisch schwingend in seinem Körper (aber auch eben mehr senkrecht, als nach vorne) anfühlt.

Das „Schwingen“ nach vorwärts, das man in den freien Gängen hat, und sich für den Reiter wie ein „schwingender Rücken“ anfühlt, ist das Ergebnis, wenn die Hinterbeine den Brustkorb des Pferdes eigentlich nur nach vorne auf die Vorderbeine schieben, aber nicht mithelfen, diesen zu tragen. Zum Selbsttest kann man mal eine Hand auf den Rücken im Brustkorbbereich legen und dann schneller gehen/etwas eilen und wird sehen, dass man etwas „Vorderlage“ bekommt und es sich die Muskulatur unter der aufgelegten Hand deutlich bewegt). Man wird dabei auch erkennen, dass man größere Schritte mach, aber nicht wie im anderen Versuch mit dem Wandern „unter seinen Schwerpunkt tritt" und in den Beinen federt.

Lohnt sich wirklich das mal an sich selbst auszuprobieren.
horsman
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Beitrag von horsman »

Richtig erkannt würd ich sagen.
Zu diesen Themen ist schon viel Blödsinn geschrieben und erzählt worden.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Völlig interessante Beobachtungen im Selbstversuch. Dennoch finde ich nicht die aufrechte Bewegung beim Menschen 1:1 auf die vom Pferd übertragbar. Da bräuchte es jetzt "federndes und schwingendes Gehen auf allen Vieren" vom Menschen, um der Sache näher zu kommen - und auch dann wäre Mensch ja noch ziemlich entfernt vom Bewegungsablauf beim/im Pferd. :wink:
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